Grosses vollständiges Universal-Lexicon Aller Wissenschafften und Künste
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Wein-Ordnung

Band: 54 (1747), Spalte: 876–879. (Scan)

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Weinöl, Oleum Vini. Wie solches aus dem concentrirtesten Vitriolöle, und dem rectificirtesten Brannteweine zu verfertigen, solches ist unter dem Artickel: Vitriol- (oder Schwefel-) Säuere, im XLIX Bande, p. 302 zu sehen; Eine besondere Art aber, das Oel würcklich aus dem Weine zu haben, lehret Khunrath im I Theile seiner Medull. destillator. p. 21 folgendermassen: Nehmet gar guten Rheinwein, scheidet davon in etwas sein Phlegma: Denn wo dieses nicht geschehen solte, so ist der Wein gar zu wäßrig, sein Oel von sich zu geben; alsdenn thut ihn in eine weite Phiole mit einem sehr langen Halse, der ohngefehr eine oder anderthalbe Elle lang ist, setzet einen Helm darauf, und destilliret aus dem Weine den Geist herüber: denn giesset diesen nebst dem phlegmatischen Ueberbleibsel wieder hinein, und ziehet ihn nochmahls über, so scheidet sich das Oel aus dem Weine, und schwimmet oben auf dem Phlegma. Solche Scheidung mag man so offt wiederholen, bis sich kein Oel mehr zeiget; Es wird dieses Oel Oleum Laetitiae, Freudenöl genennet, und muß die Scheidung fleißig abgewartet werden: indem es damit fein langsam zugehen soll und muß. Popp schreibet von dem Weinöle also: Es wäre selbiges in den Weinhefen verborgen, darum, so man es haben wolle, solle man es in den Hefen und in der Erde des Weines suchen, es gäbe ein frisches und starckriechendes Oel, welches wunderbarliche Tugenden in sich habe, das aufgelöste Gold in Blut zu verwandeln, und dieselbige Auflösung gantz blutroth zu färben. Die Zurichtung sey gantz schlecht, Mühe und Arbeit wären groß, der Nutzen und Gebrauch aber sehr gut und köstlich: Dieses Oel pflege mit dem Phlegma überzusteigen, dahero man es hernach mit einem gläsernen Trichter davon scheiden, und in einem Gläslein wohl verwahren solle. Darüber macht nun Agricola seine Anmerckungen und saget: Daß das wahrhafftige Weinöl in dem Weinsteine stecken solte, wie Popp vergäbe, sey nicht, es stecke zwar ein Oel darinne, aber solches wäre vielmehr ein Weinsteinöl, denn ein Weinöl, das rechte Oel müsse aus dem besten Weine gemacht werden, wie Agricola bey dem Arcan oder der Tinctur gründlich angezeiget habe, und hätten diese beyde Oele einen grossen Unterscheid, so wohl in der Artzney, als bey Auflösung des Goldes: denn das rechte Weinöl fasse das Gold dermassen an sich, daß es sich nicht gerne wolle von ihm scheiden lassen, hingegen das andere Oel wenn es gleich noch so offte rectificiret worden, so lasse es doch mit der Zeit das Gold wieder niederfallen. Es sey zwar wahr, wenn man aufgelöstes Gold mit dem gemeinen Weinöle vermische, so werde die Auflösung in einem Augenblicke blutroth, aber was sey es nun mehr? dadurch werde doch das Gold nicht wesentlich aufgelöset; das rechte Weinöl aber werde nicht allein blutroth, sondern es behalte auch von dem aufgelösten Golde etwas bey sich, daß es also eine herrliche Artzney werden müsse; es stincke auch nicht so, wie Popps Oel, derowegen dieses nochmahls für kein wahres Oel zu halten sey. In der Alchymie könne das Weinöl zu vielen Sachen gebrauchet werden, indem es den Schwefel auflöse, und so es damit über den Helm getrieben werde, gerinne es das Quecksilber, daß es sich giessen und hämmern lasse, und wäre dieses ein feines Kunststücklein. Wer Lust dazu habe, könne versuchen, was Michael Meyer in seinem Viatorio mit diesen Worten schreibe: "Si Mercurius eo redigi possit, ut Jovis duritiem & fusionem, imo & malleationem sustinere queat, & Lunae tandem in fluxu conjungeretur, nullo artificio, neque superius per fumum, neque inferius an illa separati potest, etc." Ob es nun dieser Schrifftsteller also wolle verstanden haben, könne Agricola nicht für gewiß sagen, weil er es selber nicht versucht; doch halte er dafür, es solte wohl so gar ledig nicht abgehen: denn er habe auf eine Zeit das Quecksilber mit dem Schwefel impastiret, darnach in geschmoltzen Bley getragen, und zusammen schmeltzen lassen, bis der Schwefel gantz verbrannt; alsdenn habe er das Bley ausgegossen, so sey es mürbe gewesen, daß er es unter den Fingern reiben können, und als er es auf dem Teste abgerieben, wäre ihm ein ziemlich feines Korn geblieben, dieses hätte er in Scheidewasser auflösen wollen, allein das Scheidewasser habe es nicht wollen angreiffen, sondern wäre schwartzbraun davon worden, da habe er es durch Spießglas gegossen, und einen schönen hochgläntzenden Goldkörper bekommen, am Striche so gut, als kein Ungarisches Gold. Wer Zeit überley und Lust zu künsteln habe, könne es versuchen, es koste nicht viel, man werde auch nicht viel darbey einbüssen, daß es aber auch reich machen solte, sage er nicht, denn er wisse gar wohl, daß das Quecksilber ohne die Universaltinctur mit Nutzen nicht in Gold oder Silber verwandelt werden könne, wie diejenigen bezeugen würden, welche ihr Leben in solcher Arbeit zugebracht, und viel tausend Thaler darüber verlohren und eingekocht; doch aber sey es nicht gantz und gar unmöglich, etwas von dem Quecksilber zur Vollkommenheit zu bringen. Das rechte Weinöl aber sey eine gewaltige Hertzstärckung in vielen grossen Kranckheiten, davon zwey, drey oder vier Tropffen in Zimmet- oder Cardobenedictenwasser eingenommen: denn es durchgehe in einem Augenblicke den gantzen Leib, und stärcke die Lebensgeister. Kindern, denen man sonst wenig einbringen könne, habe der Schrifftsteller wohl eher solches Oel in Küglein oder Täflein bringen lassen, die hätten sie in der grossen Mattigkeit gar sehr gestärcket selbige wären eine gar bequeme Artzeney, und würden also gemacht:

