Zehntausend Meilen durch den Großen Westen der Vereinigten Staaten (7)
[396]
Zehntausend Meilen durch den Großen Westen der Vereinigten Staaten.[1]
Wir haben schon einmal an den Wassern des Columbia, des königlichsten der Pacifischen Ströme Amerikas gestanden. Beim westlichen Austritt aus dem Wunderlande des Yellowstone (vergl. Nummer 36 des Jahrgangs 1883) war es, dort, wo wir im Herzen der Felsengebirge mit einem und demselben Blick nach den Quellwassern des Snake River und denen des Missouri hinsehen und in ihnen durch die beiden größten Stromsysteme des Stillen und des Atlantischen Oceans diesen Oceanen selbst unsere Grüße entsenden konnten. Jetzt sehen wir den Strom da wieder, wo er, ein Riese seines Geschlechts, in das Stille Weltmeer fällt. Auf einem der prächtigen Dampfer der „Oregon Eisenbahn- und Schifffahrts-Gesellschaft“ von San Francisco kommend, haben wir nach zweitägiger Seefahrt seine Mündung in der Breite eines kleinen Meerbusens vor uns, dessen felsige Propyläen – Kap Hancock im Norden, Tillamock Head im Süden – nahezu drei Meilen von einander abstehen. Quer davor legt sich die Barre des Columbia, welche in der blendenden Schaumkrönung ihrer Brandung dem Auge des Laien ebenso malerisch erscheint, wie sie dem des Seemanns mißfällig und gefahrdrohend ist. Nur mit größter Vorsicht vermögen Vollschiffe die von den ewig wechselnden Sandschichtungen der Tiefe bestritteue Einfahrt zu bewerkstelligen. Dahinter freilich breitet sich wieder – und nicht nur hier, sondern volle 100 Meilen den mächtigen Strom aufwärts – bestes Fahrwasser aus. Gleichzeitig entfaltet sich, je weiter die Einfahrt gedeiht, zu beiden Seiten ein Wasser- und Land-Panorama, welches uns um so stattlicher und um so gastlicher zugleich empfängt, als es der unwirthliche Ocean ist, von dem wir kommen.
Unvermittelt den Fluthen entsteigende Berge ragen im Vordergrunde empor; hinter ihnen und dem übrigen unmittelbaren Ufergehänge und Ufergefelse thürmt sich höheres Gebirge auf: die breite Kette des Pacifischen Küstengebirges, und über ihre mächtigen Rücken und Kämme grüßt von Süden her, die Riesenform eines Mexikanischen Sattels tragend, der 5000 Fuß hohe Saddle Mountain. Alle diese Hügel, Berge, Abhänge und Lehnen sind mit endlosen dichten Waldungen bedeckt, die bis zu den Wassern des Stromes hinunterreichen. Selbst die häufigen Waldbrände, welche weite Strecken dieser Forsten gelichtet und in dürre Oeden mit gespenstisch aufragenden nackten und verkohlten Stämmen verwandelt haben, thun dem üppigen Bilde nur vorübergehend Abbruch.
Es war im Jahre 1792, daß diese majestätische Strommündung durch den ums Kap Horn herumgesegelten Bostoner Schiffskapitän Robert Gray entdeckt und das von den Indianern „Oregon“ genannte herrliche Gewässer nach ihm zuerst „Gray’s River“ getauft wurde. Aber da das „Columbia Rediviva“ geheißene Schiff, welches diesen Entdecker so wacker hierher getragen, durch seine Dauerhaftigkeit kaum weniger Antheil als sein Kommandeur an dem großen Flußfunde hatte, so legte man dem Strome nach dem Finderschiff auch noch den Namen „Columbia“ bei. Und da dieser Name unwillkürlich an den ruhmreichen Entdecker des ganzen Kontinents erinnert, so hat er billiger Weise den ersteren überdauert.
