ADB:Baisch, Hermann
A. Lier und der bedeutendste Bahnbrecher seiner Richtung. B. nahm die Motive seiner Bilder meist aus der Münchener Hochebene mit den wechselnden Luft- und Lichterscheinungen; als Staffage liebte er weidende oder ruhende Rinder, wie überhaupt Thiere gewöhnlich den farbigen Mittelpunkt der zarten Gesammtstimmung bildeten. Der Meister beschränkte sich gerne auf die einfachsten Stoffe, denen er den ganzen Reiz des Zufälligen und Absichtslosen zu erhalten verstand, indem er sie zu den ungesuchten, selbstverständlichen Trägern einer bestimmten, meist schlichten und einfachen Stimmung machte. Ihm genügte z. B. ein grüner Anger mit weidendem Vieh von der Morgensonne in den blendendsten Glanz silberner Lichter gehüllt (1873). Durch gleiche Wahrheit der unscheinbarsten Vorwürfe fesselten ein „Weidenbruch“, „Wald-Interieur“, „Morgen mit Kühen“, „Pferde und Rinder im Sturm unter einem Baume Schutz suchend“ (1874); ein „Frühlingsmorgen“ (mit Motiv aus Wiesbaden), „Vorfrühling“ (Umpflügen des Ackers), „Kühe am Bach“ (1878). Dann kamen, als die Früchte öfterer niederländischer Studienreisen, eine „Canallandschaft“ mit der im Regen heimkehrenden Heerde (1878), „Mittagsruhe“ mit den auf einer Wiese wiederkäuenden Kühen (radirt von Woernle), eine „Regenstimmung“ vom Niederrhein (1880), ein „Motiv an der Schelde“ (1885), „Morgen auf der Hochalm“, „Holländische Canallandschaft bei Delft“ und „Bei Nymwegen“ (1882); vier Rinder „An der Tränke“ (1883), „Reitthiere am Strande von Scheveningen“ und „Bei Dordrecht“ zur Ebbezeit (radirt von L. Friedrich), „Holländischer Bauernhof“ (1887), „Sommerabend“ bei Rotterdam, holländische „Strandscene“ mit Reiter oder Netze einholenden Fischern, ein „Sommertag am Strande“, „Aufschleppen eines Fischerbootes“ (1888). B. war indessen 1880 an die Akademie nach Karlsruhe berufen worden, wo er eine neidenswerthe Thätigkeit entfaltete und mit dem gleichen Erfolge zur deutschen Alpenlandschaft zurückkehrte. Viele seiner herrlichsten Schöpfungen wurden in der „Illustrirten Zeitung“ (Leipzig) reproducirt und [190] gingen von da in Weber’s „Meisterwerke der Holzschneidekunst“ über. Leider wurde B. zu Karlsruhe schon am 18. Mai 1894 dem glücklichsten Schaffen entrissen. Ein aus 235 Nummern bestehender, mehrere vollendete Bilder und eine lehrreiche Fülle von Skizzen und Studien, durch Schönleber ausgewählter Theil seines Nachlasses wurde im Juni 1895 zu München durch Fleischmann versteigert und ergab ein 100 000 Mark übersteigendes Resultat. – Die Strand- und Marinebilder von B. „sind erfüllt von wahrhaft erfrischender Atmosphäre und zeigen bei großartiger Wiedergabe der Weiträumlichkeit jene wunderbar feine, silbertönige, schon den alten Niederländern eigene Stimmung. Und wie die von einer eigenartigen Flora bewachsenen Dünen und von buntscheckigen Rindern beweideten Wiesen eine gewisse, feierliche Ruhe ausströmen, so bilden die in den letzten Lebensjahren des Meisters entstandenen Bilder der deutschen Alpenwelt mit ihren hochgelegenen Sennhütten und Viehweiden das Echo einer tiefempfindenden, ideal veranlagten Künstlerseele“.
Baisch: Hermann B., Thier- und Landschaftsmaler, geboren am 12. Juli 1846 zu Dresden, lernte zuerst bei seinem Vater, dem Lithographen Wilhelm Heinrich Gottlieb B. (1805–64) in Stuttgart, wo er auch die Kunstschule besuchte, ging 1868 nach Paris, um zunächst in der Galerie die Niederländer zu studiren. Mächtige Eindrücke übten daselbst auch Rousseau und Dupré mit ihrer in Deutschland nur zu häufig verflachten „Paysage intime“. Nach seiner Rückkehr wendete sich B. nach München (1868), wurde mit Wenglein und Schönleber ein Schüler von- Vgl. Nagler-Meyer, Lexikon, 1878, II, 565. – Fr. Pecht, Aus dem Glaspalast, 1876, S. 95 und dessen Geschichte der Münchener Kunst, 1888, S. 436 und Kunst für Alle, 1887, II, 355. (Aus H. Baisch’s Skizzenbuch.) – Münch. Kunstvereins-Bericht f. 1895, S. 72. – Müller-Singer, Lexikon. 1895, I, 57. – Fr. v. Bötticher, Malerwerke, 1895, I, 45 ff.