Zweihundert deutsche Männer in Bildnissen und Lebensbeschreibungen/Friedrich Wilhelm Freiherr von Seydlitz

Textdaten
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Autor: Ludwig Bechstein
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Titel: Friedrich Wilhelm Freiherr von Seydlitz
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aus: Zweihundert deutsche Männer in Bildnissen und Lebensbeschreibungen, S. 345–346
Herausgeber:
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1854
Verlag: Georg Wigand's Verlag
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Google und Commons
Kurzbeschreibung:
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Friedrich Wilhelm Freiherr von Seydlitz.
Geb. d. 3. Febr. 1721, gest. d. 7. Nov. 1773.


Einer der tapfern und berühmten Heerführer des großen Preußenkönigs, geboren zu Kalkar, nach andern zu Rees bei Kleve. Von Seydlitz stählte sich durch gymnastische Uebungen frühzeitig für den Kriegsdienst, und trat schon im 12. Jahre beim Markgrafen Friedrich Wilhelm von Brandenburg-Schwedt als Page ein. Unter diesem oft tollkühnen Gebieter fand v. Seydlitz volle Gelegenheit, der eigenen Neigung zu fröhnen, und indem er Theil nahm an den ritterlichen Unternehmungen des Markgrafen, oft auf den wildesten Pferden, sogar auf Hirschen, durch bewegte Windmühlenflügel zwischen durch, errang er sich die Kühnheit und Unerschrockenheit, die sein späteres Leben auszeichneten. Vorn Pagen wurde Seydlitz durch seinen Gebieter zum ersten Cornet bei dessen Kürassierregiment befördert und machte mit diesem seinen ersten Feldzug im ersten schlesischen Kriege mit, in welchem er sich so auszeichnete, daß ihn der König im Jahre 1742 als Rittmeister an die Spitze einer Husarenschwadron im Regiment Natzmer stellte. Obschon Seydlitz das Misgeschick gehabt hatte, in Gefangenschaft zu gerathen, war doch seine Auswechslung bald erfolgt. Nach dem Ausbruch des zweiten schlesischen Krieges zeichnete er sich besonders in der Schlacht bei Hohenfriedberg aus, machte in derselben den sächsischen General Schlichting zum Gefangenen, und wurde, noch nicht 24 Jahre alt, vom Könige dafür zum Major ernannt. Bei Soor empfing er eine Wunde, und bei Zittau machte er einen sehr erfolgreichen Cavallerieangriff, und nach geschlossenem Frieden übte er seine Husaren so auf eine zwar strenge, aber zugleich auch wohlwollende und stets mit eigenem bestem Beispiele vorangehende Weise im Reitereidienst, daß seine Schwadron es allen übrigen in der ganzen preußischen Armee zuvorthat. Er organisirte das Dragonerregiment Prinz Friedrich von Würtemberg zu Treptow als dessen Commandeur, dann in Schlesien das Cürassirregiment von Rochow, an dessen Spitze ihn der König 1755 als Oberst stellte. Durch seine ausgezeichnete Kenntniß des Cavalleriedienstes führte v. Seidlitz die preußische Kavallerie in das Stadium einer neuen Aera, wie es bei Fürst Leopold von Dessau mit der Infanterie der Fall [Ξ] war. Bald nach dem Ausbruch des siebenjährigen Krieges wurde v. Seidlitz einer von dessen gefeierten Helden; er trug wesentlich zum Erfolg der Schlacht bei Lowositz bei, deckte bei Kollin mit der Cavallerie des linken Flügels den Rückzug, und wurde Generalmajor. Als Berlin von Haddick genommen war, eilte v. Seydlitz der geängstigten Stadt zu Hülfe, dann zog er nach Sachsen, und überrumpelte von Erfurt aus Gotha, an dessen Hofe der Prinz von Soubise und die hohe französische Generalität sorglos wellten, die nun in einer fast lächerlichen Eile ihr Hell in der Flucht suchen mußten. Jetzt ernannte der König Seydlitz zum Chef der gesammten Kavallerie der preußischen Armee, und Seydlitz wurde der hauptsächlichste Held der Schlacht bei Roßbach, denn ungleich mehr der Cavallerie, als der Infanterie und Artillerie wurde jener große Sieg verdankt, doch empfing er auch eine Wunde. Der König verlieh ihm den schwarzen Adlerorden und ernannte ihn zum Generallieutenant. Auch bei Zorndorf rettete er die schon fast verlorene Schlacht, nahm dem Feind die von ihm schon eroberten preußischen Kanonen wieder und noch 120 von dessen eigenen dazu; 20 Fahnen feindlicher Regimenter fielen in die Hand des Siegers. Bei Hochkirch machte v. Seydlitz abermals einen Rückzug durch geschickte Deckung desselben möglich. In der unglücklichen Schlacht bei Kunnersdorf wurde auch Seydlitz verwundet und mußte deshalb vom Heere scheiden; er suchte seine Herstellung in Berlin, und vermählte sich dort 1760. Sobald als ihm möglich war, wieder ein Pferd zu besteigen, that Seydlitz dies mit ungebrochenem Muthe; er vertheidigte Berlin tapfer gegen v. Tettenborn und Lascy, und focht unter den Fahnen des Prinzen Heinrich von Preußen bei der in Sachsen stehenden Armee den Rest des Krieges vollends mit durch, wo ihm wieder die Schlacht bei Kreiberg Gelegenheit bot, sich rühmlichst auszuzeichnen. Als der Friede geschlossen war, ernannte der König seinen tapfern Reiterführer zum General-Inspektor der ganzen in Schlesien stehenden Kavallerie mit dem Standquartier in Ohlau, wo gleichsam eine höhere Musterschule für den praktischen Cavalleriedienst unter seiner Leitung bestand, dessen anstrengende und oft tollkühne Uebungen manchem jungen Reiter den Hals kosteten. Zum General ernannt, blieb Seydlitz, was er war, ganz Kavallerist, und lebte sein Soldatenleben als solcher aus. In sinnlichen Genüssen hielt er wenig Maß, und höhere feinere Lebensfreuden waren ihm entrückt. Der König bewies ihm die höchste Achtung, doch suchte er nicht auf die Dauer Seydlitz’s Umgang. Der Ausschweifung im Genuß der physischen Liebe wird es zugeschrieben, daß v. Seydlitz frühzeitig alterte, gleichwol dürften daran die furchtbaren und oft anhaltenden körperlichen Anstrengungen des mit so viel Vorliebe gepflegten Cavalleriedienstes und der Feldzüge nicht mindern Antheil gehabt haben. Im April 1772 traf ihn ein Nerven-Schlaganfall, ohne jedoch seinem Leben sogleich ein Ende zu machen. Der König besuchte ihn noch im Jahre 1773 und beklagte schmerzlich die nahe und allzufrühe Trennung von einem seiner tapfersten Generale. Am 7. November 1773 führte der Tod den bewährten Krieger sanft in die Gefilde des ewigen Friedens. Seydlitz ruht auf seinem Gute Minkowski in Schlesien, sein Denkmal ziert Berlin, das Andenken an ihn als Feldherr und Reiter General wird stets ein gefeiertes sein.