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Artikel „Bokemeyer, Heinrich“ von Arrey von Dommer in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 3 (1876), S. 93–94, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Bokemeyer,_Heinrich&oldid=- (Version vom 21. November 2024, 17:24 Uhr UTC)
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Bokemeyer: Heinrich B., gelehrter Cantor zu Wolfenbüttel, geb. März 1679 zu Immensen im Cellischen. Nach empfangener wissenschaftlicher Vorbildung [94] auf verschiedenen Schulen bezog er 1702 die Akademie Helmstädt, wurde 1704 Cantor an St. Martin zu Braunschweig, 1712 zu Husum in Schleswig, 1720 zu Wolfenbüttel und starb daselbst 7. Dec. 1751. Als Musikschriftsteller ist er bekannt durch seinen Streit mit Mattheson über die Frage, ob der canonischen Kunst oder der Melodie Vorrang gebühre, wozu Mattheson’s Bemerkung 2. Orch. 139, daß der Nutzen des Canons sehr gering sei, Veranlassung gab. Anfangs stand B. auf Seiten des Canons, ließ sich durch Mattheson aber nach und nach für die Melodie gewinnen; auch sollen die Ergebnisse dieser von beiden Seiten mit Gründlichkeit und Scharfsinn geführten Untersuchungen, welche man bei Mattheson Crit. Mus. I. 237, 257, II. 291 ff. findet, auf Bokemeyer’s Compositionen Einfluß geübt und ihren Stil biegsamer, leichter und angenehmer gemacht haben. Doch sind sie unbekannt geblieben, und nur eine 1736 dem Consistorium von ihm überreichte Schrift über die Eigenschaften eines guten Kirchenstiles ist bei Mitzler, Musikal. Bibl. II. abgedruckt. Seine 1724 von Wolfenbüttel aus in der Crit. Mus. II. 30 angekündigte „Neue Anleitung zum Singen für die tyrones Musices in 4 Theilen“ ist ebenso wenig im Druck erschienen wie sein bei Mitzler a. a. O. I. Th. IV. 83 versprochener Tractat von der vernünftigen und wohlanständigen Silbendehnung. Auch hatte er 1725 Mattheson und Telemann zur Gründung einer musikalischen Gesellschaft aufgefordert (Crit. Mus. II. 254); Zweck derselben sollte sein „die gründliche Untersuchung aller zur Musik gehörigen Theile, um in derselben rechte dauerhafte und deutliche Anleitungen zum geschwinderen Begriffe und zur größeren Aufnahme der Musik zu finden“. Den Anfang sollten B., Mattheson und Telemann machen, andere gelehrte Musiker würden nach Befinden schon hinzutreten. Jedes Mitglied sollte einen Gesellschaftsnamen führen, Telemann etwa der Beschäftigte, Mattheson der Beurtheilende, B. selbst der Grundlegende heißen etc. Zur Ausführung kam dieser Plan erst 1738 durch Mitzler in Leipzig, doch war B. noch eins der ersten Gesellschaftsmitglieder.