Zweihundert deutsche Männer in Bildnissen und Lebensbeschreibungen/Albrecht Wenzel Eusebius von Wallenstein

Textdaten
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Autor: Ludwig Bechstein
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Titel: Albrecht Wenzel Eusebius von Wallenstein
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aus: Zweihundert deutsche Männer in Bildnissen und Lebensbeschreibungen, S. 383–384
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1854
Verlag: Georg Wigand's Verlag
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Google und Commons
Kurzbeschreibung:
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Albrecht Wenzel Eusebius von Wallenstein,
Herzog von Friedland u. s. w.
Geb. d. * 14. Sept. 1583, gest. d. 25. Febr. 1634.


Dieser berühmteste Feldherr des dreißigjährigen Krieges entstammte einem alten freiherrlichen Geschlechte Böhmens, und wurde zu Hermanic, einem der väterlichen Schlösser, geboren. Sein ganzes reiches Leben umwob von der Jugend an einestheils die Poesie und die Dichtung mit manchem märchenhaften Zauber, anderntheils die Lüge und der Haß mit den entstellenden Schleiern boshafter Verläumdung, so daß zwei Jahrhunderte haben vergehen müssen, ehe das Heldenbild des Mannes zwar nicht völlig rein und makellos, aber doch im gediegenen Spiegel der Wahrheit vor das Auge der Nachwelt trat. Wallensteins freiherrliche Aeltern gehörten nach ihrer Glaubensrichtung zu den böhmischen Brüdern, und der Sohn besuchte eine Zeit lang die Schule der Brüdergemeinde in Koschumberg; im sechszehnten Lebensjahre nahm ihn aber zu fernerer Ausbildung das Jesuitenconvictorium zu Olmütz auf, dort wurde er katholisch. An diesen in der Natur der Sache liegenden ganz natürlichen Uebertritt knüpft die Sage den Sturz von einem Thurme herab, von dem er sich unversehrt erhoben – dann soll Wallenstein die Universitäten Bologna und Padua in Gesellschaft des jungen Edelmanns Liezec von Riesenburg besucht haben. Ebenso wird auch noch ein Studienaufenthalt zu Goldberg, zu Altdorf und zu Innsbruck genannt. Die gelehrte Forschung hat letzteren zu beseitigen versucht, Altdorf aber läßt sich nicht hinweg behaupten, denn in der noch vorhandenen Matrikel jener Hochschule steht sein Name eingetragen und es liegen Akten über seinerseits verübte Ruhestörung vor. Nur die Geschichte mit dem neuen Carzer und Wallensteins in dasselbe voranlaufendem Hund gehört der Sage an. Da Wallenstein später als gefürchteter Feldherr nach Altdorf kam, beriefen sich Magistrat und Hochschule auf seine frühere Anwesenheit in ihren Mauern und erbaten seinen Schutz. Wallensteins Lieblingsstudien waren Mathematik und Kriegswissenschaft, Astrognosie und Astrologie. Nach mehreren Reisen durch Italien, Frankreich, die Niederlande und Deutschland kehrte der junge Freiherr in seine Heimath zurück und widmete sich dem Kriegsdienste im Heere Kaiser Rudolfs gegen Ungarn und Türken. Als der Friede geschlossen war, vermählte [Ξ] er sich mit einer alten reichen Wittwe, die er nach kurzer kinderloser Ehe verlor; dadurch und durch anderweite Erbschaften gelangte Wallenstein zum reichen Besitze vieler Güter und vermochte eine bedeutende und hervortretende Rolle zu spielen. In dem Kampfe des Erzherzogs Ferdinand von Steiermark gegen den Freistaat Venedig (1616) führte er dem Erzherzog 200 auf eigene Kosten ausgerüstete Reiter zu, und zeichnete sich durch persönliche Tapferkeit aus. Nach dem Friedensschluß gab ihm Kaiser Matthias ein Reiterregiment, und ernannte ihn zugleich zum Kämmerer, erhob ihn auch in den Grafenstand. Jetzt schloß Wallenstein ein neues Band der Ehe mit der Tochter des begüterten kaiserlichen Rathes und Kämmerers, Grafen von Harrach. Es war nun natürlich, daß er beim Ausbruche des dreißigjährigen Krieges allen Versprechungen der Aufständigen, die ihn auf ihre Seite zu ziehen versuchten, widerstand und zu seinem Kaiser hielt; und nun begann seine Heldenlaufbahn, die er mit Siegen zeichnete. Der Erfolg war der Ankauf zahlreicher Herrschaften, deren Besitzer als Rebellen erschlagen oder vertrieben waren, und die Erhebung in den Reichsfürstenstand, an die sich die kaiserliche Belehnung mit der Herrschaft Friedland reihte. Bald ernannte der Kaiser Wallenstein zum Herzog von Friedland, und es umgab den letztern nun Glanz und Fülle des Ansehens und Reichthums. Das Herzogthum des weltberühmten Feldherrn