Von den merkwürdigen Ceremonien derer Altenburgischen Bauern

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Autor: Johann Georg Theodor Grässe
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Titel: Von den merkwürdigen Ceremonien derer Altenburgischen Bauern, wie sie es nämlich bey Hochzeiten, Heimführung der Braut, Kindtauffen, Gesindemiethen, Beerdigungen, Kleidung und Tracht etc. im J. 1703 zu halten pflegten
Untertitel:
aus: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen, Band 2. Anhang: Die Sagen des Herzogthums Sachsen-Altenburg, S. 413–423
Herausgeber:
Auflage: Zweite verbesserte und vermehrte Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1874
Verlag: Schönfeld
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Erscheinungsort: Dresden
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Quelle: Google-USA* und Commons
Kurzbeschreibung:
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107) Von den merkwürdigen Ceremonien derer Altenburgischen Bauern, wie sie es nämlich bey Hochzeiten, Heimführung der Braut, Kindtauffen, Gesindemiethen, Beerdigungen, Kleidung und Tracht etc. im J. 1703 zu halten pflegten.

Die Altenburgischen Bauern sind ohne Zweifel noch ziemlich unvermischte Abkömmlinge der alten das Osterland bewohnenden Sorbenwenden, sonderbarer Weise aber werden sie noch heute von ihren stammverwandten Brüdern in der Oberlausitz, den dortigen Wenden, gehaßt, warum, weiß man nicht. Wie diese hängen sie noch heute an ihren alten Gewohnheiten, Sitten und Tracht und es wird deshalb nicht uninteressant sein, dieselben so hier zu schildern, wie sie z. B. der Rector des Altenburger Gymnasiums, Frdr. Frise im J. 1703 (Lpzg. kl. 8°.) in seiner in Fragen und Antworten eingerichteten Abhandlung unter obigem Titel beschrieben hat.

Betrachten wir nun zuerst das Capitel der Verheirathung und den damit in Verbindung stehenden Kirchgang, Hochzeit und Kindtaufe, so war damals folgendes Sitte. Die Braut nebst ihrem Beistand, welches gewöhnlich der Ortsgeistliche war, sitzt im Hochzeitshause und erwartet den Bräutigam. Derselbe erscheint nun mit seinem Freiwerber und Beistande vor der Stubenthüre, klopft an und läßt sich durch den Brautdiener anmelden, der ihm die Vergünstigung zurückbringt. Er tritt hierauf mit obigen zwei Personen in die Stube und läßt sich durch diese bei dem Prediger die Braut zum Kirchgange ausbitten. Der Geistliche hält nun eine Gegenrede und läßt die Braut nebst einer christlichen Vermahnung folgen.[1][414] Die Verlobten ziehen nach der Trauung um den Altar herum und der Brautdiener oder der Bruder der Braut, der sie zum Altar geführt hat, wünscht ihnen Glück. Wenn die Verlobten in die Kirche gehen, so pflegt die Brautmutter oder diejenige Frau, welche ihre Stelle vertritt, etliche Stück Kuchen, der Brautdiener aber etwas Geld unter die zusammengelaufenen Zuschauer zu werfen. Wenn der Bräutigam aus der Kirche geht, so wird er von etlichem zusammengelaufenen Volke aufgehalten, denen wirft er etwas Geld in die Rappuse. Zu Hause angekommen setzt sich der Bräutigam nebst der Braut zu Tische und Letztere hat die ganze erste Mahlzeit über einen langen Mantel um, der mit vielen Falten geziert ist. Des Bräutigams Mutter schneidet dem Bräutigam ein Stückchen Brod ab, desgleichen thut auch die Mutter der Braut. Von den Anwesenden nimmt nun ein Jeder etwas Weniges der Speise, und so es ein Braten ist, so legt er denselben ganz, wenn er etwas für sich abgeschnitten auf seines Nachbars Teller. Man setzt auch zuweilen der Braut und dem Bräutigam zwei brennende Lichter vor und giebt wohl Acht darauf, welches von ihnen am Meisten abnimmt. Wenn endlich alle Speisen abgetragen sind, so wird zuweilen eine Schüssel mit Wasser, darin Nüsse liegen, aufgesetzt, in diese legen die Gäste nach Belieben etwas Geld.

