Zedler:Wenden, (Sorben-) Sorben

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Band: 54 (1747), Spalte: 2029–2048. (Scan)

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Wenden, (Sorben-) Sorben, Sorabi, ein gewisses Volck, welches sonst die Serben geheissen, und auch noch heutiges Tages also heisset, wie denn die Lausitzer Wenden sich szerbin nennen.

Historie der Sorben-Wenden. Bearbeiten

Und so werden sie das erste mahl bey dem Ptolemäo Geogr. V, 9 gemeldet, und die Serben zwischen dem Ceraunischen Gebürge und dem Fluß Rha oder Wolga gesetzet. Nach ihm folget Plinius, welcher die Sorben in seiner Hist. Nat. VI, 7. unter diejenigen Völcker setzet, welche um die Mäotische See herum gewohnet haben. Also sind sie nach 50 Jahren schon etwas weiter hervorkommen, und nach Europa zugewandert. Von dar sind sie immer weiter hervor gerückt, und haben sich endlich in der Provintz Servien, die vor diesem von weit grössern Umfange gewesen, niedergelassen. Diese Serben nun, welche ohnstreitig eine Slavische Nation sind, haben sich nachgehends in hießige Meißnische Gegend zwischen der Saale und Elbe niedergelassen. Es glauben zwar etliche, daß die hiesigen Sorben-Wenden durch Sarmatien von Mitternacht aus Preussen, Pommern und der Marck hieher gekommen. Allein Herr Schöttgen in seiner Diplomatischen Nachlese der Historie von Ober-Sachsen II Th. p. 180 glaubet vielmehr, daß unsere Sorben aus Serbien durch Mähren und Böhmen hierein gerückt seyn, und beweiset solches mit folgenden Gründen: Weil sie 1) einerley Nahmen, 2) einerley Sprache, 3) einerley Benennung ihrer Städte und Dörfer in beyden Ländern gehabt. Das erste ist klar, und wann ich, saget Herr Schöttgen, das Dritte so gut als man in dergleichen Dingen kan, bewiesen haben werde, so wird an dem andern nicht mehr zu zweifeln seyn. Erstlich führet er aus denen mitlern Zeiten an, daß die Servier einige Zeit Herren über Dalmatien gewesen, denn man findet, daß dieselben sich von Kayser Heraclio ausgebeten, weil ihr Land von denen Avaren gantz ruiniret war, ihnen einen andern Sitz zu erlauben. Darauf es geschehen, daß ihnen besagter Kayser Dalmatien eingegeben, woselbst sie ihm auch unterthänig gewesen, und zum Christlichen Glauben gebracht worden. S. Constantinum Porphyrogennetum de administrando [2030] imperio c. 32. Diesen Nahmen Dalmatien saget Herr Schöttgen, haben auch wir in hiesigen Landen gehabt, nemlich den alten Wendischen Pagum oder Provinz Daleminze, davon in dem 2 Abschnitte dieses Artickels von der Sorbischen Geographie, ein mehrere vorkommen wird. In Dalmatien waren vor diesen von denen Chrobaten, und Serviern folgende Städte gebauet, Belitzen, Chlebena, Stolpon und Cori, ingleichen Moerum und Dalen. S. Constant. Porphyrogennetum l. c. c. 31. p. 98. Wir haben, fähret Herr Schöttgen fort, in unsern Landen Bölitz bey Wurtzen, Mutschen und Schkeuditz: Kleben bey Rabenau und Klieben bey Meissen: Die Stadt und Festung Stolpen: Kohren, das Städtgen, ingleichen Corin, jetzund Kühren, zwischen Wurtzen und Oschatz: Möckern bey Leipzig, und das Städtgen Dalen. In Dalmatien war vor diesem und noch heutiges Tages der Berg Chlum, jetzund Hlumo oder Chulin, von welchem eine Provintz den Nahmen bekommen, daß sie vor alten Zeilen Zachlumi, daß ist, hinter dem Berge, von der Slavonischen Particul sa oder za, bekommen. In Meissen haben wir den bekannten Kolm-Berg, ingleichen Kolmen bey Wurtzen, welches an einem Berge lieget, wie auch das Städtgen Lohm bey Pirna, welches sonst auch Chlom und Chlum geschrieben, und von Böhmischen Herrn gleiches Nahmens besessen worden. Moeriscic und Dobriscic in Dalmatien finden hier ihres gleichen, nemlich Mockritz bey Dreßden und Torgau, und Doberschitz bey Wurtzen.

In Dalmatien liegen die beyden vornehmen Städte Sebenico und Zara: Wir haben hier das Städtgen Sebnitz, und die Gräfliche Residentz Sorau, welche von den Wenden Zarow ausgesprochen wird. Auf denen Land-Charten von Dalmatien, darunter wohl die accuratesten sind, welche der Pater Coronelli, und nach ihm in Franckreich Nolin verfertiget, finden sich noch verschiedene Oerter, die mit den hiesigen eine Gleichheit haben, als Silnizza, Selnitz, Gliubusca, Glaubitz; Zazabich, Zschizschewich; Zerniza, Sernitz, Sernewitz, Sornzig: Trebinschiza, Trebnitz: Ottoziz, Oschitz oder Oscietz, so ward vor diesem Oschatz geschrieben: Ostroviza, Hosterwitz: Liuba, Lauben, Leuben.

