Textdaten
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Autor: unbekannt
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Titel: Zum ersten April
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aus: Die Gartenlaube
Herausgeber: Ernst Ziel
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1880
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[234] Zum ersten April. Es ist eine uralte, weitverbreitete Sitte, einander am ersten April, wie es heißt, „in den April zu schicken“. In Deutschland erschallt am ersten April der Ruf:

„April, April, April!
Heut’ kann man den Narren schicken,
Wohin man will.“

In Frankreich heißt es: „Donner un poisson d’avril“ („einen Aprilfisch geben“), und in England sagt man:

„On the first day of April
Hunt the gawk another mile.“

was zu deutsch etwa heißt:

„Im Monat April, am ersten Tage,
Den Geck eine Meile weiter jage!“

Natürlich ist es vorzüglich die Jugend, die sich diesem Genusse des „In den April Schickens“ hingiebt, aber auch die Erwachsenen verschmähen wohl einen kleinen Scherz am ersten April nicht.

„Der Brauch wird auf die verschiedenste Art und Weise in Ausführung gebracht. In Deutschland, Holland und England schickt man am ersten April Kinder und Dienstboten in die Apotheken, um Mückenfett, Krebsblut und andere Ungeheuerlichkeiten zu holen, und bindet den auf diese Weise „in den April Geschickten“ Zöpfe mit Papier etc. zur Erhöhung des Gaudiums an. Vornehmlich in England sind diese Aprilscherze noch recht im Brauch, ja, sie sind dort heutzutage noch am meisten beliebt. Heißt doch der erste April in England geradezu „all fools day“, aller Narren Tag. Das in dem englischen Vers enthaltene Wort „gawk“ – sagt man gewöhnlich – bedeutet ursprünglich „Kukuk“, der in der Regel in den ersten Tagen des April erscheint und auf den dann von Baum zu Baum eine Meile weit Jagd gemacht zu werden pflegt. Später jedoch [235] nahm der Ausdruck „gawk“ auch die Bedeutung „Geck“ an. In Schottland hat sich dieses Kukuksjagen bis auf den heutigen Tag erhalten; nur wird öfters – nach der üblichen Auffassung „in Ermangelung eines wirklichen Kukuks“ – ein Mann dazu erkoren und gejagt.

In Frankreich schickt man gleichfalls noch heute den Narren in den April, was der Franzose, wie bemerkt, „donner un poisson d’avril“ nennt. Dieser Aprilfisch ist freilich kein anderer als der im Canal so häufig vorkommende Maifisch. Bekanntlich aber waren die Fische der Liebesgöttin Venus geweiht, die zugleich auch Göttin des Monats April war, in welchem ja Alles in der Natur zu neuem Leben keimt und sprießt.

Ueber den Ursprung dieser Sitte ist viel gestritten worden. Unzulässig ist ihre späte Ableitung aus der kirchlichen Ueberlieferung der Leidensgeschichte Christi, wonach sie das Herumschicken des Letzteren „von Pontius zu Pilatus“ abbilden solle, unwahrscheinlich der Einfall, daß sie der Unbeständigkeit des sprüchwörtlichen „Aprilwetters“ ihren Ursprung verdanke. Nach Jacob Grimm kennt das germanische Alterthum die Sitte gar nicht; dieselbe wäre vielmehr aus Frankreich in Deutschland eingewandert, und es steht zu vermuthen, daß sie keltischen Ursprungs, wohl der Rest einer keltischen Frühlingsfeier ist, welche, wie alle heidnischen Frühlingsfeste, der Ausdruck überschäumender Lustigkeit war. Vielleicht kommt man der Sache noch genauer auf den Grund, wenn man einen Zug in Erwägung zieht, der für alle Frühlingsfeste vorzugsweise charakteristisch ist: die Symbolisirung des Winters durch irgend eine bestimmte Figur, welcher sehr übel mitgespielt, welche im Kampfe besiegt, verspottet, vernichtet, oder aber verstoßen und verjagt wird. Es liegt nahe zu vermuthen, daß jener verjagte „Geck“, welchen man am ersten April „schicken kann wohin man will“, mit dem Winter zusammenhängt. Nebenbei bemerkt, dürfte auch unserer Redensart „Jemanden zum (das heißt als) Kukuk schicken“ die oben von Schottland berichtete Form des Wintervertreibens zu Grunde liegen und das Wort „gawk“ in Bezug auf seine Herkunft noch genauerer Erwägung werth sein.