Zimmerische Chronik/Band 1/Kapitel 79

<<< Kapitel 79 >>>
aus: Zimmerische Chronik
Seite: Band 1. S. 566–571
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[A229a] Wie herr Johanns Wörnher freiherr zue Zimbern geen Rom zogen, daselbs im vergeben, desshalben ongeschafft widerumb in deütsche landt geen München an hove kommen.

Vilbemelter herr Johanns Wörnher ist mittler zeit, als
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er zum Bühel seßhaft gewest, neben seinen handlungen vil mit der alchimei umbgangen, und als im auf ain zeit sein caplon, mit nammen her Erhart Ruodolf, fürbracht, wie er im ain kunst in der alchimei von aim, genannt Jacob Wolfach von Straßburg, zuwegen vermaine zu bringen, soverr
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er im anefang zwaihundert guldin hierauf verwenden, das ain iede mark silbers eingesetzt in jarsfrist zwo marken feins über allen costen halten, auch alle broben besteen und gerecht sein solle, ist er so gar verrachen hieruf gewest, das er gemelten sein caplon abgevertiget, [A229b] mit bevelch,
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ime den künstler, der dozumal zu Basel, desshalben von seinetwegen zu besprechen; welle er sich des begeben, soverr die kunst gerecht und er dermaßen darin gelernt und underwisen, das ers künde, welle er bemeltem alchimisten für sein mhüe und arbait sechstausendt guldin in jarsfrist
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verschreiben oder paar bezalen, mit glaublichem versprechen, die kunst niemandts, dann seine eeliche söne zu lernen. Hernach hat er vil mhüe und uncostens hierauf gelegt und mertails seins erlittnen schadens wider hiemit einzekommen vermaint. Es hat aber die kunst nit geraten wellen,
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desshalben er sich in schulden gebracht, dardurch seine sachen abermals zuruck gangen; und ist in aim geschlecht sonderlichen wol zu bedenken, das ain ieder solcher oder dergleichen unnutzen künsten, auf denen [287] vil verlusts zum spott zu gewarten, sich enthalte und darvor hüete etc.
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Demnach aber vil jar mercliche spenn und irrthumb zwischen dem haws Österreich und denen Aidtgnossen sich enthalten, wie dann in wenig jarn hernach ain schedlicher kriege desshalben entstanden, verhofft herr Johanns Wörnher in disen handlungen zu ainer guten raitung und zu dem

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[567] seinen widerumb zu kommen, dann in die Aidtgnossen vil vertröst, sonderlichen aber soverr die sachen zur güetlichait geratten, das er im vertrag auch bedacht und vergriffen solt werden; begebe sich dann, das außerthalb der
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Aidtgnosschaft krieg wurde, alsdann welten sie in mit gwalt einsetzen; desshalben er seiner appellation auch anders halb, so er zu Rom zu verhandlen, lang verzogen, [A230a] ob im doch hilf von Aidtgnossen laut irer vilfältigen vertröstung und erpietens beschehen wurde.
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* [1530] Und wiewol ain gemain sprüchwort, das die Schweizer kainem nie haben geholfen, dem darvor nit baß sy gewest, so sein sie doch in ainem großen ansehen gewesen, das gar nahe alle pottentaten der cristenhait sie entsessen und ir fründtschaft begert. Das hat sich in vil sachen,
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insonderhait aber in der ernstlichen rechtshandlung herr Petters von Hagenbachs, ritters, bei wenig jaren darvor beschaint. Diser herr Petter war herzog Carls von Burgund landtvogt im Preusgew, Sungew und Elsäß und het etliche jar groß tiranni und allen mutwillen in disen lender getriben,
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also das die von Preisach dardurch verursacht, zu im greifen und in gefengknus legten. Do clagten die Schweizer und menigclichen zu im, iedoch het Hagenbach imerdar ain hoffnung, er sollt durch sein herr herzog Carln gelediget werden. Nun fragt er alle tag sein hüeter, der ime zu essen
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bracht, was für leut kemen über die Reinbrucken. Der hüeter sagt ime, sovil er sahe und wusst, nemlich vil vom adel, zu zeiten auch gewapnet leut und ander. Dess war Hagenbach noch aller wol zufriden. Eins tags aber spricht der hüeter: »Herr, es reiten iren etliche über die brucken
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in weißen menteln und uf klainen rösslin, denen ist die menin beschoren«. Wie das der Hagenbach erhört, do gehub er sich übel[1] in der gefengknus, sprechendt: »Nun ist meins lebens nit lang, so die leut kommen«. Das beschach auch. So bald die Schweizer kamen und zu gericht saßen,
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do het er sein leben verloren, da er sonst ain hoffnung het mögen haben, das er durch den deutschen adel, die auch im gericht saßen, mit dem leben vileucht het darvon mögen kommen. Aber die Schweizer truckt ir fürnemen hinauß, und must Hagenbach har lassen. Der ward enthauptet. In
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ainer sollichen achtung waren sie dozumal; was sie fürnamen,

