Textdaten
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Autor: Franz Söhns
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Titel: Wandlungen der Sprache
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aus: Die Gartenlaube, Heft 39, S. 635-636
Herausgeber: Adolf Kröner
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Erscheinungsdatum: 1889
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
frühere Beiträge der Reihe siehe unter Wandelungen in der Sprache
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[635]

Wandlungen der Sprache.

Zweckessen. – Tracht Prügel. – Verblümte Redensarten. – Zeitung. – Uhr. – Wirth.

Alles ist im Flusse“ – dieser Satz des alten Philosophen Heraklit von Ephesus gilt wie vom ganzen Leben der Natur so von der menschlichen Sprache. Es giebt keinen Stillstand in ihr, alles ist in einer steten Umwandlung begriffen, die äußere Form und der innere Werth. Die „Gartenlaube“ ist in einer Reihe von Artikeln in den Jahrgängen 1883 bis 1885 dieser Erscheinung nachgegangen und hat Beispiele derselben gesammelt. Mögen nunmehr einige weitere folgen.

Was ist das für eine besondere Art von Essen, ein „Zweckessen“?

Wir verstehen wohl, was unter dem Namen verstanden wird: ein Essen, das irgend einem besonders bedeutsamen Anlaß zu liebe veranstaltet wird, sei es nun, daß der würdige Ortsvorstand sein fünfundzwanzig- oder fünfzigjähriges Dienstjubiläum feiert oder irgend ein Stand, eine Genossenschaft ihren „Tag“ hält und von dem Rath der auserkorenen Versammlungsstadt zu einem Festmahle geladen wird.

Aber woher der sonderbare Name? Erweckt er doch den Anschein, als ob der Mensch für gewöhnlich zwecklos äße und nur an solchem Feiertage seine Speise zweckvoll zu sich nähme; oder als ob mit solchem Essen noch ein ganz besonderer uneingestandener Zweck verfolgt würde, wie etwa mit dem Essen der Generale in Schillers „Wallenstein“.

Offenbar können wir mit unserem heutigen Begriffe des Wortes „Zweck“ in diesem Falle nichts anfangen, und wir müssen, um den Schlüssel zu dem Verständniß des „Zweckessens“ zu gewinnen, etwas in die Vergangenheit hinaufsteigen.

In der Zeit, da das Wort „Zweck“ in unserer Sprache nachweisbar wird, im 13. Jahrhundert, weiß es von dem heutigen Begriffe nichts, viele Jahre der frischen Jugend durchlebt es, ja sogar ein gutes Stück des kernigen Mannesalters, ehe es sich im Laufe des 16. Jahrhunderts ganz allmählich der Bedeutung nähert, welche wir ihm heute gemeiniglich beilegen. Wenn es aber vorhanden war, in welchem Sinne verwandte es der Sprachgeist? Mögen einzelne Strahlen unserer Litteratur den ursprünglichen Begriff des Wortes erhellen.

Wenn unser großer Reformator und Sprachschöpfer Martin Luther über seine Bibelübersetzung vom Jahre 1541 sich äußert: „Meine Lehre ist der Zweck, von Gott gesteckt, zu dem alles muß schießen; doch wird der Zweck von ihnen allen ungetroffen bleiben“; wenn ferner der Berliner Hofpoet Friedr. Rud. Ludw. v. Canitz (1654 bis 1699) in einem seiner heutzutage ziemlich unbekannten, der damals herrschenden französischen Schablone angepaßten Gedichte von „Schützen, die alle nach einem Zwecke schießen, aber nicht alle treffen“, spricht; wenn endlich noch in unserer Zeit der Schweizer Albert Bitzius oder, wie er sich nannte, Jeremias Gotthelf (1797 bis 1854) in dem sehr lesenswerthen „Geld und Geist“ meint: „Ob man den Zweck von oben oder von unten zu nehmen habe, weiß man nicht mehr, und aus dem Stutzer fährt der Schuß allweg nicht in den Zweck, oft nicht einmal in die Scheibe“, – so ersieht man aus diesen Stellen mit unfehlbarer Sicherheit, daß dem Worte „Zweck“, wie es hier gebraucht ist, ein ganz anderer Begriff zu Grunde liegt als dem unsrigen. Und zwar läßt uns das Gotthelfsche Citat kaum noch im Zweifel über den früheren Sinn des Wortes.