Dreizehn Jahre später, 1805, kamen Lewis und Clark auf ihrem unsterblichen Erforschungszug vom Osten her über die Felsengebirge des heutigen Montana. Sie krönten ihre Entdeckung der Missouri-Quellen mit der weiteren Auffindung der Columbia-Quellflüsse, des südlichen Snake River sowohl wie des nördlichen eigentlichen Columbia, verfolgten auch dieselben bis zu ihrem Zusammenfluß zum großen Hauptstrom und diesen selbst bis zum Ocean. Seitdem kennt die Welt den Columbia und sein Stromgebiet. Besiedelnd von ihm Besitz zu ergreifen, begann sie dann – abgesehen von der kurzlebigen Handelsfaktorei-Gründung Astorias durch die heroischen Sendboten des New-Yorker Pelzhandelsfürsten Johann Jakob Astor im Jahre 1812 – mit
[397][398] den Pionier-Niederlassungen der Zwanziger Jahre im Willamette-Thal. Aber erst die das Pacifische Küstenland seiner Weltverschollenheit entreißenden Californischen Goldentdeckungen zogen auch das Columbiagebiet derartig in den Kreis der allgemeinen Beachtung, daß die Unionsregierung es im Jahre 1849 als eignes Territorium unter dem Namen „Oregon“ konstituiren konnte. Auf 308000 englischen Quadratmeilen 13000 Bewohner zählend, umfaßte dies damalige Oregon den ganzen heutigen „Pacifischen Nordwesten“: Oregon, Washington-Territorium, Idaho, Nord-Nevada und West-Montana. Doch schon zehn Jahre später, im Frühjahr 1859, konnte unter denn Zustrom einer allmählich wachsenden, regelmäßigen Einwanderung das gegenwärtige Oregon allein in einer Größe von 95000 englischen Quadratmeilen und mit einer Bevölkerung von 52000 Seelen als selbstständiger Staat in die Union aufgenonnwen werden. Seitdem waren nach den Ausweisen des letzten Bundes-Census (1880) jene 52000 Bewohner Oregons allein auf 175000 angewachsen, und in den letzten Jahren dürfte die Bevölkerung des „Neuen Pacifischen Nordwestens“ bereits die erste halbe Million erreicht haben.
Und doch steht dieses Land erst an der Schwelle seiner wahren Zukunft. Mit dem günstigsten Klima der gemäßigten Zone ausgerüstet, mit vielen Tausenden von Quadratmeilen des fruchtbarsten Ackerlandes, mit endlosen Weideländereien und mit so ausgedehnten Waldungen gesegnet, daß man es füglich die Holzkammer ganz Nordamerikas nennen kann, lag dieses Gebiet bis vor Kurzem so gut wie außerhalb alles eigentlichen Verkehrs da. Erst durch die neulich vollendete Nord-Pacificbahn, die sich in einer Länge von mehr als 2000 Meilen von den kanadischen Seen bis zum Stillen Ocean erstreckt, und durch eine Reihe anderer großartiger Verkehrsschöpfungen Henry Villard’s ist Oregon thatsächlich erschlossen worden und bildet nunmehr ein lebendiges Glied im Handel und Wandel der Vereinigten Staaten.
Doch zurück zum Columbia, der schönsten und größten unter den drei großen Stromschönheiten, welche die Vereinigten Staaten in ihm, dem oberen Mississippi und dem Hudson besitzen! Drei verschiedene Hochgebirge bilden die schmuckreiche Einfassung seiner Ufer: das Felsengebirge, in dem seine beiden großen Quellströme entspringen, die Kaskadenkette, welche er gleich unterhalb der Vereinigung jener quer durchreißt, und der Pacifische Küstenzug, welchen er ebenfalls zu durchbrechen hat, ehe er sich in der Mitte desselben in den Ocean ergießen darf. Von hier aus geht unsere Fahrt, wie wir sie an der Mündung begonnen, weiter stromaufwärts. Auf etwa dreißig Meilen giebt die Wildniß dieses Küsten-Gebirges mit ihren von dunklem Tannengrün gekrönten Uferabhängen unserer Bergfahrt das Geleit. Zahlreiche Inseln, in üppigstem Laubwaldkleide prangend und den Strom in breite Arme theilend, gesellen sich dazu, dem majestätischen Gewässer das Ansehen eines sich bei jeder Dampferbiegung erneuernden Bergsees oder auch das eines geschlossenen Meerfjords zu geben. Für Beides ist hier inmitten des Küstengebirges die Natur vielgestaltig und großartig genug. Die Werke menschlicher Thätigkeit längs der Ufer entsprechen dagegen der Romantik der sie umgebenden Natur vor der Hand noch durchaus nicht. Das junge aufstrebende Astoria dicht oberhalb der Mündung erinnert uns nur durch seinen alten historischen Namen und seine Lage an die kleine merkantile Epopöe, die sich hier vor siebenzig Jahren abgespielt hat. So neu, so frisch aufgeschossen ist Alles. Selbst den alten Blockhäusern, die wir auf der Weiterfahrt da und dort aus dem Ufergrün hervortreten sehen, wollen wir es nicht recht glauben, daß sie noch von den Trappern und Fallenstellern früherer Tage herrühren. Und vollends ist es Alles in der Welt, nur kein poetischer Nimbus, was die zahlreichen auf der ganze Strecke dicht an den Fluß heran oder gar in ihn hineingebauten „Salmon Canneries“[2] umschwebt, in denen der weltberühmte Columbia-Lachs zum Versand hergerichtet wird.
