Westphälische Sagen und Geschichten/Der St. Einhardsbrunnen

Textdaten
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Autor: H. Stahl alias Jodocus Temme
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Titel: Der St. Einhardsbrunnen
Untertitel:
aus: Westphälische Sagen und Geschichten
Seite 127–128
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1831
Verlag: Büschler’sche Verlagsbuchhandlung
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Erscheinungsort: Elberfeld
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[127]
IV.


Der St. Einhardsbrunnen.


Bey der Stadt Altena, nicht weit von dem Orte, der die Kluse heißt, ist mitten am Berge ein Brunnen, der St. Einhardsbrunnen, zu welchem jetzt an [128] jedem Ostermontage Haufen von Menschen spaziren gehen, der aber in früheren Zeiten, bis Altena evangelisch wurde, darum sehr berühmt war, weil er die Gabe hatte, unfruchtbare Weiber fruchtbar zu machen. Dieses geschah nemlich folgendermaßen:

Die Frau mußte zuerst beten:

„Lieber Herr Sankt Peter, schließet auf strenge,
Die Himmelspforte, redlich ich ginge,
Hinauf zum Boven und zum Sankt Einhard.“

Dann mußte sie eine Messe lesen lassen, und dabey sagen;

„O Herr Gott, durch den lieben Sankt Einhard,
Hilf mir, wie Du hast erhört
Der alten, verwelkten Sarah Gebet,
Und das der heiligen Mutter Elisabeth.
So hilf auch mir unfruchtbarem Weibe,
Daß ich möge schwanger werden im Leibe.
Hiezu hilf mir nun und alle Zeit,
Daß ich aller meiner Sünden werde queit.“

Hierauf mußte die Frau in Beiseyn des Priesters aus dem Brunnen einen guten Trunk thun, und der Priester dabey sagen:

Proficiat, das gesegne Euch St. Einhard offenbar,
Das Ihr seyd fruchtbar gegen’s Jahr!“

Demnächst opferte die Frau ihre Gabe, und sprach:

„Nehmet hin, diese Gabe, lieber Herr
Sankt Einhard, und helft mir, daß es wahr werd.“

Endlich beschloß der Priester die Handlung mit der Danksagung:

Deo gratias, Gott habe Dank,
Sankt Einhard gebenedeye Euch diesen Gang
Zweifelt gar nicht daran,
Sondern reget Euch zu einem baldigen Kram.“