Wilhelm Taubert (Die Gartenlaube 1881/12)

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Titel: Wilhelm Taubert
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aus: Die Gartenlaube, Heft 12, S. 188–191
Herausgeber: Ernst Ziel
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Erscheinungsdatum: 1881
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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Wilhelm Taubert.

Am 23. März dieses Jahres vollendet einer der beliebtesten und verdienstvollsten Tonsetzer Deutschlands sein siebenzigstes Lebensjahr, ein Componist, dessen eigenartigste Schöpfungen, seine „Kinderlieder“ sich nicht nur in den Concertsälen Deutschlands, sondern in allen deutschen Familien, auch jenseits des Meeres eine bleibende Stätte errungen haben – Wilhelm Taubert.

Die Quelle dieser „Kinderlieder“, von denen einige, wie das überall gesungene „Schlaf’ in guter Ruh’!“ längst zu Volksliedern geworden sind, ist ein reiches, reines Gemüth, ein kindlicher Frohsinn. Ein Humor, der unter Thränen lächelt, eine entzückende Schalkhaftigkeit, hier Wärme und Tiefe der Empfindung, zumal in den Wiegenliedern und in dem Ausdruck mütterlicher Freude, dort die überraschende Fassung mancher Vorwürfe, die scheinbar der musikalischen Form widerstreben – das sind die Kennzeichen dieser Schöpfungen. Die Lieder gleichen einem Strauße von frischen, duftigen Haideblumen, in deren Kelchen die Thautropfen glitzern, und in der überreichen Zahl ist auch nicht eines, das an gemachte Blumen erinnerte. Sie wirken so herzerfreuend und ursprünglich, weil ihr Schöpfer selbst eine ursprüngliche Natur ist, die nur sich selbst zu geben braucht, um ihrer Wirkung gewiß zu sein; außerdem hebt sie die Kunst der feinsten Arbeit, namentlich in der Clavierbegleitung, weit über die Sphäre der Alltäglichkeit hinaus. Bedeutende Sängerinnen haben nicht wenig zur Verbreitung dieser Lieder beigetragen, z. B. Jenny Lind, Johanna Wagner, Luise Köster und jüngst noch Etelka Gerster, welche durch den vollendeten Vortrag des eigens für sie componirten, überaus duftigen und schalkhaft anmuthigen Liedes „Märznacht“ die Hörer elektrisirte.

Schon die Taubert’schen „Kinderlieder“ allein dürften heute, da der Componist seinen Ehrentag feiert, einen flüchtigen Rückblick auf sein Leben rechtfertigen, und so mögen die folgenden Zeilen bei den deutschen Lesern und besonders den Leserinnen nah und fern eine freundliche Aufnahme finden!

In das Jugendalter des Meisters fällt der große, nationale Aufschwung Preußens und Deutschlands, der den Sturz des französischen Eroberers herbeiführte. Inmitten der kriegerischen Scenen jener bewegten Zeit zeigt uns Taubert’s Knabenleben eine [189] Reihe anziehender Genrebilder. Sein Vater, damals Kanzleidiener im Kriegsministerium, war früher Regimentshautboist gewesen; unter verschiedenen musikalischen Instrumenten, die er besaß, befand sich auch eine Piccoloflöte, deren sich der Sohn bemächtigte, und auf welcher er bald kleine Melodien nach dem Gehöre zu blasen lernte; dann ertönte wohl auf den Höfen der Nachbargrundstücke die Flöte des Kleinen oder auch sein hellstimmiger Gesang und lockte die Bewohner an die Fenster, aus denen manches Zuckerwerk zu dem winzigen Spieler herniederfiel. Als der Vater noch der edlen Kunst diente, da hatte er den Knaben nicht selten in die Gartenconcerte mitgenommen, in denen er beschäftigt war, und hier war es, wo der frische Knabe sich durch ein gelegentliches Flötensolo, sowie in der Folge durch einige für Harmoniemusik gesetzte Tänze oder Märsche einen frühzeitigen Beifall gewann; bei der Rückkehr nach Hause pflegte dann wohl das Paar auf einer Bank zu rasten, und der Kleine sah dem guten Vater zu, wie er hier den kärglichen Verdienst abzählte.

