Zedler:Oeconomische Societät


Grosses vollständiges Universal-Lexicon Aller Wissenschafften und Künste
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Oeconomische Wörterbücher, Oeconomische Lexica

Band: 25 (1740), Spalte: 528–532. (Scan)

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Oeconomische Societät, Societas Oeconomica, ist eine von denen so genannten Gelehrten Gesellschaften in sofern unterschiedene Societät, daß sie nicht so wohl dasjenige untersuchet, was denen Gelehrten ein Vergnügen, als der Welt einen würcklichen Nutzen schaffet, und sich überhaupt [529] angelegen seyn lässet, die Haußhaltungs-Kunst zu verbessern. An einer solchen Gesellschafft fehlet es zwar noch zur Zeit; da sie aber von nicht geringem Vortheil, indem sie gantze Länder in Flor zu bringen geschickt ist: so wird es auch nichts unnützliches seyn, indessen ohngefehr zu entwerffen, wie eine solche Gesellschafft einzurichten wäre, und zwar nach derjenigen Vorschrifft, welche der vortreffliche Herr Julius Bernhard von Rohr in seiner Haußhaltungs-Bibliotheck p. 61 u. ff. mitgetheilet hat. Nemlich es müsten einige von denen Mitgliedern die Physic, Chymie, das Bergwerck und Metall-scheiden, einige die Mathematick und Mechanick, einige die Landes-Haußhaltung, andere aber das Commercien- Manufacturen- und Geld-Wesen verstehen und zum Nutzen des Landes diese Stücke zu verbessern suchen. Weil ein jeder nicht zu allen gleiche Lust und Geschicklichkeit haben würde, so erwählete sich ein jeder dasjenige zu treiben, dazu er die gröste Fähigkeit und Lust hätte. Die die Aufnahme des Bergwerck über sich nähmen, müsten im gantzen Lande herum reisen und untersuchen, an welchem Orte und auf was vor Art allerhand unterirdische Sachen, dahin alle Mineralien, Kalck, Thon, Stein-Gruben u. s. w. zu zählen, könnten gefunden, tractiret und zum Nutzen verwendet werden, ob nicht ein gewisser Thon zu Verfertigung allerhand schöne Gefäße zu finden, oder zu verbessern sey, ob nicht in einigen Flüssen Perlen und Wasch-Gold anzutreffen; wo Glaß- Salpeter- Schmeltzhütten u. s. w. anzulegen; ingleichen müsten auch diese die warmen Bäder und Gesundbrunnen recht genau erforschen und ihre Eigenschafften und Würckungen aufmercken, allerhand Cautelen aussinnen, wie denen Betrügereyen derer Bergleute zu entgehen, wie in Verwandelung einiger Metallen die Kunst die Natur nachahmen, wie die blaue Farbe, Indigo genannt, so aus fremden Ländern gebracht wird, auch bey uns verfertiget werden könnte, alle die Chymische Experimente, die von denen Gliedern, der gelehrten Gesellschafft erfunden worden, zu Oeconomischem Gebrauch anzuwenden seyn; auch könnten sie sich angelegen seyn lassen, die natürliche Historie des unterirrdischen Reichs, an welcher es uns noch gar sehr fehlet, genau und deutlich zu beschreiben. Diejenigen Mitglieder dieser Gesellschafft, welche die Mechanick und Mathematick gründlich innen hätten, müssen sich befleißigen, nicht allein allerhand Maschinen zum Nutzen des menschlichen Lebens auszusinnen, sondern auch die bereits erfundenen zu verbessern, oder zu anderwertigem und noch biß anhero unbekanntem Gebrauch anzuwenden. Sie müsten auf die Verbesserung derer Maschinen bey den Berg-Wercken bedacht seyn: Hieher gehöret, was der ehemahlige Witterbengische Profeßor, Georg Caspar Kirchmayer, in seinem Tractat: Hoffnung besserer Zeiten durch das edle Bergwerck, vorbringet: "Man lehret und lernet auf Universitäten unterschiedene Künste, Wissenschafften und Exercitien, bloß zu weiter nichts, als daß sie dereinst wieder vergessen werden; niemand aber wird neben andern darauf erhalten, wie man den Safft uud die Krafft aller Handlungen, nemlich Silber, Kupffer und ander Metall mit sinnreichen Maschinen wegen [530] derer häufig zufallenden Berg-Wasser, nachmahls in Feuer durch Schmeltzen seigern, rösten, u. s. w. mit leichteren und kürtzeren Handgriffen vor allen Dingen fein rathsam tractiren und gewinnen möge, woran die gemeine Wohlfahrt, zumahl in solchen Landen, wo Bergwercke im Flor sind, hauptsächlich