ADB:Balduin, Franciscus
Jugler, Beiträge, II. 41–77, wo auch die ältere Litteratur über B. angegeben ist.
Balduinus: Franciscus B., (François Baudoin) ist geboren zu Arras 1. Jan. 1520, † 11. Nov. 1573. Er studirte Jurisprudenz in Löwen als eifriger Schüler des Gabriel Mudäus und trat bei wiederholtem Aufenthalt in Paris zu Du Moulin und Budaeus in nahe Beziehungen, welche für seine kirchliche Richtung von Bedeutung wurden. Als er sich im J. 1542 in seiner Vaterstadt der juristischen Praxis widmete, ward er der Ketzerei angeklagt und mit Verlust seines Vermögens und Verbannung bestraft. Im J. 1545 ist er in Genf bei Calvin, zu dem er nach längeren Reisen 1547 zurückkehrt, löst aber auf Bitten seiner Mutter diese innige Verbindung. 1548 wird er Professor in Bourges, 1549 von seinem Collegen Baro zum Doctor promovirt, geräth mit Duaren und Donell in erbitterte Händel, in deren Folge er 1555 Bourges verlassen muß. Er begibt sich wieder zu Calvin und übernimmt noch in demselben Jahre eine Professur in Straßburg, wird dann 1556 für Heidelberg gewonnen, wo er neben seinen juristischen auch historische Vorlesungen hält und sich um Reorganisation und Hebung der Universität hervorragende Verdienste erwirbt. 1561 verläßt er Heidelberg und begibt sich nach Frankreich. Es beginnt für ihn eine Zeit ruheloser Geschäftigkeit in den kirchlich-politischen Wirren Frankreichs und der Niederlande, welche ihn mit den bedeutendsten Persönlichkeiten beider Parteien in Berührung bringt. Es ist schwer über diese Thätigkeit ein richtiges Urtheil zu fällen. Denn während er einerseits bemüht scheint, den König Anton von Navarra für die Katholiken zu gewinnen, sich von Calvin öffentlich lossagt, mit diesem und Beza die heftigsten Streitschriften wechselt und 1563 zu Loivre vor Notar und Zeugen die Ketzerei feierlich abschwört, vertritt er 1564 und 1566 im Dienste Oraniens und der Geusen das Recht freier Religionsübung und entzieht sich 1567 den Versuchungen Alba’s. Im J. 1569 wird er Professor zu Angers und stirbt in Paris im Collegium von Arras, umgeben von seiner Gattin, seiner einzigen Tochter und dem Jesuiten Maldonat. Er war ein Mann von der seltensten Begabung an Geist und Körper, voll Ehrgeiz und Thatkraft, ruhelos und unbeständig. Seine Schwankungen in den kirchlichen Angelegenheiten, seine Zerwürfnisse mit ehrenwerthen Männern verrathen einen Mangel sittlichen Ernstes. Offenbar war er keiner von beiden Religionsparteien mit voller Ueberzeugung zugethan; er konnte darum beiden dienen und Vermittelungen suchen. Seine Leistungen als juristischer Schriftsteller gehören zu den bedeutendsten der großen französischen Schule durch die von ihm vorzugsweise vertretene historische Richtung. Das vollständigste Verzeichniß seiner Schriften gibt- Eyssell, Doneau. Dijon 1860. – Hautz, Gesch. der Univers. Heidelberg. – J. Heveling, De Fr. Balduino. Dissert. Bonnae 1871. – Rivier, l’acte d’abjuration de F. B. Revue de législ. Paris 1872. p. 308 sq.