ADB:Agdollo, Peter Aloysius Marquis d’

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Artikel „Agdollo, Peter Aloysius Marquis d’“ von Paul Gautsch in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 1 (1875), S. 137–138, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Agdollo,_Peter_Aloysius_Marquis_d%E2%80%99&oldid=- (Version vom 13. November 2024, 19:54 Uhr UTC)
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Agdollo: Peter Alosius d’A., Marquis, Sohn des Gregorio d’Agdollo, eines Kaufmanns zu Venedig und kursächs. Residenten bei der dortigen Republik, trat in kursächs. Militärdienste, machte den 7jährigen Krieg mit, wurde 1768 Major, 1769 Flügeladjudant des Prinzen Xaver und Obrister der Schweizergarde. Er hatte sich am 6. Juni 1764 mit der Wittwe des Feldmarschalls Rutowski (eines natürlichen Sohnes August des Starken), einer geb. Fürstin Lubomirska vermählt, doch ward dieses Ehebündniß auf Wunsch der letzteren geheim gehalten, weil sie ihren Rang bei Hofe nicht einbüßen wollte. Er führte deshalb einen eigenen Hausstand, lebte aber bei der geringen jährlichen Pension von 600 Thlrn. auf großem Fuße und machte sich durch seinen Aufwand und Verkehr mit angesehenen Personen am Hofe sehr bemerkbar. Schon Prinz Xaver hatte ihn zu geheimen Missionen gebraucht und die Kurfürstin-Wittwe, Marie Antonie, eine Tochter Kaiser Karls VII. und Mutter des regierenden Kurfürsten Friedrich August von Sachsen, ihn bei ihrer Abwesenheit von Dresden mit mancherlei Aufträgen betraut. Namentlich benutzte sie ihn im J. 1776 zu geheimen Verhandlungen mit den Ministern ihres Sohnes, als es sich darum handelte, ihre für 200000 Thlr. in Rom und den Niederlanden versetzten Juwelen einzulösen und sie von einer Schuldenlast von mehr als 700000 Thlrn. durch Abtretung ihrer künftigen, auf viele Millionen angeschlagenen Ansprüche an den Allodial-Nachlaß des kinderlosen Kurf. Max Joseph von Baiern an ihren Sohn zu befreien. Der Marquis war zwar durch offene Zurücksetzung bei Beförderung gegen den Kurfürsten, besonders dessen Günstling, den Grafen Marcolini, sehr erbittert, aber Intrigant wie er war, spielte er doch doppeltes Spiel, verkehrte mit Marcolini viel und theilte geheim zu haltende Briefe der damals im Auslande lebenden Kurfürstin-Wittwe über diese Angelegenheit an ihn den sächs. Ministern mit, daneben jedoch bat er den König von Preußen um Anstellung und bot sich ihm als Spion an, scheint auch Verbindungen mit Wien gehabt und der Kaiserin Maria Theresia, welche ebenfalls entfernte Ansprüche auf jenen Nachlaß hatte, die der Kurfürstin gegen hohe Summen angeboten zu haben.

Großes Aufsehen erregte daher seine am 16. Sept. 1776 erfolgte plötzliche [138] Verhaftung und Abführung auf die Festung Königstein; er blieb bis an seinen am 27. Aug. 1800 erfolgten Tod Staatsgefangener. Der Grund seiner Verhaftung wurde als tiefes Geheimniß behandelt. Sogar seinen Ministern verschwieg der Kurfürst die Ursache und die Gesandten auswärtiger Mächte vermochten, wie ihre Berichte lehren, ihren Höfen nichts als Gerüchte darüber mitzutheilen. Nur der Kurfürst und dessen Mutter, auf deren Anregung die Verhaftung erfolgte, kannten d’Agdollo’s Vergehen. Der Kurfürst erklärte auch seinen Ministern, daß die Sache nur ihn persönlich angehe, nichts mit jener Erbschaftsangelegenheit zu thun habe und deshalb nicht vor den Staatsrath gehöre. Es sind keine Untersuchungsacten vorhanden, sind nach Allem auch nicht geführt worden. Ein katholischer Geistlicher scheint den Gefangenen vernommen und dessen Aussagen mündlich dem Kurfürsten hinterbracht zu haben, sodann von dem Kanzler der Landesregierung auf Grund mündlicher Mittheilung des Kurfürsten über d’Agdollo’s Vergehen und Aussagen ein Gutachten über die Strafbarkeit und Strafart abgegeben worden zu sein und darauf der Kurfürst selbst seine Verurtheilung zu lebenslänglicher Festungshaft gefällt zu haben.

Ein Theil der einschlagenden Correspondenz zwischen dem Kurfürsten und seiner Mutter, namentlich ein Schriftstück des Marquis, das Schmähungen und Drohungen enthalten haben mag, scheint vom Kurfürsten selbst vernichtet worden zu sein. Der Marquis hat sich niemals, selbst nicht in einem auf dem Sterbelager geschriebenen noch vorhandenen Briefe an den Kurfürsten, den er diesem nach seinem Tode zu übergeben sorgsam anordnete, über widerfahrenes Unrecht beklagt.

Weber, Beiträge zur Lebensgeschichte der Kurfürstin Marie Antonie Walpurgis, Bd. IV.