Nach drei- bis vierstündiger Stromauffahrt beginnt das Küstengebirge niedriger zu werden. Die Berg- und Felsenufer des Fluaaes fallen zu Hügeln und mäßigen Geländen ab. Selbst diese treten immer weiter zurück, und vor uns liegt die vom wichtigsten südlichen Columbia-Nebenflusse durchflossene Tiefebene von West-Oregon.
Doch die Fahrt durch diese Ebene dauert nicht lange, bald haben wir ein neues, noch mächtigeres und noch ganz anders geartetes Gebirge vor uns. Es ist die bis in das arktische Amerika hinauf reichende Fortsetzung der stolzen Sierra Nevada Californiens: die Bergmauer der Kaskadenkette. Dichtbewaldet zieht sich ihr bis zu 3000 und 6000 Fuß aufsteigender Langzug dahin. Hier und dort aber thronen über den waldigen Höhen die ewig schneegepanzerten Riesengipfel jener erloschenen Vulkane, welche die bis zum Zauberhaften schöne Eigenthümlichkeit dieses Gebirges bilden. Nicht weniger als drei dieser wunderbaren, mit der Schärfe leuchtender Eispyramiden in den Aether hineinschneidenden Berggiganten erblickt man schon von der Mündung des Willamette: den Mount Adams, den Mount St. Helens und die 11500 Fuß hohe Landmarke Nord-Oregons, den Mount Hood. Im Ganzen aber sind es wohl ein Viertelhundert dieser einstigen Feuerspeier, heutigen Eiskegel, welche, vom montblanchohen Shasta in Californien bis zu dem noch höheren halb fabelhaften Eliasvulkan in Alaska, wie eine unvergleichliche Reihe weit in die Lande leuchtender Bergjuwelen an der Gebirgsschnur dieser Kaskadenkette aufgezogen sind.
