Zedler:Sächsische Ehe-Ordnung

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Band: 33 (1742), Spalte: 345–349. (Scan)

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Sächsische Ehe-Ordnung, Ordinatio Saxonica matrimonialis, Die Churfürstl. Sächsische Ehe-Ordnung, von 1624. bestehet in fünf Puncten und handelt der erste, von Ehegelöbnissen,

1. Daß Kinder ohne der Eltern Vorwissen und Einwilligung sich nicht verloben, sonst das Verlöbniß vor heimlich und unbündig gehalten, und die Personen im Lande nicht getrauet werden; [346]
2. Da sie über beschehener Vermahnung und Verwarnung wider der Eltern Willen darauf verharren, und das Ehegelöbniß zu vollziehen andere Gelegenheit suchen, die Eltern ihnen mit etwas zur Ausstattung behülflich zu seyn nicht verpflichtet, sondern solche ungehorsame Kinder bis auf den halben Theil ihrer Legitimae und nach Gelegenheit der Ursachen ihres verweigerten Consenses gäntzlich zu enterben befugt seyn;
3. Die Personen, so zu solchen heimlichen Verlöbnissen Vorschub gethan, auf Anregung der Eltern willkührlich gestrafft;
4. Die heimlich zusammen kriechende und fleischliche Unzucht treibende von den Eltern gäntzlich enterbet, mit zeitlichen Gefängniß gestrafft, und im Lande, sich wesentlich zu halten, nicht geduldet;
5. Die Kinder, so ihre Jahre erreichet, und ihre Eltern um Erlaubniß, sich ehelich zu verbinden, ersuchen, ohne genugsame erhebliche Ursachen daran nicht gehindert, und wo sie sich nicht vergleichen können, ehe von den Kindern etwas verbindliches vorgenommen wird, es bey den Consistoriis gesuchet, und daselbst entschieden werden;
6. Das von Personen, so beyderseits keine Eltern haben, in Gegenwart eines Zeugens geschehene Verlöbniß vor heimlich und unbündig erkannt, und da es verneinet würde, die Gewissen zu beschweren, nicht zugelassen;
7. Diejenigen, so sich auf ein solch heimlich Verlöbniß vor dem Kirchgange zusammen finden, und mit einander fleischlich einlassen, mit Gefängniß und sonst willkührlich gestrafft;
8. Der sich mehr, denn eines, verbindlich verlobet, die erste Person ehlichen, und so wohl als die andere, so vom ersten Verlöbniß Wissenschafft gehabt, anrüchtig seyn, und mit Gefängniß und sonst willkührlich gestrafft;
9. Derjenige, so sich mehr, denn eines, verlobet, und mit der letzten Person fleischlich cinlässet, an den Pranger gestellet und des Landes ewig verwiesen, damit auch die andere, wofern sie sich wissentlich des ersten Verlöbnisses mit dem verbrechenden Theile in Ehegelübde und fleischliche Unzucht eingelassen, beleget werden;
10. Der ersten verlobten unschuldigen Person frey stehen, ob sie sich mit dem Verbrecher versühnen wolle, und auf den Fall das verbrechende Theil, so wohl auch die andere verlobte Person, so sich wissentlich der ersten Verlöbniß fleischlich eingelassen, ehrlos und anrüchtig seyn, und mit Gefängniß und sonst willkührlich gestrafft werden soll.

Der andere Punct, welchen Personen, sich in Ehegelöbniß mit einander einzulassen, verboten.

1. Die Personen, welche den Namen Vaters oder Mutter, desgleichen der Kinder tragen, wenn es auch gleich Stief-Eltern und Stief-Kinder, sollen sich in Ehegelöbniß nicht einlassen, bey Vermeidung der Landes-Verweisung, und wenn sie sich auch fleischlich vermischen, beyderseits am Leben mit dem [347] Schwerdte gestrafft, Stieff-Eltern und Stief-Kinder aber mit Staupenschlag des Landes verwiesen werden;
2. Die Personen, welche seithalben einander im dritten Gliede ungleicher Linien verwandt sind, sollen einander nicht ehlichen, auch niemand sich mit des Groß-Vaters Vatern, oder der Groß-Mutter-Mutter-Geschwister, weil dieselben der Eltern statt halten, ehelich verloben, wenn sie sich aber wissendlich in Ehegelübde einlassen, im Lande nicht getrauet, noch geduldet, und da sie sich fleischlich vermischen, des Landes ewig verwiesen, die im ersten oder andern Gliede ungleicher Linie Verwandte zugleich auch zur Staupen geschlagen werden;
3. Sollen auch die Schwägerschafft halben einander ebenmäßig Verwandte sich in Ehegelöbniß nicht einlassen, sonst im Lande nicht getrauet, noch geduldet, u. da sie sich fleischl. vermischet, des Landes ewig verwiesen, auch nach Gelegenheit der Verwandtniß, als eine Person, so sich mit zweyen Schwestern, oder zweyen Brüdern wissentlich fleischlich eingelassen, zugleich zur Staupen geschlagen werden;