Rec. Magisterii Corallor. Ʒj. Perlar. Ʒß.
Pulv. Oss. ex Corde Cervi, ℈ij.
Sacchari, q. s Küglein daraus zu machen,und muß selbiger in Zimmetwasser zerlassen seyn.

Bey Verfertigung dieser Küglein thut man tropffenweise anderthalben Scrupel Weinöl dazu. Für Kinder so wohl, als für Alte, wären diese eine gar bequeme Artzney; denn man könne sie stets bey sich tragen, und im Fall der Noth gebrauchen. So man auch dieses Oel mit der wahren Corallentinctur vermische, und davon in schweren Gebrechen etliche Tropffen eingebe, stille es alsobald den Anfall, darüber sich zu verwundern. Die Weiber, welchen bey der Geburt das Blut so sehr entgehe, daß sie deswegen gantz von Kräfften kämen, auch wohl gar des Todes seyn müßten, die könnten keine bessere Artzney zur Stärckung haben, als diese jetzt genannte: denn sie stärcke nicht allein die lebendigen Geister, sondern sie halte auch das Geblüte an, damit es nicht so hefftig wegschiesse; doch thue sie selbiges ohne allen Schaden, und dabey reinige sie es, damit die faulen Dämpffe nicht also in die Höhe steigen, und die Lebensgeister unterdrücken könnten, darüber manche ehrliche Frau aufgehen und in das Gras beissen müßte, darum, daß nicht eine Artzney vorhanden, welche die erstickten Geister stärcken und heraustreiben könnte. Christliche Hausmütter solten sich dieses Oel zurichten lassen, weil es in den Apothecken sehr selten zu erlangen wäre. So weit Agricola. Einer gantz andern Meynung ist Jungken in seinen Not. ad Not. Agricolae in Popp. p. 150 allwo er saget: Er lasse das Weinöl an seinen Ort gestellet: weil es ein Ding sey, so in unserer Medicin von keiner Nothwendigkeit wäre. Nach Degners Meynung wird das Weinöl bey der Destillation der Weinhefen erhalten, wenn man aus dem untern Theile der Vorlage den Geist offt wegnimmt, den obersten aber bis zuletzt darinne lässet, und diesen hernach durch die Retorte rectificiret. Mit Gold digeriret, verwandelt er selbiges in eine harzigte Substantz, daß es in Brannteweine aufgelöset werden kan. Besiehe Breßlauer Naturgeschichte, Vers, XXII. p. 676.