Grosses vollständiges Universal-Lexicon Aller Wissenschafften und Künste
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Comoedus, (Geminus)

Band: 6 (1733), Spalte: 851–854. (Scan)

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Comoedia, hat den Namen von Κώμη, vicus, weil die Bauren am ersten auf den Dörffern dergleichen Lust-Spiele gehalten haben, und ὠδὴ, oder von κῶμος, comessatio, weil sie sich nach vollbrachtem Spiele mit Essen und Trincken lustig zu machen pflegten; Wer aber der erste Erfinder der Comoedien sey, ist sehr ungewiß, die meisten schreiben den Ruhm der Erfindung denen Sicilianischen Bauren zu, denn Κώμη hieß bey den Siculis vicus, da hingegen die Athenienser sonst vicum δῆμον nenneten, so war auch das Wort Drama von δϱάειν, contracte δϱᾶν, bey den Sicilianern gebräuchlich, da die Athenienser davor πόιημα, von ποιέω sagten.

Bey diesen waren nun die ersten Urheber der Coemoedien Phormus und Epicharmus, davon jener an dem Hofe des Gelonis, des Königes zu Syracus, dieser bey den Megarensern lebete, welche beyde die alte grobe Bauren-Art, andere mit Railleriren und stachlichten Worten durchzuziehen, etwas verbesserten und politer machten, doch waren auch ihre Coemoedien anders beschaffen, als in den folgenden Zeiten, denn sie bestunden nur aus einem Carmine, welches der Chor bald stehend, bald tantzend mit einem Pfeiffer absunge, nachgehends zoge man zwar einige darzu, welche dem singenden Chore antworteten, nebst unterschiedenen Histrionibus, doch blieb auch diese Form von der nachfolgenden in vielen Stücken unterschieden.

Bey den Atheniensern führte diese Coemoedie am ersten ein Cratinus, welchem Eupolis folgete, doch also, daß dieser den Chor ausmusterte, die Personen einführete, das Spiel in gewisse Actus eintheilete, und also dem Cratino der vornehmste Erfinder derjenigen Coemoedie war, welche zum Unterscheid [852] Coemoediae mediae und nouae vetus genennet werden. Bulenger de Theatr. I. 2. seqq. Scaliger Poet. I. 5. Vossius de Inst. Poet. II. 22. §. 3. Gyrald. Dial. de Poet. VI. p. 329.

Diese gebrauchte eine grosse Freyheit und Licenz, nicht allein die Laster, sondern auch die lasterhafften Personen mit Namen durchzuziehen, und dem unbändigen Volcke eine Gefälligkeit und Beschimpfung anderer Leute öffters auch ansehnlicher und unschuldiger Männer zu erweisen, wie aus dem Exempel des Aristophanis, der der berühmteste Poët zu dieser Zeit gewesen, und dessen schlimmer Conduite gegen den Socratem zu hellen Tage lieget.

Allein diesen Unordnungen wurde bald gesteuret, denn als Eupolis eine Comoedie unter dem Namen Βαπτὴς spielete, und darinnen den Alcibiadem mit Namen eingeführet, und dem Volcke verächtlich gemacht hatte, ließ Alcibiades diesen Poëten gefangen nehmen, und ins Wasser werfen, gab auch zugleich den ausdrücklichen Befehl, daß kein Poët sich weiter unterstehen solte, jemanden bey seinem rechten Namen in der Comoedie zu nennen, oder redend einzuführen.

Dahero sich Aristophanes bequemen muste, an statt der bisher üblichen Art Comoedien zu schreiben, eine neue zu erdencken, die zum Unterscheid der übrigen Comoedia media hieß, welche aber von der ersten nicht weiter unterschieden war, als daß an statt der wahren und rechten Namen erdichtete und unverständliche gebrauchet worden, doch waren darinnen beyde Comoedien gleich, daß die Poëten in beyden nur eine Person, und derselben Aufführung anstachen und durchzogen, bis Menander die Comoediam nouam ausdachte, in welcher niemand ins besondere bestrafft, und zugleich erdichtete Namen und Personen eingeführet wurden, und von dieser Art sind die Comoedien des Plauti und Terentii, in welchen, wie bekannt, die gemeinen Laster, als die Betrügereyen der Knechte, der Geitz der alten Leute, die Verwegenheit der Huren, und dergleichen, mit verdeckten Namen vorgestellet werden.

Diese Comoedien machte in Rom der Andronicus Liuius A. V. 513. am ersten bekannt, nachdem er auch die Tragoedien am ersten auf dem Römischen Theatro aufgeführet hatte. Es waren zwar bereits vor Liuii Zeiten gewisse Schauspiele in Rom üblich, welche denen Comoedien in etwas ähnlich sahen, da die vornehmen Jünglinge viele Possen rissen, ein Gelächter zu erwecken, und mit schertzhafften und beißigen Versen einander raillirten, welche nicht grob und unfläthig, sondern mit scharffsinnigen, und wohl ausgesonnenen Schertz-Reden gewürtzet waren. Weil diese Spiele den Oscis und Volscis ihren Ursprung zuschrieben, so wurden die in selbigen abgesungenen Verse fescennini genennet, von Fescennio einer Sabinischen Stadt, das Spiel selbst hieß auch Fabula Atellana von Atella, einer bekannten Stadt der Oscier, und daurete diese Fabula sehr lange, so gar noch unter den Kaysern, da sie vornemlich bey Hochzeiten denen Anwesenden zu Lust gehalten wurden.

