Zum Präsidentenwechsel in den Vereinigten Staaten von Nord-Amerika

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Titel: Zum Präsidentenwechsel in den Vereinigten Staaten von Nord-Amerika
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aus: Die Gartenlaube, Heft 41, S. 680–682
Herausgeber: Ernst Ziel
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Erscheinungsdatum: 1881
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung: Tod von James A. Garfield und Amtsantritt von Chester A. Arthur
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Zum Präsidentenwechsel in den Vereinigten Staaten von Nord-Amerika.

Nachdem der edle Garfield mehr als zehn Wochen mit den Folgen einer heimtückischen schweren Verwundung gerungen, erwies sich endlich die allbezwingende Gewalt des Todes mächtiger als alle Künste der ärztlichen Wissenschaft und erlöste den Präsidenten von seinen qualvollen Leiden. Die Trauerkunde, welche sich am 19. September mit Blitzesschnelle über Länder und Meere verbreitete, rief überall die Gefühle des tiefsten Schmerzes und der aufrichtigsten Theilnahme hervor, und die sympathischen Kundgebungen, welche an allen Orten der civilisirten Welt erfolge, sind nicht allein Ausflüsse einer freundschaftlichen Gesinnung, die man einer großen Nation in ihrem Unglücke um so nachdrücklicher bezeugt, sondern sie gelten diesmal in erster Linie dem edlen Manne, dessen Leiche nunmehr in dem schwarz ausgeschlagenen Saale des Capitols zu Washington aufgebahrt worden.

Die großen persönlichen und staatsmännischen Tugenden Garfield’s leben noch frisch in der Erinnerung unserer Leser; haben wir doch erst vor Kurzem, gelegentlich seiner Wahl zum Präsidenten der Republik, des dornenvollen Lebenslaufes dieses charakterfesten und tugendhaften Mannes mit warmen Worten gedacht; auch die elenden Triebfedern und verhängnißvollen Folgen des ruchlosen Meuchelmordes haben wir schon früher genügend gebrandmarkt, und so haben wir heute nur die schmerzliche Pflicht zu erfüllen, am Sarge des echten Republikaners einen Lorbeerkranz niederzulegen und um die mit ihm zu Grabe getragenen Hoffnungen des amerikanischen Volkes zu trauern.

„Ich will mir die Hütte nehmen lassen, welche meinen Theuren zum Obdache dient, will meine paar Rechtsbücher verbrennen, die mir bei der Ausübung meines Berufes behülflich sind – nur das Eine muß ich behalten und werde es vertheidigen, wie die Löwin ihr Junges, und sollte ich, angesichts der Nation, darüber zu Grunde gehen: meinen ehrlichen Namen.“

An diese flammenden Worte, die Garfield vor Jahren, als er der Betheiligung an einer Gründerarbeit beschuldigt wurde, im Unterhause des Congresses seinen Verleumdern entgegen schleuderte, erinnert uns heute die Presse. Nun wohl! Garfield hat sein Wort gehalten! Er ist angesichts der Welt zu Grunde gegangen, indem er nicht nur seinen eigenen ehrlichen Namen, sondern auch die Ehre der Republik gegen die Uebergriffe der schamlosen Beutepartei [681] vertheidigte, und dies allein sichert ihm den Ruhm der Unsterblichkeit, den Ehrenplatz nach Washington und Lincoln in dem Andenken der Völker.

James A. Garfield.

Aber wir Deutsche haben noch einen besondern Grund, Garfield’s frühzeitigen Tod zu beklagen: Uns ist in diesem edlen Manne ein treuer Freund unseres Vaterlandes verloren gegangen.

Ein gründlicher Kenner unserer Literatur und Geschichte, wußte er den idealen Zug des deutschen Nationalcharakters wohl zu schätzen, und mehr als einmal nannte er die Deutsch-Amerikaner „die treuen Verbündeten“, welche den gesitteten Führern des amerikanischen Volkes zum endlichen Siege über die corrumpirten Aemterjäger verhelfen würden.

Herzinnig war auch der Empfang, welchen Garfield der deutschen Deputation nach seiner erfolgten Präsidentenwahl zu Theil werden ließ, und wir begreifen wohl die Tiefe des Schmerzes, welchen Millionen unserer Brüder jenseits des Oceans bei diesem herben Verluste empfinden.

Gemäß den Gesetzen der nordamerikanischen Verfassung hat der [682] bisherige Vicepräsident der Vereinigten Staaten, Chester A. Arthur, nunmehr den Präsidentenstuhl bestiegen und bereits dem Volke den Eid der Treue geleistet.

Arthur wurde zu Albany im Jahre 1831, in demselben Jahre, in welchem auch Garfield das Licht der Welt erblickte, geboren. Auf dem Union College zu Schenectady zeichnete er sich als strebsamer Schüler in allen Unterrichtszweigen aus, bezog später die Albany Rechtsschule und wurde schon in einem frühen Alter zur Advocatur zugelassen. Während des Secessionskrieges war er Quartiermeistergeneral des Staates New-York, zog sich aber nach Beendigung des Feldzuges in das Privatleben zurück und ließ sich in New-York nieder, wo er bald zu den tüchtigsten Sachwaltern zählte.

Grant ernannte ihn im Jahre 1872 zum Zolleinnehmer des Hafens von New-York, und dieses Amt bekleidete Arthur bis zum 20. Juli 1878, an welchem Tage er durch den Präsidenten Hayes entsetzt wurde, weil er sich der von diesem beabsichtigten Civildienstreform widersetzte. In Folge eines Compromisses der republikanischen Parteien erhielt er bei den letzten Wahlen die Stelle des Vicepräsidenten der Vereinigten Staaten.

Chester A. Arthur stand bis jetzt in engen Beziehungen zu den Führern der Beutepartei, und auf ihn waren die Hoffnungen des verruchten Mordbuben Guiteau gegründet. Es ist aber zu erwarten, daß er, unter dem frischen Eindruck der verbrecherischen That und von dem erwachenden Gewissen des amerikanischen Volkes gedrängt, auf der ruhmreichen Bahn seines Vorgängers zum Heil der Republik das Staatsschiff lenken werde.