und späteren Generalissimus der kaiserlichen Heere umfaßte nicht weniger als 66 Städte, Flecken und Dörfer, ohne die denselben nicht einverleibten Herrschaften. Des Kaisers Dank und Liebe war so groß, daß er sich nicht mit der schlichten Ernennung seines Günstlings zum Fürsten begnügte, sondern ausdrücklich ihm das Prädicat „Oheim auch Unserm und des Reichs Fürsten und lieben Getreuen“ besiegte und verlieh. Dieß geschah 1623 und 1624. Wallensteins Dank und Anhänglichkeit war nicht minder groß, wie seines Kaisers Gunst, und er rüstete Truppen auf Truppen aus, erfocht Siege auf Siege. Der Sieg über die dänisch-weimarischen Truppen in Schlesien machte Wallenstein zum Herzog von Sagan, der Zug gegen Dänemark zum Herzog von Mecklenburg, später verlieh ihm der Kaiser das Herzogthum von Groß-Glogau, und es fehlte wenig, so wäre er König von Dänemark geworden. Wallenstein übte seine Rechte als Reichsfürst in vollem Maaße aus, er ließ vollwichtige Münzen Prägen, allein an Dukaten jährlich 12000, mit seinem Bilde, Wappen und Titel. Sein Haus- und Hofhalt war streng geregelt, ein Musterbild von Zucht und Ordnung, aber so sehr er ein guter Wirth war, so wenig kargte er, und wo er zu belohnen Anlaß fand, belohnte er eher königlich als herzoglich, was indeß bisweilen trotz allen Reichthums auch Geldverlegenheiten herbeiführte. Der Wallensteinische Hofstaat bestand aus 9 Personen des höheren Dienstes, 20 Leuten für den Leib- und Tafeldienst, deren Gesammtbedienung mit ihnen selbst ein äußerst zahlreiches Personal mit der entsprechenden Menge von Pferden erforderte. Dazu die Kriegskanzlei, die Küche, die Silberkammer, der Stall – zusammen ein Leib- und Hofdienerpersonal von 900 Menschen und 1072 Pferden. Wallenstein, zu dessen Fahnen alles fahrende und herrenlose Kriegsvolk freudig strömte, hatte dem Kaiser im Jahre 1625 ein Heer von 20,000 Mann ausgerüstet, dadurch kaiserliche Truppen noch um 10,000 Mann vermehrt von ihm dem Heere Tillys zugeführt wurde, später, auf 50,000 Mann gebracht, gegen den heldenmüthigen Mansfelder kämpfte, und so erfüllte der Kriegslärm der wallensteinischen Heeresmacht und des Feldherrn gefürchteter Name Deutschland von einem Ende zum andern. Nach der mißlungenen Belagerung Stralsunds aber und dem Frieden mit Dänemark begann sein Stern sich zu trüben, es liefen dringende Klagen über die grausamen Bedrückungen aller Lande beim Kaiser ein, und dieser enthob Wallenstein der Würde des Generalissimus, 1630. Wallenstein fügte sich ohne Murren, zog sich auf sein Residenzschloß Gitschin zurück, und lebte dort, wie auch abwechselnd zu Prag mit fürstlicher Pracht, und blieb mit dem erhabenen Freunde auf dem Throne, dem Kaiser, in ununterbrochenem Briefwechsel. Bald genug ließ König Gustav Adolfs Landung und Vordringen die Unentbehrlichkeit eines Feldherrn wie Wallenstein empfinden; er wurde wieder als Generalissimus mit größerer und ausgedehnterer Vollmacht als früher und mit den glänzendsten Versprechungen an die Spitze eines Heeres von 40,000 Mann gestellt, und begann nun seine erneuten Feldzüge 1632. Wallenstein eroberte Prag, vertrieb die Feinde aus Böhmen und wandte sich gegen Gustav Adolf, der den Sieg bei Lützen mit dem Opfer seines Heldenlebens erkämpfte. Nach streng vollzogenem rächenden Richterspruch über flüchtig gewordene Führer seiner Truppen und kurzer Winterrast begann er 1633 den Krieg in Schlesien, und bald begannen nun auch gegen ihn die heimlichen Ränkeschmiedungen seiner Feinde, und der Kaiser zitterte vor der übergroßen Macht, die er selbst in die Hände dieses einen, kühnen Mannes gelegt hatte. Noch einmal war Wallenstein bereit, den Oberbefehl abzugeben, aber seine Feldherren waren dagegen, denn in ihm, nicht im Kaiser, sahen sie ihren Halt und ihre Stütze. Ein Bündniß derselben mit ihm, treu zusammen zu halten, wurde als Aufruhr und Hochverrath gegen den Kaiser gedeutet, und dadurch die unglückliche Katastrophe herbeigeführt, die dem Leben des bedeutenden Mannes zu Eger durch den schnödesten Meuchelmord ein Ende machte. Die gründlichen Forschungen der Neuzeit habm überwiegend dargethan, daß Wallenstein kein Hochverräther war; daß nur ein Lug- und Truggewebe von Verrath und Hinterlist durch seine Feinde ihn fällte, und daß sein Charakter in dieser Beziehung gerechtfertigt da steht, wenn auch die Weise seiner Kriegführung und manche Grausamkeit tiefe Schatten auf sein Leben wirft.