Der „Zweck“ (zwec) war der Pflock oder Nagel – wir haben noch heute das weibliche Wort „die Zwecke“ – der, in der Mitte der Schießscheibe angebracht, den Schützen als Ziel diente. Zur Erreichung dieses „Zweckes“ entschwirrte der Sehne der Pfeil auf den mit großem Aufwande, mit erstaunlicher Pracht veranstalteten Schützenfesten des Mittelalters, und stolz wie ein Olympiasieger im alten Griechenland war derjenige, dem es gelungen, den „Zweckschuß“, den Schuß in den „Zweck“, also den besten Schuß, wie wir heute sagen: ins „Schwarze“, zu vollbringen und den „schönen Preis“ davonzutragen. Und wenn dann während eines solchen „Zweckschießens“, wie sie besonders glänzend zu Zürich 1472, zu Frankenhausen 1540, zu Leipzig 1550, zu Straßburg 1576 und zu Halle 1601 gefeiert wurden, auch die üblichen „Zweckessen“ stattfanden, so ist einleuchtend, daß dieses Wort für jene Zeit eine vom heutigen Gebrauche sehr abweichende Bedeutung besitzt – seine ursprüngliche.

Ebenso einleuchtend aber ist es, wie im Laufe der Zeit, besonders als vom 17. Jahrhundert an die früher so prächtigen Schützenfeste immer mehr und mehr verfielen, Zweckschießen und Zweckschüsse, also auch der Zweck selbst ihr Ende fanden, das Wort allmählich von seiner ursprünglichen wesenlos gewordenen Bedeutung abscheidend die bildliche annehmen konnte, welche wir ihm heute unterlegen. Wie die Worte „Rennen“ und das zwischen mehreren gleich Guten entscheidende „Stechen“ ursprünglich den ritterlichen Turnierübungen entstammen, nach dem Untergange derselben aber auf andere Spiele, schließlich sogar auf unsere Kegelbahnen übergingen, so wandelte auch das Wort „Zweck“ seinen Begriff in einen andern naheliegenden, freilich allgemeineren um. Aber noch heute will es das Ziel bedeuten, das zu erreichen der thätige Mensch alle seine Kräfte einsetzen soll, und wohl ihm, wenn der „Zweck“ seiner Handlungen stets ein guter und der Menschheit nutzenbringender ist! –

Indeß, um zu einem andern Worte überzugehen: wer kennt nicht die hübsche Anekdote, in welcher die zärtliche Mutter eines sehr ungezogenen Buben im Gespräch über die Kleidung des Kindes an ihren Gemahl die Frage richtet, welche „Tracht“ wohl für ihren Knaben die beste sein würde, und von demselben die gewiß sehr unerwartete Antwort erhält: „Eine Tracht Prügel!

Wie soll man sich diese dem jungen Germanien sicherlich nicht allzu kleidsam erscheinende Tracht denken? Sollen etwa die erbarmungslosen Streiche so dicht oder, wie unser Nibelungenlied in diesem Falle singt, so „genôte“ auf den jugendlichen Körper niederfallen, daß sie diesen gleichsam wie mit einem Prügelgewande umhüllen? Gewiß nicht! Die Erklärung liegt vielmehr in der früheren zwiefachen Bedeutung des natürlich von „tragen“ abzuleitenden Wortes „Tracht“, welches nicht nur die Kleidungsart „wie man sich trägt“, sondern auch das „was man trägt“ und zwar besonders „auf den Tisch“ trägt, das Gericht, die Speisen bezeichnete, die bekanntlich in Schillers „Graf von Habsburg“ „trug der Pfalzgraf des Rheins“.

