Zedler:Weingeist, Lemery


Grosses vollständiges Universal-Lexicon Aller Wissenschafften und Künste
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Weingeist, Popps

Band: 54 (1747), Spalte: 758–766. (Scan)

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Weingeist, Lemery, Sprirtus ViniLemery. Der Wein, schreibet Lemery, ist nichts anders, denn ein Most, oder Saft reifer Trauben, dessen geistreiche Theilgen sich in der Gährung ausgebreitet haben; und dieser Wein ist mehr oder weniger dicke, nachdem er mehr oder weniger Weinstein führet. Wenn man weissen Wein haben will, so muß man nur allein den Most von weissen Trauben gähren lassen. Hingegen begehrt man rothen Wein, so läst man zugleich die Weintrester mit gähren. Weswegen auch der rothe Wein mehr Weinstein, als der Weisse, bey sich hat, und wenn man den rothen getruncken, so bleibt er auch länger im Cörper. Gemeiniglich führen auch die Weine aus hitzigen Ländern mehr Weinstein als andere; und dieses zwar darum, weil sie viel Saltz aus der Erde an sich ziehen. Der Muscateller-Wein und der Spanische Wein können niemahls zur Gährung gebracht werden, wenn man nicht vorher ihren meisten Theil der wässerigen Feuchtigkeit entweder durch die Sonnenhitze, oder vermöge des Küchen-Feuers hat abrauchen lassen; Daher sie auch so zähe und klebrich, wie ein Syrup, sind. Man kan aber so viel verschiedne Weine verfertigen, als man verschiedne Arten von Gährungen ausdencken kan. Wir wollen dannenhero betrachten, was in dergleichen Gährungen vorgehet. Der Most ist ein süsses Naß, welches uns nicht in Kopff steigt und betruncken macht, ob wir gleich ziemlich viel von demselben genüssen. Wenn man den Most destilliret, so steiget zuerst viel unschmackhafftes Wasser in die Höhe; hernach kommt ein übelriechendes Oel, mit wenigen und schwachen Geistern vermischt, welche nichts anders sind, als ein wesentliches aufgelösstes Saltz. Nachdem dieses geschehen, so bleibt ein erdichtet Klump zurücke, aus welchem man ein fixes Saltz auslaugen kan, und zwar gäntzlich auf eben die Art, wie andre Alkalische Saltze ausgelauget werden. In diesen Stücken finden wir gar nicht solche Geister, welche ein Lebenswasser ausmachten, und nichts destoweniger wird von dergleichen Most, wenn er einige Zeit in der Gährung gestanden, der Wein gemacht, aus welchem man hernach eine ziemliche Menge von dem sich leicht entzündenden Geiste heraus bringen kan. Damit man aber dieses desto besser verstehe, so muß man wissen, daß der Most viel von dem obenerwehnten wesentlichen Saltze bey sich führe. Eben dieses flüchtige Saltz, wenn es in der Gährung von den ölichten Theilgen, mit welchen es erstlich verbunden war, soll abgesondert werden, durchdringet selbige und setzt sie aus einander, bis es sie mit seinen subtilen und durchschneidenden Spitzen so dünne macht, daß es einen Geist abgeben kan. Und eben durch diese Bemühung des flüchtigen Saltzes wird der gährende Wein in eine Aufwallung gebracht und zu gleicher Zeit gereiniget. Denn dadurch sondert es die dicken Theilgen unter der Gestalt eines Schaums ab, und zerstreuet sie, davon sich alsdann ein Theil an die Seiten des Gefässes anhängt, und von den Unreinigkeiten gereinigt wird, der andre Theil aber sich zu Boden setzt, welcher letztere hernach der Weinstein oder die Weinhefen genannt wird. Es ist demnach ein sich leicht entzündender Weingeist nichts anders, als ein Oel, so durch die wesentlichen