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Artikel „Böse, Johann Georg“ von Wilhelm Gaß in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 3 (1876), S. 187–188, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:B%C3%B6se,_Johann_Georg&oldid=- (Version vom 24. April 2024, 05:45 Uhr UTC)
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Böse: Johann Georg B., geb. 1662 in Oschatz, Sohn eines dortigen Bürgers- und Handelsmannes, empfing seine Vorbildung auf der Schule zur Pforte, wo ihn die Frage über Allgemeinheit oder Beschränktheit der göttlichen Gnade schon mit 17 Jahren lebhaft bewegte, und machte sodann in Leipzig unter J. B. Carpzow’s Leitung seine theologischen Studien. Nach einem wahrscheinlichen Aufenthalt in Bautzen wurde er 1690 Gehülfe des Diaconus Jentsch in Sorau; hier gewann der Archidiaconus J. Fritzsche, 1698 Schade’s Nachfolger in Berlin, Einfluß über ihn, und diesem gelang es, ihn in die Spener’sche [188] Richtung und sogar in die einseitig pietistische Auffassung des Christenthums und der geistlichen Amtsführung vollständig einzuführen. Er behauptete diesen Standpunkt auch als Nachfolger im Diaconate von Sorau (1694), trotz mehrerer an ihn ergehenden Ermahnungen und Verwarnungen. Nach einigen Jahren erschien die Schrift Schade’s: „Praxis des Beichtstuhls und des Abendmahls“, 1697; durch sie angeregt veröffentlichte B. selbst, so sehr auch Spener widerrathen mochte, eine eigene Schrift:„Terminus peremtorius salutis humanae“, 1698. Es war die That seines Lebens, aber sie hat auch seine letzten Lebensjahre ganz verbittert. Die Behauptung eines peremtorischen Heilstermins, über welchen hinaus der Einzelne sich der göttlichen Gnade nicht mehr zu getrösten habe, wurde von dem gräflich Promnitz’schen Consistorium zu Sorau sofort aufgegriffen; es folgte eine Anklage und Untersuchung, deren Acten an die theologische Facultät zu Leipzig geschickt wurden, diese aber votirte unter dem 11. Aug. 1698 zu Ungunsten Böse’s. Vergeblich appellirte der Angegriffene an das Oberconsistorium zu Lübben, dort hatte er sich schon am 20. Nov. zur Verantwortung zu stellen. Beide Theile stärkten sich jetzt durch Gutachten: B. selbst wandte sich an Thomasius, welcher mit bekanntem Freimuth verfuhr, denn in seinem Rechtsgutachten vom 23. Decbr. 1698 wurden dem vorangegangenen Untersuchungsproceß nicht weniger als fünfzehn Nichtigkeiten und Ungesetzlichkeiten nachgewiesen. Ganz entgegengesetzt urtheilte am 18. Jan. 1699 die von dem Sorauer Consistorium befragte theologische Facultät zu Wittenberg. Kurz vorher waren durch das Oberconsistorium von Lübben die Verhandlungen noch der theologischen Facultät zu Rostock zugesandt worden; aber auch hier herrschte der richterliche Geist der altorthodoxen Schule, ihr Urtheil fiel am 30. März oder 3. April 1699 verwerfend aus. Böse’s Lage verschlimmerte sich, auch der Irrthum des Chiliasmus wurde ihm vorgeworfen, er sah sich beschimpfenden Kränkungen ausgesetzt und mit Absetzung bedroht. In solcher Noth schrieb er eine Apologie und schickte sie nebst der Bitte um Begutachtung der Sache an die theologische Facultät zu Leipzig. Die letztere, in welcher die pietistische Richtung inzwischen die Oberhand gewonnen hatte, gab jetzt zu Ende 1699 in zwei Schreiben allerdings eine günstige und freisprechende Meinung ab, aber ohne ihm damit zu nützen: er fand einen andern Helfer in dem frühzeitigen Tode, der ihn schon am 8. Febr. 1700 von aller Drangsal befreite.