Zweihundert deutsche Männer in Bildnissen und Lebensbeschreibungen/Sebastian Münster

Textdaten
<<< >>>
Autor: Ludwig Bechstein
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Sebastian Münster
Untertitel:
aus: Zweihundert deutsche Männer in Bildnissen und Lebensbeschreibungen, S. 271–272
Herausgeber:
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1854
Verlag: Georg Wigand's Verlag
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Google und Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: [1]
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite


[Ξ]


Sebastian Münster.
Geb. 1489, gest. d. 23. Mai 1552.


Ein Zeitgenosse der Reformatoren, als Theolog wie als Mathematiker gleich groß und bedeutend, brach Münster nach der ersteren Richtung als hebräischer Sprachforscher, nach der letzteren als erster deutscher Geograph und Weltbeschreiber sich anregend und fördernd und den noch beschränkten Kreis cosmographischen Wissens erweiternd, eine glänzende Bahn und ist darum unvergessen.

Münster’s Geburtsort war Ingelheim in der Pfalz; seine Abstammung und sein Jugendleben sind mit Dunkel überhüllt. Die academischen Studien scheint Münster in Tübingen begonnen und vollendet zu haben, wo der berühmte Mathematiker Johann Stoffler sein Lehrer war. Er trat in den Franciskanerorden und befleißigte sich mit größtem Eifer des Studiums der hebräischen Sprache. Indem Münster so durch sich selbst und des Sprachstudiums halber aus den Urquellen schöpfte, konnte es nicht fehlen, daß seine Seele für die evangelische Wahrheit vorbereitet und empfänglich wurde, welche in der Zeit seiner Jünglingsjahre die erleuchteten Begründer der Kirchenverbesserung verkündeten; er trat daher aus seinem Orden und neigte sich dem Bekenntniß der süddeutschen und Schweizer-Theologen zu; dann begab er sich nach Heidelberg und errichtete dort einen Lehrstuhl der hebräischen Sprache und Theologie. Nachdem Münster dort eine Zeitlang als öffentlicher Lehrer gewirkt hatte, traf ihn sammt seinem in Heidelberg erworbenen Freund Simon Grynäus im Jahre 1529 ein Ruf nach Basel, dem beide Folge, leisteten, und dort begann nun Münster seine durch eine lange Reihe von Jahren hindurch fortgesetzte nützliche Thätigkeit als Professor, als Sprachforscher, als Theolog, als Mathematiker, Geograph und Cosmograph. Münster, Capnio und Pellican waren die ersten drei öffentlichen Lehrer der hebräischen Sprache in Deutschland; noch gab es keine gedruckte hebräische Bibel – Münster leistete den zahlreichen Juden wie den christlichen Theologen diesen großen und wichtigen Dienst; er gab eine Bibel mit jüdisch-deutschen Lettern und lateinischen Anmerkungen heraus; sie erschien zu Basel in 2 Foliobänden. Eine chaldäische Grammatik und ein lateinisches Wörterbuch der hebräischen und [Ξ] chaldäischen Sprache war bereits 1527 von ihm erschienen. Die theologische Literatur bereicherte Münster durch die Herausgabe des in die hebräische Sprache übertragenen Evangeliums des Matthäus mit den Anmerkungen des berühmten spanischen Rabbinen Abraham bar Nabbi Meir ben Esra (kurz Aben Esra), der auch Theolog und Mathematiker zugleich war und dessen Schriften Münster eifrig studirte. Die hebräischen Texte der Bibel gab Münster lateinisch heraus, übersetzte die jüdischen Geschichten des Josephus aus dem griechischen Urtext in das lateinische, anderer theologischen und linguistischen Werke nicht zu gedenken. Als Mathematiker veröffentlichte er ebenfalls mehrere Schriften, schrieb auch eine Geschichte Deutschlands; sein Hauptwerk aber, das er mit unsäglichem Fleiß zusammenbrachte, war die 1544 zuerst erscheinende »Cosmographey«, welche weit und breit berühmt wurde, überall den größten Beifall fand, in vielen Auflagen nach einander erschien, die der fleißige Autor stets verbesserte, und welche, nachdem sie in lateinischer und deutscher Sprache erschienen war, in französischer, englischer, italienischer und sogar böhmischer Uebersetzung herausgegeben wurde. Münster leistete in diesem Werke für seine Zeit das unglaubliche; die Mühe, welche es ihm gemacht, deutet er im Vorwort an; dankbar führt er auch die lange Namenreihe derer auf, die ihn gefördert, unter ihnen berühmte Männer, Fürsten, Erzbischöfe und Bischöfe, Grafen, Reichsfreiherren und Gelehrte. Das einen starken Folianten bildende Werk wurde mit zahlreichen Holzschnitten, Städteabbildungen u. dgl. versehen, die der Herausgeber überall her erbat, aber deren, wie er in der Vorrede klagt, nur wenig erhielt, oft aus Mangel an Malern; die italienischen Maler rühmt er als vorzüglich geschickt im Zeichnen der Städte. Von den deutschen Künstlern, die Münster bei seinem Werke beschäftigte und auch dadurch sich ein Verdienst erwarb, sind Hermann Rudolf Emanuel Deutsch, David Kändler und Christoph Maurer vorzugsweise zu nennen; vor allem aber ist nicht zu verschweigen, daß selbst die Holbein’sche Schule bei diesem Werke betheiligt erscheint, indem eine Menge derselben von den Kunstforschern zugeschriebenen genialen und künstlerisch werthvollen Titeleinfassungen, die unverkennbar holbein’schen Einfluß, wo nicht holbein’sche Vorzeichnung beurkunden – die »Cosmographey« zieren. Münster theilte mit seinem großen Landsmann Holbein, nur 2 Jahre früher, den gleichen Tod. Eine in Basel ausgebrochene Pest raffte ihn hin, doch er hatte nach des Dichters Ausspruch »dem besten seiner Zeit genug gethan«, und darum hat er gelebt für alle Zeiten. – Seine Grabschrift rühmte ihn als den Esra und Strabo der Deutschen.