Wilhelm Taubert.
Nach einer Photographie auf Holz gezeichnet von Adolf Neumann.

Mit dem Beginne seines achten Jahres erhielt Taubert den ersten Clavierunterricht von dem späteren Dirigenten des Domchors, Neithardt, während zugleich die Flöte nicht vernachlässigt wurde und auch das Violinspiel hinzutrat. Einen Wendepunkt in dem Jugendleben des Künstlers aber bildete die Fürsorge, welche fortan der kunstsinnige, auf den Knaben aufmerksam gewordene General von Witzleben der Ausbildung seines Talentes widmete. Der Wohlthäter enthob den unbemittelten Vater der weiteren Sorge für den Unterricht des Sohnes, dessen Lehrmeister nun Ludwig Berger wurde. In einem Alter von vierzehn Jahren ließ sich Taubert zum ersten Male öffentlich mit einem Concert von Dussek und den Variationen seines Lehrers über „Schöne Minka“ hören. Hier passirte es ihm, daß er sich an einer schwierigen Passage den Daumen wund gespielt hatte, sodaß ihm Berger kurz vor Beginn des Concertes die Stelle ändern mußte; aber die neue Passage perlte unter den Fingern des jungen Virtuosen mit derselben Klarheit und Sicherheit dahin, als ob er längst mit ihr vertraut gewesen wäre, und noch oft kam des Lehrmeisters Lob auf diese Begebenheit zurück.

Sechszehn Jahre alt verließ Taubert, der inzwischen auf Witzleben’s Wunsch das Friedrich Wilhelms-Gymnasium mit dem französischen vertauscht hatte, mit dem Zeugniß der Reife die letztere Anstalt, um die Universität zu beziehen, der er drei Jahre angehörte, ohne jedoch der Musik als seinem eigensten Lebensberufe untreu zu werden.

Die theoretischen Studien wurden theils unter Berger’s, theils unter Bernhard Klein’s Leitung mit Eifer fortgesetzt, und wiederholtes öffentliches Auftreten erwarb ihm im Laufe der Jahre neben Berger den Ruf des ausgezeichnetsten Claviervirtuosen Berlins. Namentlich war es die Ausführung der Clavierconcerte von Beethoven und Mozart in den Möser’schen Soiréen, die ihm diese Anerkennung verschaffte. Und hier ist die Gelegenheit, Taubert’s Eigenart in Spiel und Vortrag zu würdigen.

[190] Während die Technik der neuesten Zeit es zum Theil auf größte Fingerfertigkeit und die Entfaltung der großen Kraft absieht, stellt sich uns in Taubert, dem Altmeister des Clavierspiels, eine durchaus auf die Feinfühligkeit des Vortrags und das seelenvolle Herausheben der Melodie gerichtete Individualität dar. Die Saiten singen unter seinen Fingen, und das Ausdrucksvolle seines Anschlages läßt jede Erinnerung an das Stoffliche der Tastatur verschwinden Diese Eigenschaften machen ihn zu einem der vorzüglichsten Interpreten Mozarts, während der Ernst der Auffassung neben der gesangreichen Behandlung des unter seinen Händen sich durchgeistigenden Instrumentes ihn befähigt, auch den markigen Rhythmen eines Beethoven vollauf gerecht zu werden. Unvergleichlich aber entfaltet sich die Anmuth und zauberische Innerlichkeit seines Spieles im freien Phantasiren, dessen er Meister ist, wie selten Einer. Wer ihn in gesellschaftlichem Kreise oder in öffentlichem Concert als Improvisator gehört, sei es, daß er bekannte Themen zu Grunde legt oder sich dem lebendigen Strome eigener, melodischer Erfindung überläßt, wird in gleicher Weise gestaunt haben über die außerordentliche Modulationsfähigkeit seines Anschlages wie über die Formvollendung, die, was der Augenblick geboren, als ein reifes, lange durchdachtes Kunstwerk erscheinen läßt.