Es distinguirte sich diese Atellana von der Griechischen Satyra, und den Lateinischen Mimo in vielen Stücken denn in der Satyra gebrauchten die Griechen die Trachten, Namen und Geberden der Satyrorum, die Atellani aber nahmen den Habit, und die Sitten der Oscier an; die Mimi waren in den gebrauchten Schertz-Reden grob und ungehobelt, die Atellani aber etwas höfflicher und sittsamer; jene gebrauchten die übliche Römische Sprache, [853] diese blieben gerne bey der alten Rede der Oscier, Mimus wurde nur von einer, die Atellana von vielen Personen gehalten, bey jenen war keine Music, die man doch bey dieser sowohl mit singen, als pfeiffen gebrauchete. Jene bestund nur aus einer Handlung, die eine Person ohne Unterbrechung bis zu Ende her recitirete, diese aus 5. Actibus, welche mehrentheils mit angenehmen Exodiis untermenget wurden, siehe Atella Tom. II. p. 2001. Bulenger l. c. Gyrald l. c.

Die also eingerichteten Comoedien wurden eingetheilet in palliatas und togatas, deren jene von einer in Griechenland vorgefallenen Materie handelte, und dem Inhalt zu Folge auch eine Griechische Scene aufführete, das ist, Griechische Kleider, Trachten, Moden und Gewohnheiten gebrauchete. Gyrald l. c. p. 328. Vossius l. c. II. 7. §. 2. Scaliger l. c. In den togatis hingegen waren die Historiones mit Römischen Kleidern, deren vornehmstes Toga, bekleidet, oder wie Diomedes III. p. 487. redet: Scriptae sunt Comoediae togatae secundum habitus & ritus hominum togatarum i. e. romanorum. Diese togata wird entweder in einem weitläufftigen Verstande genommen, und, da sie die Comoedias praetextatas, togatas trabeatas und planipedias, wie auch tabernarias und Atellanas unter sich begreiffet, oder in engern, alwo sie denen obigen Arten entgegen gesetzet, und auf beschriebene Weise verstanden wird, von einem Schauspiele, welches dem gemeinen Manne zu Gefallen von einer geringen und gemeinen Materie gehalten wurde. Vossius, Scaliger, Gyrald II. cc. Cuper Obseru. l. 10. Ferrarius de Re Vest. II. 4. §. 1.

Praetextatae hingegen führeten ein wichtiger Argument aus, und handelten meistens von den alten Geschichten grosser Herren in Rom, und von andern in Friedens- und Krieges-Zeiten vorgefallenen Denckwürdigkeiten, wie denn vielleicht daher der Name entsprungen seyn mag, denn die in selbigen aufgeführte Personen waren mehrentheils Magistratus, und trugen folglich Praetextas. So pflegten auch aus dieser Ursache die Praetextatae ernsthaffter, gravitaetischer und mit wenigern unflätigen Zoten, und leichtsinnigen Reden angefüllet zu seyn, als die togatae. Ferretus Mus. Lapid. III. 42. Vossius l. c. §. 4. Gyrald l. c. p. 329. Scaliger l. c. Ferrarius l. c.

Trabeatae, welche der Cajus Melissus erfunden haben soll, sind vermuthlich von den übrigen nicht weiter, als in gewissen Aufzügen der Kleider unterschieden gewesen, denn einige der agirenden Personen, welche Könige in der Comoedie praesentiren solten, bekleideten sich mit Trabeis, welches sonst die Tracht der triumphirenden, und der Römischen Ritterschafft, in solenni illa transuectione gewesen. Cuper. l. c. Vossius l. c. Ferrarius l. c.

Tabernatiae waren, worinnen der Poët gemeine Leute, Handwercker, Tagelöhner, Lehrjungen, Knechte, Mägde und dergleichen in tabernis wohnendes Gesindel, redend einführete, und dabey einen gemeinen und populairen Stylum gebrauchete, dergleichen Comoedias der Afranius und Ennius vornemlich geschrieben haben. Gyrald. Scaliger. Ferrarius & Cuper ll. cc.

Planipedias beschreibet der Diomedes l. c. p. 487. also: Planipes Craece dictus mimus, ideo a. latine planipes, quia actores planis pedibus i. e. nudis proscennium introirent: non, vt tragici actores cum cothurnis, neque vt Comici cum soccis sive quod olim non in suggestu scenae, [854] sed in plano orchestrae positis instrumentis mimicis actitabant.

Endlich ist nicht zu vergessen, daß einige Comoediae statariae, andere motoriae, noch andere mixtae sind genennet worden, in den statariis gieng es still, friedfertig und geruhig ohne vielen Getümmel zu, dergleichen sind die Hecyra und Asinaria des Plauti und Terentii; in den motoriis sahe man eine hefftige Bewegung, starckes Getümmel, viele Unruhe, und eine turbulente Verwirrung, wie aus dem Exempel des Amphitryonis beym Plauto erhellet; mixtae hiessen, da es bald ordentlich und still, bald unruhig und verwirrt zugienge, wie in dem Eunucho des Terentii. Ferretus, Scaliger & Gyrald. l. c.