Zedler:Moscowitische Handlung

Grosses vollständiges Universal-Lexicon Aller Wissenschafften und Künste
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Moscowitische Kauffleute

Band: 21 (1739), Spalte: 1831–1833. (Scan)

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Moscowitische Handlung, bestehet hauptsächlich in dem kostbaren Peltzwerck von Zobeln, Hermelin, Iltis, Marder, schwartz und weissen Bären, wilden Katzen, schönen Füchsen, wovon sonderlich die schwartzen Creutz-Füchse am seltsamsten sind, wie denn hundert und wohl mehr Thaler vor ein Stück bezahlet werden. Ingleichen hält man das köstliche graue Peltzwerck, welches Sommer und Winter einerley Farbe behält, ebenfalls sehr hoch. Es wird in einem Gehöltze, Heetkoywollot genannt, bey der Stadt Tumeen, und an denen Ufern des Bachs Kasunka, der bey dem Flecken Samoroskoijam vorbey und in den Oby fließt, gefangen, und ist bey hoher Straffe verboten, selbiges denen Kauffleuten zu verhandeln, sondern es muß an die Czaarische Cammer geliefert werden. Unter die vornehmsten Stücke der Moscowitischen Handlung ist auch der Juchten zu rechnen, welchen die Russen mit einem besondern Hand-Griff zu bereiten wissen, daß ihn andere Nationen entweder nicht so gut, oder doch nicht in solchem Preiße zurichten können. Die Jaroslauischen, Castromischen und Pleskauischen sind die besten, haben den besten Geruch und Farbe, und sind am geschmeidigsten. Ferner liefert Pleskow Wachs, Jeroslaw Talch oder Unschlitt, Volsko Cavear, Thran und Lein, Smolensko, Dorogobusa und Viasma Hanff von sonderlicher Güte. In Carelen bey der Dwine findet sich häuffig Marien-Glas, welches alles gegen andere Waaren umgesetzt wird. So handeln auch die Russen mit einer Art Elffenbein, welches weisser und glätter als dasjenige, so aus Indien kömmt. Es solches von einem auf der Erde und im Wasser lebenden Thiere, so man Behemoth nennet, und gemeiniglich in dem Fluß Lena oder an denen Ufern des Tartarischen Meeres angetroffen wird. Die Persianer und Türcken kauffen sonderlich dieses Bein, und halten einen Säbel oder Dolch mit einem dergleichen Hefft weit höher, als ein gantz silbern Gefässe. So bringet man auch aus Moscau Castor-Felle, die zu Verfertigung derer Hüte gebraucht, auch auf besondere Art zubereitet werden. Nicht weniger wird eine grosse Qvantität Asche ausgeführet, woraus man die schwartze Seiffe verfertiget. Ferner giebt Rußland gute Mast-Bäume zu Schiffen, welche breiter als die Norwegischen sind, ingleichen [1832] Pech, Theer, wiewol solches theurer ais in andern Ländern ist; bisweilen wird auch Korn nach Holland geladen, anderer geringer Waaren zu geschweigen, die in auswärtige Länder geführet werden. Die Waaren und Manufacturen, welche man aus andern Ländern nach Moscau bringet, sind: Wein, Saltz, Zucker, Syrup, trockene und eingemachte Früchte, allerhand Gewürtze, Toback, Papier, gemeine und feine Holländische und Englische Tücher, Leinewand, Barchent, Gewehr, Holländischen, Meyländischen, Nürnberger und Hamburger Gold- und Silber-Drat, allerhand goldene, silberne, seidene Wollen, Eisen- und Meßing-Manufacturen, insonderheit meßingene und kupfferne Kessel, Nürnberger Waaren, viel Augspurger Silber-Arbeit, künstliche Sack-Uhren, Indigo und andere Farb-Waaren, Zinn, Italiänische Taffent