In Servien ohneracht es zu Kaysers Heraclii Zeiten sehr zerstöret war, finden sich doch noch einige alte Orte, die mit dem hiesigen eine Gleichheit haben. Man findet daselbst folgende Städte, Tzernabuscee, Dresneen, Lesneck, und Salenes. S. Constantin Porphyrog: l. c. c. 32 p. 102. Das erste klingt wie Sörnewitz, welches ein Dorf ohnweit Meissen gelegen: Die andern beyden haben die gröste Gleichheit mit Dresen oder wie man es anjetzo schreibet, Dreßden und Leißnigck: Das letzte ist so viel als Selnitz. Auf denen Charten von Servien findet man über dem Czernon, Belina, Zettobitz, Ostronitze, Cruchelvatz: dergleichen sind in unserm Lande Zschorna, Böhlen, Zetschwitz, Ostritz, Krochlitz. Man hat in Servien Scopia und Topliza; in hiesigen Gegenden Zschopa und Töplitz in Böhmen. In Servien ist der Fluß Lab und [2031] eine Stadt Labia: Wie denn auch bey uns viele Flüsse und Städte einerley Nahmen haben. Hier haben wir die Elbe, welche von der Wendischen Nation vor diesen und noch heutiges Tages Laba und Labia genennet wird. In Albanien gantz nahe an der Grentze von Servien ist ein See, der heist Plava, nebst einer daran liegenden Stadt gleiches Nahmens nicht weit gegen Morgen ein Fluß Bistriza, und noch weiter ein anderer, mit Nahmen Reca: Hier zu Lande hat man Plauen, eine Stadt im Voigtlande, und ein Dorf nahe bey Dreßden, einen Fluß, die Weiseritz genannt, und verschiedene Wässergen, die man Ritzschke nennet, welches ebensoviel als Reca, und ist der Unterscheid nur ein Dialeet oder verschiedene Aussprache. Hiernächst ist zu wissen, daß die gantze Gegend, welche heutiges Tages, die Königreiche Slavonien und Bosnien inne haben, vor diesen das weisse Servien geheissen, und hat sich erstrecket bis an die Grentze von Deutschland, so, daß ihre Nachbarn damahls die Francken gewesen. Nun findet man zwar von alten Zeiten keine Nahmen, von ihren Städten oder Dörfern aufgeschrieben, aber die heutigen Land-Charten können doch solche unter andern mit aufweisen, welche abermahls mit unsern hiesigen Orten übereinkommen. Also haben wir in Bosnien Greben, dergleichen ist Gröben, ein Dorf unweit Teuchern gelegen: In Bosnien, Moglay, Chelebi, Zorwenick, Zwenigck, Serniza, Zelizniza; in unsern Landen Mügeln, vor diesen Mogelin, Kleben, Zorwig, Zwöniz, Serniz, und Selniz. Von Flüssen nimmt man wahr Misna, Miglazka, Bistritza, Saleniza und Ricca. Bey uns haben wir die Meise, davon Stadt und Land den Nahmen hat: Die Müglitz, welche zwischen Dreßden und Pirna in die Elbe fällt, und an welcher ein Dorf, Nahmens Mügeln lieget, oben wie Moglay in Bosnien an der Miglazka. Von der Weiseritz und Rizsche ist schon gesagt. Lausa und Selnitz sind zwar hier bey uns nicht Nahmen derer Flüsse, aber doch Dörfer; und es ist bekannt, daß Städte und Dörfer offtmahls den Nahmen derer vorbey lauffenden Flüsse haben, wie man mit Meissen, Chemniz, Tzschopa, Gottleube, Sebnitz, und andern mehr beweisen kan. Endlich ist auch noch dieses zuberühren, daß die alten Servier auch eine Zeitlang Croatien inne gehabt haben; denn im X Jahrhundert hat ein Bulgarischer Fürst Simeon die Servier mit Krieg überzogen, die meisten von ihnen nach Bulgarien in die Gefangenschaft geführet, die andern haben sich nach Croatien retiriret. Siehe Constant. Porphyrogennetum l. c. c. 32 p. 102. Die in Bulgarien haben sich wohl nicht sehr breit machen dürfen: aber die in Croatien haben schon ihren Willen gehabt, und werden sich ohne Zweifel einige Flecken oder Städte angeleget haben. Denn man findet folgende Nahmen, die mit denen unsrigen übereinkommen, Brod, Rackowitza, Ostroviza, Dracevez, Jessenocz, Toplitz; davor man bey uns hat Brode und Prate, Ragewiz, Hosterwiz, Draschwiz, Jeßnitz und Töplitz, nicht weit von der Meißnischen Grentze in Böhmen gelegen. Was in Deutschland mit Croatien grentzet, heist die Windische [2032] Marck und die hiesigen Sorben hiessen auch Winden oder Wenden. So weit gehen die Gedanken des Herrn Reetors Schöttgens, welche bey manchen wohl nicht eben viel Glauben finden werden, weil sie gröstentheils aus Muthmassungen bestehen. Es ist aber zu wissen, daß man in der Historie, und zwar solcher alten Zeiten, ohne Muthmassungen nicht fort kommen kan, und es kommt darauf an, ob dieselben sonst in der Historie Grund haben oder nicht. Andere mögten sich zu viel düncken, daß wir galante und artige Meißner mit solchen tölpischen Leuten, als die Crabaten und Servier sind, einige Verwandschaft haben solten. Wer es aber recht verstehet, der wird sich daraus nichts machen. Denn unsere Vorfahren vor Acht und mehr hundert Jahren sind eben schlechte Leute gewesen, daß aber wir etwas mehr geschlieffen sind, davor haben wir GOtt zu dancken, welcher uns, nebst der wahren Religion, die Gelehrsamkeit und allerhand andere Künste aus Gnaden verliehen. Wer sich in denen Slavonischen Sprachen, als der Böhmischen, Wendischen und andern nur ein klein wenig umgesehen, der wird bald gewahr werden, wo die meisten von denen angegebenen Wörtern herzuleiten. Biely heist weis, daher kommt Belenitz und Belina. Chlieb, Kleba, das Brodt, daher Chlebena. Stowp, Stolp, eine Stuffe, daher Stolpen, ein hoher Ort, dazu man auf Stuffen gehen muß. Seleny, grün, Seli, das Kraut, daher Selnitz. Mokry, naß, feucht, daher Moerum, von welchem Kayser Constantinus l. c. c. 30, p. 96 bezeuget, daß es am Meer gelegen, und Fischerey gehabt hätte. Dale, weit, fern, daher Dalen, weil das in Dalmatien gelegene etwas von der See abgelegen war. Constantin l. c. Lom, Chlom, heißt auf Böhmisch einen Berg, da Steine gebrochen werden, daher der Berg und Stadt Chlum, wie der gedachte Kayser Constantin l. c. c. 33 bezeuget. Ferner haben die alten Dalmatier ihr Land in gewisse Zupanias oder Distriete eingetheilet; Eben dergleichen hat man auch hier zu Lande gethan, da man vor diesen das Amt Meissen in 16 Suppanias eingetheilet, und selbige Abtheilung in denen Rechnungen noch bis 1553 beybehalten. Damit aber der geneigte Leser sich alles dieses, was Herr Schöttgen aus der Geographie von Dalmatien und Servien angeführet, desto besser vorstellen möge, hat er eine Charte von beyden Provinzien beygefüget, so er genommen aus des Anselmi Banduri imperio Orientali. Solchergestalt hoffet er deutlich genug erwiesen zu haben, daß unsere Sorben und jene Serben einige Verwandnis zusammen haben.