Saltze subtilisiret worden. Welches man daraus beweisen kan, weil in dem Moste nur allein ein Oel ist, welches auch könnte in die Flamme gesetzt werden. Wenn nun eben dieselben Saltze nur einiger maasen von ihrem Ueberzuge befreyet werden, so verwandelt sich die vorher kaum zu merckende Süßigkeit des Mostes nunmehro in ein solches Naß, welches auf unserer Zunge fast eben eine solche unangenehme Eindrückung macht, dergleichen wir sonst von dem Francken-Weine empfinden. Uber dieses ist noch zu mercken, daß eine gnugsame Menge Wasser erfodert werde, damit die Saltze sattsame Aufwallung machen, und das Oel verdünnen können: sonst gehen viele Veränderungen damit vor. z. E. Wenn man den Spanischen Wein verfertiget, so wird viel Feuchtigkeit davon abgesondert. Denn sie lassen die Weintrauben so lange an den Weinstöcken hängen, bis sie von der Sonne halb ausgetrocknet sind, ehe sie aus denselben den Safft pressen, so lassen sie vorher einen Theil von der Feuchtigkeit des Mostes abrauchen, und das andre bringen sie zur Gährung, und hieraus wird der Spanische Wein. Hiermit richtet man so viel aus, daß sich die Saltze ausbreiten, und das Oel verdünnen können; wenn die Saltze aber nicht so zusammen in einen engen Ort gebracht würden, so könnten sie auch nicht diese zwey Stücke verrichten, sondern sie würden eine unvollkommne Gährung verursachen. Das Oel aber, so in seinem innersten Wesen verbessert worden, verhindert auch, daß das Saltz nicht etwan unsre Zunge scharff beitzt, sondern es kützelt nur gleichsam die Nerven der Zunge, und dergleichen Empfindungen drücken wir durch das Wort: ein süsses Naß, aus. Weswegen man auch viel weniger Weingeist aus dem Muscateller- und Spanischen Weine kriegt, als man wohl aus einem Francken-Weine zu bekommen pflegt. Denn da der Weingeist in dem verdünnten Oele besteht, so muß auch weniger in jenem als im Frantz-Weine angetroffen werden. Hingegen wenn man den Muscateller- und Spanischen Wein nach vorhergegangner Halb-Gährung destilliret, so bekommt man desto mehr von einem dicken Oele. Wenn aber der Most allzuviel Wasser bey sich hat, wie es offt geschieht, so geht auch nur eine unvollkommne Gährung damit vor. Denn die Saltze werden hiedurch allzu schwach gemacht, und können also die öhlichten Theilgen nicht sattsam durchschneiden und verdünnen, daher es kommt, daß dergleichen Weine gar bald zähe und fett werden; doch dieses kan man verhüten und verbessern, wenn man ihnen ordentliche Weinhefen zusetzt, denn diese haben viel Saltz bey sich. Der Wein aus Languedoc und Provence führen sehr viel Weinstein bey sich und sind auch dicker als der Borgogner- und der Champagner-Wein; denn jener ihre Geister sind mit vieler irrdischen und saltzigen Materie vermischt. Wir können demnach gar füglich behaupten; daß die Güte eines Weines eintzig und allein aus der behörigen Gleichmäßigkeit und Vermischung des Weinsteines mit der weinhafften Feuchtigkeit zu beurtheilen sey. Man pflegt zwar hierwider den Einwurff zu machen, daß, da der irrdische Theil seiner Natur nach von dem Weine gäntzlich abgesondert sey, er keinesweges weder die Krafft, noch die Grösse des geistreichen und sich leicht entzündenden Theiles vermindern dürffe. Allein, da wir oben behaupten wollen, daß die Weingeister mit vielem Weinsteine verwickelt wären, so haben wir darunter nicht den Weinstein verstehen wollen, welcher sich an die Seiten des Gefässes setzt, und