Zedler:Visit-Complimente


Grosses vollständiges Universal-Lexicon Aller Wissenschafften und Künste
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Visite, der Besuch oder Zuspruch

Band: 48 (1746), Spalte: 1855–1857. (Scan)

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Visit-Complimente, bestehen darinnen, daß man sich bey abgelegter Aufwartung in der bereits erworbenen Gnade, oder Gunst eines Patrons oder Standes-Person zu erhalten, oder bey seines gleichen die gute Freundschafft und Vertraulichkeit in gewöhnlichen Zuspruch und Besuchungen zu bestätigen suchet. Das vornehmste bestehet darinnen, daß man entweder fragt, ob der Patron etwas zubefehlen habe, oder sich des Zustandes und Gesundheit seines Freundes erkundiget, seine Freude über dessen Wohlergehen bezeuget, ihm alles Gutes wünschet und sich zu seiner Gnade, Freundschafft, Gewogenheit empfiehlet. Diejenigen, die die Kunst zu complimentiren lehren wollen, geben uns folgende Lehren, wenn wir dergleichen eins auf eine anständige Weise machen wollen:

1. Bittet man um Verzeihung, daß man sich abermahl erkuhnet, seine Aufwartung zu machen. Zuweilen gratulirt man auch bald anfangs, den Gönner in hohen Wohlsseyn wieder zusehen.

2. Man beruft sich auf die gegebene Erlaubniß zuweilen durch eine unterthänige Aufwartung sich zu melden.

3. Oder man sagt, weil man vormahls die Ehre gehabt, in Dero Gnade zu stehen, so habe man sich ferner zu Dero hohen Andencken empfehlen wollen.

4. Oder: Man sagt, weil man vernommen, daß der Patron glücklich an diesen Ort angelanget; oder; weil man durch dessen Ort durch passiret, so habe man nicht ermangeln wollen, seinen Respect zubezeigen, und um dessen Befehl anzuhalten.

5. Bey dem Abschiede bittet man mit der bisherigen Gnade oder Gewogenheit fortzufahren und unser grosser Gönner zu verbleiben. Wünschet immittelst alles Wohlergehen.

Bey seines gleichen soll man sich folgendergestalt verhalten: Man besucht einen zum erstenmahle entweder von freyen Stücken allein, oder man wird von einem guten Freund hingeführet, oder man trifft einen an einen dritten Ort bey einer Gesellschaft an. Im ersten Fall entschuldiget man:

1. Die Freyheit, so man als ein unbekannter genommen, demselben aufzuwarten.

2. Sagt man, daß man schon längst die Ehre gewünscht mit demselben bekannt zu werden; indem man aus dem Umgange mit qualificirten Leuten zu profitiren suche.

3. Weil man aber niemahlen Gelegenheit gefunden, in dessen angenehme Gesellschafft zu kommen; so habe man es wagen wollen, seine Schuldigkeit in dessen Behaussung abzulegen.

Im andern Fall berufft man sich auf den guten Freund, welcher uns dessen rühmliche Eigenschaften [1856] sonderlich gerühmet, und versichert, es werde ihm unsere Bekanntschaft nicht unangenehm seyn; daher wir hofften derselbige werde unsere Kühnheit bestens entschuldigen.