Nun ist die Frage, zu welcher Zeit wohl dieselben in hiesige Gegenden gekommen? und da gestehet Herr Schöttgen l. c. daß man was gewisses nicht so leicht wird darthun können. Denn die Sorben haben selbst nichts aufgeschrieben, und ihre Nachbaren verstiegen sich auch nicht gern weit. Da man nun zur Zeit keinen Historien-Schreiber hat ausfündig machen können, der uns zuverläßige Nachricht gäbe, so muß man sich indessen abermahl mit Muthmassungen behelffen. Herr Schöttgen stehet also in den Gedancken, [2033] daß einige Serben anfangs mit Attila der Hunnen König hieher gekommen und nach dessen Abzuge allhier geblieben. Denn es ist leicht zu vermuthen, daß unter einer so zahlreichen Armee mancherley Nationen gewesen, und also ists auch möglich, daß Daimatier und Serben darunter gewesen. Daß Attila durch hiesige Meißnische Gegend gezogen, ist leicht zu glauben. Wie dem die Hunnen in nachfolgenden Zeiten mit diesen ihren ehemahligen Landesleuten in guten Verständniß gelebet, und sie nicht allein besuchet, sondern auch mit ihren Waffen gegen die Deutschen beschützet, wie bald wird vorkommen. Daher auch der Annaliste Saxo ad annum 934 die Dalemincier derer Ungarn ober Hunnen, die zu Kayser Heinrichs I Zeiten in Sachsen einfielen, alte Freunde genennet hat. Was sie nun in den ersten Zeiten gethan, ist nicht aufgeschrieben worden. Sie werden sich eingerichtet, und ihrer gewöhnlichen Nahrung mit der Viehzucht befliessen haben. So lange sie mit keinem benachbarten Volcke zusammen gekommen, hat niemand von ihnen etwas zu schreiben Gelegenheit gehabt. Haben sie sich unter einander einmahl gebalget, so ist davon nichts gemacht worden, weitl sie selbst nichts aufgeschrieben. So bald sie aber mit einem solchen Volcke Händel bekommen, die etwas aufschreiben konten, wird man auch Nachricht von ihnen haben. Und das geschah mit denen Francken im siebenden Jahrhunderte nach Christi Geburt. Denn diese hatten Thüringen unter ihrer Bothmäßigkeit, grentzten also mit denen Sorben, die damahls Winidi genennet wurden, und kriegten folglich mit ihnen zu schaffen. Das erste mahl also findet man sie gemeldet des Jahrs 627 im 40 Jahr des Fränckischen Königs Chlotarii, zu welcher Zeit sie von der bisherigen Knechtschafft, damit sie denen Hunnen unterthänig gewesen, los gemacht worden. Denn die Hunnen gebrauchten sich derer Winden, als ihrer Leibeigenen, ja sie hielten sie als das Vieh. Sie stellten sie in der Schlacht mit ihren Feinden an die Spitze: Gewonnen sie, wohl gut: Wo nicht, so kamen sie erst hinter her und schlugen auch. Statt derer Winter-Quartiere legten sich die Hunnen bey ihnen ein, liessen sichs wohl schmecken, giengen mit ihren Weibern und Töchtern zu Bette, und forderten noch dazu einen Tribut von ihnen. Die jungen Hunnen, als sie mit der Zeit aufwuchsen, und von ihren Müttern verständiget wurden, wie übel mit ihnen handthieret würde, entschlossen sich wider ihre eigene Väter zu Felde zu gehen. Als sie nun hiermit beschäfftiget waren, kam eben im besagten Jahre Samo, ein Fränckischer aus denen Senonischen Gegenden gebürtiger Kauffmann, und wolte, nebst etlichen seines gleichen, mit denen Winden Handlung treiben. Da er nun von ihnen verständiget worden, wie es ihnen mit denen Hunnen bisher ergangen, giebet er ihnen Anschläge, wie sie ihren Feinden Abbruch thun könten, hält sich auch selbst, nebst denen Seinigen, so tapffer, daß die Hunnen das Feld räumen, und derer eine grosse Anzahl ins Graß beissen musten. Hierauf ward dieser Kauffmann von denen Winden zum Könige gewehlet, hat 35 bis [2034] 36 Jahr regieret, und denen Hunnen grossen Abbruch gethan. Er hat sich auch aus dem Windischen Frauenzimmer zwölff Gemahlinnen ausgesucht und mit ihnen 22 Söhne und 15 Töchter gezeuget. Siehe Fredegarius Chron. c 48. Aimoinus de gestis Franc. IV. 9. Albericus Trium fontium Monachus ad an. 629. Bey dem angeführten Fredegaris stehet das Wor bifulci, befulci oder prefulci, welchen Nahmen die Winden bekommen, weil sie im Streit vornan gestellet worden. Aus welcher Sprache aber dieses Wort herkomme, ist unbekannt. Daß die Winden eben die Einwohner des Meißner-Landes gewesen, ist daher zu beweisen: 1) Weil sie mit denen Francken gegrentzet. 2) Weil die Hunnen zu ihnen gekommen, und noch alte Gerechtigkeit an ihnen gesuchet, indem sie auch ehemahls in Servien ihre Unterthanen gewesen. 3) Weil sie derer Thüringer Nachbarn gewesen. Im Jahr 640 im neunten Jahr des Fränckischen Königes Dagoberts haben die Wenden etliche Fränkische Kauffleute erschlagen, und ihnen das Ihrige genommen. König Dagobert schickte einen Gesandten, Nahmens Sicharius oder Sieghart an den Windischen König Samo, daß er ihm diesen Schaden gut thun mögte. Weil nun dieser den Gesandten nicht vor sich lassen wolte, so verkleidete er sich in Sclaven-Habit, kam also vor den König, erzehlte den Verlauf, und bat es wieder gut zu machen. Hierzu setzte er noch dieses: Sie solten die Francken eben nicht verächtlich halten, denn er und sein Volck wären König Dagoberts Knechte. Samo erzürnte sich darüber, doch faßte er sich bald und sagte: Er, sein Volck und Land wollen Dagoberten gern unterthan seyn, wenn er nur Freundschafft mit ihnen halten wolte. Sieghart gab zur Antwort: Es ist nicht möglich, daß Knechte GOttes und Christen mit Hunden ein Verbündniß eingehen. Samo versetzte: Demnach ihr Knechte GOttes seyd, und wir Hunde; ihr aber offtmahls, als unnütze Knechte, wider eures HErren Befehl thut, so haben wir Befehl euch wacker zu beissen und herum zu zausen. Ließ also Siegharten gleich von sich weg jagen. König Dagoberten verdroß dieser Schimpf, und ließ seine Völcker aus Austrasien wider die Winden anrücken, es musten auch auf der andern Seite die Alemannier und die Longebarden mit ihrem Heerführer Rotberten einfallen. Die beyden letztern hielten sich gut, schlugen die Slaven, und führten ein groß Theil gefangen mit sich. Die Austrasier aber belagerten die Winden in der Festung Vogast, welche öffters ausfielen, sich drey Tage lang mit ihnen herum schlugen, und sie nöthigten mit Hinterlassung ihres gantzen Lagers sich zu retiriren. Die Winden wurden hierauf muthiger, und thaten manchen Einfall in Thüringen und Francken, so, daß auch Deruanus, ein Herr über etliche Slavische Städte, die bisher Franckreich unterthänig gewesen, sich und sein Reich in des Samonis Schutz begeben. Siehe Fredegarius Chron. c. 68. Gesta Dagoberti c. 27 apud du Chesne T. I. p. 580. Das folgende Jahr 641 waren die Winden mit einem Heer in Thüringen eingefallen, und König Dagobert kam mit seiner [2035] Armee aus Franckreich, ihnen Einhalt zu thun. Als er über den Rhein setzen wolte, kamen derer Sachsen Gesandten zu ihm, und baten, er möchte ihnen den bisherigen Tribut nachlassen, sie wolten die Winden abhalten, und die Fränkischen Grentzen wohl in Acht nehmen. Dagobert ließ sich solches gefallen, und erließ ihnen die 500 Kühe, die sie jährlich abtragen müsten, aber die Sachsen thaten nichts davor, und liessen die Winden in guter Ruh. Siehe Fredegarius c. 74. Gesta Dagoberti c. 31. Aimoinus IV. c. 26. Siegebertus ad a. 641. Chronicon Moissiacense apud du Chesne T. III. p. 134. Im Jahr 642 blieben also die Winden noch immer in Thüringen, und hausseten daselbst nach Gefallen, thaten auch denen andern angrenzenden Ländern grossen Schaden. König Dagobert machte dagegen diese Verfassung: Er ließ seinen Sohn Siegeberten zum König in Austrasien erönen und zu Merz residiren: Da solte er nun auf die Winden ein wachsames Auge haben und sie im Zaum halten. Die Fränckischen Scribenten schreiben auch, er habe es gethan. Siehe Fredegarius c. 75. Gesta Dagoberti c. 32. Es ist aber zu vermuthen, daß die Winden weit mehr ruhmwürdiges gethan haben, ihre Feinde aber habens nicht aufgeschrieben. Des Jahrs 643 im zwölfften Jahr König Dagoberts hat Radulf oder Rathhülf, ein Sohn Chamari, welchen besagter Dagobert zum Hertzog über Thüringen gesetzt hatte, mit denen Winden etliche mahl geschlagen, daß sie die Flucht nehmen müssen. Fredegarius Chron. c. 77. Im neundten Jahr des Austrasischen Königs Siegeberts und also im Jahr Christi 649 fiel der Thüringische Graf Rathhülf von ihm ab, und als Siegebert mit seinen Truppen nach Thüringen kam, ward er geschlagen, und muste sich unterrichteter Sache wieder nach Hause begeben. Rathhülf fieng hierauf an sich als einen König in Thüringen aufzuführen und richtete mit denen Winden und andern benachbarten Völckern gute Freundschafft auf.

