Grosses vollständiges Universal-Lexicon Aller Wissenschafften und Künste
korrigiert
<<<Vorheriger

Spieß-Recht

Nächster>>>

Spieß-Schlangen

Band: 38 (1743), Spalte: 1868–1869. (Scan)

[[| in Wikisource]]
Spießrutenlaufen in der Wikipedia
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Linkvorlage für WP  
Literatur
* {{Zedler Online|38|Spieß-Ruthen|1868|1869}}
Weblinks
{{Wikisource|Zedler:Spieß-Ruthen|Spieß-Ruthen|Artikel in [[Johann Heinrich Zedler|Zedlers’]] [[Grosses vollständiges Universal-Lexicon Aller Wissenschafften und Künste|Universal-Lexicon]] (1743)}}



Spieß-Ruthen, Spiß-Ruthen, oder Spitz-Ruten, Virgae, oder Castigatio militaris, sind, nach Maßgebung der Kriegs-Rechte, eine Art der gewöhnlichsten Soldaten-Straffen, bey der Infanterie und Dragonern. Siehe Militarische Straffen im XXI. Bande, pag. 206. u. ff. desgleichen Exsecution im VIII. Bande p. 2349. u. f. Es bestehet aber das Spießruthen-Lauffen oder Gassen-Lauffen darinnen, dass der Verbrecher durch ein, zwey oder mehr hundert Soldaten, drey- vier- fünf- bis mehrmahl lauffen muß, nachdem das Verbrechen groß oder geringe ist, und von jeglichem Mann mit einer Spießruthe auf den blossen Rücken gepeitschet wird. Daferne einer zwey bis drey Tage nach einander zu lauffen bestrafft wird, so geschiehet es nicht so vielmahl; es wird auch wohl ein Tag ausgesetzt, da denn der Delinquent, weil die Wunden sodann schon in etwas verharschet, noch grössere Schmertzen empfindet. Kan nun einer gut lauffen, so kommt er desto leichter von der Straffe. Allein wenn das Verbrechen groß, muß auch wohl ein Unter-Officier mit verkehrtem Kurtzgewehr vor dem Delinquenten Schritt vor Schritt hergehen, dass die Soldaten desto besser zuhauen können. Die Dragoner müssen gleichfalls, wie die Mousquetirer, durch die Spießruthen lauffen, bey den Reitern aber werden die Spießruthen nicht genommen, sondern an deren Statt die Steigbügel-Riemen; dabey muß die Mannschafft, so darzu commandiret wird, Gliederweise vier Mann breit aufmarschieren, hernach läßt man auf dem Platz die zwey mittelsten Reyhen lincks und rechts die äussersten Reyhen doupliren, mit welchem Commando eine richtige Gasse formiret, und die Mannschafft in zwey Reyhen en Haye gestellet wird. Die Unter-Officiers treten nach ihrem Range und Posten mit ein, die Ober-Officiers aber stellen sich meistens vor an beyde Flügel, woselbst auch die Tambours bey der Execution ihren Würbel zu schlagen pflegen, der Major aber und der Adjutant, oder der den Troupp aufführet, sind zu Pferde, und reiten auswerts der Gassen hin und wieder, und geben Achtung, dass nicht allein der Delinquent gebührend fortlauffe, sondern auch die andern recht zuhauen. Die Spießruthen muß der Stecken-Knecht anschaffen, er nimmt solche unter einen, oder beyde Arme, nachdem viel Soldaten commandiret sind, gehet damit durch die Gasse, da denn ein iedweder Soldat bey dem dicken Theile eine fasset, und solche in dem Vorbeygehen des Stecken-Knechts hinterwerts heraus ziehet. Die Soldaten setzen ihr Gewehr etwas vorwärts vor den Fuß, damit [1169] der Delinquent recht mitten in der Gassen bleiben müsse, und von einem iedweden recht getroffen werde. Ist die Execution aus, oder die Spießruthen sollen verwechselt werden, so pflegen die Soldaten solche erstens an ihrem Gewehr bey den Spitzen abzuschlagen, und hinter sich über das Volck zu werffen.