Zweihundert deutsche Männer in Bildnissen und Lebensbeschreibungen/Johann Peter Hebel

Textdaten
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Autor: Ludwig Bechstein
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Titel: Johann Peter Hebel
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aus: Zweihundert deutsche Männer in Bildnissen und Lebensbeschreibungen, S. 169–170
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Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1854
Verlag: Georg Wigand's Verlag
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Google und Commons
Kurzbeschreibung:
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Johann Peter Hebel.
Geb. d. 11. März 1760, gest. d. 22. Sept. 1826.


Hebel hat sich durch seine »allemannischen Gedichte« vor allen seinen übrigen Schriften bleibenden Nachruhm geschaffen. Er wurde im Dorfe Hausen, nahe bei Schopfheim in Baden, geboren. Der Vater war ein armer Gärtner und dem Sohne schien nur ein kärgliches Loos gefallen. Er mußte als Knabe, da er den Vater früh verlor, auf der Eisenhütte bei Hausen nebst seiner Mutter Kohlen tragen und sonstige geringe, aber mühsame Arbeiten verrichten. Doch war ihm vergönnt, die Dorfschule zu besuchen, wo er so gute Anlagen und Fähigkeiten zeigte, daß ein früherer Waffengefährte seines Vaters, ein invalider Unteroffizier, Namens Iselin, der den Fleiß des Knaben erfuhr, ihn zu sich nach Basel nahm, und ihn den Unterricht der dortigen Stadtschule genießen ließ. Mittlerweile starb Hebel’s Mutter, aber der ganz verwaiste Knabe fand einen neuen Wohlthäter an dem Kirchenrath Prauschen in Karlsruhe, welcher sich seiner liebevoll annahm, ihn erst das Gymnasium zu Lörrach besuchen ließ, und später Sorge trug, daß Hebel eine Hochschule besuchen konnte. Hebel wählte Erlangen zum Ort seiner akademischen Studien, und die Theologie als deren Ziel. Er kam 1778 nach Erlangen, und bestand sein Candidatenexamen nach zurückgelegtem akademischen Triennium sehr gut; bald auch bot sich eine willkommene Hauslehrerstelle, und nun öffnete sich ihm mehr und mehr der Weg und die Aussicht zu einer schönen Lebenslaufbahn, wie sie der kleine Kohlenträger von der Hausener Eisenhütte nie geahnet. Bereits 1783 wurde Hebel Lehrer an dem Gymnasium, das ihn selbst gebildet hatte, und die schöne Natur um Lörrach weckte die Poesie, die in seiner empfänglichen Seele schlummerte. Im Jahre 1791 wurde Hebel zum Lehrer am Karlsruher Gymnasium ernannt, und empfing zugleich die Stelle des Subdiaconus an der Hofkirche daselbst, woraus er nach Verlauf mehrerer treugeführten Dienstjahre 1798 zum Professor und Oberlehrer aufrückte. Als solcher ließ er nun 1803 seine »allemannischen Gedichte« erscheinen, ein höchst glücklicher Wurf, denn einestheils verhalf die wahrhafte Begabung des Dichters im Bunde mit hoher Einfachheit, reizendster Naturschilderung und erschütternder Wahrheit in den Gedichten selbst, anderntheils das lieblich weiche [Ξ] und zum Gemüth innig sprechende des allemannischen Dialektes den allemannischen Gedichten zu lebhaftem Beifall und größtmöglichster Verbreitung. Die deutsche Dialektdichtung war noch wenig angebaut, nur Johann Conrad Grübel, und später J. H. Voß hatten mit großem Glück, der erstere die nürnberger in scherzhaften Gedichten, der zweite die plattdeutsche Mundart in lieblichen Idyllen und Gedichten gleichsam zu verklären gesucht, und wohl mag Voß Hebel vorgeschwebt haben, obschon der letztere völlig selbstständig auftrat, und ungleich mehr, als an neuere, an die schwäbischen Minnesinger erinnerte, denn eine gleiche Unbefangenheit und Naivität im Ausdruck, und die gleiche Zartheit der Empfindungen beseelte, wie jene, so auch die Dichtungen Hebels. Kaum zu zählen sind die spätern Auflagen derselben, und mehrere Schriftsteller haben sich auch die höchst undankbare Mühe gegeben, die allemannischen Gedichte in das Hochdeutsche zu übertragen, was geradezu den Farbenstaub vom Flügel des Sylfen, den Thau von der Blume, den zarten Dufthauch von der Herbstfrucht abstreifen heißt. Auch nachgeahmt wurde Hebel häufigst, ja jetzt ist wohl kein noch so kleines Ländchen und Winkelchen in Deutschland, aus dem nicht sein Dialekt in einigen Verslein hervorzirpt. Der Sprache mag damit ein Dienst geleistet sein, der Poesie sicherlich nicht; nicht jeder Dialekt eignet sich für die poetische Behandlung; es giebt in Deutschland Länder, deren Idiome und Dialekte von Natur unschön, grob und bäurisch klingen, was besonders von einigen nordfränkischen Provinzen gilt, die nimmermehr sich für poetische Auffassung eignen.

Im Jahre 1805 wurde Hebel badenscher Kirchenrath und 1808 Gymnasiumsdirektor. Im letzteren Jahre begründete und begann er seine beliebte Zeitschrift: »Der rheinländische Hausfreund«, der bis 1811 erschien und dann unter dem Titel »Rheinischer Hausfreund« durch die Jahre 1814 und 1815 fortgesetzt wurde. Ein Auszug aus der ersten dieser Schriften erschien 1811 unter dem Titel: »Schatzkästlein des rheinischen Hausfreundes«, die Quintessenz desselben darbietend, und erlebte mehrere Auflagen. Vielen Epigonen in der volkstümlichen Schreibweise diente Hebel als Vor- und Musterbild, und es wäre wohlgethan, wenn eine noch ungleich größere Anzahl die edle Denk- und Schreibweise Hebel’s zu erreichen gestrebt hätte, statt dem Volke mit Gemeinheiten zu schmeicheln, und zu wähnen, für das Volk sei auch die ungenießbarste Speise gut genug.

Im Jahre 1809 wurde Hebel Mitglied der evangelischen Kirchen- und Prüfungskommission, 1814 Mitglied der evangelischen Kirchen-Ministerial-Section, endlich 1819 empfing er Rang und Titel eines Prälaten und 1820 das Comthurkreuz des Zähringer Löwenordens, zugleich ertheilte ihm die theologische Facultät zu Heidelberg die theologische Doktorwürde.

Hebel endete sein thätiges und verdienstvolles Leben im Hause eines vieljährigen Freundes, Namens Zeyher, dem berühmten Vorsteher des botanischen Gartens zu Schwetzingen, als er von einer nach Mannheim gemachten Reise in die Heimath zurückkehren wollte. Ein Denkmal wurde Hebel im Hofgarten zu Karlsruhe errichtet.