Weideneck in Oesterreich
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Diese Trümmer führen uns in den Kreis jener Traditionen, welche aus der Urzeit des deutschen Volks in die Gegenwart herüber dämmern, in jenen Kreis, wo stolze Lebenskraft mit kecker Todeslust, Charaktergröße mit sinniger Zartheit, herztiefe Treue und Liebe in allen, auch den rauhesten, sturmvollsten Verhältnissen des Lebens, würdige, hohe Männlichkeit, wie anmuthiges, holdseliges Frauenthum in tiefverschlungenem Lebenszusammenhange sich offenbarten: – in die Zeit der Nibelungen-Heldensage. Jener Markgraf Rüdiger, welcher die schöne Chriemhild in Konig Etzels Reich geleitet, und nachher in dem Kampfe, welchen diese zur Rache für den an ihrem ersten Gemahl begangenen Mord anregte, seinen Tod fand, baute und bewohnte Weideneck, der Sage nach, im 5. Jahrhundert. Gewiß ist, daß die Burg in spätern Zeiten zugleich mit Pechlarn die Residenz der Nachkommen des Gründers war und eine der herrlichsten, welche die Ufer der Donau verschönerten. Sie liegt 15 Meilen oberhalb Wien, nahe bei dem prachtvollen Stift Mölk. Das Rüdiger-Geschlecht starb im 9. Jahrhundert aus, und im Laufe der Zeit wurde Weideneck von Krieg, Blitz und Flammen mehrmals zerstört. Immer wieder erneuert war die Veste noch im 15. Jahrhundert stark genug, einer Belagerung des großen Ungarkönigs, Matthias Corvinus, lange zu trotzen, der sie eroberte. Später ging sie aus einer Hand in die andere; mehrmals in jedem
[91] Jahrhundert. Sie verfiel bei dem häufigen Wechsel. Zuletzt kaufte die alte Stammburg das Haus Oesterreich an sich, das sie noch besitzt, und die ehrwürdige Ruine, deren gewaltige Streitthürme stolz ihr Haupt erheben, und den Charakter der Zeit und der Menschen dolmetschen, die sie errichteten, vor weiterm Verfall sorgfältig schützt, ohne sie durch kleinliches Restaurations-Werk zu verunstalten.