daselbst anschüßt, denn dieser befindet sich in keiner Bewegung, und verhindert auch nicht, daß die Geister verdünnet würden; sondern wir haben einen solchen Weinstein damit andeuten wollen, welcher auch nach vollbrachter Gährung mit dem Weine genau vermischt zurücke bleibet, und welcher, nachdem viel oder wenig von demselben in dem Weine ist, einen dickern oder dünnern Wein giebt. Diesen kan man erst zu Gesichte bekommen, wenn man alle Feuchtigkeit von dem Weine abrauchen lassen. Und dieser ist es eben, welcher unter der Gestalt der Hefen auf dem Boden des Gefässes zurücke bleibt. Aber deswegen hat man nicht nöthig, daß man in einerley Weine zweyerley Arten vom Weinsteine bestimmen müsse. Denn sie sind nur darinne unterschieden, daß sich jener leichter, als dieser, auflösen läst. Es haben zwar viele noch verschiedene Einwürffe gegen diese Meynung vorgebracht: weil sie aber dasjenige, was wir davon geschrieben, nicht recht genau überlegt, so wollen wir auch aller deren Einwürffe jetzo nicht gedencken, damit wir niemanden allzuweitläufftig zu seyn scheinen. Hippocratis Wein mäßiget nach seinem eignen Geständniß den Appetit und dieses zwar darum, weil seine häuffige schwefflichte Geister den dauenden Magen-Safft gefangen hält, und sich mit ihm genau verwickelt, da er vorher in seiner Freyheit einen starcken Appetit zu erwecken vermögend war. Man kan über dieses aus allen Früchten und aus vielen andern Sachen vermittelst der Gährung ein weinhafftes Naß verfertigen, z. E. aus Aepffeln, Birnen, Honig und Hopffen. Ja man kan auch Saamen, Kräuter und Blumen zur Gährung bringen. Weil aber diese mehrentheils sehr schwer zu gähren anfangen, indem sie allzutrocken sind, so muß man sie vorher stossen und dann mit Wasser anfeuchten, und damit sie hernach desto geschwinder zur Gährung kommen, so kan man ihnen ein wenig Bier-Hefen zusetzen. Wenn dieses alles geschehen, so kriegt man endlich ein solches Naß, woraus man eben so hitzige Geister als wie aus dem Weine heraus bringen kan: Nun wollen wir einige Exempel anführen. z. E. Wenn du einen Wein destilliren und ein Lebenswasser daraus bekommen wilst, so nimm eine weite Blase aus Kupffer verfertiget, fülle selbige mit Wein bis an die Mitten an, und decke sie mit ihrem kühlenden Helm zu: Dann lege den Recipienten an, und verkleibe die Fugen mit einer nassen Schweins-Blase, dann treibe mit gelinden Feuer ohngefehr den vierten Theil von der Feuchtigkeit herüber, oder fahre so lange mit der Destillirung fort, bis die auströpffelnde Materie keine Flammen mehr fängt, wenn man sie zum Feuer bringt. Was du nun im Recipienten antriffst, das heist ein Lebenswasser, ober so genannter Aquavit. Bey dieser Verrichtung kan man sich folgende Umstände mercken: Das Lebenswasser ist also ein Weingeist, der noch einige Wässriche Feuchtigkeit, die er währender Destillirung mit sich übergeführet, bey sich hat. Und zwar die Geister davon steigen allemahl zuerst in die Höhe: Will man also versichert seyn, daß keine Geister mehr in der Blase rückständig seyn, so darff man nur etliche heruntersteigende Tropffen auf ein brennendes Papier fallen lassen; fangen diese noch Flamme, so sind dergleichen Geister noch zurücke, wenn aber nicht, so kan man mit dem Destilliren aufhören. Denn die Geister sind alsdenn schon alle herüber. Man kan aus allen Weinen ein Lebenswasser bringen. Nur muß man mercken, daß immer ein Landwein mehr Lebenswasser giebt, als