Bishieher haben wir die Einwohner hiesiger Lande unter dem Nahmen der Winden gehabt, künfftig aber werden sie unter dem Nahmen der Sorben zum Vorschein kommen. Es ist aber einerley Nahme und kommt nur auf die Scribenten an, wie sie solche haben benennen wollen. Ueber hundert Jahr haben sie im Verborgenen gelebt. das ist, mit ihren Nachbarn keine Kriege gehabt. Daher sie ohnfehl bar diese ruhigen Zeiten dazu angewendet haben werden, daß sie ihre Nahrung, welche in Viehzucht und Ackerbau bestanden, abgewartet, u. mögte man auch fast sagen, etliche Dörfer u. Städte angelegt. Denn man findet deren einige, die älter sind, als die von Heinrich I angelegte Stadt Meißen. Im Jahr 782 haben die Sorbischen Slaven, welche zwischen der Saale u. Elbe gewohnet, in Thüringen u. Sachsen einen Einfall gethan, und daselbst sehr übel gehauset, geraubet, gebrannt, geplündert, auch einige Orte gantz verwüstet. König Carl in Franckreich, der nachgehends unter dem Nahmen des Großen berühmt worden, befahl seinen drey Bedienten, Adalgiso, den Cämmerer, Geiloni, dem Stallmeister, u. Worado, dem Haußmarschall, daß sie die Ost-Francken [2036] und Sachsen commandiren, und derer Slaven Kühnheit so geschwinde als möglich, dämpffen solten. Allein, da diese Herren das ihnen aufgetragene ausrichten wollen, kam Zeitung, die Sachsen wären abgefallen, und mit einem Kriegs-Volcke auf dem Wege die Francken anzugreiffen. Solchergestalt musten nun diese Herren die Sorben thun lassen was sie wolten, und wider die Sachsen ziehen. Sie waren aber so unglücklich, daß sie mit ihrer gantzen Armee von denen Sachsen geschlagen wurden, und also gieng denen Sorben dieses mahl ihr Einfall ungenossen aus. Schneider sagt, die Sachsen und ihr König Wittekind hätten damahls die Sorben aufgebracht. Allein, die alten Scribenten schweigen dazu gantz stille, und setzen vielmehr ausdrücklich darzu, daß die Sorben zugleich in Thüringen und Sachsen eingefallen. Nach zwey Jahren ist König Carl in hiesige Gegenden gekommen, wo die Saale in die Elbe fliesset; es meldet aber niemand, daß denen Sorben etwas geschehen. Im Jahr 789 nahm Carl der Große einen Heerzug wider die Wilzer Wenden vor, welche vor diesen in Mecklenburgischen gewohnet haben. Was er nun daselbst ausgerichtet, ist bey vielen Scribenten zu lesen. Einige aber gedencken, daß unter Carls Armee auch die Sorben mit gewesen. Siehe Annales Pithoeani s. Fuldenses a. 789 u. Annales Bertiniani & Loiseliani. Woraus fast zu schliessen seyn mögte, daß im besagten 784 Jahr Carl der Große sich entweder mit ihnen verglichen, oder sie mit Gewalt überwältiget habe, welches aber die damahligen Chronic-Schreiber anzumercken vergessen haben; wie sie denn in manchen Jahren u. Verrichtungen dieses grossen Herrn ziemlich kurtz gehen, daß aber Herr M. Vogel mit seinen Vorgängern saget, die Wilzer hätten mit denen benachbarten Sorben-Wenden, nach Reginonis u. Aimomi Zeugniß einen Einfall in Sachsen gethan, ist falsch. Denn 1) sind die Wilzi und Sorben gar nicht Nachbarn gewesen, 2) die Sorben sind unter König Carln wider die Wilzen zu Felde gezogen, 3) Regino sagt davon nichts. Im Jahr 806 schickte Carl der Grosse seinen Sohn gleiches Nahmens wider die Sorben-Wenden, die an der Elbe herum wohneten, mit einer Kriegs-Macht aus, welcher ihr Land verwüstet, ihren König Miloduch erschlagen, und ihre Festungen geschleiffet. Er selbst auch hat zwey andere Festungen, eine an der Saale, die andere an der Elbe gebauet, sie besitzet, u. ist, als ein Ueberwinder, zu seinem Vater zurück gekehret. Siehe Annales Loiseliani, Lambeciani, Fuldenses, Bertiniani, Metenses, Eginhardi, Annalista Saxo, Regino, Albericus ad a. 806. Annales Tiliani ad a. 807. Incerti vita Caroli M. apud du Chesne T. II. p. 62. Monachus Egolismensis in vita Caroli M. p. 82. So erzehlen es die alten und unstreitig guten Urkunden schlechtweg: die neueren aber, und besonders die Sächsisch- u. Meißnischen Scribenten wissen noch gar viel hinzu zusetzen. Sie geben erstlich vor, die Sorben hätten sich den verwilligten Tribut zu entrichten geweigert, die beyden Festungen an der Elbe und Saale Wittenberg u. Wettin, geschleiffet, auch sonst grossen Schaden gethan. Die alten angeführten Scribenten aber wissen davon nichts, beywelchen doch der Haupt-Sitz dieser gantzen Historischen Materie anzutreffen. Wittenberg, und [2037] Wettin sind weit jünger. Man hat sie aber deswegen so alt gemacht, die bekannte Tradition damit zu beschönen, daß Carl der Grosse Wittekinden und seine Nachkommenschafft zu Herren über diese Länder gesetzet. Dessen Sohn Wittekind der Andere, soll diesen Titul geführet haben: Graf zu Wettin, Burggraf zu Zorbeck, Herr zu Budsetz, welches aber heutiges Tages nicht mehr geglaubet wird. Eben dieses ist auch fabelhafft, daß der altel Wittekind selbst wider die Sorben hat streiten helfen, denn die Historie zeuget daß derselbe aus Nieder-Sachsen nicht weggekommen, und also mit denen Sorben nichts zu thun gehabt. Ferner ist die Frage, was denn das vor Festungen gewesen, welche damahls wider die Wenden an der Elbe und Saale gebauet worden? Alle die angeführten Historien-Schreiber haben deren Nahmen verschwiegen. Die neuern aber wissen sie gleich, und sagen, an der Saale sey Naumburg, an der Elbe aber Dreßden erbauet worden. Von der letzten Stadt wird noch dazu der untadelhaffte Scribente Regino angeführet. Slehe Weck Dreßdn. Chron. III. Tit. p. 12. Vogel Leipz. Chron. II. 3. II. Allein wann man ihn aufschläget, findet man nichts davon, und man weiß, daß die Citation aus dem Calvisio in Chronol. ad a 808 genommen, der sich auf dem Regino beruft. Es ist auch nicht zu glauben, daß Carl eine Festung angeleget, und ihr einen Wendischen Nahmen gegeben haben würde. Das Chronicon Moissiacense ad a 806. apud du Chesne T. III. p. 145. unterrichtet aber uns weit besser, welches die beyden Festungen gewesen, nemlich eine ohnweit Magdeburg und die andere Halle. Der Verfasser der angeführten Chronick setzet auch noch andere Umstände hinzu, nemlich, daß zwischen der Saale und Elbe ein Strich Landes Werchenfeld oder Gerenfeld geheissen, daß derer Sorben ihre Städte zerstöhret worden, daß sie damahls noch mehr Könige gehabt, und daß die gedachten zwey Städte von denen Serben selbst gebauet worden. Als hiernächst die Sorben sich abermals widerspenstig bezeigten, schickte Kayser Ludewig der Fromme, im Frühjahre 816. die Sächsi. u. Ostfränckischen Truppen wider sie aus welche da nicht viel Umstände machten, sondern, nachdem sie eine eintzige Stadt erobert hatten, bequemten sich die andern zur Unterthänigkeit u. damit war der Krieg aus. So viel erzehlen die Alten, als Adelmus und Annales Fuldenses ad a. 816. Auctor vitae Ludovici Pii apud du Chesne T. II. p. 297. ad a. 816 Die neuern setzen allerhand hinzu: Erstl. eine Muthmassung, daß die Stadt Zerbst damahls eingenommen worden, als welche ihre Haupt-Stadt gewesen. Siehe Beckmann Anhält. Hist. Th. III. p. 193. Sagittarii Ant. Ductus Thuring. II. 6. 3. Nun hat zwar die Stadt den Nahmen von denen Serben, welches nicht zu leugnen, sie mag auch wohl so alt seyn, weil wir oben bereits vernommen, daß die Serben in diesen Gegenden Städte gehabt: aber das bleibt doch ungewiß, welche Stadt es damahls gewesen. Hernach kommen folgende Zusätze, derer Wenden Land sey von denen Fränckischen von [2038] Wettin bis Zörwig und die Elbe, und bald hernach bis an die Pleisse eingenommen, diese Gegend mit Deutschen Volck besetzt, auch an der Pleißnischen Grentze ein Landvoigt gesetzet worden, welches der erste Graf von Pleissen gewesen. Allein bey den Alten findet sich nicht das geringste davon. Im Jahr 822. hat sich in Ost-Sachsen an denen Sorbischen Grentzen folgendes Wunderwerck zugetragen: An einem öden Orte, nicht weit von dem See, welcher Arn ober Arntsee genennet wird, hat sich in einer Nacht die Erde, wie ein grosser Thamm, eine gantze Meile lang in die Höhe gehoben, ohne daß einige menschliche Hand oder Hülfe dazu gekommen. Siehe Annales Fuldenses und Bertiniani, Adelmus und Annalista Saxo ad a 822. Herm. Cornerus ad a. 824. Diese Begebenheit dienet zwar wenig zur Sorbischen Historie, aber sie zeiget uns doch die Grentzen derer Sorben, welche damahls bis gegen die Alte-Marck gegangen, allwo noch heutiges Tages der See und Stadt Arentsee befindlich. Zu eben dieser Zeit wird gemeldet, daß Kayser Ludewig denen Gesandten aller Orientalischen Slaven, darunter auch die Sorben stehen, zu Frankfurt Audientz gegeben. Allein, hierdurch werben nicht unsere Sorben verstanden, sondern die Servier, welche damahls zu verschiedenen mahlen in der Historie vorkommen. Siehe Joh. Lucius de Regno Dalmatiae I. 15. Unter dem Jahre 826. geschiehet eines Sorbischen Fürsten Meldung, der Tungo oder Tunglo geheissen, und beym Kayser angegeben worden, als hätte er wider denselben böse Streiche vorgehabt. Weswegen er sich bey ihm auf dem Reichs-Tage zu Ingelheim verantwortet und losgewilcket, aber doch seinen Sohn zum Geisel lassen müssen. Siehe Adelmus ad a. 826. Auctor vitae Ludovici Pii, p. 304. Herr Schöttgen l. c. aber hält davor, daß dieser Tunglo mit unsern Sorben nichts zu thun gehabt, sondern zu den Serviern gehöre. Die Ursache ist, sagt er, weil die Sorben mit denen Abotriten zusammen gesetzet werden, wodurch nicht die Mecklenburgischen Obotriten, sondern die Mittägigen an Der Ungarische Grentze zu verstehen sind.