1 [568] das must fort. Und in solchem glick sein sie vil jar bliben. Aber dem Petter Hagenbach sein von deren übertrettungen wegen nachvolgende reimen[2] gemacht worden:

Bis nit zu gehe und trab gemach,
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Das dir nit beschehe, wie Petter Hagebach[3]! *
Ich befind in ainer alten geschrift, das gedachter herr Johanns Wörnher, ee und zuvor er geen Rom komen, herzog Jergen von Bayern geschriben und durch ernennten fürsten bei der kaiserlichen Majestat aus der acht zu
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kommen sich understanden, dessgleichen im ain kaiserlich mandat an etlich seiner verwanten, in wider in das sein einzusetzen, zu erlangen, mit bericht, es haben im achtzehen graven und herrn von aim tag, zu Ulm gehalten, zuempotten, leib und gut zu im zu setzen, damit er wider zu dem seinen kome,
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und so bald er eingesetzt, seie er vorhabens, grave Haugen feind zu werden, der hoffnung, ime an leib und gut abzuprechen. Und demnach grave Hugo ime, herzog Jergen, oftermals vill widerwertigkait bewisen, daraus dann vil unrats ervolgt, pit er, dieselb welle sollichs zu herzen fassen
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und in in seinem pit und anruefen gnedigclichen fürdern, sonderlichen mit hilf herrn Sigmunden Brüeschenken, welcher in kurzer zeit hernach die graveschatz Hardegk überkommen, davon er sich geschriben, gegen dem sich dann grave Haugo sonderlichen widerwertig gehalten und, sovil er vermögte,
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seinem leib und gut nochmals zusatzte, der hoffnung, seine Gnaden und bemelter herr Sigmund werden solchs aus würkung naturlicher raach zu thun pillich genaigt und gutwillig sein. Als aber er, herr Johanns Wörnher, im grundt befande,
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das sollich glaublich vertrösten sich lang verweilen und aber im kains wegs mer thonlich sein wellen, die rechtliche angefengte proces also unerörtert ersitzen zu lassen, zu dem erinnert ward, das die Aidgnossen niemandts ihe geholfen hetten, dem vorhin nit baß gewesen, hat er denen
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Aidtgnossen weib und kind, die er zu Bühel lassen wölt, auf recht zu enthalten bevolhen, [A230b] und ist er mit wenig pferden, aim caplon, genannt pfaff Eble, aim notario und etlichen dienern geen Rom gezogen. Als er zu Pühel hin-

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[569] weg geritten, hat er die pesten und eltesten zimberischen brieve und freihaiten seiner vertrawten diener ainem, Jacob Streit genant, aufgeben. Der hat sie aus seinem bevelch [288] in Churwalen zu getrews handen, damit sie in seinem
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abwesen nit veruntrewt, hinderlegt; wohin aber, ist unwissent. Hernach ist die sach ansteen beliben, das man den brieven und freihaiten weiter nichts nachgefragt. Als er nun geen Rom kommen, hat er sich, in ansehung das er der latinischen sprach perfect und zum thail der wälschen sprach auch
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erfarn, dermaßen gehalten, das er in kurzer zeit daselbst bekannt worden; zudem sein im die fürdernussen und fürgeschriften, die er von pfalzgraf Philipsen, dem churfürsten, auch andern chur- und fürsten teutscher nation, sonderlich aber von grave Leonharten von Görz an den cardinal von
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Mantua gehabt, nit wenig erschießlich gewest; bei denen er sich dermaßen erzaicht, das er papst Innocentio personnlichen sein handlung fürbracht, mit erzellung, welchermaßen er unberueft und unbeclagt, auch wider alle rechtliche gebreüch von der kaiserlichen Majestat in die acht und
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aberacht declarirt, darauf dann ime und seinen kinden das ir von denen von Werdenberg eingenommen. Demnach er aber im ganzen reich teütscher nation zu kainer rechtlichen verhöre, unangesehen seins villfeltigen erpietens, bis hieher nie kommen mögen, hab er an sein Hailigkait nach form
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und gebrauch der rechten appelliert, mit underthenigister pitt, dieselb welle sich hierin [A231a] vermög derselben autoritet und habenden gwalt interponiern, den proces annemen und umb restitution in integrum seinthalben bei der kaiserlichen Majestat anhalten. Nu ist nit weniger, er het
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bei hochermeltem papst sovil erlangt, das seine proces zu Rom rechtlichen weren austragen worden; es sein aber die fata und haimliche ordnungen Gotes dermaßen wider in gewest, das im alle seine fürnemen hinder sich gangen; dann als er in medio cursu seiner angefengten proces, ist im zu
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Rom vergeben worden, also das er beschwerlich und nit one mhüe und arbait der arzet mit dem leben darvon kommen. Es hat im das gift mit seiner scherpfe den leib und alle glider dermaßen durchtrungen, das im alles haar an seim ganzen leib ausgefallen und hernach, dieweil er gelept,
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zu rechter gesundthait nie widerumb kommen mögen. Von wem aber solch welsch monester zugericht, kan man gründt-