der andre. Zum Exempel von dem Weine, der um Orleans und Paris wächst, bekommt man eine größre Menge Lebenswasser, als von andern, die gleichwohl viel herrlicher zu seyn scheinen. Und das kommt daher, weil die Weine, die wir vor sehr starck und herrlich halten, vielen Weinstein bey sich haben, und folglich fixe Geister in denselben angetroffen werden, da hingegen in andern Weinen eine behörige Gleichmäßigkeit dieses Weinsteins enthaltet ist, und demnach auch deren ihre Geister freyer und ungebundner sind. Wenn der Mensch Wein getruncken hat, so werden in seinem Cörper des Weines Geister fast eben so aus einander gesetzt, wie bey der Destillirung geschieht. Denn die warmen Eingeweide erhitzen den zu sich genommenen Wein, und also zerstreuen sie seine geistreichen Theilgen, wenn sich nun diese Geister allenthalben ausgebreitet, so vermischt sich ein Theil derselben mit dem Geblüte, und verdünnet dasselbe; daher macht auch der Wein ein aufgeräumtes Gemüthe, und giebt dem gantzen Cörper neue Kräffte. Gleichwie aber die Geister allezeit von freyen Stücken sich in die Höhe begeben, also gehn sie auch im Cörper gröstentheils zum Gehirne, und vermehren dessen Bewegung, wovon der Mensch alsdann gantz lustig und aufgeweckt wird, und viel herrliche Gedancken vorzubringen weiß. Ob nun zwar der Wein, wenn er mäßig genossen wird, vieles zu den innerlichen Verrichtungen der Theile des Cörpers mit beyträgt, so wird doch offt ein unmäßiges Weinsauffen zur Mutter vieles Uebels. Denn wenn seine geistreichen Theilgen allzuhäuffig in den Kopff steigen, so werden sie daselbst in eine solche geschwinde Bewegung gesetzt, daß sie die gantze Einrichtung daselbst in Unordnung bringen. Daher kommt es auch, daß ein Betrunckener alle Dinge gedoppelt sieht, und daß es ihm scheinet, als ob die Stube, worinnen er ist, mit ihm rings herum gienge. Dergleichen trunckene Leute befinden sich aber so lange in solcher Unordnung, bis die Geister mit dem Schleime der nun einige Zeit starck beweget, und aus einander gesetzt worden, entweder genau zusammen gehen, und sich mit ihm verbinden, oder durch die Schweiß-Löcher ausdünsten. Alsdenn überfällt sie der Schlaf, weil der zertheilte Schleim nunmehr mit den Geistern oder mit dem Phlegma des Weines in die zarten Gefäßgen des Gehirnes eingedrungen, und indem es daselbst die Lebensgeister in sich einwickelt, so hält es auch zugleich deren Umlauff in etwas zurücke. Denn gleichwie eine gehörige Bewegung der Lebensgeister in dem Gehirne die Ursache des Wachens ist, also fängt auch der Mensch an zu schlaffen, wenn selbige gantz stille stehen, und gleichsam zusammen gehalten werden. Gemeiniglich aber hält dergleichen Schlaf, welcher von dem unmäßig getrunckenen Weine entsteht, so lange an, bis die Lebensgeister diesen Schleim zerstreuet und aus einander gesetzt haben, wodurch sie sich dann einen freyen Durchgang verschaffen. Leute aber, welche sich vom Biere, vorn Obst-Geträncke und andern dergleichen Nassen einen Rausch zu gezogen, bleiben länger betruncken und schlaffen auch mehr, als diejenigen, die der Wein berauschet hat. Denn dieser Nasse ihre Geister, da sie in das Gehirne einen zähen Schleim einbringen, müssen länger Zeit haben, sich aus einander zu wickeln, und so dann durch die Schweiß-Löchlein durchzugehen. Und eben diese klebrige Feuchtigkeit, wenn sie in die Gänge des Gehirnes einmahl eingetreten, verursacht einen langen Schlaf, weil