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Artikel „Baysen, Johann von“ von Karl Lohmeyer in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 2 (1875), S. 189–190, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Baysen,_Hans_von&oldid=- (Version vom 5. November 2024, 00:15 Uhr UTC)
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Baysen: Johann v. B., ein preußischer Landesritter, Mitstifter des gegen die Herrschaft des Deutschen Ordens gerichteten „preußischen Bundes“ von 1440, erster polnischer Gubernator von Preußen, † 1459. Die Baysen waren ein nach ihrem im Ermland gelegenen Stammgute genannter Zweig der im 13. Jahrhundert aus Lübeck oder Umgegend eingewanderten Familie Flemming, also deutschen Ursprungs. – Hans v. B., im Gebiete von Osterode begütert, hatte bereits unter den Hochmeistern Heinrich von Plauen und Michael Küchmeister im hochmeisterischen Hofdienste gestanden und sich der Gunst beider in hohem Maße erfreut; von jenem war er als Botschafter an den König von England gesandt; unter Michael hatte er sich aus eigenem Antriebe, doch mit warmer Empfehlung seines Herrn, an den Hof des portugiesischen Königs begeben und sich dort besonders durch seine Theilnahme an dem Kriege gegen die Ungläubigen in Afrika großen Ruhm erworben. Nach seiner Rückkehr war er unter die Räthe des Hochmeisters aufgenommen. Trotz dieser Stellung bewahrte er sich ein offenes Auge für die schnell wachsenden Fehler und Schäden der Ordensregierung, ohne jedoch ganz und gar in das Lager der Unzufriedenen überzugehen. Als die Verwaltung Pauls v. Rußdorf, der selbst nicht unbillige Forderungen der Unterthanen zurückwies, bald harten Druck ausübte, bald wieder in Unsicherheit zurückwich, sodann die tiefe Entsittlichung des Ordens, die ärgerliche Zwietracht und Parteiung unter seinen Mitgliedern, endlich grober Mißbrauch der Amtsgewalt von Seiten der Gebietiger und die Eingriffe des Ordens in das gewerbliche Leben die Stände Preußens zu energischen Schritten der Abwehr und Vertheidigung trieben, erklärte sich B. am Schlusse der Vorverhandlungen bereit sich ihrer Einigung anzuschließen, doch wolle er aus des Meisters Rath nicht eher ausscheiden, als bis dieser in der That Land und Städte verunrechten würde. Demgemäß hat er den Bundesbrief, welchen Land und Städte Preußens am 14. März 1440 zu Marienwerder aufsetzten, um sich gegen jede Vergewaltigung durch die Herrschaft gegenseitig zu schützen, mitbesiegelt, aber dennoch lange Jahre hindurch, bevor es zum Aeußersten kam, mit Geschick und Erfolg die Rolle des Vermittlers eingehalten; das Ansehen und Vertrauen, das er auf beiden Seiten genoß, war groß genug, um ihm die Behauptung dieser schwierigen Stellung zu ermöglichen. Bald räth er aus freien Stücken hier oder dort zur Mäßigung, hält den Orden sowie die eigenen Bundesgenossen [190] von übereilten Schritten zurück, bald läßt er sich von der einen oder der andern Partei zu mäßigender Einwirkung auf die Gegner gebrauchen. Das war aber auf die Dauer doch nur angänglich unter einem Regenten, dessen Streben, wie es bei Pauls Nachfolger Konrad v. Erlichshausen der Fall war, sich dahin richtete, Ordnung und Zucht im Orden wiederherzustellen, jeder gegründeten Klage des Landes gerecht zu werden. Selbst unter Ludwig v. Erlichshausen, der doch hauptsächlich darauf ausging, den Bund der Unterthanen wenn nicht anders mit Gewalt zu sprengen, wußte sich H. v. B. noch einige Jahre das Vertrauen des Ordens zu wahren; bei den Verhandlungen über die Huldigung, dann dem päpstlichen Legaten gegenüber, der, die Sachlage vollständig verkennend, mit kirchlichen Strafen dreinzufahren gedachte, verharrte er durchaus in der bisherigen Rolle; er blieb nach wie vor bemüht, die Interessen gegenseitig auszugleichen, und noch im J. 1453 bat ihn einmal der Hochmeister beinahe flehentlich um seinen Rath zur Beschwörung des drohenden Sturmes. Wie aber die Erbitterung immer wuchs, so hatten die Heißsporne im Orden schon lange ihren besonderen Haß auf den Mittelsmann geworfen: der giftige, lahme Drache und Basilisk, der Verräther – so und ähnlich lauteten die Ausdrücke, mit welchen man ihn bezeichnete. Dazu verhinderte ihn jetzt Kränklichkeit die gleiche Thätigkeit wie bisher zu entwickeln, ja er machte sogar eine Reise außer Landes nach Schlesien. Von dort zurückgekehrt, fand er alles wesentlich verändert, die Situation aufs äußerste verschärft: vom Kaiserhofe hatten die Bündner – ob mit Recht oder Unrecht, darnach fragte man nicht - zustimmende Urtheile, Bestätigung ihres Bundes erlangt; sie hatten diesem eine straffere Form gegeben, die ihn mehr zum activen Vorgehen befähigte; sie hatten sogar bereits mit Polen und mit dem Könige Kasimir Verbindungen angeknüpft und dort geneigtes Entgegenkommen gefunden. Schon jetzt war es ziemlich klar, daß es ohne Kampf nicht abgehen würde, und B. nahm nunmehr da, wohin überwiegende Neigung ihn trieb, feste, entschiedene Stellung: auf der Seite des Landes gegen die entartete Ordensregierung; er trat in das neugeschaffene leitende Organ, den engeren Rath des Bundes. Als nun gar vom Kaiser jener ersten Erklärung entgegen die Verurtheilung des Bundes, der von der Achtsandrohung begleitete Befehl zu seiner Auflösung erlassen wurde und der Hochmeister Miene machte, dem kaiserlichen Spruch mit allen Mitteln Geltung zu verschaffen, war das gelockerte Band zwischen Herrschaft und Unterthanen vollends zerrissen. Nachdem man der polnischen Hülfe versichert war, erging am 4. Februar 1454 von Thorn aus, wo H. v. B. und der Bundesrath nach allen Seiten eifrig thätig waren, der Absagebrief an Hochmeister und Orden, und in demselben Augenblicke brach auch der Krieg aus. Eine Bundesgesandtschaft, an deren Spitze H. v. B. und sein Bruder Gabriel standen, brachte dann den definitiven Abschluß mit König Kasimir zu Stande: am 22. Februar erklärte der König dem Orden den Krieg, am 6. März übernahm er die Herrschaft über das Ordensland und am 9. ernannte er H. v. B. zum Gubernator der Lande Preußen. An dem Kampfe selbst hat B. keinen unmittelbaren Antheil genommen, seine Thätigkeit bestand hauptsächlich darin, die Kriegsrüstungen mit allem Eifer zu betreiben und zu fördern, dem königlichen Heere immer neue Verstärkungen zuzuführen. Sein Sitz war zuerst in Elbing, dann auf der Marienburg. Er starb am 9. Nov. 1459.

J. Voigt, Geschichte Preußens, Bd. 7 u. 8. – Die Quellen im 3. u. 4. Bande der Scriptores rerum Prussicarum. – Ueber die Herkunft der Familie Baysen Wölky im Codex diplomaticus Warmienses I. p. 141 seqq.