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Artikel „Bardeleben, Adolf von“ von Otto Hildebrand in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 46 (1902), S. 214–215, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Bardeleben,_Adolf_von&oldid=- (Version vom 8. Dezember 2024, 11:29 Uhr UTC)
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Bardeleben: Adolf v. B. wurde am 1. März 1819 zu Frankfurt a. O. geboren. Nachdem er auf dem dortigen Gymnasium seine Schulbildung beendet hatte, studirte et von 1837–1843 in Berlin, Heidelberg, Gießen und Paris Medicin. 1841 promovirte er im Alter von 22 Jahren mit der unter Bischoff’s (Gießen) Leitung und Einfluß entstandenen Arbeit „Ueber den Bau der Drüsen ohne Ausführungsgänge“. Eine Arbeit, die lange im Vordergrunde der Litteratur über diese Dinge gestanden hat, und auch später von Virchow noch hervorgehoben wurde.

Nach bestandener Staatsprüfung wurde B. Prosector und Assistent für Physiologie in Heidelberg, seine pathologischen und anatomisch-physiologischen Studien bildeten ihn so in vortrefflicher Weise vor für die Chirurgie. Von Heidelberg ging er als Prosector Bischoff’s nach Gießen. Dort war er nebenbei einer der hervorragendsten Schüler des gelehrten Chirurgen Wernher. B. habilitirte sich in Gießen, wurde 1848 Extraordinarius daselbst und folgte 1849 mit 30 Jahren einem Ruf als Ordinarius nach Greifswald, an Stelle Baum’s. Dort blieb er, bis nach Jüngken’s Tode 1868 der ehrenvolle Ruf an die Universität Berlin an ihn erging. In Berlin an der königlichen Charité wirkte er bis zu seinem Tod am 24. September 1895.

Von größeren Arbeiten ist sein bedeutendstes Werk die Uebersetzung und mit der Zeit völlig freie Umarbeitung von Vidal’s „Traité de pathologie“: „Lehrbuch der Chirurgie und Operationslehre mit freier Benutzung von Vidal’s Traité de pathologie externe et de médecine opératoire“ (Berlin), welches Buch, bekannt als „Bardeleben’s Handbuch der Chirurgie und Operationslehre“, jahrelang unbestritten das beste Lehrbuch der Chirurgie war, dessen Neuauflagen er stets selbst mit größter Gewissenhaftigkeit und mit Berücksichtigung aller neueren Fortschritte auf diesem Gebiet durcharbeitete. 44 Jahre lang lieferte B. die Referate über die allgemeine Chirurgie und die Chirurgie der Gefäße und Nerven in den Virchow-Hirsch’schen Jahresberichten. Durch seine eminente Kenntniß der Litteratur in vielen Sprachen, durch seine scharfe Kritik hat er in gleicher Weise in diesen Referaten Hervorragendes geleistet, wie seine besonnene Kritik oft auch auf Congressen Neuerungen gegenüber vor allzuraschen Schlüssen und Folgerungen bewahrte. Hervorzuheben sind noch die Berichte seiner Klinik in den Charité-Annalen, in denen er einen Ueberblick über seine gesammte klinische Thätigkeit gab. Eine Menge kleinerer Arbeiten finden sich außerdem in den verschiedensten deutschen und französischen Zeitschriften, wobei man den Antheil, den er an den zahlreichen Aufsätzen seiner Assistenten, die als Mittheilungen aus der v. Bardeleben’schen Klinik herausgekommen sind, nicht unterschätzen darf.

Große Verdienste hat B. an der Einführung aller neuen hervorragenden Erfindungen, Operationsverfahren etc. etc. Er war einer der ersten, der auf dem Continent die Lister’sche Methode einführte und durchführte, was ihm besonders deshalb so schnell und gründlich gelang, weil er es ermöglichte, den Lister’schen Verband in einfacherer und billigerer Weise herzustellen, als bei dem ursprünglichen Verfahren möglich war. Später führte er mit derselben Energie die Aseptik durch mittelst des „trockenen Verfahrens“. Bis zum Tode beschäftigte ihn und regte er immer wieder die Frage ob Aether- oder Chloroformnarkose an.

Auf die Methode des Unterrichts verwendete B. die größte Sorgfalt. Schon in Greifswald reformirte er geradezu den klinischen Unterricht. Er legte großen Werth auf den Operationscurs und war auf Grund seiner anatomischen und pathologischen Ausbildung wie wenige befähigt chirurgische Anatomie zu lehren.

Sowol 1866 wie 1870/71 widmete B. als consultirender Chirurg seine ganzen Kräfte der Armee, aber auch in Friedenszeiten gewann er durch seine Stellung an der Charité nahe Beziehungen zur Militär-Medicinalverwaltung [215] und hatte großen Einfluß in den Conferenzen über die Reorganisation des militärischen Sanitätswesens. Eine seiner letzten Arbeiten betraf die kriegschirurgische Bedeutung der neueren Geschosse. Viele Auszeichnungen ehrten ihn und Kaiser Wilhelm II. erhob ihn 1891 in den erblichen Adelstand.

Angerer, Nekrolog in der Münchener med. Wochenschrift 1895, Nr. 43. – Köhler, Nekrolog im Centralblatt f. Chirurgie 1895, Nr. 42. – Köhler, Nekrolog in der Berliner klin. Wochenschrift 1895, Nr. 40. – Köhler, Nekrolog in Langenbeck’s Archiv f. klin. Chirurgie, Bd. 51.