Westphälische Sagen und Geschichten/Die Gotteslästerer in Körbecke

Textdaten
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Autor: H. Stahl alias Jodocus Temme
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Titel: Die Gotteslästerer in Körbecke
Untertitel:
aus: Westphälische Sagen und Geschichten
Seite 103–104
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Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1831
Verlag: Büschler’sche Verlagsbuchhandlung
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Erscheinungsort: Elberfeld
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[103]
IV.


Die Gotteslästerer in Körbecke.


Im Jahre 1013. geschah ein entsetzliches, bisher unerhört gewesenes Wunder. In der Christnacht dieses Jahrs, begab es sich nemlich in der Stadt Körbecke in Westphalen, wo der heilige Magnus den Märtyrertod gestorben ist, daß in dem Augenblicke, als der Priester in der Kirche dieses Heiligen die Messe eifrig zu lesen anfing, achtzehn Personen, anstatt dem Gottesdienste beyzuwohnen, vor der Kirche auf dem Kirchhofe einen Tanzreigen aufführten, und dabey so laut sangen und schrieen, daß sie den Priester vor dem Altare in seiner Andacht störten. Dieser, mit Namen Rothbertus, ging daher zu ihnen hinaus, und ermahnete sie, von ihrem Teufelswerke abzustehen, und ruhig zu seyn und in die Kirche zu kommen. Allein sie verachteten seine Reden, und verhöhnten und verspotteten ihn. Da rief er ihnen verwünschend zu: Möget Ihr durch die Macht Gottes, und durch die Verdienste des heiligen Magnus ein ganzes Jahr lang also tanzend und singend zubringen müssen!

Sie verachteten auch diese Worte, und fuhren in ihrem Jubel fort; allein der Fluch des Priesters hatte sich augenblicklich erfüllt. Denn als sie bald nachher aufhören wollten, konnte Keiner von seiner Stelle, und Alle mußten tanzen und singen ohne Unterlaß, die ganze Nacht hindurch und auch den Tag und auch den [104] folgenden, und so alle Tage. Und alles, was sie sah, jammerte laut und entsetzte sich über diese Strafe des Himmels. Andere Leute, die unschuldig waren, versuchten, sie von der Stelle zu ziehen, allein es gelang nicht. Einem Mädchen von achtzehn Jahren, die auch unter den Tanzenden war, und die ihr Bruder zu stark zerrte, riß er den Arm aus, und sie mußte forttanzen ohne den Arm.

Als sechs Monate vergangen waren, waren sie schon bis an die Kniee in die Erde versunken, und als das ganze Jahr um war, bis an die Schultern. Da wurden sie durch den heiligen Mann Herbertus, Bischof von Cöln erlöset. Dieser kam nemlich um Weihnachten nach Körbecke, verrichtete sein Gebet über die Unglücklichen, befreyete sie dadurch aus ihrer entsetzlichen Lage, und führte sie dann an den Altar des heiligen Magnus, um sie ganz mit Gott zu versöhnen. Hier fielen sie Alle in einen tiefen Schlaf, aus dem sie nicht wieder erwachten.

(Bernh. Wittius, Historia Westph. p. 239–240.)