ADB:Aurbacher, Ludwig
[689] Zu Ostern 1809 erhielt er hierauf eine Anstellung als Professor der Rhetorik und Poetik am kgl. Cadetten-Corps zu München, welches Amt ihn zur Herausgabe verschiedener, auch jetzt noch schätzbarer Schriften, wie namentlich der „Andeutungen zu einem neuen und einfachen Entwurf der Psychologie“ und einer Abhandlung „Ueber die Methode des rhetorischen Unterrichtes“, beide zunächst für Lehrer bestimmt, dann eines „Lehrbuchs des deutschen Stils“ in 2 Theilen, der „Grundlinien der Rhetorik“ – der „Poetik“ – der „Rhythmik“, auch einer Theorie des militärischen Geschäftsstils veranlaßte. In diese litterarische Thätigkeit gehören auch, nächst der Redaction der „Schulblätter“ in den Jahren 1829 bis 1832, seine „Philologischen Belustigungen“, sein „System der deutschen Orthographie“, sein kleines „Wörterbuch der deutschen Sprache“, seine „Vorschule zur Geschichte und Kenntniß der deutschen Litteratur“, und weiterhin das anonym erschienene „Handbuch zur intellectuellen und moralischen Bildung für angehende Officiere“, sowie die sehr gehaltreichen „Pädagogischen Phantasien“. Wenn schon in allen diesen Arbeiten Aurbacher’s ernstes Bemühen um Förderung echter Humanität in der erfreulichsten Weise sich kund gibt, so hat er seinen tief religiösen Sinn auch durch eine „Anthologie deutscher katholischer Gesänge aus älterer Zeit“ und durch eine neue Ausgabe von Angelus Silesius’ „Geistlichen Hirtenliedern“ und dessen „Cherubinischem Wandersmann“ bethätigt. Ja es gelang ihm sogar, in seinen „Perlenschnüren“ religiös-philosophischer Sprüche dem Tone des Angelus Silesius selbst bedeutend sich anzunähern. Seine „Dramatischen Versuche“, seine Novellen und lyrischen Gedichte kann man nicht zu seinem Besten rechen; gelungener ist sein dem J. 1834 angehörendes „Büchlein für die Jugend“; einen wahren Schatz echter Volkspoesie besitzen wir dagegen in seinem 1826 in erster, 1835 in zweiter Auflage erschienenen „Volksbüchlein“. Es einigten sich eben in seinem Wesen die beiden Haupteigenschaften des Volksschriftstellers: Ernst und muntere Laune, in vorzüglichem Maße, und wenn er gleich die Bahn des Gelehrten eingeschlagen hatte, so bewahrte sich ihm doch, bei der Schlichtheit und Einfalt seines Gemüthes, der Sinn und die Liebe für das Volksleben, aus welchem er selbst hervorgegangen war, in vollster Kraft bis in seine späteren Lebenstage. So konnte denn sein „Volksbüchlein“, wodurch es sich wesentlich von ähnlichen Leistungen Anderer unterscheidet, nicht blos ein Buch für das Volk, sondern ganz eigentlich ein Buch des Volkes, ein dessen Leben selbst entstammendes Buch werden. Währen die „Abenteuer der sieben Schwaben“ und die „Wanderungen des Spiegelschwaben“, welche beide A. scherzweise als die schwäbische Ilias und Odyssee bezeichnete und die von ihm merkwürdiger Weise in einer Periode der äußersten Melancholie verfaßt worden, von dem köstlichen Humor ganz und gar erfüllt sind, so legt sich im „Doctor Faustus“, besonders aber in der „Geschichte des ewigen Juden“, bei aller Popularität der Darstellung, ein echtphilosophischer Tiefsinn zu Tage. Von nicht minderer Vortrefflichkeit sind die beigefügten „Ergötzlichen und erbaulichen Erzählungen“. Unter den Papieren Aurbacher’s, der im J. 1834 wegen zunehmender Kränklichkeit von seiner Professur zurücktrat, hat sich noch eine kleine volksthümliche Dichtung „Die Lalenbrüder“ vorgefunden, welche bald nach seinem Dahinscheiden im V. Bande der Münchener „Fliegenden Blätter“ Dr. Friedrich Beck veröffentlich hat. Es enthielt aber sein litterarischer Nachlaß ferner noch sehr reiche Vorarbeiten zu einem „Schwäbischen Idiotikon“, welche von den Erben dem Prof. Adelb. v. Keller in Tübingen überlassen wurden. Eine Autobiographie Aurbacher’s bis zum Antritt seines Lehramtes am kgl. Cadetten-Korps bewahrt die kgl. Hof- und Staatsbibliothek in München.
Aurbacher: Ludwig A., der Verfasser des „Volksbüchleins“, geb. 26. Aug. 1784 zu Türkheim in der Grafschaft Schwabeck als der Sohn eines ganz unbemittelten Handwerkers, † 25. Mai 1847. Frühzeitig erwachte in ihm die Absicht, sich dem geistlichen Stande zu widmen. 1801 trat er in das weitberühmte Kloster zu Ottobeuren, und nach dessen gleich darauf erfolgter Aufhebung in der vorderösterreichische Stift Wiblingen als Novize ein. Die übermäßigen Anstrengungen aber, denen er sich in diesem Kloster zu unterziehen hatte, brachen seine Gesundheit leider für immer. Zudem bemächtigten sich seiner religiöse Zweifel, deren Lösung erst in viel späteren Zeiten bei ihm erfolgte, die ihm aber zunächst eine wahre Höllenpein verursachten. So schied er denn von Wiblingen aus und trat um 1804 bei einer sehr gebildeten Familie zu Ottobeuren als Hofmeister ein, in welcher Stellung er noch Muße genug fand, sich von der deutschen und französischen Litteratur eine eingehende Kenntniß zu verschaffen.