Grosses vollständiges Universal-Lexicon Aller Wissenschafften und Künste
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Erhärtung, Occalescentia

Band: 8 (1734), Spalte: 1621–1623. (Scan)

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Erhärtung, wird in der Physic die Veränderung genennet, die man mit einem Cörper vornimmt, wenn man ihn aus einem Zustande, darinnen er sich hat leicht zusammen drucken, oder seine Theile von einander scheiden lassen, das ist, da er weich gewesen ist, in einen Zustand versetzet, darinnen er mehr Wiederstand leistet, wenn man ihn zusammen drucken oder zerreissen will, in welchem Zustande er alsdenn harte genennet wird. Die Rede ist hier von festen Cörpern, und ist die Erhärtung nichts anders, als die Communication eines grössern Grades der Festigkeit und Firmation; bey denen flüßigen Materien fleget man diese notation nicht anzuwenden, ungeachtet einige sich zusammen drucken lassen, und währen der Zusammendrückung Vermöge ihrer elastischen Krafft einen grössern Wiederstand leisten, keines Weges aber sich in einem solchen Zustande figiren lassen; denn wenn die Fixation bey ihnen Stat findet, so werden sie alsdenn zu festen Cörpern. Die vornehmste Ursache dieser Veränderung ist die Cohaesion derer Theile eines Cörpers, als ein allgemeines Principium, die durch gewisse Umstände und andere dazukommende Dinge befördert wird. Es geschiehet aber die Erhärtung auf verschiede Art: 1) durch die Wärme, 2) durch die Kälte, 3) durch eine Zusammendrückung derer Theile eines Cörpers, 4) durch eine jählinge Veränderung in der Spannung seiner Theile, 5) durch die Hinzuthuung mehrerer eigenthümlicher Materie, 6) durch die Concretion. Durch die Wärme wird ein Cörper erhärtet, wenn die veränderliche und fremde Materie, z. E. das Wasser und andere Materien, so einer gnugsamen Cohaesion derer Theile entgegen gestanden, durch die Wärme von ihm abgesondert, folglich die Cohaesion befördert und der Cörper harte gemacht wird. Nasse Erde und Thon ist weich, durch die Wärme derer Sonnen-Strahlen oder eines andern Feuers, wird solche ausgetrocknet und harte gemacht. Ein Exempel finden wir an der Verfertigung derer Back-Ziegel, die man durch die Gewalt des Feuers im Ziegel-Ofen abhärtet; wiewohl nicht bloß eine Austrocknung, solchern vielmehr der Starcke Grad der Spannung, darein durch das Feuer die thonigte Erde, nachdem zuvor die fremde Materie abgesondert worden, gesetzet wird, Ursache an der starcken Erhättung ist. Die Kälte kann auf verschiedene Art bey der Erhärtung eines Cörpers concurriren. Kälte und Wärme sind einander entgegen gesetzte Dinge; was diese hervorbringet, wird durch jene wieder vernichtet. Wir wissen, daß die Wärme einige Cörper weich und flüßig mache; so bald aber ihnen dieser Grad der Wärme wieder entgehet, fangen dieselben Cörper wieder an fest und harte zu werden. Die Metalle können durch das Feuer in Fluß gebracht werden, consistiren aber bald wieder, [1622]wenn sie etwas erkalten. Das Wachs ist in der Wärme weich, in der Kälte hart; das Wasser, welches in einer geringen Wärme flüssend, wird durch eine strenge Kälte hart und zu Eiß; siehe Eiß. Die Wärme destruiret nemlich die Cohaesion derer Theile eines Cörpers, und ie grösser diese ist, ie eine grössere Destruction erfolget. Wenn man einen Cörper in einem gewissen Grad der Wärme betrachtet, hernachmahls ihn in einem geringern Grad befindet, so saget man, der Cörper sey erkaltet. In dem erstern Falle ist wegen einer grössern Wärme die Destruction der Cohaesion grösser, als in dem andern; folglich cohaeriren die Theile in dem letztern Falle stärcker, als in dem erstern, und ist der Cörper demnach hierdurch härter worden. Zuweilen wird ein Cörper durch die Kälte harte, wenn die in ihm befindliche fremde Materie, die ihn zuvor weich gemacht, harte wird. Z. E. Rüben, Aepfel, Birnen etc. machtt der Safft weich, der in ihnen ist, und die festen Theile dererselben durchflüsset. Dieser Safft hat wie das Wasser seine Flüßigkeit von der Wärme; indem, wenn ihm die Wärme entgehet, er gefrieret. Da nun das Eiß davon harte ist, welches die zwischem Räumlein derer festen Theile des gefrornen Cörpers erfüllet, so können auch diese Cörper nicht nachgeben, wenn sie gedruckt werden, und solchergestallt sind sie harte. Auf gleiche Weise wird der Erd-Boden im strengen Winter harte, der im Herbste von dem Regen war erweichet worden, wenn das in denen zwischer-Räumleinen der Erde