Zum neuen Jahre (Lavant)

Textdaten
Autor: Rudolf Lavant
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Zum neuen Jahre
Untertitel:
aus: Der Wahre Jacob
Herausgeber:
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1893
Verlag: J. H. W. Dietz
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Stuttgart
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scan
Kurzbeschreibung:
Der Wahre Jacob, Nr. 168, Seite 1378
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
Bearbeitungsstand
korrigiert
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
[[index:|Indexseite]]

[1378]

Zum neuen Jahre.
Von Rudolf Lavant.

Die Glocken spenden ihren letzten Gruß
Mit dumpfem Hall dem abgeschiednen Jahre.
Die letzten Reiseschuhe trägt sein Fuß,
Mit welkem Antlitz ruht es auf der Bahre,

5
Und Niemand ist, der eine Zähre weiht

Dem Scheidenden bei dieser Glocken Hallen ―
Es war ja nur ein Jahr der alten Zeit,
Die rettungslos dem Untergang verfallen.

Auf hohem Stuhl sitzt die Gerechtigkeit

10
Und läßt für jede That des Frevels büßen;

Wir aber fragen: Schickt die neue Zeit
Das junge Jahr, das schweigend wir begrüßen?
Führt es herauf den ersten, irren Schein
Des neuen Tags, erschließt es neue Bahnen?

15
Wird es umweht von Frühlingsahnung sein,

Und läßt es freudig rauschen unsre Fahnen?

Die mit ihm kommen, meinen sie es gut?
Sind sanft und mild und freundlich ihre Augen
Und schaudern sie vor warmem Menschenblut,

20
Das widerwillig nur die Schollen saugen?

Verheißen Lind’rung sie für jeden Druck,
Statt Unheil feindlich und verstockt zu brüten?
Sind ihrer Stirnen und Gewänder Schmuck
Allein des Frühlings zarte duft’ge Blüthen?

25
Es drängen düstre Schemen sich herbei,

Du junges Jahr, und rathen: „Blut und Eisen!“
Bist du dir klar, bist du bewußt und frei
Und wirst gebieterisch du fort sie weisen?
Verbannst aus deiner Nähe du den Krieg,

30
Der rastlos schleift die mörderischen Klingen?

Wird über Noth und Elend dir der Sieg
Und wirst die fahle Seuche du bezwingen?

Er hat so lang das Regiment geführt
Der düstre Troß in allen Menschenreichen ―

35
Er wähnt, daß es auch ferner ihm gebührt

Und ohne Gegenwehr wir er nicht weichen.
Hast du den Blitz im Auge, junges Jahr,
Der spielend bändigt diese nimmer Satten?
Sprichst du das Wort, das sie auf immerdar

40
Hinunterbannt ins graue Reich der Schatten?


Wir wissen Alle, daß es vorwärts geht,
Und Hoffnung weiht des Jahres erste Stunden,
Doch wie mit dir, du junges Jahr, es steht
Und was du bist, du musst es erst bekunden.

45
Wenn du uns rufen willst ― wir sind bereit

Und Keinen findest zag du und beklommen;
Bist du ein Kind der neuen, bessern Zeit,
Dann sei von ganzem Herzen uns willkommen!