Von diesen beiden Bedeutungen des Wortes Tracht“ indeß erfreut sich ihres Daseins heute nur noch die eine, welche die Kleidung bezeichnet, in der Bedeutung Gericht und Speise ist das Wort wie so manches andere nach kurzem Siechthum dahingeschwunden.

Wie fremd klingt es uns heute, wenn wir ihm, dem einst so blühenden, in Fischarts „auß Griechischem und Latinischem nun das erstmal inn Teutsche Sprach verwendeten Philosophisch Ehzuchtbüchlin“ vom Jahre 1578 in folgendem Zusammenhange begegnen:

„Man findet oft Leute, denen die köstlichen trachten nicht mehr schmacken, und dafür an schlechter und grober Kost ihren lust büsen!“

Nur in einer einzigen und noch dazu sehr unangenehmen Redensart hat das Abgestorbene eine Erinnerung an seine frühere lebensvolle Existenz bewahrt, eben in der erwähnten „Tracht Prügel“, die denn also nichts anderes als ein aus Prügeln bestehendes Gericht bedeuten will. Und wem sollte dabei nicht die bildlich mit dieser abscheulichen Tracht eng zusammenhängende, nur mit noch bezeichnenderer Begriffsverengung auftretende „Prügelsuppe“ einfallen? –

Was verstehen wir heute unter verblümten Redensarten? Was verstand man in früherer Zeit darunter? – Jakob Wimpheling, der „Altvater des deutschen Schulwesens“ und Docent an der Heidelberger Universität, bittet in einem an den Ritter Friedrich v. Dalburg, den Bruder des Gönners der Humanisten Johann v. Dalburg, gerichteten Briefe „Datum Heidelberg, Lucie virginis anno domini im dusensten vierhundersten“ – Zehner und Einer sind nicht näher angegeben – denselben, er möge seine ungezierte und ungeschmückte Uebersetzung des Philippus Beroaldus annehmen, wie sie sei, da er „hofflichs und verbliempten Dutschens ungeubt“ sei.

Aus dem Sinne dieser Stelle geht, wie auch aus andern [636] Schriften jener Zeit, hervor, daß das Wort „unverblümt“ fast stets gleichbedeutend ist mit „ungeschmückter“ Rede und bedeutet, daß der Verfasser oder Uebersetzer es nicht verstehe, seine Arbeit durch die flores des klassischen Lateins, durch verschönende „Redeblumen“ und Figuren zierlicher zu gestalten.

Uebrigens ist natürlich dieser Mangel an „verblümten“ Redensarten den sonst so gelehrten Humanisten nicht allzuhoch anzurechnen in einer Zeit, in welcher die ganze Uebersetzungskunst noch in der Wiege lag; schrieb doch auch Melanchthon erwiesenermaßen noch besser lateinisch als deutsch! Ein mit Redeblumen durchflochtener Stil ist also ein „verblümter“. Da nun aber die Redeblumen, die Figuren der Rede, welche statt der Sache ein Bild bringen, in ihren ersten wenig geschmackvollen Erscheinungen gewiß gar manchmal nicht verstanden wurden, so erhielt der Ausdruck „verblümt“ bald den Sinn des absichtlich Undeutlichen, Verschleierten, den das Wort, abweichend von seinem ursprünglichen, heutzutage gänzlich verschwundenen, noch bis auf unsere Zeit sich gewahrt hat; noch heute nennen wir eine Ausdrucksweise, welche nur bildlich-andeutungsweise den behandelten Gegenstand streift, ihn selbst aber in einem beabsichtigten Dunkel läßt, eine „verblümte“, eine Redeweise „durch die Blume“. –

