Textdaten
Autor: Rudolf Lavant
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Weihnachten
Untertitel:
aus: Die Neue Welt
Nr.7, S.167
Herausgeber:
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1883
Verlag: Goldhausen
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scan
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
Bearbeitungsstand
korrigiert
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
[[index:|Indexseite]]


[167]

Weihnachten.
(Illustration Seite 169.)

O Kinderzeit! ein holdes Wunder führe
Dich uns zurück! ― Ach, nimmer kann es sein
Wie einst, da durch die angelehnte Türe
Geheimnisvoll uns grüßte Kerzenschein:

5
Da durch den Spalt der Duft und leis Geknister

Von angesengten Fichtennadeln zog
Und jedes Glied am Leibe der Geschwister
Im frohen Fieber der Erwartung flog.

Bleich vor Erregung, Wang’ an Wange lehnend

10
Und Hand in Hand, so stand das kleine Paar,

Herbei den Augenblick, den großen, sehnend,
Der ihrer Nächte Traum seit lange war.
Und als des Wartens stumme Pein geendet,
Wie stürmten sie ins Zimmer dann mit Macht

15
Und standen doch, verwirrt, betäubt, geblendet

Vor all der goldnen, ungeahnten Pracht!

Sie boten dann die anmutreichste Gruppe,
Der eignen Anmut kindlich unbewußt.
Das kleine Mädchen herzt die neue Puppe

20
In dunkler Ahnung künftger Mutterlust.

Das Herz des Knaben hängt an andren Sachen;
Er schließt die wärmste Kameradschaft schnell ―
Was hat er doch für ein Gesicht zum Lachen,
Der drollig ˶ häßliche Polichinell!

25
Und wie die Kerzen mälich niederbrennen,

So sinken mälich auch die Augen zu,
Und dann ― wie könnte man sich wieder trennen? ―
Geht mit den neuen Freunden man zur Ruh.
Nach all dem Jubel friedlich ˶ tiefes Schweigen ―

30
Der Nadeln feiner Duft erfüllt den Raum

Und liebe Bilder mögen wohl sich zeigen
Den Schlummernden ― sie lächeln noch im Traum!

Ach, unser Blick muß sich beklommen senken
Vor Kinderwonne und vor Kindersinn.

35
Im rauen Leben sind sie, eh’ wir’s denken,

Auf immerdar verloren und dahin.
Kein Paradies, kein Himmel steht uns offen,
Von jeder Freude wird uns nur ein Stück ―
Nur bei den Kindern ist ein reines Hoffen,

40
Nur bei den Kindern ist ein volles Glück!


Wem oft und oft ― der Menschen Los auf Erden! ―
Die bitterste Enttäuschung widerfuhr,
Der muß zuletzt des Hoffens müde werden,
Der hat ein halbes, laues Hoffen nur.

45
Und jene wieder, die Erfüllung fanden,

Nach langer Mühe, Kummer und Gefahr,
Sie haben traurig lächelnd sich gestanden,
Daß schöner doch die arme Hoffnung war.

Doch fort mit schmerzlich klagenden Geberden,

50
Wie auch das Schicksal sei, daß ihr gelost!

Wir können nicht wie Kinder wieder werden,
Doch gibt’s auch dafür einen lieben Trost.
In eines Kindes glockenhellem Lachen
Ist die Versöhnung mit der Welt erreicht ―

55
Ihr müßt nur Kinder herzlich glücklich machen,

Und Kinder glücklich machen ist so leicht.
                                                  Rudolf Lavant.

Anmerkungen (Wikisource) Bearbeiten

Zuerst erschienen in:

Ebenfalls abgedruckt in:

  • Königlich Sächsischer Ameisen-Kalender auf das Jahr 1890, hier mit dem Titel Weihnacht Abend.