gelegen." Diese müsten überall die nützlichen und mit Vortheil aufgerichteten Maschinen ansehen und abzeichnen, damit sie andere dergleichen angeben könnten, erst solche in kleinen versuchen, ehe sie selbige mit vielen Kosten gebraucheten, darbey mit allen berühmten Mechanickverständigen fleißig theils mündlichen theils schrifftlichen Umgang pflegen und sich bemühen, von allen den erfundenen Maschinen entweder die Modelle, oder doch die Riße zu überkommen, bey allerhand Künstlern und Handwerckern untersuchen, wo etwas zu verbessern oder zu erleichtern sey. Ingleichen könnten sie auch eine accurate Historie derer Künste und Profeßionen aufzeichnen, woran es uns noch fehlet, und darinnen beschreiben die Instrumente, die ein jeder Künstler oder Handwercks-Mann vonnöthen hat, die Materialia, die er verarbeitet, woher er solche bekömmt, wie viel ein jeder gewinnet, u. s. w. Es würde eine solche Nachricht denen Gelehrten gar nützlich seyn, und könnten sie hernach untersuchen, wo eines und das andere bey den Handwerckern zu verbessern wäre, wenn sie dergleichen Beschreibungen in Büchern antreffen könnten; denn so geben sich die wenigsten die Mühe, zu denen Künstlern und Handwerckern zu gehen, um sich deshalben von ihnen unterrichten zu lassen. Ja sie könnten auch ein recht accurates Theatrum Mechanicum verfertigen und darinnen alle Maschinen nach ihren Theile genau und deutlich beschreiben, auch wenn, und von wem, eine jede erfunden, wie sie verbessert worden, was zur Erfindung Gelegenheit gegeben u. s. w. und ihnen deutliche Riße beyfügen, so daß man durch das Anschauen der Figuren einen klaren und vollständigen Begriff von ihrer Structur überkommen könnte. Sie haben hierinnen schon einen vortrefflichen Vorgänger an dem berühmten Mechanico, Leupold, dessen Theatrum Machinarum bekannt genug ist. Einige von dieser Societät, die die Land-Oeconomie inne hätten, und dieselbe verbessern wolten, könnten sich angelegen seyn lassen, allerhand Arten fremder Pflantzen zu versuchen. Denn obwohl eine jede Provintz ihre besondere Natur und Eigenschafften hat, und ein Land nicht alles vorbringen kan; so ist doch nicht zu zweiffeln, daß von solchen Pflantzungen noch unterschiedenes in unserm Deutschland mit gutem Erfolg versuchet werden könne. Denn gleichwie wir eines und das andere jetzund bey uns erbauen, an dessen Wachsthum unsere Vorfahren vor ein paar hundert Jahren gäntzlich gezweiffelt hätten; also ist wohl gewiß, daß unsere Nachkommen manches auf unserm Deutschen Boden zeugen werden, welches wir uns itzund zu pflantzen nicht trauen würden. Ein Exempel können uns nebst andern fremden Pflantzen hiervon geben, die Americanische Aloe, die Maulbeer-Bäume und der Toback, davon unser Deutschland vor ein anderthalb hundert Jahren nichts gewußt hat, jetzund aber an vielen Orten gar glücklich fortkommen. Siehe hiervon [531] Oesterreich über alles, wenn es nur will, p. 60. Marpergers neueröffnetes Manufacturen-Haus; Bechers Politischen Discours von Ursachen des Auff- und Abnehmens der Länder und Städte. Das dritte Capitel des Herrn Marpergers Geographisch-Mercatorischer Beschreibung von Preussen; Bechers weise Narrheit und närrische Weißheit p. 6. Diese könnten die Gelegenheit des Grundes und Bodens der gantzen Welt oder des gantzen Landes erforschen, und Sorge tragen, daß nicht ein Fleckgen einer Elle groß unangebauet liegen bliebe. Siehe Oesterreich über alles, wenn es nur will, p. 29. und das andere Capitel der ersten Probe des Herrn Cammer-Rath Leibs. Sie müsten sich mit allen den curieusen und fleißigen Gärtnern des Landes bekannt machen, ihnen mit allerhand merckwürdigen Bemerckungen und Theorien an die Hand gehen, und hinwiederum von ihnen eine und andere Anmerckung, so sie bey ihrer Ubung gefunden, erlernen, unterschiedene Oeconomische Versuche, dergleichen Baco de Verulamio, und andere, aufbehalten, probiren, und ihre Würckungen aufzeichnen, untersuchen, wo Stuttereyen, Hopff-Gärten, Weinberge, Vorwerge anzulegen, wie das Holtz erspahret, der Ackerbau cultiviret, das Bierbrauen an diesem