Wie alt ist die deutsche „Zeitung?“ Müßige Frage, – als ob man das nicht ganz genau in jedem Konversationslexikon finden könnte! Als ob uns nicht jedes einzelne derselben weitläufig zu berichten wüßte, wie besonders durch italienische Vorbilder (Notizie scritte, geschriebene Nachrichten) angeregt auch in Deutschland seit dem 15. Jahrhundert die Journalistik ins Dasein gerufen wurde und wie dann die Frankfurter Meßberichte allmählich zur Gründung der ersten deutschen Zeitung im modernen Sinne, zur Gründung der seit 1616 bestehenden „Frankfurter Oberpostamtszeitung“ geführt haben, die bis zum Jahre 1866 existirt und dann erst dem heutigen „Frankfurter Journal“ Platz gemacht hat. Da haben wir es: Frankfurt also, in buchhändlerischen Beziehungen damals das heutige Leipzig und eine der hervorragendsten Pflegestätten deutscher Industrie überhaupt, hat im Jahre 1616 die erste deutsche Zeitung in neuerem Sinne geschaffen.

Dem gegenüber klingt es aber doch mindestens erstaunlich, wenn bereits in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts die „Zeitung“ wiederholt in der deutschen Litteratur erscheint! Sollte demnach das Konversationslexikon unrecht haben in seinen Angaben? Nein, nur muß man unsere Zeitung und das Wort „Zeitung“ zunächst wohl auseinanderhalten. Das Wort „zîtunge“ hatte ursprünglich durchaus nicht den Sinn des heutigen, es bezeichnete einfach eine mündlich überbrachte Nachricht, eine Mittheilung über irgend ein Ereigniß der Zeit. Und als nun nach Ausbreitung der Kunst Gutenbergs diese Nachrichten gedruckt von einem Orte zum andern, von einer Hand zur andern befördert wurden, da verblieb ihnen derselbe Name, da ward die gedruckte Neuigkeit ebenfalls zur „Zeitung“, mit der indeß noch keineswegs der Nebensinn einer gewissen Regelmäßigkeit ihres Erscheinens verbunden war, und dieser neugeschaffene Begriff wurde von da an für den alten Mutterbegriff immer gefährlicher und vernichtender.

Und doch, so zähe hing die alte Bedeutung im Sinne des Volkes, daß es einer Zeit von Jahrhunderten bedurfte, um ihr ein Ende zu bereiten, das selbst heute kaum ein ganz vollständiges zu nennen ist. Es kann nicht auffallen, wenn im 16. und 17. Jahrhundert das Wort in seinem ursprünglichen Sinne noch durchaus gäng und gäbe ist, weil in diesen Jahrhunderten der Neubegriff noch keinerlei weite Kreise gezogen hatte, wohl aber müssen wir die Lebensfähigkeit des alten Wortbegriffes bewundern, wenn wir ihm selbst noch hart am Ende des 18. Jahrhunderts und zwar gar nicht selten begegnen. Für Bodmer (1698 bis 1783) ist er geradezu ein Lieblingsbegriff, mit dem er fast durchgehends das mittelhochdeutsche „maere“ (die Mär, verkleinert das Märchen) übersetzt; in seiner Ausgabe der Nibelungen (1757) vernimmt

„Helfreich bald die traurige Zeitung, er hatte zuvor nie
Eine Zeitung so ungern gesagt, er brachte sie weinend.“

Und noch heute tönt uns das alte Wort von den weltbedeutenden Brettern entgegen, wenn wir der Gartenscene des „Don Carlos“ im schönen Aranjuez lauschen, in welcher Elisabeth den geliebten Prinzen mahnt, sie zu verlassen:

„Eh meine Kerkermeister Sie und mich
Beisammen finden und die große Zeitung
Vor Ihres Vaters Ohren bringen!“

Indeß der absterbende Wortbegriff klingt heute unseren Ohren fremd, das Jahrhundert der Tochter hat die Mutter getödtet, genau so wie es auch den erwähnten „Notizie scritte“ des Italieners ein Ende bereitet und dafür den Namen der kleinen Münze „Gazetta“, gegen deren Erlegung das betreffende Regierungsblatt erworben werden konnte, auf die Zeitung selbst übertragen hat.

