Textdaten
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Titel: Wislicenus’ Bibel
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aus: Die Gartenlaube, Heft 46, S. 736
Herausgeber: Ernst Keil
Auflage:
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Erscheinungsdatum: 1864
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
siehe auch Wislicenus’ Bibel (Die Gartenlaube 1865/9)
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[736] Wislicenus’ Bibel. Ueber dieses nunmehr complet erschienene Werk ging dem Verleger vor einigen Tagen folgendes treffende Urtheil eines bekannten Schriftstellers zu: „– – Kaum beschreiben kann ich die Ueberraschung, die es mir bereitete, als ich so Vieles, was mir schon vor langen Jahren in der biblischen Geschichte auffällig gewesen, in diesem Werke offen besprochen und in eben so klarer wie würdiger Weise zu einer Lösung gebracht sah, die sich bald augenscheinlich als Wahrheit herausstellt, bald mindestens das Gepräge der höchsten Wahrscheinlichkeit trägt. Wen es befremdet hat, daß verschiedene bisher erschienene Lebensbeschreibungen Jesu noch keinen gründlicheren Umschwung in der Meinung der Gebildeten über diesen Gegenstand hervorgebracht haben, der erkennt aus diesem Werke, wie viel an den herkömmlichen Vorstellungen über die ganze übrige biblische Geschichte, namentlich des Alten Testaments, und über die Entstehung der biblischen Bücher berichtigt werden mußte, ehe man an den Inhalt der neutestamentlichen Geschichte überhaupt mit dem rechten Verständnisse herantritt und für eine andere Anschauung empfänglich wird. Nach Lesung eines so scharfsinnig und ohne alle Befangenheit geschriebenen Buchs, dessen Verfasser nirgends die Folgerungen aus dem einmal für wahr Erkannten scheut oder sich vor der Tragweite seiner eigenen Erkenntniß fürchtet, ist es mir aber auch begreiflich geworden, warum jener im Anfang unseres Jahrhunderts beliebte Vernunftglaube keinen nachhaltigen Sieg erringen konnte. Wohl bekämpfte er viel Hergebrachtes, ließ aber dabei so viel mit seinem eigenen Geiste Unverträgliches stehen, daß hieraus Bollwerke für die Gegner wurden, von denen aus sie die neue Lehre bald mit den Waffen des Spotts, bald selbst in ernster Weise anzugreifen vermochten. Wislicenus kennt solche Halbheit nicht; er tritt den früher beliebten natürlichen Erklärungen der Wunder und den Versuchen, Widersprüche zu vereinigen, die sich nun einmal nicht vereinigen lassen, eben so entschieden entgegen, wie dem Glauben an die Wunder selbst und an übernatürliche Eingebung des Bibelworts; darum ist aber auch sein Werk eine feste Schlachtlinie, die sich nicht mit einigen hergebrachten Redensarten durchbrechen läßt. Sein Hauptverdienst scheint mir darin zu bestehen, daß er, obwohl ursprünglich durch Philosophie und Erfahrungswissenschaften auf seinen Standpunkt gelangt, doch die Beweise für seine Behauptungen fast durchgängig aus der Bibel selbst und aus der Vergleichung ihrer einzelnen Bücher schöpft und hier Entdeckungen macht, die jeden Unbefangenen zwingen, die Augen aufzuthun, und daß er, nachdem er viel umgestoßen, viel berichtigt, viel aufgehellt, schließlich doch von der bergehohen Spreu den Weizen zu sondern versteht und sich – was manche Gegner ungern lesen werden – der Bibel im innersten Herzensgrunde verwandt fühlt.“