Als zwischen Ludwigs des Frommen Söhnen viel Uneinigkeit entstund, so wohl bey des Vaters Lebzeiten als nach seinem Tode, sollen die Sorben sich auch dieser Gelegenheit bedienet haben, in Meynung das Fränckische Joch bey der Gelegenheit los zu werden. Wie sie denn dergleichen zu verschiedenen mahlen gethan haben sollen, sie wären aber immer zurück getrieben worden. Unter andern wären sie von Ludewig der Deutschen König, wieder zum Gehorsam gebracht worden. So erzehlet man insgemein, ohne daß man einen tüchtigen Wehrmann angibt. Bey denen alten Historien-Schreibern findet man von denen Sorben gar nichts , sondern nur so viel, daß in 844. und folgenden Jahren gedachter Ludewig mit denen Abotritischen, Mährischen und Böhmischen Slaven zu schaffen gehabt. Siehe Annales Fuldenses und Mettenses ad a. 844. 846. und 849. dabey aber der Sorben [2039] niemahls gedacht wird. Aber im 849. Jahr wird Dachhülf ein Hertzog über die Sorbische Grentze, dergleichen in folgender Zeit Marggrafen hiessen, gemeldet. Siehe Annales Fuldenses & Mettenses ad a. 849. An einem andern Ort, nemlich in den Annalibus Fuldens. ad a. 873. wird er Hertzog und Graf zugleich genennet, woraus zu sehen, daß man damahls unter diesen beyden Tituln keinen Unterscheid gemacht. Von dem gemeldeten Dachhülf aber wird folgendes erzehlet: Als die Böhmen wider die Francken rebelliret, wäre er im Treffen mit einem Pfeil in den lincken Fuß geschossen worden. Da sie aber sich denen Francken wieder untergeben wollen, hätten sie Gesandten an ihn, als der ihrer Weise am besten kundig wäre, abgefertiget. Er hat sich aber zu Pferde bringen lassen, sie also angehöret, und von seiner Schwachheit nichts mercken lassen. Im Jahr 851. thaten die Sorben denen Francken durch öftern Einfall grossen Schaden mit Sengen und Brennen. König Ludewig rückte mit seinem Heer aus Thüringen wider sie an, da muste ihre Mannschafft in einer unbenannten Stadt eine heftige Belagerung ausstehen. Hiernächst ließ er alle ihre Felder mit dem darauf stehenden Getrayde verwüsten, daß sie weder zu beissen noch zu brocken hatten, wodurch er ihnen mehr, als mit dem Schwerdte geschadet hat. Im Jahr 856. im August-Monat kam König Ludewig mit seiner Armee in der Sorben Gebiethe, nahm ihre Vornehmsten zu sich, schlug die Dalmatier, ließ sich von ihnen Geissel geben, und machte sie zinsbar. Im folgenden Jahr wird gemeldet, daß ein gewisser Böhmischer Herr, der von seinem Bruder ins Elend verjaget war, sich bey Czistibor, einem Sorbischen Herren, einige Zeitlang aufgehalten. Im Jahr 858. hatten die Sorben den gedachten Czistibor, welcher König Ludewigen getreu war, hinterlistiger Weise umgebracht, und wolten sich wieder von den Franken los machen. Ludwig schickte Dachhülfen mit einem Heer wider sie, um sie zu bändigen. Allein es kam Nachricht, daß sein Bruder Carl übel Haus hielt, daher ward der Zug eingestellet, und es stehet nicht dabey ob denen Sorben etwas widerfahren, oder nicht. Siehe Annales Fuldenses ad a. 851. 856. 857. und 858. Hierbey giebt man dem Leser zu bedencken, ob dieser Sorbische Czistibor wohl mit Recht vor einen Kayserl. oder Königl. Stadthalter über die Sorben ausgegeben werden kan. Im Jahr 869. sind die Sorben, Siusler und Böhmen in Thüringen eingefallen, haben viele Oerter verwüstet, und einige, die nicht gar vorsichtig mit ihnen gestritten, todt geschlagen. König Ludewig nahm seine Vöicker zusammen, und theilte sein Heer in drey Hauffen. Der erste, der am Thüringern und Sachsen bestünde, ward von seinem Sohne gleiches Nahmens, commandiret, und gieng auf die Sorben los. Dieser, als er einige von ihnen in der Schlacht niedergemacht hatte, brachte die andern in die Flucht, in welcher eine grosse Anzahl von ihnen niedergehauen wurden. Hierauf machte er sich an die Böhmen, welche denen Sorben um Sold dienten, die wurden [2040] theils erschlag. theils mit Schanden heim geschickt, worauf sich endlich die übrigen ergeben haben. Siehe Annales Fuldenses ad a. 869. Aimoinus V. 2l. Im Jahr 873 ist der oben gemeldete Kayserl. Land-Voigt an der Sorbischen Grentze Dachhülf im Monat August, mit Tode abgegangen. Worauf im folgenden Jahre die Sorben, Siusler, und ihre Nachbarn von denen Francken abfielen. Sie kamen aber unrecht an: Denn an Dachhülfs Stelle ward so gleich eine anderer mit Nahmen Rathulf oder Rotholf gesetzet, der mit Luitberten, Ertz-Bischoffen zu Mayntz, im Monat Jenner über die Saale setzte, und sie mit Rauben und Brennen ohne Schwerdtschlag zu Paaren trieb, so, daß sie sich wieder unter das vorige Joch bequemen musten. Annales Fuldenses ad. a. 873. und 874. Im Jahr 876. starb der mehrgedachte König Ludewig, welcher die Böhmen, Sorben, Lusen, und andere Slavische Völcker, so gedemüthiget hat, daß sie ihm zinsbar werden müssen. Siehe Albertus Stadensis ad a. 876. Im Jahr 877. fielen die Slaven, welche Linones genennet werden, ingleichen die Siusler und ihre Nachbarn abermahls ab, und wolten ihren Tribut nicht mehr entrichten. König Ludewig schickte etliche von seinen Getreuen mitten in der Faste wider sie aus, welche sie ohne Schwerdtschlag gedemüthiget, so daß sie große Geschencke und Geisel geben, und sich wieder unter das vorige Joch begeben müssen. Annales Fuld. ad a. 877. Unter denen Nachbarn der Siusler sind auch die Sorben und Böhmen mit gewesen. Siehe Helmolds Chron. Slav. I. 7. 3. Im Jahr 880. als die Slaven, die man Dalmatier nennet, ingleichen, die Böhmen, Sorben und ihre Nachbarn hörten, daß die Sachsen von denen Nordmännern, sehr geschlagen wären, vereinigten sie sich in Thüringen einzufallen, und haben bey denen Slaven, die an der Saale herum wohnten, und denen Thüringern unterthänig waren, mit Sengen und Brennen grossen Schaden gethan. Allein Graf Poppo, welcher über die Sorbischen Grentzen gesetzet war, und ohne Zweifel an Rathülfs Stelle gekommen, machte sich über sie her, und schlug sie so hart, daß auch nicht ein eintziger von ihnen davon gekommen. Im Jahr 897. als Kayser Ludwig sich in seinem Pallast, Saltz genannt, aufhielt, kamen derer Sorben Gesandten mit Geschencken zu ihm, denen er auch Audientz gab, und sie in Friede von sich ließ. Siehe Annales Fuldenses ad a. 880. u. 897. Im Jahr 908. gab Otto, Hertzog zu Sachsen, seinem Sohn Heinrichen, der hernach Römischer Kayser ward, eine Armee, damit solte er die Dalemincier bekriegen. Dieser sengete und verwüstete das Land gewaltig, und, nachdem er ihnen grossen Schaden gethan hatte, kam er zu seinem Vater zurück. Allein die Dalemincier machten ihm davor einen andern bösen Streich. Denn sie rufften die Hunnen, die damahls in Deutschland und Italien herum schweiften, zu Hülfe, welche in Sachsen (wodurch Nieder-Sachsen zu verstehen) einen Einfall thaten, und mit grosser Beute bey denen Daleminciern ankamen. Hier stieß ein ander Heer [2041] von ihren Landesleuten zu ihnen, denen war es nicht recht, daß sie nicht auch von der Beute Theil nehmen solten und hätten sich bald mit ihnen herum geschlagen. Daher nahmen die Letzten auch einen Streif in Sachsen vor, und die erstern warteten so lange bey denen Daleminciern, bis diese wieder kamen. Hierüber aber wurden sie so ausgezehret, daß sie nichts mehr zu essen hatten, und also anderweit hinziehen und denen Leuten ums Brod dienen musten. Diethmarus Merseburgensis L. I. im Anfange. Chronographus & Annalista Saxo ad a. 908. Wittichindus Corbeiensis L. I. p. 635. Als nun in folgenden Zeiten Kayser Heinrich der Vogler sahe, daß er an den Sorben, wenn er sie nach ihrer bisherigen Manier bleiben ließ, einen stetigen Feind haben würde, auch noch zu thun hatte, daß er sich derer Hunnen ober Ungarn erwehren muste, so machte er nach erhaltenen neunjährigen Stillestand folgende Anstalten: Er schenckte Dieben und Räubern, die zum Kriege tüchtig waren, das Leben, legte sie vor Merseburg ins Quartier, übte sie fleißig nach Kriegs-Manier, und befahl ihnen, sie möchten in der Slaven Gebiete öffters einfallen, und nur die Christen schonen. Er ließ um Merseburg eine Mauer führen, und Meissen, als eine Festung, wider die Milziener anlegen, die ihm auch Tribut geben musten. Dithmar. Libr. I, p. 9 und 10, nach der Ausgabe Maderi. Annalista Saxo ad a. 922 & 936, p. 259. Ferner nahm er bekannter massen den neunten Mann vom Lande in die Städte und übte sie treflich. Und so gieng er auf die Slaven los, und nachdem er Brandenburg im hefftigsten Winter eingenommen, kam er über die Dalemincier, belagerte die Festung Gana (so auch Grona geschrieben wird), eroberte sie innerhalb 20 Tagen, gab die Beute denen Soldaten Preiß, ließ alles, was sich wehren konnte, nieder machen, die Knaben aber und Mägdlein in die Gefangenschafft schleppen. Witichindus L. I, p. 639. Sigebertus Gemblacensis ad a. 928. Urspergensis und Annalista Saxo ad a. 927. Kurtz, er hat sich so tapffer gehalten, daß die meisten Slavischen Nationen in Deutschland, die Abotriten, Wilzen, Redarier, Havelländer, Dalemincier, Sorben und Böhmen ihm unterthänig gewesen und Tribut geben müssen. Ditmar. Lib. I, p. 6. Witichindus l. c. Helmold Chron. Slav. I, 8. 4. Annalista Saxo ad a. 929, Albertus Stadensis ad a. 921. Theod. Engelhusius, p. 1072, nach Leibnitzens Ausgabe. Als Kayser Heinrich 932 mit denen Ungarn schlug, und ihnen weichen muste, reterirte er sich in die Stadt Bichin und entgieng also denen Feinden. Daher er die Bürger daselbst nicht allein wohl beschencket; sondern sie sind auch hernach von den Benachbarten sehr geliebet und geehret worden. Ditmar Libr. I, p. 9. Annalista Saxo ad a. 932. Im Jahr 934, als die Ungarn im Anzuge nach Sachsen waren, und von ihren alten Freunden, denen Dalemincinern, Hülffe suchten, schickten ihnen diese (nicht der Kayser,) einen dicken fetten Hund zum Geschenck: Denn sie wusten wohl, in was vor Positur sich der Kayser gesetzet hatte, und wolten also mit ihm nicht brechen. Nachdem aber die Ungarn, wie bekannt, bey Merseburg aufs Haupt geschlagen wurden, gieng dieser Streich denen Daleminciern [2042] damahls noch vor ungenossen aus, weil die Ungarn nicht wieder gekommen. Hermann Contractus ad a. 934. Annalista Saxo ad a. 934. Nach diesen Zeiten findet man nicht mehr, daß die Sorben, Dalemincier, Siusler, oder andere Slaven sich mercken lassen, denn durch die neue Einrichtung, da die Deutschen untergesteckt, und in verwahrte Städte gesetzet worden, ist ihnen alle Krafft benommen worden. Manche stellen sich die Sache so vor, daß, als Kayser Heinrich in hiesigen Landen die Deutschen eingeführt, wären die Sorben von hier gewichen, und hätten sich nach der Lausitz begeben. Das ist aber falsch. Die Sorben und andere Wenden sind allerdings im Lande geblieben, und haben sich mehrentheils auf den Dörffern beholffen, bis sie nach und nach zum christlichen Glauben gebracht, die Wendische Sprache verlernet, und endlich mit den Deutschen ein Volck worden. Daher findet man in den Magdeburgischen und andern Briefen, daß diesem oder jenem Stift, Kloster oder Kirche so und so viel Slavische Familien geschencket worden, die nemlich dahin steuern und zu Hofe ziehen müssen. Ja es gedencket Bischof Ditmar zu Merseburg Lib. I, p. 8. daß zu seinen Zeiten, der doch schon im eilften Jahrhunderte gelebet, in hiesigen Landen noch Wendische Leute gewesen. Denn er saget an dem angezogenem Orte, sie haben damahls noch gegläubet, mit dem Tode wäre mit dem Menschen alles aus. Zum allerletzten mahl werden sie im Jahr 994 vorkommen, da erzehlet wird, es wären alle Slaven von denen Sachsen, das ist, von der Herrschafft der Sächsischen Kayser abgefallen, ausgenommen die Sorben. S. Chronicon Qued1inburgense T. II. Leibnitii p. 282. Annalista Saxo ad a. 994. Wie lange nach diesen Zeiten die Wendische Sprache hier gebräuchlich gewesen, oder wie lange es Leute gegeben, die sich derselben bedienet, lässet sich nicht sagen, weil man davon nichts aufgezeichnet findet. Wir gebrauchen aber in Meissen noch heutiges Tages etlicher Wendischen Wörter, die wir in Reden mit untermengen. Wir gebrauchen sie, weil wir sie von unsern Vorfahren so gehöret haben, und weit die Sprache von uns nicht geachtet wird, wissen viele deren Ursprung nicht. Wir wollen also einige aus Herrn Schöttgen l. c. hersetzen, und diese Gedancken dem geneigten Leser überlassen:

Beesen, sagt man, wenn die Kühe, nachdem sie von einer Brömse gestochen worden, oder auch, da sie nur ihr Brummen hören, anfangen sehr zu lauffen, und mehrentheils den Schwanz hoch tragen. Im Wendischen hat man das Wort Bieju, jim, lauffen, davon Bieseni das Lauffen.

Zscherpen nennen wir ein schwaches Nachbier, solches kömmt her von Czerpam, schöpffen.

Calesche kommt her von Koleße, ein Rad.

Wenn wir eine Gans locken, so sagen wir Husche, in Böhmen Huse, von den Böhmischen Hus, Wendisch Huße, za, eine Gans Kaseln oder kabeln heißt so viel als losen, von dem Wendischen Wort Kabl, das Los.

Im Qvaas leben, ist bey uns so viel als: im Sause und Schmause leben. Man findet dergleichen beym seel. Luther T. VI Lips. p. 563: "So gehen wir harte Stöcke und Klötze hin, und [2043] treiben dieweil Wucher und Geitz und Qvaß mit solchen mächtigen gnädigen Gaben GOttes." Im Wendischen, Böhmischen und Pohlnischen heißt Kwaß eine Hochzeit.

Eine Sache pomale machen, sagt man, das ist, sachte, gelinde: Auf Wendisch Pomalo.

Auf denen Bauer-Hochzeiten in hiesigen Gegenden sind allezeit ein paar Frauen, die man Saltzmesten nennet. Ihre Verrichtungen sind, daß sie der Braut Hausrath in des Bräutigams Haus schaffen, hsenach haben sie bey Tische die nächste Stelle nach der Braut. Bey Herr Frentzeln Orig. Sorab p. 923 lieset man, daß in der Lausitz die gedachten Frauen auch den Tisch mit Saltz und Pfeffer versorgen müssen, woraus man nun die Ursache dieser Benennung wohl siehet. Daher kommt das Sprüchwort: Er sitzet so ehrbar wie eine Saltzmeste.

Torniren, ist so viel als sich unartig aufführen, sehr lermen. Das leitet man her von denen Thurnieren der alten Deutschen: Allein man hat ein Wendisches Wort torny, thörigt, wilde, davon Tornoscj, die Tollheit.