Der dritte Punct, von den Ehegatten, so einander böslich verlassen.

1. Der Ehemann, oder das Eheweib, so von dem andern muthwillig läufft und das andere eine Zeitlang sitzen lässet, auch auf vorhergehende öffentliche Citation sich nicht wieder einstellet, soll, zu welcher Zeit es hernach betreten würde, mit Staupenschlägen ewig verwiesen, auf den Fall aber, da es wieder zur Versühnung beyder Eheleute gereichte, mit Gefängniß willkührlich gestrafft;
2. Eheleute aber, so sich selbst von einander sondern, ungeachtet sie nicht ausserhalb Landes gewichen, und sich beyderseits nicht wieder versühnen lassen, beyde, oder das unversühnliche Theil, mit Gefängniß so lange gestrafft werden, bis sie einander, wie sichs gebühret, ehlich beywohnen.

Der vierte Punct, von der Straffe der Unzucht und des Ehebruches.

1. Wo zwo verlobte Personen vor dem öffentlichen Zusammengeben und Trauen sich mit einander fleischlich einlassen, soll die Weibes-Person, wenn gleich keine Schwängerung daraus folget, mit verdecktem Haupte und ohne Spiel zur Kirchen gehen, und beyde mit zeitlichem Gefängniß, oder sonst, willkührlich;
2. Gleichergestalt auch diejenigen, deren Unzucht erst nach gehaltenem Kirchengang kundbar wird, gestrafft;
3. Wenn jemand eines andern Braut, ehe denn der Bräutigam beygelegen, wissentlich beschläfft, beyde zur Staupen geschlagen und des Landes ewig verwiesen, wenn aber der Bräutigam die Braut wieder annimmt, sie mit Gefängniß, und der Brautschänder, wie vor, gestrafft;
4. Der Ehemann u. ledige Geselle, so eines andern Weib beschläfft, nebst ihm, so wohl der Ehemann, so eine ledige Dirne beschläfft, mit dem [348] Schwerdte bestrafft, diese aber mit Staupenschlägen des Landes verwiesen, auf des Eheweibs Vorbitte vor den Ehemann, so eine ledige Dirne beschlaffen, dem Ehestande zu Ehren, wo nicht in auf- und absteigender Linie eine Blut-Schande darzu kömmt, er mt der Lebens-Straffe verschonet, und des Landes ewig verwiesen werden, und der unschuldige Theil ihm folgen;
5. Soll dem Ehebrecher oder Ehebrecherin, welchem das unschuldige Theil folgen will, die ewige Landes-Verweisung nicht leichtlich in Geld-Straffe verwandelt werden;
6. Die Erlassung der Eheleute dem ledigen Manne, und der ledigen Dirne, an der Straffe nichts helffen;
7. Wenn die Ehebrecher beyderseits ehelich, keine Erlassung der Eheleute statt haben;
8. Die Nothzucht einer Jungfrau, Wittwe oder gemeinen Weibes, mit dem Schwerdte, einer Jungfrau unter zwölff Jahren mit Staupenschlag und ewiger Landes-Verweisung, eines wahnwitzigen und sinnlosen Weibs-Bildes, dergestalt, daß er der Beschlaffenen nach billiger Ermäßigung einen Unterhalt mache, und mit Staupenschlag verwiesen werde, bestrafft;
9. Eine ledige Manns-Person, so eine unberüchtigte Jungfrau oder Wittwe beschläfft, und sie nicht zur Ehe nehmen will, sie ihrem Stande und Herkommen nach dotiren und ausstatten, auch die von ihm erfolgte Leibes-Frucht mit Unterhalt versorgen, nach erlittener Gefängniß desselben Orts Gerichte verwiesen, sie aber mit zeitlicher Gefängniß gestrafft;
10. Gemeine Weiber in Städten, Dörffern u. Flecken, nicht geduldet, sondern wo sie in Unzucht betreten, daraus verwiesen, der ledige Mann, welcher solches geübet, mit Gefängniß gestrafft, heimlich in Unkeuschheit und bösem Verdacht lebende Weibs-Personen der Gerichte verwiesen, und der Mann beneben dem Wirthe, welcher solche Personen wissentlich beherberget, mit Gefängniß-Straffe beleget;
11. Der Ehemann, so sein Eheweib, oder die Eltern, so ihre Kinder, um Geld oder schändlichen Geniesses willen, jemanden Ehebruch oder Unzucht mit ihnen zu treiben nachsehen oder zulassen, mit dem Schwerdte, oder da es nicht um Geniesses willen geschehen, mit Staupenschlag und ewiger Landes-Verweisung gestrafft;
12. Andere ausserhalb der Ehe-Leute oder Eltern, so eine ehrliche oder ledige Person verkuppeln, nach Unterscheid, ob es umsonst oder Nutzes halben geschehen, willkührlich mit Gefängniß-Straffe, Landes-Verweisung gestrafft;
13. Das übermäßige Fressen und Vollsauffen, schandbare Reden und Ausgüssung grober garstiger Zoten, unerbare Nacht- und Lobe-Täntze, und andere verdächtige Zusammenkünffte, leichtfertige Kleider und Trachten [349] vermieden und bestrafft, und die Geld-Straffen abgeschafft werden.