Die erste Anerkennung außerhalb Berlins gewann Taubert im Winter 1827 bis 1828 durch seinen ersten, selbstständigen künstlerischen Ausflug nach Frankfurt an der Oder. Im Jahre 1830, in welches die ersten Veröffentlichungen seiner bis dahin zu größerer Reife gediehenen Compositionen fallen, lernte er den Sänger Eduard Devrient kennen, der ihn dem General-Intendanten Grafen Redem für die Leitung der Hofconcerte am Piano empfahl; er erhielt diese ehrenvolle Stellung, die er seit 1831 bis auf den heutigen Tag bekleidet. Die Aufführung der ersten Symphonie (C-dur) Taubert’s in den Soiréen Möser’s fand in dem gleichen Jahre statt, während bereits im folgenden die einactige komische Oper „Die Kirmes“, deren Text Devrient gedichtet hatte, auf der Bühne des Schauspielhauses zur Darstellung gelangte.

Kunstreisen nach Leipzig und Dresden folgten, welche dem Clavierspieler sowohl wie dem Componisten ungetheilten Beifall eintrugen. Hier brachte Taubert sein erstes Clavierconcert in E-dur zu Gehör, das durch seine ungemeine Frische wie durch den Glanz der Passagen und Fioritunen hervorragt, während die große Sonate C-moll durch ihren Ernst, die Minnelieder durch die Innigkeit der Empfindung sich auszeichnen. Im September 1834 fand die Aufführung der dreiactigen romantischen Oper „Der Zigeuner“ im Berliner Opernhause statt. Taubert dirigirte selbst, zum ersten Male in seinem Leben, und zwar mit einer Sicherheit und einem Geschick, die um so mehr überraschten, als ihm nur die Leitung der Generalprobe nach vielen Schwierigkeiten gestattet worden war. Von dieser Zeit an beginnen seine intimeren Beziehungen zu Felix Mendelssohn, der dem nachstrebenden Kunstgenossen sein volles Interesse schenkte.

Am 30. November desselben Jahres vermählte sich Taubert mit Wilhelmine Schechner aus München, der jüngeren Schwester der hochgefeierten und unvergeßlichen Sängerin Nanette Schechner. Eine 1836 unternommene Reise nach England, Schottland, Holland und dem Rhein wirkte so anregend auf den Componisten, daß sie eine Reihe seiner weltlichsten Schöpfungen, wie das vielgespielte erste Trio in F-dur, die Phantasie über schottische Nationalmelodien und das verbreitetste seiner Clavierstücke, die Campanella, zur Folge hatte. 1839 ernannte ihn die königliche Akademie der Künste zu Berlin zu ihrem ordentlichen Mitgliede.

Nach der Rückkehr von einem längeren, von großem Erfolge begleiteten Ausflug nach München beschäftigte ihn ein Werk dankbarer Pietät – die ebenso mühsame wie gewissenhafte Herausgabe des künstlerischen Nachlasses seines Lehrers Berger – während mit den vierziger Jahren die Veröffentlichung der „Kinderlieder“ anhebt. Neben ihnen hat Taubert eine Fülle ein- und mehrstimmiger Gesänge ernsterer Natur geschaffen, unter denen sich viele echte Perlen der Tondichtung befinden und die den melodischen Born seiner Begabung als unversiechlich erscheinen lassen