und Damast, Spiel-Karten, gemein Glas, Spiegel-Glaß, Orgel-Werck und allerhand andere Kunst-Stücke, dergleichen hin und wieder im Römischen Reich gemacht werden. Uber dieses nehmen die Moscowiter von denen Persianischen, Armenischen, Türckischen und Chinesischen Kauffleuten die feinste Seide, Cattun, Damast, Perlen, Orientalische Steine und andere Kostbarkeiten, woraus sie grossen Vortheil ziehen, indem alle diese Waaren, ausser denen Chinesischen, zu Wasser nach Moscau kommen und aus der ersten Hand sehr wohlfeil zu haben sind. Den Handel mit ermeldter Nation haben zuerst die Engeländer unter Regierung Eduard VI. zu Zeiten Johann Basilewitz, des Rußischen Regenten, im Jahr 1553 im Monat May angefangen, als unvermuthet ein Kauffarthey-Schiff unter dem Capitain Richard Chancelier an der Abtey St. Nicolas bey Archangel anlandete, worauf der damalige Czaar denen Engeländern grosse Freyheiten ertheilte, und sie insonderheit von alen Imposten befreyete, wiewol ihnen hernach diese Vortheile wieder eingezogen worden, und sie denen andern Nationen gleich gehalten werden. Ehemals geschahe der gröste Handel mit denen Rußischen Waaren zu Reval, nach der Zeit aber zu Archangel, wo jährlich ein grosser Marckt gehalten wird, welcher sich den 21 Aug. anfängt, und mit dem letzten Tage erwähnten Monats schliest. Die meiste Verkehrung bestehet in Barattiren oder Vertauschen einer Waare gegen die andere, so daß offt Waare gegen Waare, offt ein Theil Geld zugegeben, offt auch das, was man von denen Russen kaufft, baar, was man hingegen an sie verkaufft, auf Zeit gestellet wird. Das Gewichte in Rußland anlangend, so hat ein Packen 30 Puden. Eine Pude 40 Pfund oder Funta. Diese machen in Hamburg ohngefehr 331/2 Pfund; massen es 20 pro Centrum differiret. Ein Pfund oder Funta hat 96 Sollotnich. Berchowitz ist so viel als ein Schiff-Pfund, wornach die groben Waaren, insonderheit Pottasche verkaufft wird, beträgt in Franckreich 325 Pfund, thut in Moscau 10 Pude, oder 400 Pfund Russich Gewichte. Zur Zeit des grossen Aufruhrs in Moscau An. 1648 ward unter andern auch eine eiserne Elle mit einem Adler gestempelt, eingeführet, welche jeder Hauß-Vater, der sich einer [1833] Elle bedienen wolte, um einen Reichsthaler bezahlen muste, so vieles Geld einbrachte, wiewol besagtes Ellen-Monopolium bald darauf wieder abgeschafft worden. Wegen des Müntz-Wesens siehe den Artickel Müntze (Rußische.) Von Hamburg wird nach Archangel, zurück aber wenig gewechselt, hingegen ist jährlich im Monat Septemb. grosser Marckt zu Archangel, da man wechselt, und in Hamburg 1 Reichsthaler di Banco gegen 50 und mehr Copecken, in Archangel hinwieder zu empfangen, bezahlet. Wenn der letzte Ort in solchem Marckt auf Hamburg remittiren oder trassiren will, werden die Brieffe in Rubeln á 6 Marck, weniger oder mehr, in Hamburg in Banco vor der Schliessung ultimo Decembris zu entrichten, gestellet. Auf Amsterdam wird von Archangel á 96 Stüber pro Rubel in Courant-Geld zu zahlen gewechselt. Im übrigen ist auch noch zu gedencken, daß Peter I. alle Handlung nach Petersburg zu ziehen gesucht, womit jedoch die auswätigen Nationen nicht wohl zufrieden gewesen. Eine vollständige Nachricht von der Moscowitischen Handlung findet man in Marpergers Moscowitischen Kauffmann, Lübeck 1733 in 8.