Der fünffte Punct, von Copulation und Hochzeiten.

1. Soll der Pfarrer neue Eheleute, so sich melden, nebst ihren Eltern, Vormünden und nähesten Anverwandten, ob das Verlöbniß mit der Eltern oder Vormunden Wissen und Bewilligung geschehen, keines unter ihnen beyden hiervor sich mit einem andern ehelich verlobet, sie einander mit Bluts-Freundschafft oder Schwägerschafft, u. wie nahe verwandt, sie öffentlich in den Kirchen mit der Gemeine Gottes das hochwürdige Sacrament des Leibes und Blutes Christi empfangen, ihren Catechismus gelernet, befragen;
2. Wenn sie nicht in einer Stadt oder einem Dorffe wohnen, der Junggeselle von dem Pfarrer, in dessen Kirchspiel die Jungfrau wohnet, so ihm verlobet ist, ein Zeugniß nehmen an seinen Pfarrer, da er gebohren oder erzogen und sich daselbsten auch aufbieten lassen;
3. Die Personen, so sich in ehelichen Stand zu begeben bedacht, zuvor drey Sonntage nach einander öffentlich aufgeboten, und wenn keine Hinderniß befunden, alsdenn eingesegnet und zusammen gegeben;
4. Vor der Trauung kein Essen und Trincken aufgesetzt, sondern die Braut nüchtern und züchtig zur Kirchen geleitet;
5. Die Hochzeiten nicht auf den Sonntag oder andern Feyertagen, sondern auf den Werckel-Tagen in der Wochen, oder auf den Sonntagen oder andern heiligen Tagen eher nicht, denn nach der Vesper und gehaltenem Catechismo, angefangen;
6. Im Advent oder Fasten keine Hochzeiten und Wirthschafften gehalten, sondern auf eine andere Zeit geleget werden;
7. Die Copulirung und Zusammengebung oder Einsegnung der Braut und Bräutigams ausserhalb der Noth anders nicht, denn in der Kirchen, vor Christlicher Gemeine, geschehen;
8. Ehe-Sachen nicht von Pfarrern und Diaconis, sondern von Superintendenten verhöret, und da sie ihnen zu schwer, an das Consistorium gewiesen;
9. Fremde Leute, so nicht in die Pfarre gehörig, nicht copuliret;
10. Ehe-Sachen nicht von der weltlichen Obrigkeit verhöret, sondern den Superintendenten und Consistoriis heimgestellet werden;
11. Ein Wittwer zum wenigsten ein halbes, eine Wittwe aber ein gantzes Jahr ihre Trauer-Zeit halten, und vor Ausgang desselben sich nicht wieder verehlichen.