Im Juni 1841 wurde Taubert mit der interimistischen Leitung der königlichen Oper in Berlin betraut, und er zeigte in der Direction ein so großes Geschick, daß er schon im folgenden Jahre zum Musikdirector der königlichen Oper und Capelle ernannt wurde. In dieser neuen Stellung war Taubert auf das Eifrigste bemüht, die seitdem zu so großer Berühmtheit gelangten Symphonie-Soireen der königlichen Capelle, deren bedenkender Ertrag dem „Orchester-Wittwen- und Waisenpensionsfonds“ zufließt, in’s Leben zu rufen. Während er im ersten Jahre die Leitung mit dem Capellmeister Henning, im zweiten mit Mendelssohn theilte, führte er sie von da an mit aller Hingebung und mit außerordentlichem Erfolge selbstständig bis aus diesen Tag fort. Von vornherein erkannte Taubert die Bedeutung, welche den Concerten des vorzüglichsten Orchesters der Hauptstadt zu geben war. Ohne den hervorragenderen Schöpfungen der Gegenwart den Einlaß zu weigern verlegte er, ein treuer Hüter und Pfleger der wahren Schönheit, den Schwerpunkt jener Musikabende in die makellose und mit liebevollster Sorgsamkeit vorbereitete Aufführung der classischen Meisterwerke. So wurden die Symphonie-Soireen der königlichen Capelle zu einer Pflanzstätte des geläuterten Geschmackes, zu einem segensreichen Bildungsinstitut, gleichsam zu einem weihevollen Museum des Klanges, in welchem die Tongemälde der Altmeister allwinterlich zu einer künstlerischen Wiedergeburt versammelt werden, die bei dem Eifer aller Mitwirkenden, bei den vorzüglichen Kräften des an Virtuosen ersten Ranges reichen Orchesters, auch die höchsten Ansprüche nicht unbefriedigt läßt.

Wie Vorzügliches auch Taubert als Operndirigent geleistet haben mag, der Glanzpunkt seiner Thätigkeit liegt in seiner Wirksamkeit als Leiter der Symphonien. Das Feuer, mit dem er die vollen Tongewalten des Orchesters zu entfesseln, die Besonnenheit, mit der er sie zu dämpfen weiß, machen ihn zu einem der berufensten Dirigenten unter den Mitlebenden.

In das Jahr 1843 fällt die im Austrage des Königs Friedrich Wilhelm’s des Vierten von Taubert übernommene Composition der Frauenchöre zur „Medea“ des Euripides, eine Arbeit, die fast unüberwindliche Schwierigkeiten bot und deren Besiegung von Mendelssohn, welcher die Textworte des griechischen Dichters für uncomponirbar erklärt hatte, mit aufrichtigem Beifall begrüßt wurde. Die Musik zur „Medea“ gehört zu dem Edelsten und Stilvollsten, was Taubert geschaffen, und ist ein Zeugniß seiner gründlichen Bildung.

Nachdem der Künstler im Jahre 1845 zum königlichen Capellmeister ernannt worden und die umfangreiche Musik zu Tieck’s „Blaubart“, sowie mehrere Symphonien componirt hatte, unternahm er 1846 eine Reise nach Wien, welche ihm reiche Anerkennung als Componist, Pianist und Dirigent gewann.

In den fünfziger Jahren wendete sich Taubert dem dramatischen Gebiete mit neuem Eifer zu. Das Jahr 1855 sah ihn wieder in München, wo seine Musik zu dem von Dingelstedt bearbeiteten Drama Shakespeare’s „Der Sturm“ zur Aufführung gelangte. Diese Sturmmusik gehört zu den phantasievollsten und zugleich eigenartigsten Werken des Meisters, und es ist merkwürdig, daß ein kleines, aus kaum dreißig Tacten bestehendes, zur Sturmmusik gehöriges Liebeslied die am meisten verbreitete Orchestercomposition Taubert’s geworden ist, jene wenigen, vom Streichquartett pizzicato auszuführenden Tacte haben ihren Weg ebenso in die Concertsäle von Paris und London, wie über den Ocean gefunden und eine große Reihe von Nachahmungen hervorgerufen

