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Artikel „Anders, Franz Julius“ von Paul Mitzschke in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 45 (1900), S. 775–776, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Anders,_Franz_Julius&oldid=- (Version vom 27. April 2024, 03:15 Uhr UTC)
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Anders: Franz Julius A., Stenograph, geboren am 17. November 1816 in Bautzen, † in Berlin am 30. Januar 1869. Aus kleinen Verhältnissen hervorgegangen besuchte A. das Gymnasium seiner Vaterstadt und studirte dann Arzneiwissenschaft auf der medicinischen Akademie zu Dresden und der Universität zu Leipzig, wo er auch promovirte und die ärztliche Prüfung ablegte. Anfänglich in Dresden und später als Militärarzt in Leipzig prakticirend wandte er sich mehr und mehr der Beschäftigung mit der Stenographie zu, die er 1838 in Dresden bei Gabelsberger’s Schüler Franz Wigard erlernt hatte. Schon 1839–1840 und wiederum 1842–1843 fungirte A. in Dresden als amtlicher Stenograph bei Aufnahme der Landtags-Verhandlungen. In Leipzig gründete er am 4. Juli 1846 den ersten Stenographenverein der Gabelsberger’schen Schule, der noch heute besteht und sich im Laufe der Jahre zu einer großen Körperschaft entwickelt hat. Im J. 1847 siedelte A. auf Anregung des Handelskammerpräsidenten Hansemann als Stenographielehrer nach Aachen über und von da 1848 mit dem Minister gewordenen Hansemann nach Berlin, wo er seinen ärztlichen Beruf vollständig fallen ließ. Wir finden ihn dort zunächst als Privatsecretär bei Hansemann, dann als amtlichen Stenographen beim Ersten Vereinigten Landtage, in der preußischen Nationalversammlung 1848, im preußischen Herrenhause (1. Kammer), deren stenographisches Bureau er 1849 bis 1855 leitete, und im norddeutschen Reichstage 1867. Entschiedener Gegner des Stolze’schen Systems suchte er der Gabelsberger’schen Stenographie in Berlin durch Unterricht einen festeren Grund zu geben und gründete dort 1849 und nochmals 1862 Gabelsberger’sche Vereine. Als Theoretiker war A. minder bedeutend, doch wählte ihn die erste Versammlung Gabelsberger’scher Stenographen in München 1852 mit zum Preisrichter bei dem Ausschreiben eines guten kleinen Lehrbuches der Gabelsberger’schen Stenographie, und 1864–1868 gehörte er dem Systemausschuß der Gabelsberger’schen Schule als Mitglied an. Auch seine [776] litterarische Thätigkeit war inhaltlich nicht von wesentlicher Bedeutung. Außer Beiträgen für die Münchener stenographischen Blätter verfaßte er 1852 das Werkchen „Gabelsberger und seine Verdienste um die Stenographie“ und ließ 1855 (Cöslin bei Hendeß) den „Entwurf einer allgemeinen Geschichte und Litteratur der Stenographie“ erscheinen. Diese letztere Veröffentlichung fand ihrer Zeit als erste besondere deutsche Arbeit über den Gegenstand Beachtung, kann aber jetzt nur noch historisches Interesse beanspruchen. Sie ist bei allem Fleiß nicht wissenschaftlich gehalten, sondern eine unkritische und wenig zuverlässige Compilation in phrasenreicher Ausdrucksweise und mit mancherlei Wunderlichkeiten. Die thatsächlichen Nachrichten hat A. aus einer Menge von Fachwerken zusammengetragen; die angehängte bibliographische Uebersicht beruht zum großen Theil auf Namur’s Bibliographie paléographico-diplomatico-bibliologique générale (Lüttich 1838). Bei der Unsicherheit des stenographischen Berufs, in dem es damals noch viel weniger feste Anstellungen gab als jetzt, hatte A. oft mit Noth zu kämpfen, blieb aber trotzdem der stenographischen Sache treu ergeben. Von andauernder Krankheit und zunehmenden Mißlichkeiten erlöste ihn der Tod am 30. Januar 1869 im Berliner Krankenhause. Den größten Theil seiner mit vielen Opfern angesammelten stenographischen Fachbibliothek, auf deren Grund sein „Entwurf“ entstanden war, hatte er schon 1857 an das Königl. Stenographische Institut in Dresden veräußert.

R. Fischer, Briefe Gabelsberger’s an Heger, Posener und Anders (1890), S. 123 ff. – R. Fischer in der Wiener „Stenographischen Correspondenz“ 1894, Nr. 1, S. 3 f. – F. W. Käding, Stolze-Bibliothek Bd. 3 u. 4, S. 65 f. – E. Krumbein, Kurzgefaßte Geschichte der Gabelsberger’schen Schule, S. 8 ff. u. 64. – E. Zehl, Der Gabelsberger-Stenographenverein zu Leipzig 1846 bis 1896, S. 1 ff. – Lobeck im „Archiv für Stenographie“ 1856, Nr. 85, 87 u. 88.