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[570] lichen nit wissen; doch, wie Marcus Cicero[4] von ainem römischen richter, Lucio Cassio, spricht, das in ainer ieden conjecturali causa, wem der nutz zukomen, in anfang der handlung befragt, also möcht auch alhie gesagt und aim
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ieden verstendigen ain argkwon oder nachgedenken bringen. Als nun herr Johanns Wörnher dises vergebens halb widerumb erstarkt, hat er ain procuratorem zu Rom bestelt, dem er seine angefengte handlungen und process in seinem abwesen bis zu ende auszufüren bevolhen, und ist er dem
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teutschen land widerumb zuzogen. Demnach er aber zu Wesen vill schuldig, ist er durch Forum Julium und den erzstift Salzburg zu herzog Albrechten von Bayern [A231b] gezogen, und als er unlangs zu München gewest, hat er durch hilf seins vettern, herrn Gotfridts, die schulden in
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Aidtgnossen bezalt, dess[289]gleichen sein gemahel sampt den jungen herrn und frölin, deren noch drei dozumal zu Wesen, herr Gotfrid Wörnher, fröle Barbara und fröle Margreth, widerumb aus der Aidtgnosschaft zu seinem vettern geen Seedorf füeren lassen. Alda ist sie bei aim halben
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jar beliben; hernach hat ir herr Johanns Wörnher ain haws zu Rotweil erkauft; da ist sie etliche jar seßhaft gewest, wie dann hernach mit weiterm bericht gesagt wurdet. * [1247] Anfengclichs als die zimbrischen güetere von denen von Werdenberg und dann die güeter der andern
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ächter von graven, als namlich graf Gaudenzen von Metsch, graf Jörgen von Salgans, und sonst anderer, als Jacob Streiten, Ulrich Geggings, Gotthart Hardtliebs etc., vom kaiser und seinen bevelchsleuten vermeg der declaration ingenomen, uf sollichs haben oberzellte grafen und herren,
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auch andere obbemelte, die sollichs berüert, citation, inhibition und verbietsbrief wider Würtemberg und Werdenberg bei bapst Innocentio dem achtenden erhalten, dergleichen auch wider die newen rät, so dem frommen herzog Sigmunden von kaiser Friderrichen zugeordnet worden, also
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nemlich herr Ulrich von Glandersperg, ritter, doctor Conrat Stürzel, canzler, doctor Johann Cratzinger, doctor Sigmundt Gersolin und andere, und ist diser process angefengt worden durch bischof Marxen von Preneste. Als aber derselbig bischof, ehe und zuvor die rechtvertigung zu ende

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[571] geloffen, mit todt abgangen, hat bemelter bapst Innocentius, dem dise deutsche gewaltsame hoch angelegen, sollich gescheft magistro Felino de Sandes, seim caplon und auditori palatii[5], bevolchen. In kürze darnach ist der pabst
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Innocentius auch gestorben und Alexander uf in gevolgt. Es ist auch herr Johanns Wernher freiherr von Zimbern hiezwischen mit todt abgangen, derhalben sein nachgelassne wittib, die grevin von Öttingen, auch andere obgehörter banditen erben, denen ire güeter gewaltigclichen ingezogen, den angefengten
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process ußzufüern begert. Die haben ain commissarium a sede apostolica erlangt, nemlich den abt von Pfeffers. Demnach aber derselb ganz liederlich mit der sachen umbgangen, das sich die partheien beclagen kunden, hat bemelter bapst Alexander solliche rechtvertigung dem bischof Elmerico
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Sabinensi zu prosequirn bevolchen. Aber ich waiß nit, was dem bapst [1248] Alexandro für brief außer deutschen landen zukomen, er wolt sich von solcher geringen sachen wegen nit verdiefen oder heßlich machen, sonder wusch die hend, wie Pilatus, et secundum petitionem imperatoris
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Frederici remittebat totum negotium a romana curia ad curiam imperialem; insuper absolvit comites de Würtemberg et Werdenberg et alios complices; sed annus ignoratus. Also muesten die gueten wittfrawen absteen und ir sach pro deserta haben. Aber der allmechtig hat hernach
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hierinen ein reichlichs einsehens gehabt. *



  1. übel] hs. über.
  2. reimen] hs. reinen.
  3. Hagebach] näheres über ihn s. Mone, Quellensammlung III, 183—434.
  4. Cicero] Oratio pro Milone 32: illud Cassianum, »cui bono fuerit«; vgl. Liebrecht, Germania XVIII, 180.
  5. palatii] hs. palati.