Uebrigens haben wir einen der Entwickelung des Wortes „Zeitung“ ganz ähnlichen Vorgang im Namen unseres Zeitmessers, der Uhr, zu verzeichnen. Dem lateinischen hora (Stunde) entstammend, ist das Wort nicht alt in unserer hochdeutschen Sprache, in die es erst in neuhochdeutscher Zeit und zwar gleich mit seinem heutigen Begriffe aus dem Niederdeutschen herübergenommen worden ist. In dem letzteren geht es indeß bis in das 13. Jahrhundert zurück, in welchem freilich die „ôrglocke“ noch einfach die Stundenglocke des Klosters ist, – es stellt sich mithin in seiner ursprünglichen Bedeutung uns nur als Stunde dar, nicht schon als Stundenzeiger, als Uhr im heutigen Sinne, den es erst erhalten hat, seitdem im 16. Jahrhundert die Verbreitung auch der kleinen Chronometer („Nürnberger Eier“) immer mehr zunahm.

Noch heute aber denken wir weniger an das mechanische Kunstwerk selbst als an die einzelnen Stunden, die es uns anzeigt wenn wir in Uebereinstimmung mit des Franzosen „quell’ heure est-il?“ und des Italieners „che ora è?“ fragen: „Wie viel Uhr ist es?“

Und auch die seltsame Thatsache konnte in jenen früheren Zeiten noch nicht beobachtet werden, daß die am schnellsten gehenden Uhren die Wirthsuhren sind, schon deshalb nicht, weil ja diese Redensart von nicht weniger als allen Uhren gegolten hätte; denn erst die allerneueste Zeit stempelt den Wirth zum Inhaber eines Gasthauses, bis in unser Jahrhundert hinein hatte das Wort die allgemeine Bedeutung des Hausherrn, den wir bezeichnend genug heute mit Verengung des ursprünglich allgemeinen Wortbegriffes den „Haus“wirth nennen.

„An dem hûsgeraete gar
Nimt man ie des wirtes war“[1]

meint Rudolf v. Ems in seiner Legendendichtung „Barlaam und Josaphat“ in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts, und noch für Goethe und seine Zeit hat das Wort ohne jegliche Begriffsverengung den alten Sinn, wenn er seine Dorothea, die sich auf dem bekannten Wege nach dem Elternhause des Jünglings den Fuß vertreten hat, zu Hermann sagen läßt:

„Laß uns ein wenig verweilen, damit Dich die Eltern nicht tadeln
Wegen der hinkenden Magd und ein schlechter Wirth Du erscheinest.“

Uebrigens weiß man, wie „unwirthlich“ sie zunächst in diesem Hause aufgenommen wurde.

Gänzlich dahingeschwunden ist das Wort in seiner schönsten Bedeutung, einer großartigen und schön gedachten Erweiterung des Haus- und Schutzherrnbegriffes, wie er uns an der Stelle unseres Nibelungenliedes entgegentritt, da Gunther sich entschließt, den ihm soeben von Hagen geschilderten Helden von Niederland Siegfried mit Ehren zu empfangen.

„Dô sprach der wirt des landes: ‚nû sî uns willekomen:
er ist edel unde küene, daz hân ich wol vernomen.‘“

Kein Geringerer als König Gunther von Burgundenland selbst ist hier der „Wirth“, der Herr und Schützer des Landes. Um wie viel traulicher, herrlicher klingt „des Landes Wirth“ als das kalte stolze Wort „Landesherr“!

Gewiß, wir haben in der Entwicklung unserer Sprache und ihrer Begriffe viele treffliche Neuschöpfungen, die uns Anlaß zu gerechter Freude geben können, aber auch klagen dürfen wir über den unwiederbringlichen Verlust so manches herzlichen Wortes „aus alter Zeit“. Dr. Söhns.




  1. Wie das Geschirr, so der Herr!