es mit deren Verdünnung sehr schwer hält. Alle vorher gedachte Zufälle, die nach vem allzustarcken Weintrincken erfolgen, bringen zwar erstlich dem Cörper nicht viel Schaden, ob sie gleich wider die Ehrbarkeit lauffen; allein es weiß auch jederman, daß ein Mensch, wenn er allzu offte in die Völlerey fällt, endlich gantz untüchtig zu allen seinen Handlungen gemacht wird: Denn die Weingeister verdünnen nicht allein das schleimige Wasser im Geblüte, und hindern die natürlichen Geister an ihren Verrichtungen, sondern, indem sie in die Höhe steigen, nehmen sie auch viele mit sich fort. Ueber dieses bekommen sie den Speichelfluß, kriegen flüßige Zufälle, und Schnupffen, ja sie werden auch mit der reissenden Gicht geplagt. Denn die schleimigte Feuchtigkeit des Geblütes, wenn es durch die Weingeister allzu dünne und flüßig gemacht worden, muß herunter in die Fließwasser-Gefässe kommen; wenn aber diese Gefässe einigermassen verstopfft worden, so tritt sie in die Nerven und läuft zu allen Theilgen des Cörpers. Daß aber auch die Leute nach allzuhäuffigen Gebrauch des Weins endlich auch vom Schlage gerühret werden, und eine Lähmung der Glieder bekommen, rührt daher, weil die wässerige Feuchtigkeit des Geblütes, wenn sie durch die Weingeister fast gantz und gar verdünnet ist, zu dem Gehirne steigt, daselbst Verstopffungen macht, und also den natürlichen Einfluß der Lebensgeister in die Nerven verhindert. Nun könnte zwar noch vielerley Unheil, so aus dem unmäßigen Weintrincken entstehe, hier anführen, allein es würde zu weitläufftig. Wenn demnach der Wein von seinen schweflichten Geistern vermittelst der Destillirung befreyet worden ist, so bleibt in dem Helm ein weinsteinigtes Naß zurücke, aus welchem, wenn es lange in einem offenen Gefässe an der Sonne gestanden, der beste Eßig wird. Daß es aber geschwinder damit zugehe, so setzen einige den achten Theil von dem schärffsten Eßig dazu. Und dieses kan eben auch in deren ihren Cörper vorgehen, welche viel Wein trincken. Denn gleichwie die flüchtigen Theilgen, welche zum Hertzen und zum Gehirne in die Höhe steigen, die Lebensgeister in Bewegung setzen, und ein aufgewecktes Gemüthe machen; also verdücken sie die Säffte, so an den Hypochondrien bewegt werden, und verursachen nach und nach die so genannte Melancholey, welche eintzig und allein von den sauren Säfften entsteht. Daher kommt es auch, daß viele, wenn sie sich die Grillen und Melancholey zu vertreiben vielen Wein trincken, das Uebel ärger machen. Wenn aber jemand noch eine genauere Auflösung des Weines anstellen will, so muß er alle Feuchtigkeit von der im Destillir-Kolben nach Abziehung des Lebens-Wassers übrig gebliebenen Materie abdestilliren, wenn das geschehen, so bleibt eine Masse rückständig, welche dem Trauben-Mus fast ähnlich ist. Diese thut in eine Retorte, setzet sie in den Ofen, und ziehet bey gelinden Feuer noch so viel Phlegma ab, bis die Geister in Gestalt des Dampffs kommen, alsdenn leget an die Retorte einen Recipienten, und wenn alle Fugen wohl verschmieret, so treibet nach und nach mit dem Feuer, damit die sauern Geister übergehen, und bis ein paar Tropffen von einem übelriechenden Oel kommen, fahret aber mit dergleichen Feuer so lange fort, bis gar nichts mehr herüber geht. Dieses Oel sondert von dem Geiste vermittelst eines Filtri aus Lösch-Papier ab, denn aus diese Art geht der Geist durch, und das dicke Oel bleibt im Filtro zurück. Man