Zedler:STYLUS CURIAE, die Hof- Cantzley- oder Gerichts Schreib-Art


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STYLUS CURIAE FEUDALIS

Band: 40 (1744), Spalte: 1472–1473. (Scan)

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Literatur
* {{Zedler Online|40|STYLUS CURIAE, die Hof- Cantzley- oder Gerichts Schreib-Art|1472|1473}}
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STYLUS CURIAE, die Hof- Cantzley- oder Gerichts Schreib-Art, ist eine Schreib-Art, wie sie bey Höfen, in Cantzeleyen, öffentlichen Gerichten, Schöppen-Stühlen, u. s. f. üblich ist, und insonderheit auf die aller Orten gewöhnliche Titulaturen, Complimente, und andere so genannte Curialien ankommt. Sie druckt ihr Object durch viele Kunst-Worter, nachdrückliche Bey-Wörter, und besondere Formuln aus, construiret auf eine von der ordentlichen Construction abgehende Art. Sie bedienet sich verbindlicher Worte, welche keine Neben-Ideen einer Familiarität haben, hütet sich vor aller Affectation einer künstlichen Ausarbeitung, fasset die Gedancken kurtz, und beobachtet sorgfältig die Regeln des Wohlstandes, und wird aus Zuschrifften Supplicken etc. am besten aber aus dem Gebrauch erlernet. Und heisset es von selbiger, nach dem gemeinen Sprüch-Worte: Verba valent sicut nummi; die Worte gelten wie das Geld. So viel aber die in denen Gerichten insbesondere eingeführte Schreib-Art, oder den so genannten Gerichts-Styl und Gerichts-Brauch anbelanget ; so ist dieselbe nichts anders, als eine Art [1473] der Gewohnheit, und zwar der gerichtlichen, welche die Ordnung und Weise des Processes bestimmet, wie solche in Gerichten zu observiren. Denn gleichwie die Gewohnheit durch stillschweigenden Consens derer, die solche gebrauchen, eingeführet wird; also wird auch der Stylus Curiae nach und nach in denen Gerichten recipirt. Wo er aber einmahl recipirt ist; so macht er nicht weniger, als die Gewohnheit, ein Recht, von welchem der Richter nicht weichen darff. Panormitanus ad cap. ex literis 11. n. 6. X. de Constitut. Die vornehmste würckende Ursache des Styli Curiae ist der Lands-Herr; und wird also recht beschrieben, daß z. E. der Stylus Curiae des Hof-Gerichts sey eine recipirte Gewohnheit, wie man im höchsten Gerichte, in der Art zu proceßiren, und mit Schrifften zu verfahren, sich verhalten müsse. Es gehet aber in so fern der Stylus Curiae mit der Weise und Ordnung im Gerichte zu verfahren um, und ist eine Gewohnheit im Gerichte zu reden, zu schreiben, und zu procediren. In engerm Verstande wird es genommen für den Gebrauch, wie sich mit Schrifften zu verhalten. Ubrigens begreifft das Wort Stylus in seinem allgemeinen Verstande, auch unter seinem Object die letzten Willen. Also sagt man, der Stylus der letzten Willen, der Notarien, der Kauffleute, u. s. w. Denn gedachter Stylus Curiae kan in seinem besondern und eigentlichen Verstande zu nichts anders, als zu Gerichts-Händeln, referirt werden; und so jemand etwas in Stylo Curiae verstehet, kan er sachfällig, und der andere losgesprochen werden. Des Styli Curiae vornehmste Würckung ist, daß er für ein Gesetz gehalten wird. Ludov. Joseph. Tom II. Dec. 36. n. 9. absonderlich, wenn er nur etwas erkläret. Daher wird gesagt, daß er ein Recht mache, Finkelth. Pract. Obs. 74. n. 1. und allezeit zu observiren, nicht aber von demselben abzuweichen sey, indem es eine alte und offt practicirte Sache ist, welche man durchaus nicht aus der Acht lassen muß. Tusch L. V. Concl. 695. n. 3. Ja er wird so gar für eine wesentliche Form der Gerichts-Händel gehalten. Und wenn man von solchem abweicht; so gilt das, was geschehen ist, nicht, sondern es entstehet daraus die Präsumtion, daß man ein Falsum begangen. Tusch c. l. Unterdessen hebt gleichwohl der Stylus Curiae, so zuletzt eingeführt wird, und dem ersten zuwider ist, den ersten auf; daher auch nur der letztere Stylus zu observiren ist, eben wie bey Gesetzen, Pacten, Testamenten, Statuten, und Gewohnheiten, die letztern denen ersten derogiren. Und dieses um so viel desto mehr, weil der Stylus Curiae bey allen Gerichten der Veränderung unterworffen ist, ja recht wandelbar ist. Ein mehrers siehe in Speidels Bibl. Jurid. Vol. II. v. Stylus Curiae p. 1025. u. f. wie auch unter dem Artickel Observantz (gerichtliche) im XXV. Bande p. 276.