Zedler:Wein, (Tockayer-)

Grosses vollständiges Universal-Lexicon Aller Wissenschafften und Künste
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Band: 54 (1747), Spalte: 623–624. (Scan)

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Wein, (Tockayer-) von den Ober-Ungarischen Weinen ist bekannt, daß sie gemeiniglich in Ober-Ungarische überhaupt, und insbesondere in Tockayer-Weine getheilet werden: selbige aber sind sämmtlich von einer mehrern Süßigkeit, auch grösten Theils von mehr Geiste, als die Nieder-Ungarischen: doch ist auch von den Ober-Ungarischen Weinen einer von mehr Güte als der andere. Die meisten wachsen um Santo, gegen Caschau, die doch aber gegen folgende noch geringe; Besser sind die um Talia, noch besser die von Mada am allerbesten aber die um Tockay selbst; ingleichen von Rerestur und Tozwa, welche denn sämtlich insgemein für Tockayer-Weine gelten, weil sie um Tockay herum innerhalb wenig Meilen anzutreffen sind: Die Liskerweine, etwan 5 Meilen von Tockay, sind schon von der Güte nicht, als obige fünffe, und am allerwenigsten die Micotzer, welche letztern aber anfangs zuweilen einen ziemlichen Weinkenner betrügen können, weil sie sehr angenehm und starck genug im Anfange schmecken, aber in weniger Zeit umschlagen, und sehr leicht und geringe werden; die Ursache davon ist, daß dieses Weingebürge nicht so hoch, und nicht so gerade gegen die Sonne lieget. Denn diß ist die Haupt-Ursache der Güte von den Ober-Ungarischen Weinen vor den Nieder-Ungarischen, daß von jenen die Berge sehr hoch, und gerade gegen die Sonnenstrahlen liegen, die sie daher in einer geraden Linie bestreichen, und durch ihre Zurückstrahlung drucken, folglich die Beeren recht durchkochen können. Da hingegen die Nieder-Ungarischen Gebürge viel niedriger und flach sind, auch nicht allemahl so gerade im Gesichte der Sonne liegen, die sie daher nur obenhin und seichte, zugleich auch nicht kräfftig genug bescheinen, folglich in den Weinstock so kräfftig nicht würcken kan. Wie denn auch der Weinstock in den Berg-Gründen und Thälern, auch in obbemeldeten besten Gebürgen kein so gut Gewächse giebet, als die Höhe des Berge. Worzu noch kömmt, daß die seichten Weinberge mehr Feuchtigkeit haben, als die hohen, die daher dem geistigen Wesen eine mehrere Verdünnung beyzubringen fähig sind. Von denen Tockayer-Weinen ist noch dieses zu behalten, daß man insgemein darinnen irret, wenn man deren besondere Eigenschafft und Güte in Trüblichseyn zu suchen vermeynet, indem dieses allemahl ein Zeichen, daß der Wein nicht recht ausgearbeitet und abgelegen ist; und ist ein solcher trüber Wein entweder jung, oder wenn er auch alt, und zugleich trübe, so rühret es von der Nachläßigkeit des Wirthes her. Dieser Trübigkeit ist unter andern damit abzuhelffen, und die Ausklärung zu befördern: Wenn man von alten abgelegenen Weinen einen Theil des Lagers nimmt, und auf selben den jungen trüben Wein ziehet, der alsdenn in 8 bis 10 Tagen klar wird, welches vorher in 6 oder mehr Wochen nicht geschehen wäre. Insgemein soll die Weinwartung in Ober-Ungarn nicht so gut beschaffen seyn, als wie in Nieder-Ungarn, indem man dort die Fässer zu füllen, viel Hülsen, Körner, Stiele, und gantz ungepreßte Beeren hinein thut, und darinnen läst, daher sich auch der Wein eher zu verändern pfleget; da hingegen in Nieder-Ungarn viel reinlicher damit umgegangen wird. Sonst lieffert allein Ober Ungarn jährlich eine grosse Anzahl Wein, so überhaupt auf 10000 Faß, jedes zu 2½ bis drey Eymern, gerechnet wird. Von der Güte des Ungarischen Weingewächses jedes Jahres wissen Verständige aus den Breßlauischen Weinbeeren durch folgendes Experiment zu urtheilen. Sie nehmen eine Beere zwischen die Lippen und ziehen mit selben aus dem Stiellöchlein den Saft, mit den Fingern aber fassen sie die Schale; ziehet sich der Saft aus der Schale gäntzlich heraus, und ist die Schale gantz leer und dünne, so vermuthen sie ein unbetrüglich gutes Gewächse in Ungarn; widrigenfalls, wenn viel Fleisch in der Hülse, und die Hülse selbst dick bleibet, selbes von schlimmer Beschaffenheit ist.