Geographie der Sorben-Wenden. Bearbeiten

Davon ist überhaupt anzumercken, daß die Sorben-Wenden ihre Gebiete und Grentzen zwischen der Saale und Elbe gehabt, und sind sie derer Thüringer und Sachsen, wodurch die Nieder-Sachsen zu verstehen, Nachbarn gewesen. S. Annalista Saxo a. 782. und Albert Stadensis e. a. Und daher ist es gekommen, daß das heutige Meißner Land und absonderlich ein Theil von Osterland bis an Pegau herum, Schworben-Land genennet worden; wiewohl dieses nicht in so engen Verstande zu nehmen, daß über der Elbe gar keine Sorben gewohnet, sondern es haben sich etliche, nebst den Lusicern, nach und nach, als sich die Nation vermehret, auch dahin mit gezogen, und daher werden auch dasige Gegenden mit in die Sorbische Geographie gehören. Etwas noch besonderer zu gehen, so lieset man, daß Merseburg, welches schon lange den Römischen Kaysern unterwürffig war, an der Grentze von Sachsen, Thüringen und der Slaven Gebiete gelegen. Luitprandus II. 19. Man lieset, daß die Slaven bis nach Saalfeld hingewohnet haben. S Lambertus Schafnaburg. ad a. 1075. Von der Sorbischen Marck oder Grentze, welche in Thüringen angelegt gewesen ist in dem vorstehenden Historischen Abschnitte gehandelt und genugsame Schrifftsteller angeführt worden. Daraus ist in folgenden Jahren die Marck Thüringen und endlich gar Marggrafen in Thüringen entstanden. Es werden die Sorben auch von denen Fränckischen Scribenten Orientalische oder Morgenländische Slaven genennet, weil sie ihnen gegen Morgen gelegen haben: und zum Unterscheid derer Mittägigen, welche neben Ungarn in Slavonien, Servien und Dalmatien, wie auch derer Mitternächtigen, welche in Mecklenburg und Pommern wohnten. Wie die allerersten Ankömmlinge der Sorbischen Nation in hiesigen Lande dasselbe abgetheilet, kan man aus Mangel genugsamer Nachrichten wohl nicht sagen. Herr Schöttgen in dem dritten Theil seiner Diplomatischen und curieusen Nachlese der Historie von Ober-Sachsen p. 364 §. 4 muthmasset, [2044] daß sie nemlich vom Jahr 649 bis 782, da sie Frieden gehabt, Dörffer und Städte angeleget. Denn man findet schon eine Festung Nahmens Vogast, welche bereits 640 gemeldet wird, Fredegarius c 68. Aimoinus IV, 24; wo sie aber gelegen habe, will sich zur Zeit nicht finden. In folgenden Zeiten haben sie ihr Land in gewisse Kräffe, Districte oder Gegenden abgetheilet, und jedem dererselben Wendische Nahmen gegeben. Wie sie aber dieselbige Kreisse auf ihre Sprache genennet haben, weiß man nicht, und bleibt man also bey dem Lateinischen Worte pagus, welches die Sachsen mit hereingebracht, und in ihren Briefen, wie auch andern Schrifften, deren Meldung gethan haben. Wie denn auch die Mitternächtigen Slaven, das ist die Mecklenburger und Pommern, ihr Land in 18 solche pagos eingetheilet haben, S. Chronographus Saxo ad a. 960 deren Nahmen aber heutiges Tages nicht mehr so bekannt. Von diesen und andern deutschen pagis haben wir nun die bekannten Schrifften des Herrn Maiboms, Paullini, Knauths, Junckers, welche allerseits ihr Lob verdienen. Absonderlich aber hat sich um die Sorbischen unser hochberühmter Herr D. Löscher verdient gemacht, wie aus seiner Einleitung in die Historie mittlerer Zeiten zu sehen. Weil aber immer ein Tag den andern lehret, und vornemlich seit 20 Jahren her verschiedene Autores und Diplomata herausgekommen, so hat Herr Rector Schöttgen l. c. alles zusammen genommen, und auf den von andern gelegten Grund ein mehres gebauet, soweit als er es bis jetzo hat bringen können.

I. Pagus Nisani. Bearbeiten

Dieser Pagus hat sich ohngefehr von Scharffenberg angefangen und da herum einige Oerter in sich gefasset, ferner ist er bis an Böhmen gegangen, und hat mit selbigen gegrentzet.

II. Pagus Daleminza. Bearbeiten

Die Grentzen dieses Pagi erstreckten sich unterhalb Scharfenberg von der Elbe an bis an den Fluß Chemnitz, von dar bis nach Leißnig, Grimma, Kühren, ferner nach Strehla und die Elbe herauf bis wieder nach Scharfenberg, doch so, daß Zadel jenseit der Elbe auch mit dazu gehöret.

III. Pagus Chutici. Bearbeiten

Dieser Pagus lag zwischen dem Fluß Chemnitz und der Elbe, so, daß die Böhmen, wenn sie in Meissen einrücken wollen, auch diesen Pagum und zwar eine kleine Spitze desselben berühren musten.

IV. Pagus Scundira. Bearbeiten

Wo dieser Pagus gelegen, ist schwer zu bestimmen.

V. Pagus Belegori. Bearbeiten

Dieses Pagi gedencket Marggraf Otto in einem Briefe vom Jahre 1130, dessen Albinus in Misnia p. 432 erwehnet.

VI. Pagus Siusli meridionalis. Bearbeiten

Dieser mittägige Pagus Siusli hat so gelegen, daß er mit Eilenburg und dem Pago Plisni grentzet.

VII. Pagus Plisni. Bearbeiten

Dieser Pagus hat das Pleißner-Land in sich gefasset, nemlich wo Altenburg, Smöllen, Rötha liegen.

VIII. Pagus Tucherino. Bearbeiten

Dieser Pagus ist 981 in der Zerstreuung des Stiffts Merseburg an das Stifft Zeitz gekommen. [2045]

IX. Pagus Vedu. Bearbeiten

Dieser Pagus ist 981. vom Stifft Merseburg an Zeitz gekommen.

X. Pagus Zurba. Bearbeiten

Es ist dieses nur ein kleiner Pagus gewesen, wo Kosen oder Kösnitz liegt, ohnweit der Fürsten-Schule Pforte an der Saale, wo die bekannte Kösener Brücke ist. Um das Jahr 1040. hat Kayser Heinrich der Dritte dem Stiffte Naumburg gegeben das Dorf Cusence im Pago Zurba.

XI. Pagus Gerana. Bearbeiten

Im Jahr 999. hat Kayser Otto III. die Provintz Gera dem Stiffte Quedlinburg verehret. Weil aber nichts weiter dabey stehet, so hat Herr Körber in der Histor. Nachr. vom Voigtlande, p. 85. gar wohl erinnert, daß man nicht wisse, obs von dem Heßischen Gerauer Land, worinnen ehemahls Tribur gelegen, oder von dem Voigtländischen zu verstehen, zumahl da beydes ehedem dem Stiffte Quedlinburg zugehöret hat.

XII. Pagus Horla. Bearbeiten

Dieses Pagi Lage ist um den Fluß Orla herum und gegen Mittagwerts bey Saalfeld.

XIII. Pagus Netelici. Bearbeiten

Man hat zu Wurtzen von diesem Nahmen noch ein Ueberbleibsel, nemlich einen Brunnen, dessen Wasser vor sehr gut gehalten wird, den man die Nidlicke nennet.

XIV. Pagus Queszici. Bearbeiten

Von diesem wird gemeldet, daß in demselben die Statt Ilburg gelegen. Sonst ist das Dorf Quesitz nahe bey Marck-Ranstädt bekannt, das auch in der Historie mehr vorkommt.

XV. Pagus Zcudici. Bearbeiten

Dieser Pagus zeiget den Nahmen der Stadt Schkeuditz deutlich genug an, und mag also da herum gelegen seyn.

XVI. Pagus Liubanici. Bearbeiten

Der Haupt-Ort in dem Pago Liubanizi, und von welchem er den Nahmen erhalten, ist Löbnitz, ein Dorf ohnweit Delitsch an der Mulda gelegen, und einem Herrn von Schönfeld gehörig: vor diesen aber eine Stadt gewesen.

XVII. Pagus Zitici. Bearbeiten

Dieser Pagus wird wohl mit Serimund gegrentzet haben.