oder jenem Orte des Landes in bessern Stand gesetzet werden und unterschiedene angenehme und gesunde Biere, die man von fremden Orten einführet, in dem Lande selbst gebrauet werden könnten, wie die Ströme schiffreich zu machen, und zu räumen, nützliche und bequeme Mittel bey denen Vieh-Seuchen entweder zu deren Curirung oder Präservirung anzuwenden, bey denen Weinen einige Kunst-Stücke anzubringen, dadurch sie entweder verbessert, oder doch in ihrem Stande erhalten würden. In Summa sie könnten in der Haushaltungs-Kunst manches entdecken, welches bißhero noch die wenigsten gethan, indem die meisten nur bey ihrem alten Schlendrian bleiben, wie sie es von ihren Vätern und Groß-Vätern gesehen. Ja es schickte sich auch vor diese Mitglieder der Societät gar wohl, wenn sie einen recht vollständigen Cursum Oeconomicum aufsetzten, als woran es uns noch bißhero, der vielen Haushaltungs-Bücher ungeachtet, gefehlet; etliche von dieser Societät wüsten besorgt seyn, wie das Commercien-Wesen und die Manufacturen des Landes besser zu reguliren, die Betrügereyen, die im Handel und Wandel vorkommen, zu entdecken, die Materialien nicht roh und unverarbeitet, sondern zugerichtet aus dem Lande zu verführen, wo allerhand geschickte Künstler anzutreffen, die man in das Land ziehen solte. Sie könnten in Commercien- und Manufacturen-Sachen Bedencken verfertigen und an einem vollständigen Commercien-Lexico arbeiten, darinnen alle sowohl in dem Lande fabricirte, als herein geführte Waaren, richtig auffgezeichnet stünden, nebst dem Preise, Merckzeichen der Güte und der Fehler, nebst andern hierbey zu wissen nöthigen Materien, ingleichen auch untersuchen, wo Manufacturen, Zucht- und Rasp-Häuser zu erbauen, und was in Post- Zoll- Credit- Geld- Banco Lotterie-Sachen ersprießliches und zum Nutz des [532] Landes gehöriges anzurichten sey. Sie könnten auch auf die Verbesserung der gewöhnlichen Abgaben bedacht seyn, und untersuchen, wie die Steuern und Gaben am billigsten und nach Proportion eines jedweden Vermögens anzulegen, die Unterschleiffe darbey zu verhüten und dieses alles der Untersuchung des Landes-Herrn anheim stellen. Die Mitglieder von dieser Oeconomischen Societät könnten die Erfindungen derer übrigen Societäten, die sie in der Natur-Wissenschafft und der Mathematic hervor gebracht, vor sich nehmen, und suchen, wie sie dieselben auf die Oeconomie appliciren möchten. Se könnten zwar alle Jahre gewisse Nova Oeconomica nach der Art der andern Gesellschafften drucken lassen, doch allezeit erstlich solche einem hohen Collegio zur Censur übergeben, damit der Landes-Herr dasjenige, so er gebeim gehalten wissen wolte, zu seiner Nachricht könnte zurück behalten. Es wären auch in dem gedruckten Wercke allezeit die Namen derer Glieder einem jeden Vorschlag, Bedencken, Erfindung u. s. w. vorzusetzen, wie in denen M. scellaneis Berolinensibus, theils, daß sie hierdurch angetrieben würden, ihren Fleiß und Geschicklichkeit der Welt vor die Augen zu stellen, theils auch, daß der Landes-Herr und die gelehrte Welt erfahren möchte, welche vor andern sich an Emsigkeit und Adresse hervor thäten. Die sich sonderlich signalisirten, müsten nebst ihrer gewöhnlichen Besoldung beschencket, damit andere hierdurch aufgemuntert würden, die Unfleißigen aber ausgestossen, und andere an deren Stelle angenommen werden. Bey ihren Vorschlägen, Bedencken und Projecten, müsten sie allezeit die Unkosten angeben, die zur Errichtung eines gewissen Werckes nothwendig erfordert würden, auch ihre Gründe beyfügen, warum sie aus gewissen Ursachen eine gewisse Würckung entweder vor höchst gewiß, oder doch vor sehr wahrscheinlich hielten. Wie starck die Anzahl dieser Mitglieder der Societät, oder ihre Besoldung und andere speciellen Umstände mehr seyn könnten, ist nicht so genau zu bestimmen, sondern dieses kommt auf die Beschaffenheit des Hofes, des Landes, die Art ihrer Verrichtungen und andere Dinge mehr an. Indessen ist gewiß, daß eine solche Gesellschafft einem Fürsten und dem gantzen Lande sonderbaren Nutzen schaffen könne.