kan aber hiebey mercken, daß der Most mehr Oel, als der Wein giebt, welches abermahls unsre oben angeführte Meynung von dem Ursprunge des flüchtigen Weingeistes sattsam bekräfftiget. Denn da das Oel meistentheils auf die Zusammensetzung des flüchtigen Weingeistes ist angewand worden, so kan folglich wenig davon in dem Nasse übrig seyn, woraus das Lebenswasser gezogen ist. Der saure Geist und das schwartze Oel des Weins sind dem sauren Geiste und dem Oele des Weinsteins gantz ähnlich. Ja man kan aus der in der Retorte zurückgebliebenen Masse eben auch ein Alcalisches Saltz auslaugen, welches mit dem Alcalischen Saltze des Weinsteins ziemlich übereinkommt. Der Weingeist wird also gemacht; Nimm eine Blase mit einem langen Halse, fülle selbige bis um die Helffte mit dem Lebenswasser an, setze ihr einen Helm auf, und lege ihr einen Recipienten vor, und wenn alle Fugen gut verschmiert, so setze des Glas in einen Topff, der bis in die Mitte mit Wasser angefüllt ist, bringe den Topff zum gelinden Feuer, und also kanst du den Geist vermöge dieses Dunstbades herüber ziehen. Denn auf diese Art wird er von seiner Feuchtigkeit abgesondert, und steigt gantz reine in die Höhe; diesen Grad des Feuers aber setze so lange fort, bis weiter nichts mehr abtröpffelt, alsdenn hast du einen Weingeist der in der Destillirung von der wäßrigen Materie abgezogen worden. Die Chymie Verständigen brauchen diesen Weingeist, zu vielen Auflösungen. Man giebt Leuten, die der Schlag gerührt und mit der Schlaffsucht überfallen werden, einen halben Löffel voll davon ein, damit sie wieder zu sich selbst kommen. Ja zu eben dem Endzwecke bestreicht man dergleichen Leuten die Pulse, die Brust und das Angesicht. Es ist auch ein vortreffliches Mittel in Verbrennungen, nur muß es bald gebraucht werden. Es ist auch dienlich in den Schmertzen, wenn sie von einer kalten Ursache entstehen. Ja man kan es in Lähmung der Glieder, in Quetschungen, ja in allen Kranckheiten, wo das stockende Geblüte zu zertheilen, und die Schweißlöcher zu eröffnen sind, mit Nutzen verordnen. Gemeiniglich macht man den Weingeist indem man die Destillirung des Lebenswassers so vielmahl wiederholet, bis ein sehr reiner Geist herüber geht. Damit dieses geschehe, so destilliren sie die Helffte von dem eingesetzten Lebenswasser über, und setzen die im Helm zurückgebliebene wässerige Unreinigkeit bey Seite. dann destilliren sie noch einmahl die vorige Helffte des abgezognen Geistes, und die wässerige Unreinigkeit lassen sie abermahl zurücke. Und mit diesen Säuberungen fahren sie so lange fort, bis ein Löffel voll des abgezogenen Geistes, wenn man ihn mit Feuer anzündet, gäntzlich abbrennt, und kein Tropffen Wasser in dem Löffel bleibt. Da aber diese Arbeit sehr langweilig ist, und man wohl acht- bis neunmahl die Destillirung wiederholen muß, ehe man den verlangten reinsten Weingeist erhält, so ist von den Chymie verständigen eine andre Maschine erfunden worden, welche sie wegen ihrer zirckelförmigen Wendungen die Schlangenförmige zu nennen pflegen. Diese legt man an den Kolben an, worinnen das Lebenswasser ist, und oben setzt man einen Trichter drauf, dieser macht man eine Vorlage an, und wenn die Fugen alle verschmieret sind, so setzt man das Gefässe auf ein gelindes Feuer; durch diese mäßige Wärme werden die Weingeister ausgetrieben und steigen in die Höhe, die wässeriche Unreinigkeit aber bleibt wegen ihrer Schwere zurücke: und also bekommt man gleich zum erstenmahle einen reinen Geist. Weil aber diese Maschine sehr beschwerlich von einem Orte zum andern kan getragen werden, hingegen ihre zugeschmierte Fugen durch die hefftigen Geister seht leichte wieder eröffnet worden, so ist glaublich, daß die oben beschriebene Art, einen Lebensgeist zu machen, viel bequemer sey. Denn wenn man nur eine Matratz und einen Helm hat, so kan man mit leichter Mühe einen Weingeist destilliren, der an der Gütigkeit demjenigen, welcher vermittelst der Schlangenförmigen Maschine abgezogen ist, nichts nachgeben wird, und wenn man die Fugen nur gut vermacht, so hat man sich nicht zu fürchten, daß etwas von den Geistern durch das Gefässe davon fliege. Die Matratz aber muß einen sehr langen Hals haben, damit keine wässeriche Unreinigkeit bis gantz oben ansteigen und folglich übergehen könne. Es ist aber zu dieser Arbeit um er allen Bädern das Dampffbad am geschicktesten, massen eine sehr mäßige Hitze, die Geister allein in die Höhe zu treiben, erfordert wird, der von dem Wasser aufsteigende Dampff aber erwärmet das Gefässe fast auf eine unempfindliche Art. Man muß aber immerfort einerley Grad des Feuers haben, und zwar so lange, bis nichts mehr abtröpffelt. Es verwerffen zwar einige diese Methode, weil man so lange Zeit auf eine kleine Qvantität des abgezogenen Geistes anwenden muß, und weil man sehr schwerlich dergleichen recht wohl zubereitete Gefässe habhafft werden kan. Es ist aber wahrscheinlich, daß nur Unerfahene diese Methode verabscheuen, denn wenn sie selbige nur einmahl versucht hätten, so würden sie erfahren haben, daß man vermittelst zweyer oder dreyer solcher Gefässe eben so viel Weingeist abziehen könnte, als sie mit ihrer ungeheuren Maschine abzuziehen vermögend sind, ja über dieses würden sie einen Weingeist erhalten, der gar nicht mit küpffrigen und zinnern Theilgen, welche er von dergleichen Maschinen an sich nimmt, übel zugerichtet wäre. Wenn sie aber sprechen, man könnte solche gläserne Gefässe schwer zu kauffen kriegen, so geben wir zur Antwort, daß es nur denjenigen schwer falle, welchen es zu unbequem ist, selbst in die Glas-Hütten zu gehen, denn daselbst würden sie ihrer gnug finden. Um nun wieder auf den Weingeist zu kommen, so ist selbiger den Leuten, die in die Ohnmacht fallen und vom Schlag gerühret werden, sehr dienlich, weil er die Lebensgeister in eine stärkere Bewegung bringt. Wie es aber sehr wahrscheinlich ist, so entstehen diese Zufälle von den Verstopffungen, welche den Umlauff der Lebensgeister in dem Gehirne hindern. Der Weingeist aber giebt ihnen eine neue Lebhafftigkeit, vermittelst welcher sie den zähen Weinstein, so ihnen den Weg verstopfft, zertrennen und verdünnen können. Der Weingeist zertheilet auch alle Geschwülsten und Flüsse, weil er nicht allein die Schweiß-Löchlein eröffnet und den subtilern Säfften einen Ausgang verschafft, sondern auch über dieses die dicken Feuchtigkeiten verdünnet, damit das vorbey fließende Blut selbige gleichsam auswaschen und mit sich fortnehmen kan. Der Weingeist giebt auch ein vortreffliches Mittel ab, wenn man sich verbrannt hat: Nur muß man ihn gleich, so bald man sich gebrannt, auflegen. Denn wenn er durch die Schweißlöchlein eingedrungen, so macht er, daß die feurigen Cörpergen ihren Ausgang finden, und wenn ja einige zurücke bleiben, so bindet er selbige, wie es geschieht, wenn man ihn mit etwas Sauren vermischt.