ADB:Bergopzoomer, Johann Baptist

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Bergopzoomer, Johann Baptist“ von August Förster in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 2 (1875), S. 396–397, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Bergopzoomer,_Johann_Baptist&oldid=- (Version vom 25. April 2024, 15:54 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Band 2 (1875), S. 396–397 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Johann Baptist Bergopzoomer in der Wikipedia
Johann Baptist Bergopzoomer in Wikidata
GND-Nummer 100337910
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|2|396|397|Bergopzoomer, Johann Baptist|August Förster|ADB:Bergopzoomer, Johann Baptist}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=100337910}}    

Bergopzoomer: Johann Baptist B. (auch Bergobzoomer geschrieben), geb. in Wien 9. Sept. 1742, † 12 Jan. 1804. Er war ursprünglich Buchdrucker, dann Soldat, und machte als solcher einen Feldzug im siebenjährigen Kriege mit. Veranlaßt durch den bekannten Theaterdichter und Schauspieler Weiskern, den Erfinder und Darsteller des „Odoardocharakters“ der extemporirten Komödie, betrat er in Wien im J. 1764 die Bühne. Nach dem Tode des Kaisers Franz I. (1765) verließ er Wien und schloß sich abwechselnd den Theatergesellschaften unter den Prinzipalen Wahr und Kurz (dem bekannten Bernardon) an. Bei der Kurzischen Gesellschaft wurde im März 1767 der junge Friedrich Ludwig Schröder sein Genoß. B. schloß sich dem aufstrebenden Genie Schröder’s in warmer Bewunderung und dauernder Freundschaft an. Er war der Erste, der Schröder’s tragischen Beruf erkannte, welchen Niemand dem komischen Tänzer und Bedientenspieler zutrauen wollte. Von Schröder besitzen wir ein ausführliches Urtheil über die Begabung Bergopzoomer’s und die eigenthümliche Ausbildung seines ursprünglich gewiß bedeutenden Talents. B. hatte sich durch einen französischen Schauspieler, Hedou, dessen Freundschaft er in München gewonnen hatte, abrichten lassen. „Dadurch wurden seine Bewegungen [397] malerisch-schön, kühn und leicht. Er stürzte als Pierre im „Geretteten Venedig“ sieben Stufen rückwärts hinab, daß der geschreckte Zuschauer unwillkürlich an den eigenen Kopf griff. Er gab einen ritterlichen Zweikampf, das Eindringen, Wanken, Hinsinken, Aufraffen aus Blut und Staub, gab die Zuckungen eines Sterbenden mit Vollendung. Aber er quälte sich auch mit Künsteleien und vermeintlichen Nachhülfen, die der Kenner verwirft. Er nahm Seife in den Mund, um wirklich zu schäumen. Er fiel mit Drehschritten. Er war so ängstlich wählerisch in seinem Anzuge, daß er einen ungeheuren Vorrath von Knieschnallen mit sich führte, jedes Paar für eine besondere Rolle bestimmt, woraus die Spötter Gelegenheit nahmen, ihm auch ebensoviel besondere Halsbindenschnallen nachzurühmen. Dazu war seinem französischen Lehrer das Deutsche unverständlich. Er konnte ihm also die Rollen nur in seiner Muttersprache vorsagen, und da die Uebersetzung nicht Zeile vor Zeile der Urschrift entsprach, so widersprachen die glücklichsten und die am glücklichsten erreichten Geberden des Musters nicht selten den Worten des Nachbildners. Endlich verstellte er seine zwar nicht wohlklingende, aber vernehmliche Sprache bei heftigen Rollen durch einen rauhen, bellenden, und bei Ausbrüchen der Bitterkeit und des Hasses, durch einen schleichenden, schneidenden Ton, der zu oft zurückkehrte, um nicht unangenehm und widrig zu werden, während er bei seltener Anwendung des erschütternden Eindrucks nicht verfehlt haben würde“. Höchst charakteristisch ist sein Ausspruch über Schröder, als dieser in Wien gastirte. „Die Flamme brennt, aber das recht kalte Eis brennt auch. Schröder ist die lodernde Flamme. Ich müßte toll sein, in dieser Eigenschaft mit ihm zu wetteifern. Aber Sie werden schon noch dahin kommen – Schröder’s Freund und Biograph F. L. Meyer ist der Angeredete – sich an kaltem Feuer zu verbrennen“. – B. ist also der Urtypus jener hochbegabten, aber von Maß und Schönheitsgefühl verlassenen Komödianten, deren die frühere Theatergeschichte die Menge kennt, von denen sich einige Exemplare auch jetzt noch, von der Masse bewundert, erhalten haben. Die englische und italienische Bühne ist dieser verkünstelt-naturalistischen Spielweise nie ledig geworden. Im J. 1771 wurde B. Director des Theaters in Prag. Von dort kam er 1774 zum zweiten Male nach Wien und debütirte am 4. Juni als Richard III. „Er fand bei einer Partei so außerordentlichen Beifall, daß er öffentlich hervorgerufen ward, eine Ehre, welche vor ihm Niemand, als Noverre (der berühmte Tänzer und Balletcompositeur) genossen“. Am 16. April 1774 vermählte er sich mit Katharina Leitner, genannt Schindler, einer damals berühmten Sängerin. 1782 trennten sich die Gatten. Die Frau ging an die italienische Oper nach Braunschweig, später als erste Sängerin nach Prag, wo sie den 18. Juni 1788 starb. B. ging 1782 als Theaterunternehmer nach Brünn, später nach Pest-Ofen. Im J. 1791 kam er zum dritten Male an das Wiener Hoftheater, als dessen Mitglied er starb. Aus dieser letzten Periode seines Künstlerlebens werden die zärtlichen und komischen Väter gerühmt, die er einfacher und naturwahrer spielte, als früher die Könige und Tyrannen. – Er hat auch einige kurzlebige Theaterstücke geschrieben (vgl. Goedecke, Grundr. Buch 6. §. 259, Nr. 633) und A. Regnard’s „Universalerben“ für die deutsche Bühne bearbeitet.