Durch dieses Gebirge und seine Granit- und Basaltgefüge hat sich in der ganzen etwas über 80 Meilen betrageden Breite desselben der Columbia quer durchzuwaschen gehabt. Und so ungestüm stürzt der zusammengeengte Strom aus der oberen Columbia-Hochebene nach seiner Pacifischen Einsenkung zwischen den zerklüfteten Berg- und Felsenwänden hinunter, daß er das jähe Gefälle nur mit der Hilfe von zwei mächtigen, kataraktartigen Stromschnellen bewältigt. Das sind die „Kaskaden des Columbia“, welche, die Schifffahrt auf mehrere Meilen hin unterbrechend, dem Fluß an den beiden Stellen, an denen sie sich quer über sein Bett strecken, das Ansehen einer tobenden Meeresbrandung geben. Ehe wir jedoch auf unserer Stromauffahrt die Kaskaden erreichen, haben wir jene erhabenste und malerischste Strecke der ganzen Columbia-Schlucht zu passiren, welche wohl dazu angethan wäre, den unserm Fluß beigelegten Namen eines „Pacifischen Rhein“ zu rechtsertigen, ließen sich Rhein wie Columbia in ihrer Sonderart überhaupt mit irgend Etwas vergleichen. Am Eingang dieses grandiosen Engpasses, mitten im Strom selbst, hält der „Roosters Rock“ mit seinem kirchthurmhoch emporgestreckten steinernen Hahnenhals Wacht, während am südlichen Ufer die „Säulen des Herkules“ zwar keiner Meer-Handelsstraße Raum geben, wohl aber das den Fluß entlang führende Schienengeleise der „Oregon Dampfer und Eisenbahn-Gesellschaft“ zwischen sich durchlassen. Weiterhin grüßt vom Nordufer die Loreley des Columbia in die grünen Fluthen hernieder: das „Kap Horn“ mit 200 Fuß hoher, glatter, unmittelbar dem Wasser entsteigender und von ihm zu allerlei Nadeln-, Zacken- und Säulenwerk phantastisch ausgewaschener Steinmauer, welche sich landeinwärts in einer ganzen Reihe von zwei-, drei- und viermal so hohen Felsen-Terrassen fortsetzt. Noch weiterhin, auf der nämlichen Flußseite, erhebt sich ringsum freistehend, der 900 Fuß hohe Basalt-Klotz des „Castle Rock“, des „Schloß-Felsens“, der auf seinem abgeplatteten Scheitel einen vier Acker großen Hain von stolzen Douglas-Tannen, de Königinnen des Oregonischen Waldes, trägt. Auf dem andern Ufer aber erblicken wir auf dieser Strecke die berühmten Basalt-Schichtungen des Columbia. Wir haben das Herz des Gebirges erreicht. Ueber die hohe Uferkante dem Hauptstrom zustürzend, bilden zahlreiche kleine Nebenflüsse jene silbernen Staubbach-Kaskaden, von denen man nicht weiß, ob sie, oder die doch nur mit halbem Recht die Bezeichnung „Kaskaden“ tragenden Columbia-Stromschnellen es sind, die dem Kaskadengebirge seinen Namen gegeben haben. Die schönsten unter diesen Wasserfällen sind das 800 Fuß tief fallende Schleierband des Oneonta und der einen zweifachen Sturz bildende Multnomahfall. Etwas weiter stromaufwärts treten die berühmten „Palissaden des Columbia“, 2000 Fuß mächtige Balsaltlagerungen, hervor und bilden schichtweis erstarrte Gluthwellen eines vülkanischen Chaos, welche noch heute ein beredtes Zeugniß für die Titanen-Kämpfe ablegen, die einst hier gewüthet.
Doch nicht nur das Feuer, auch das Wasser hat hier zu kämpfen gehabt, hat selbst heute seiner Herrschaft nicht in Frieden froh werden dürfen. In den „Kaskaden“ und mehr noch in den 40 Meilen weiter stromaufwärts gelegenen „Dalles“ spricht der Stram auch von den Wasserkämpfen, mit denen er sich [399] durch diese urweltlichen Felsgemäuer den Weg zu Thal erzwungen, in geradezu verblüffender Sprache. Während er jedoch die wasserfallartigen Stromschnellen der „Kaskaden“ mit einer großen Anzahl von Gebirgsflüssen gemein hat, sind die „Dalles“ sein eigenstes Eigenthum: eine Stromlauf-Episode, wie sie sich, so weit bekannt, an keiner zweiten Stelle der Erde wiederholt. Der Name ist französisch. Er rührt von kanadischen vor Zeiten bereits bis hierher gedrungenen Trappern her und bedeutet wörtlich: „Rinnstein“ oder „Ausguß“. Was er aber wirklich bedeutet, ist nichts Geringeres, als die Thatsache: daß der hier plötzlich durch die grimmigste Stromenge gejagte Fluß sich innerhalb derselben regelrecht auf die Kante stellt! Das Wasser des Stromes verbreitert sich vor den „Dalles“ auf das Drei- und Vierfache zu einem weiten seeartigen Becken, welches von nacktem Lava- und Basaltgeklipp wie von einer zackig gerandeten Schale eingefaßt ist. Nur an jener Stelle, wo der Fluß weiter zu strömen hat, öffnet sich in dieser formidabeln Einfassung ein kaum steinwurfbreiter, dafür aber um so tiefer in der Erde hinunter klaffender Spalt. Und durch diesen Felsriß hat sich jetzt die ganze davor aufgestaute Wassermasse, – plötzlich so tief, wie sie vorher breit war, und kaum so breit, wie sie vorher tief gewesen: also buchstäblich „auf die Kante gestellt!“ hindurch zu zwängen, zu schieben, zu stoßen, bis sie unterhalb dieser „Rinnstein“-Schlucht wieder in gewöhnlichem Flußbett von normalen Breite- und Tiefeverhältnissen weiter thalwärts strömen kann.