XVIII. Pagus Netelici. Bearbeiten

Dieser Pagus hat um Halle und Giebichenstein gelegen, wie denn das wüste Dorf Nedelitz bey Giebichenstein, dessen der Hr. Geheimde Rath von Ludewig in der Vorrede des Tom. VII. p. 65. Reliqu. MST. gedencket, noch heutiges Tages anzeiget.

XIX. Pagus Nudzici. Bearbeiten

Die Lage dieses Pagi ist bey Wettin und Löbeguin gewesen.

XX. Pagus Serimunt. Bearbeiten

Dieser Pagus hat einen grossen Theil des heutigen Fürstenthums Anhalt in sich begriffen.

XXI. Pagus Litice. Bearbeiten

Ist gewesen ein kleiner Pagus im Anhältischen, disseits der Saale. [2046]

XXII. Pagus Nizici. Bearbeiten

Dieser Pagus hat bey dem Einflusse der Mulda in die Elbe gelegen.

XXIII. Pagus Koledici. Bearbeiten

Dieser Pagus hat den Pagum Serimunt gegen Mitternacht gehabt, und hat zwischen den drey Flüssen der Saale, Fuhne und Milde gelegen.

XXIV. Pagus Siusli septentrionalis. Bearbeiten

Dieser Pagus hat theils unter das Ertzstifft Magdeburg, theils unter das Stifft Quedlinburg gehöret, da hingegen der mittägige Pagus Siusli dem Stiffte Merseburg unterthan gewesen.

XXV. Pagus Scitici. Bearbeiten

Dieser Pagus hat jenseit der Elbe gelegen.

XXVI. Pagus Nice. Bearbeiten

Dieser Pagus hat zwischen der Spree und Neisse gelegen ohngefehr in der Gegend zwischen Cotbus, Forst und Guben.

XXVII. Pagus Pretin. Bearbeiten

Prettin ist bekannt.

XXVIII. Pagus Lusici. Bearbeiten

Dieser Pagus hat einen grossen Theil der Nieder-Lausitz unter sich begriffen.

XXIX. Pagus Milsca s. Milzani. Bearbeiten

Diese Provintz hat jenseit der Elbe zwischen den Pagis Lusici und Budesin gelegen, so daß sie von der Elbe bis an Görlitz gegangen, wie denn auch Miltzen zwischen Hoyerswerd und Budissen, Milstrich bey Camenz und Wilkwiz bey Budißin den Nahmen scheinen noch beybehalten zu haben.

XXX. Pagus Selpoli. Bearbeiten

Dieser Pagus scheinet ein Stück von der Nieder-Lausitz gewesen zu seyn.

XXXI. Pagus Zara. Bearbeiten

Wo diese Provintz gelegen gewesen, ist noch streitig. Sie kommt auch beym Ditmar. VI. p. 142. ein eintzigmahl vor, da 1007. Hertzog Boleslaus Luzici, Zara und Selpoli eingenommen hat. Nun sind die andern beyden unstreitig Pagi, also glaubt Hr. Schöttgen l. c. daß dieses auch davor paßiren könne.

XXXII. Pagus Diedesisi. Bearbeiten

Dieser Pagus hat auf der einen Seite gegen Abend mit Milzieni, auf der andern aber gegen Morgen mit Silensi oder Schlesien gegrentzet.

XXXIII. Pagus Sprewa. Bearbeiten

Dieser Pagus kommt des Jahrs 965. vor, da Kayser Otto dem Stiffte Magdeburg den Honig-Zehenden in denen Pagis Niccitti und Sprewa, auf beyden Seiten des Spree-Flusses geschencket. Also ist die allgemeine Lage desselben klar, weil man aber keinen Ort nahmhafft gemacht, so läst sich auch nichts eigentlich berichten.

XXXIV. Pagus Budesin. Bearbeiten

Dieser Pagus hat in der Ober-Lausitz gelegen und seinen Nahmen von der Stadt Budissen erhalten.

Falsch oder ungewiß angegebene Pagi sind:

Bresnici. Bearbeiten

Herr Paullini giebt diesen vor einen kleinen Pagum [2047] aus allein Herr Junker zeiget, daß er Albinum nicht recht eingesehen und Burgwardium mit Pago vermenget. Herr Schöttgen. l. c. p. 440. saget, daß er auch eine Abschrifft von Bischoff Bennonis Briefe gesehen, darinne zwar des Burgwardii nicht, aber des Pagi gedacht wird.

Cluze. Bearbeiten

Herr Knauth giebt dieses vor einen Pagum aus. bringt auch ein Diploma bey, da solches ausdrücklich stehet. Herr D. Beckmann aber, der die rechten Originalien in Handen gehabt, bezeuget, daß das Wort darinnen nicht befindlich.

Flämingow. Bearbeiten

Es hat Herr Junckern gefallen, dieses unter die Pagos zu setzen, allein es gehöret nicht darunter. Denn als die Fläminger sich in hiesige Lande eingefunden, war die Art das Land in Pagos einzutheilen schon abgekommen.

Gozebudi. Bearbeiten

Daß dieses Dorf vor einen Pagum angegeben werden, ist Hr D. Graun Schuld, der nemlich das Wort Pagus in unlateinischen Verstande genommen. Herr Juncker aber hat es genugsam widerleget.

Grimmerslebo. Bearbeiten

Diesen Pagum hat Hr. Knauth eben so erdacht, als wie oben Cluze. Denn die Worte in pago Grimmerslebo stehen in den Originalien nicht. Ein Burgward aber ist es gewesen.

Jütrebock. Bearbeiten

Diesen Pagum zu erweisen, führt man Ditmarn an, wenn man ihn aber aufschlägt, so ist Jüterbock eine Stadt. Das ist nicht zu läugnen, daß man terram und provinciam Jüterbock finde, S. Dipl. apud. Becmannum III. p. 440. und Hecht in Memorabilibus Jütreboci, ingleichen Chronicon Montis Sereni, p. 43; Weil aber dieses allein nicht genug ist einen pagum zu beweisen, so mag er bis auf gewissere Nachricht ausgesetzt bleiben.

Pagus Misnensis. Bearbeiten

Stehet in der Ausschrifft eines Briefes bey dem Hrn. Geheimden Rath von Ludewig, T. II. Reliqu. MST. p. 179. Wer solche gemacht, wollen wir uns nicht bekümmern; das aber ist gewiß, daß kein Pagus Misnensis gewesen, weil die Stadt Meissen selbst im Pago Daleminci gelegen.

Mogelini. Bearbeiten

Mügeln ist eine Stadt an der Grentze des Pagi Daleminza gelegen, und so wird sie schon beym Ditmar gemeldet; aber von einem Pago dieses Nahmens hat sich zur Zeit nichts finden wollen.

Morzani. Bearbeiten

Dieser ist ein wahrhafftiger Pagus nahe bey Magdeburg über der Elbe gelegen, und wird seiner in vielen alten Briefen gedacht beym Leubero, Sagittario, Eccardo: Herr Schöttgen l. c. p.442. führet ihn aber deswegen an, weil Herr Thorschmidt Antiqu. Plocens. p. 8. 9. denselben vor einen Sorbischen Pagum ausgeben will, indem er vermeynet, das Dorf Marzahn bey Wittenberg gehöre dazu, und habe ihm den Nahmen gegeben. [2048]

Piga. Bearbeiten

Diesen Pagum hat der Posauische Mönch Paul Lange gemacht, als welcher in seinen Chronic. Citicens. p. 761. erzehlet: Bischoff Otto von Bamberg, als er von Bekehrung derer Pommern zurück gekommen, habe bey Graf Wiprechten auf einem Dorfe Piga oder Pegau eingesprochen. Denn zu diesen Pago ist nirgends kein Platz und der Auctor ist zu neu.

Rochlitz. Bearbeiten

Diesen bringet ein Ungenannter in Heinens Beschreibung der Stadt Rochlitz, c. 2. p. 9. n. 5. aus blosser Muthmassung vor, kan also mit gleichem Recht verworffen werden, weil gemeldetes Rcchlitz im Pago Daleminza gelegen.

Treskowo. Bearbeiten

Wird in Marggraf Conrads Brief des Jahres 1130. als ein Burgward gemeldet. Siehe Albini Misnia p. 432. daraus man hernach einen Pagum gemacht. Schöttgens Diplomatische und curieuse Nachlese der Historie von Ober-Sachsen, Th. II. p. 177 u. ff. und Th. III. p. 361 u. f. Falkensteins Nordgauische Alterthümer, Th. I. p. 68. und 114.