Zu allgemeiner Ueberraschung entwickelte eine völlig neue Seite der Begabung des Componisten die 1857 zur Aufführung vorbereitete Oper „Macbeth“, welche unter den dramatischen Arbeiten des Autors am häufigsten die Darstellung auf der Bühne erleben sollte. War man bisher gewohnt gewesen, die Taubert’sche Muse besonders auf dem Gebiete des Anmuthtigen und einer innigen Melodik heimisch zu sehen, und galt eine keusche, allem Gemeinen und Trivialen abgeneigte Grazie als der eigentümliche Ausdruck seiner Individualität, so schlug er hier machtvollere Töne an, die ihn auch in der Sphäre des tragisch Erschütternden unerwartete Lorbeeren pflücken ließen. Der Aufbau der Finale im ersten, zweiten und dritten Acte ist von echt dramatischer Wirkung, und der vierte Aufzug, die Wahnsinnsscene der Lady, ist so ergreifend behandelt, daß, nach dem Ausspruche namhafter Kritiker, nur Wenige unter den Zeitgenossen einem gleichen Vorwurf mit gleicher Kunst gerecht zu werden vermocht hätten. Die Einwände aber, daß sich der Stoff der Dichtung des großen Briten der musikalischen Fassung gänzlich entziehe, wurden durch den glänzenden Erfolg des Werkes ebenso glänzend widerlegt.

Im Jahre 1869 ward Taubert die Auszeichnung zu Theil, unter Entbindung vom Operndienste, zum Obercapellmeister ernannt zu werden und mit alleiniger Leitung der Hofconcerte und der Symphonie-Soiréen in der bisherigen Weise betraut zu bleiben.

[191] Nachdem er 1867 bereits das Vierteljahrhundert-Jubiläum seiner Dienstzeit als Capellmeister begangen und in demselben Jahre das fünfundzwanzigjährige Bestehen der Symphonie-Concerte durch seine trefflichen fünfundzwanzig Orchestervariationen über ein Originalthema gefeiert hat, ist es ihm vergönnt, in diesem Jahre nunmehr auch dem Gedenktage seiner fünfzigjährigen Wirksamkeit als Leiter der Hofconcerte entgegenzusehen.

Seit dem Jahre 1875 bekleidet Taubert die Stellung eines Vorsitzenden der musikalischen Section des Senats der Akademie der Künste, welcher er überdies als Lehrer der Composition angehört. Für das Jahr 1880 bis 1881 hat ihn die Akademie zu ihrem Vicepräsidenten erwählt, ein Amt, das vor ihm noch kein Musiker verwaltet hat.

Unter den Werken Taubert’s, die seit 1869 entstanden, ist neben vielen neuen Compositionen für Clavier und zahlreichen Lieder- und andern Schöpfungen besonders die Musik zu dem Drama „Phädra“ des Prinzen Georg, vor Allem aber des Meisters reifste und gediegenste Schöpfung, seine Oper „Cesario“, zu erwähnen, welche am 13. November 1874 ihre erste Aufführung erlebte. Der Text, den der Sohn des Componisten verfaßt hat, ist frei nach dem Shakespeare’schen Stücke „Was ihr wollt“ gedichtet.

In diesem Werke strömt der Quell der melodischen Erfindung Taubert’s noch einmal in voller, jugendlicher Kraft, und die Fehler des Werkes sind nicht die der Armuth, sondern die des Reichthums. Festhaltend an den geschlossenen Formen der classischen Oper, die er mit neuem, warmblütigem Leben durchdringt, hat der Meister hier eine Tondichtung geschaffen, welche ebenso durch die feinsinnige Charakteristik der Träger der Handlung, wie durch die Innigkeit und Leidenschaftlichkeit der Empfindung einen bleibenden Werth beanspruchen darf. Träumerische Anmuth der Liebesweisen, verbunden mit einer zauberischen Melancholie der Sehnsucht, liebenswürdiger Humor und anmuthige Heiterkeit wechseln in den Melodieen mit einander, und das mit reifster Kunst behandelte Orchester wird mit seinen vielfachen, seinen Wendungen gleichsam zu einem geistvoll erläuternden Mitspieler auf der Bühne. Die Finale des ersten und dritten Actes sind von hinreißender Wirkung.

So blickt der verehrte Meister auf ein langes, an Erfolgen reiches Leben zurück. Zweihundert im Druck erschienene Werke verschiedener Gattung sind das Denkmal seines echt künstlerischen Strebens. Wem das Spiel der Töne so heiliger Ernst gewesen, wie ihm, der hat nicht umsonst gelebt und gestrebt.