befindliche Wasser gefrieret. Ebenso findet man im gemeinen Leben, daß die weiche Wäsche gantz hatte wird, wenn sie naß ist und gefrieret. Es giebet einige Cörper, welche weich sind, die man dadurch nicht erhärten kann, wenn man ihnen die fremde Materie durch die Wärme oder auf eine andere Art benimmt; wohl aber, wenn man sie starck zusammendrucket. Dergleichen Cörper sind die Wolle, Federn, Haare, und andere elastische Cörper von dieser Art. Wenn man solche drucket, geben sie leicht nach, und deswegen nennet man sie weich. Fähret man mit drucken fort, werden ihre Theile näher zusammengebracht, biß sie endlich so dichte beysammen sind, daß sie nicht mehr nachgeben, wenn man sie drucket, und in diesem Zustande pfleget man sie harte zu nennen. Auf folgende Weise wird das weiche Leder harte, wenn man es mit Gewalt zusammen presset; ingleichen die Zeuge und Leinwand, wenn solche dichte gewebet sind. Ein von Wolle fest zusammen gewundener Ball zeiget seine Härte; und ein fest-ausgespannter Strick ist härter, als wenn er schlaff. Durch die Veränderung der Spannung derer Theile eines Cörpers, wird derselbe harte, wenn man dessen Theile in einen grössern Grad der Spannung setzet, als sie zuvor gehabt. Wir wissen, daß, wenn man glüendes Eisen jähling in kaltes Wasser stecket, es weit härter werde, als es zuvor gewesen. Die Erzeugung derer Glaß-Tropfen, die man Lacrymas vitreas nennet, bezeuget solches gleichfalls; denn es werden diese gemacht, indem man einen Tropfen gescholtzen Glaß in kaltes Wasser fallen läst, da er eine überaus grosse Härte bekommt. Die Wärme eines Cörpers bestehet in einer Vibration seiner Theile, welche nach verschiedenem Grade der Wärme verschieden ist; diese Vibrationes geben eine Spannung derer Theile des Cörpers zu erkennen. Wenn nun durch das Eintauchen des glüenden Eisens ins kalte Wasser, die Action der Wärme jähling gehindert wird, so bleiben die Theile in ihrer Spannung, darinnen sie sich befanden, als sie ihre Vibrationes noch fortsetzen wollten, und werden also [1623]harte, da sie hierdurch einen grössern Grad der Spannung erhalten; als welcher von der jählingen Abwechselung der Kälte und Wärme herrühret, da die Theile durch die Wärme dergestallt gespannet waren, Vibrationes zu ediren; in diesem Grade der Spannung hingegen figiret wurden, als durch das kalte Wasser die Vibrationes gehemmet worden sind, siehe Erwärmung. Die Sache ist aus der Erfahrung klar, denn wenn man das solchergestalt gehärtete Eisen wiederum abglüet, und nach und nach erkalten läst, erhält es bey weiten nicht den Grad der Härte, den es zuvor gehabt. Es wird ferner ein Cörper harte, wenn man verschaffet, daß er mehr Zusatz von seiner eigenthümlichen Materie bekomme, damit die Menge der fremden Materie, so die Cohaesion seiner Theile verringert, und ihn weich gemacht hat, in Ansehung der gantzen Masse in einem geringern Theil zugegen sey, und folglich die Cohaesion nicht so starck vermindern könne. Wir haben ein Exempel an dem Teige, der aus Mehl und Wasser zubereitet wird. Dieser ist flüßig von überflüßigen Wasser; weich von wenigen. Wenn man mehr Mehl hinein würcket, welches seine beständige Materie ist, so wird er dadurch derber, und lässet sich auf eine solche Weise so harte machen, als man will. Und dieses findet auch in andern Fällen Stat. Z. E. Ziegelstreicher und Töpfer richten auf solche Weise ihre Erde zu, biß sie solche zu ihrem Wercke hart genug befinden, und ind er Bau-Kunst macht man eine nmorastigen Boden mit Ausfüllung einer trocknen Materie feste. Zu der Art einer Erhärtung kann man auch die Concretiones von allerhand Arten rechnen, als welche zu ihrer Ursache ebenfalls die vermehrte Cohaesion derer Theile habe. Solcher gestalt gehören hierher die Crystalli, so nach Solution derer Saltze erwachsen; die Sublimata in Sales vel flores; die glebae metallicae, welche aus denen Dünsten erzeuget werden, die bey gewissen Witterungen aus denen Tieffen der Erden aufsteigen, sich an denen Klüfften anhangen, und daselbst mit andern Theilen concresciren; die Tophi, welche die mineralischen Wasser um die Sohlen anlegen; die Inspissata derer Oele in Honig, Seiffe, Wachs; die Inspissata derer eingegossenen und abgekochten Säffte, in Honig, Gallerte, oder Rob; die Reguli; die Concreta in scorias; die Vitrificata; coagula von allerhand Art; und so ferner. Das Obpositum von der Erhärtung ist die Erweichung, unter welchem Titel man Nachricht hiervon finden wird.