Die Bewillkommung wird etwan folgendergestallt eingerichtet: Sie haben nicht Ursache, mein Herr, einige Entschuldigung zu gebrauchen. Ich schätze mich glücklich, die Bekanntschafft einer so geschickten Person zu erlangen. Ich bitte gehorsamst näher hereinzureten und Platz zu nehmen. Im andern Fall setzt man hinzu: Wir wären dem Herrn N. N. zum Höchsten verbunden, daß er uns das Glück und die Ehre einer so angenehmen Bekanntschafft hätte verschaffen wollen. Wir hofften davon vieles zu profitiren. Beym Abschiede soll der eine nocmahls kurtz um Vergebung bitten oder sagen, er wolle dem Herrn nicht länger beschwerlich fallen, vor erwiesene Höflichkeit dancken, und sich ferner die Ehre des andern Freundschafft oder Umgangs ausbitten, und ein aufrichtiges, ergebenes, und zu angenehmen Diensten bereitwilliges Gemüth versichern. Der andere soll sich nochmahls vor die Ehre eines so angenehmen Zuspruchs verbunden erkennen, sich entschuldigen, daß jener seine Zeit so schlecht habe paßiren müssen, indem er ihn nicht besser habe accommodiren können, und sich die Ehre es auf ein andermahl zu verbessern vorbehalten. Ferner ihn zu sagen, daß er sich ehestens mit dessen Erlaubniß die Ehre nehmen würde, seine Aufwartung gleichfals abzustatten, und daß er nicht ermangeln würde, von dem Glück eines so angenehmen Umgangs zu profitiren; sich indessen zugeneigten Andencken empfehlen.

Im dritten Fall soll man sich gratuliren, die längst gewünschte Ehre zu haben, und mit dem Herrn in Bekanntschafft zu gerathen: Man wolle sich also diese Gelegenheit zu Nutze machen, und sich die Ehre seiner Freundschafft ausbitten: Er werde jederzeit einen aufrichtigen und ergebenen Diener an uns finden. Der andere bezeuget gleichfalls wie angenehm es ihm sey, eine so unverhoffte Bekanntschafft mit dem Herrn zu erlangen; versichert auch, daß er an seiner Seite nichts werde ermangeln lassen, solche durch öfftern Umgang und Erweisung gefälliger Dienste zu unterhalten. Kommt man hernach zu wiederhohlten mahlen zu den guten Freund; so ist dieses das gewöhnliche Compliment: Man gratulire oder erfreue sich, den Freund wohl oder vergnügt zu sehen oder bey erwünschten Wohlseyn anzutreffen. Zuweilen entschuldigt man sich auch wohl, daß man sich die Freyheit genommen aufzuwarten. Man sagt dabey, man habe seine Schuldigkeit ablegen und gerne die gute Freundschafft darinne man vor kurtzer Zeit die Ehre gehabt von den Herrn aufgenommen zu werden, unterhalten wollen: Oder: Man habe nicht ermangeln wollen, zu sehen wie er lebte; wenn es bisher ihm nach Wunsch ergangen oder wenn er bisher vergnügt gelebt, würde es uns eine grosse Freude seyn.

Die Visit-Complimente bey einem Frauenzimmer sollen nach folgenden Muster und Vorschrifft verfertiget werden: [1857]

1. Soll man um Pardon bitten, daß man sich die Kühnheit nehme ihr aufzuwarten: Man soll zugleich seine Freude bezeugen, sie vergnügt zusehen.

2. Soll man sich auf die gegebene Erlaubniß (N. B.. wenn sie uns welche gegeben hat) beruffen; oder auf das Verlangen sie zusehen, und ihrer angenehmen Conversation zugeniessen; oder auf sonst ein Gewerbe, so man an sie zubestellen beruffen.

3. Soll man sagen, man nehme sich gerne öffterer die Freyheit einem so angenehmen Frauenzimmer aufzuwarten, weil man es für sein gröstes Vergnügen hielt, mit einen so annehmlichen Frauenzimmer die Zeit zu paßiren.

4. Soll man sie auf eine schertzhaffte Art fragen, ob man sie auch etwan in angenehmen Gedancken oder Geschäfften stöhre. Beym Abschiede soll man sich nochmahlen zu ihrem Befehl und gütigen Andencken empfehlen, sich vor erwiesene Höfflichkeit bedancken, sich ferner die Erlaubniß ihr aufzuwarten ausbitten und vergnügt zuleben wünschen. Kemmerichs Academie der Wissenschaften II Eröffnung, p. 1091. u. ff.