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Artikel „Bernhard von Septimanien“ von Theodor von Sickel in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 2 (1875), S. 454–455, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Bernhard_von_Septimanien&oldid=- (Version vom 29. März 2024, 08:37 Uhr UTC)
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Bernhard von Septimanien, † 844, Sohn des in Aquitanien hochangesehenen Grafen Wilhelm von Toulouse, wurde von seinem Pathen, Ludwig dem Frommen, 820 der spanischen Mark vorgesetzt und, nachdem er sich in den Kämpfen mit den Arabern durch Unerschrockenheit und Tapferkeit ausgezeichnet hatte, zum Herzog von Septimanien erhoben. Indem er der Königin Judith das geeignetste Werkzeug schien, den allgemeinen Widerstand gegen ihre Pläne, d. h. gegen die Aufhebung der Theilungsacte vom Jahre 817, zu brechen, wurde er 829 als Schatzmeister an die Spitze des Hofes und der Verwaltung berufen. Hier offenbarten sich sofort sein ehrgeiziges Streben, sein unruhiges Wesen, seine rücksichtslose und verwegene Art. Der erste nach dem Kaiser und im engsten Einvernehmen mit Judith, wußte er Ludwig unbedingt zu leiten, ließ alle Anhänger der Einheitspartei, unter ihnen auch seinen Schwager Wala, vom Hofe verbannen und schaltete und waltete willkürlich bei Hofe und im Reich. Das Haupt einer Camarilla, der nichts heilig war, wurde er denn auch die Zielscheibe aller Angriffe. Mit Recht oder Unrecht wurde er beschuldigt, der Buhle der Kaiserin zu sein und dem Kaiser nach dem Leben zu trachten. Doch entkam er bei der ersten Entthronung Ludwigs im J. 830 glücklich nach Septimanien, während sein Bruder und seine Helfershelfer ihr bisheriges Treiben schwer büßten. Erst nach anderthalb Jahren, als Judith wieder die Oberhand gewonnen, kehrte B. an den Hof zurück und wälzte die gegen ihn erhobenen Beschuldigungen durch einen Reinigungseid von sich ab. Aber seine frühere Stelle war schon von anderen eingenommen, und um seiner Unpopularität willen und um nicht dem Verdachte eines sträflichen Verhältnisses zwischen ihm und der Kaiserin neue Nahrung zu geben, wurde er nach Septimanien heimgeschickt. Dadurch verletzt ermuthigte und unterstützte er fortan König Pippin, sich seinem Vater und der Stiefmutter von neuem zu widersetzen, und wurde deshalb 832 aller seiner Aemter und Würden verlustig erklärt. Da er sich aber dem 833 siegreichen Lothar nicht anschloß, sondern im folgenden Jahre von Burgund aus nicht wenig zur Befreiung des alten Kaisers aus der Gewalt Lothars beitrug, erhielt er 835 seine Grafschaften in Aquitanien zurück. Nun jedoch trat sein eigentlicher Plan, die Zwistigkeiten innerhalb der herrschenden Dynastie zu selbstischen Zwecken auszubeuten, mehr und mehr an den Tag. Er ist der erste der großen Vasallen, der sich eine selbständige Herrschaft zu gründen versucht hat. Unbekümmert um die gegen ihn erhobenen Klagen und die ihm ertheilten Befehle, führte er in seinem Amtsbezirk ein willkürliches und tyrannisches Regiment. Auf eigne Hand trat er in Verbindung mit den Emiren der pyrenäischen Halbinsel. Besonders aber benutzte er die nächstfolgenden Kämpfe zwischen Pippin und Karl um Aquitanien, um unter der Maske des Vermittlers sich seine Unterstützung von dem einen und dem andern theuer bezahlen zu lassen und sich von dem Sieger möglichst unabhängig zu [455] machen. Sein zweideutiges Benehmen und sein ehrgeiziges Streben wurden jedoch durchschaut, und als Kaiser Karl 844 vor Toulouse lag, wurde der allen verhaßte B. in das Lager gelockt, ergriffen und, als des Hochverraths überführt, hingerichtet. Auch sein Sohn Wilhelm, der die gleichen Pläne noch offener verfolgte, fand 850 ein gewaltsames Ende.