ADB:Aretin, Adam Freiherr von
Johann Baptist Christoph v. A., welcher vom Kurfürsten Max Joseph den 11. April 1769 [518] in den Freiherrenstand erhoben ward und am 11. Oct. desselben Jahres starb, leitete sich von armenischem Königsgeschlecht ab. Die Kurfürstin Therese Kunigunde Sobieska nämlich, Gemahlin Max Emanuels II., welche nach der Besetzung Baierns durch die Oesterreicher nach Venedig flüchtete und dort längere Zeit lebte, brachte einen Knaben mit sich zurück, welcher ihr 1710 empfohlen worden. Er sei 1706 zu Constantinopel geboren, wohin sein Vater Baldazar Caziadur, König eines an Persien grenzenden Theils von Armenien, durch die Perser seines Reiches beraubt, geflohen. Armenisch auf die Namen Joh. Bapt. Christoph Aroutioun Caziadur getauft, sei der Knabe 1708 zu mehrerer Sicherheit nach Venedig gebracht. In München am Hofe erzogen, ward er wirkl. Hofkammerrath und später Hauptmauthner zu Ingolstadt. Documente zur Bestätigung seiner Herkunft fanden sich im Nachlaß der Kurfürstin nicht; unter den für das Freiherrndiplom beigebrachten Belegen findet sich nur eine gleichzeitige Urkunde, nämlich ein vom armenischen Geistlichen in Constantinopel 1708 ausgefertigtes Taufzeugniß, dessen Aechtheit jedoch zu erhärten bliebe; alles übrige sind spätere Aussagen ohne Beweiskraft. Wenn freilich der Ritter v. Lang nach seiner Art in dem „Aretin“ einen zu Arezzo erzogenen Sohn der Kurfürstin selbst wittert, so bleibt er auch dafür den Beweis schuldig. Von Johann Christophs Söhnen hatte nur der älteste, der Hofkammerrath und Oberstlehnhofcommissarius Christoph Anton, geb. 1727, Nachkommen, nämlich Adam und seine Brüder Georg und Christoph (s. u.). –
Aretin: Johann Adam v. A., bairischer Staatsmann, geb. zu Ingolstadt 24. Aug. 1769, † 18. Aug. 1822. Sein GroßvaterAdam studirte die Rechtswissenschaft auf der Hochschule seiner Vaterstadt, trat 1788 in den bairischen Staatsdienst und wurde schon 1793 zum Rath bei der oberen Landesregierung, 1798 zum Vicecanzler derselben ernannt. Eine bedeutsame Rolle spielte er 1802 bei der Säcularisation als Generalcommissär für das an Baiern gefallene Fürstbisthum Freising, sowie seit 1808 als Mitglied der Gesetzgebungscommission. Die Kreiseintheilung und Instruction der Generalcommissariate und die verschiedenartigsten organisatorischen Arbeiten jener Epoche sind sein Werk, auch bei Ausarbeitung der Constitution vom Jahr 1808 war er beigezogen.
Während und nach den Befreiungskriegen wiederholt mit diplomatischen Missionen betraut, wurde er 1817 zum bairischen Bundestagsgesandten in Frankfurt ernannt und erwarb sich als energischer Vertheidiger des constitutionellen Prinzips gegen Metternich’sche Anfeindungen große Popularität. Der Tod raffte ihn schon im besten Mannesalter hinweg; er starb auf seinem Landgut Haidenburg bei Passau. Johann Adam v. A. zählt auch zu den Gründern des Vereins für ältere deutsche Geschichtskunde. Nicht minder war er ein eifriger Freund der bildenden Künste und brachte eine treffliche Gemäldesammlung und eine der vorzüglichsten Kupferstichsammlungen an sich.
Vgl. Brulliot, „Catalogue des estampes du cabinet d’Aretin“. 3 Bde. München 1827. Aretin selbst schrieb einen „Catalogue des estampes gravées par D. Chodowiecki.“ 1796. Von seinen übrigen Schriften (vgl. Baader, „D. gelehrte Baiern“) sei noch erwähnt sein „Handbuch der Philosophie des Lebens“, 1793.
- Die Familie Aretin. 1825. – Nekrolog in d. Augsb. Allg. Ztg. v. 5. Sept. 1822.