Die „Dalles“ und die nach ihnen getaufte Stadt Dalles-City liegen bereits östlich vom Kaskadengebirge. Hier beginnt auch jenes wundersame Sand-, Lava- und Basaltgebiet, das uns nun statt des üppig grünen Berg- und Waldlandes aufnimmt, welches bislang von der Mündung des Stromes an bis über die höchste Kammerhebung des von ihm durchbrochenen Kaskadengebirges unser Geleit gewesen. Der Baumwuchs und bald das Pflanzenwachsthum überhaupt verschwindet mehr und mehr, bis schließlich in ungemilderter Nacktheit und Wildheit die groteskesten Basaltformen, bald als cyklopische Mauern, bald als zerrissenes Klippengezack, bald als nachtschwarz-überhängende Vorgebirge den Fluß umstarren, der, zum echten Wüstenstrom geworden, sich nur noch durch unendliche Sandablagerungen dahinwindet. Unwillkürlich ruft man aus, ob man plötzlich an den Nil versetzt sei, fragt man sich: „Wie kommt diese Sahara, eine so leibhaftige Wüste, daß man die Eisenbahn gegen ihre Samums, Sandwehen und Sandtriebe in ähnlicher Weise durch hölzerne Vorrichtungen schützen muß, wie auf den Hochplateaux der Felsengebirge gegen den Schnee – wie kommt dieses Stück unverfälschten Afrikas mitten in das gesegnete Gebiet des neuen Pacifischen Nordwestens hinein?“
Der Geologe beantwortet uns die Frage einfach genug. Er erklärt uns, daß dieser breite, von tausendfachen Basalt- und Lavazacken, -Graten, -Klippen und -Mauern durchbrochene und durchsetzte Sandgürtel einst ein einziger mächtiger Wasserlauf war, der, quer durch das Kaskadengebirge brechend, dem großen östlich
von ihnen bis nach dem Felsengebirge hinreichenden Süßwasser-Binnensee den Abfluß nach dem Ocean vermittelte. Der ehemalige Wasserboden dieses Abflusses aber liegt noch heute auf die Weite von Meilen zu beiden Seiten des Flusses als nackte Sand- und Lavawildniß da, welche den Maler entzücken mag, aber dem nach lebendigem Nutzland Ausschauenden ebenso wenig Erbauliches bietet, wie die endlosen Sandwehen und Sandflüge, aus denen die ägyptische Sphinx ihr malerisch-mystisches Haupt erhebt. Der brave Praktikus wird erst dort wieder anfangen, sich behaglich zu fühlen, wo sich die einstigen Uferhügel dieses zur Wüstenei eingetrockneten Wassergürtels und seiner Nebengürtel erheben. Denn über ihren terrassenförmigen Ansteigungen beginnen jene weiten Plateaux von Ost-Oregon und Ost-Washington, in deren von zermürbtem Lavaschutt gedüngtem Boden jene Ernten gedeihen, welche sich selbst mit der erstaunlichsten Produktion der Humusäcker von Kansas, Nebraska und Dakotah zu messen vermögen und der Marke „Oregon- und Washington-Weizen“ schon jetzt einen dominirenden Klang auf dem Getreide-Weltmarkt erobert haben.
- ↑ Unter Meilen sind in diesen Artikeln stets englische Meilen verstanden von denen 4 6/10 auf die deutsche Meile gehen.
- ↑ Vergl. in Nr. 49 [ Nicht dort, sondern in Nr. 46 und 47] des Jahrgangs 1882 die Artikel über den Lachsfang im Columbia von Theodor Kirchhoff.