Abends beim Hochzeitstanze muß der Bräutigam mit der Brautmutter zuerst und nach diesem der Brautdiener mit der Braut in ihrem Mantel tanzen, bis sie solchen fallen läßt. Solches wird „den Mantel abtanzen“ genannt. Im Allgemeinen ist zu bemerken, daß die Mannspersonen mit starken Sprüngen, Schreien und mit in die Höhe gehobenen Händen, die Weibspersonen aber mit ganz engem Schritte und ganz sittsam hinter einander tanzen.

Nach Beschluß des Tanzes begiebt sich der Bräutigam zuerst zu Bett, hernach führt der Brautdiener nebst etlichen Verwandten die Baut in die Schlafkammer. Nachdem er nun die Braut zu Bett geführt, zieht er ihr in der Kammer den Stiefel oder Schuh aus, pflegt ihr auch die Zöpfe auszuflechten [415] und wirft sie endlich noch angekleidet in das Brautbett. Die Brautmutter aber oder diejenige Person, welche ihre Stelle vertritt, legt nun einen dünnen Kuchen auf das Bett, welchen die Umstehenden mit den Händen zerschlagen und dabei sagen: „soviel Stückchen soviel Püppchen!“ Der Bräutigam muß nun den dabei Anwesenden Wein oder Branntwein einschenken und der Brautdiener versteckt der Braut den ausgezogenen Stiefel oder Schuh, welchen sie den andern Tag auslösen muß. Indessen machen die Spielleute nebst etlichen Gästen vor der Kammerthüre Musik, und wenn sie hineinkommen können, tanzen sie um das Brautbett.

Am nächsten Tage muß die Braut unter dem Kranze eine gestrickte Haube tragen und der Bräutigam ein neues Hemd, wie auch den Verwandten Schnupftücher, Hauben, Aermel und dergleichen verehren, welches Schwäger-Stücken genannt wird.

Am dritten Hochzeitstage setzt sich der Bräutigam mit der Braut und etlichen nahen Anverwandten an den Tisch, um die Hochzeitsgeschenke in Empfang zu nehmen. Die Braut hat wieder den langen Mantel um, darin sie sich ganz wickelt und mit einem Schnupftuch, indem sie weint, sich die Augen zuhält. Hierauf legt sie ein grünes Rautenkränzlein, das aber kaum so groß als ein Thaler ist, auf ein schönes Schnupftuch vor sich auf den Tisch. Die nächsten Freunde bringen ihre Geschenke zuerst und es müssen Braut und Bräutigam wie auch die Anverwandten, so dabei sitzen, die Hand zuerst bieten, alsdann das Geschenk mit dem Wunsch übergeben und einem Jeden wieder die Hand bieten. Wenn von Etlichen Bettpfüle und Kissen verehrt worden sind, so legen die dabei stehenden jungen Bursche ihnen solche, wobei sie den Freunden die Hände bieten, auf den Rücken und klopfen wacker mit beiden Händen darauf. Der eine Brautdiener giebt nun dem Hochzeitsgaste, wenn er sein Geschenk überreicht hat, ein großes Glas Bier, etwa mit folgender Formel: „Ehr hut Braut un Bräutgen ene Verihrege gethon, drum last auch weder emahl schenke.“ Nach dem Trunke giebt er [416] ihm auch etwas weniges Kuchen. Die Spielleute pflegen dabei etwas erhaben zu stehen und etliche gute Lieder während des Schenkens zu geigen. Dann muß der Brautdiener mit der Braut, so den Mantel umhat, ein oder zweimal herumtanzen, wobei die Braut den Mantel fallen lassen muß.

Hierauf machen sich die nächsten Verwandten nebst etlichen jungen Gesellen und Jungfrauen bei einem Schmauße noch etliche Stunden im Hochzeitshause lustig und dann schickt man sich zur Heimfahrt an. Die Braut begiebt sich nach beendigter Mahlzeit auf den Boden, allwo sie von ihren Eltern Abschied zu nehmen pflegt. Der Bräutigam aber muß selbst die Braut wieder vom Boden herabholen, und sich bei den Eltern für die Erziehung der Braut bedanken, und hierbei werden die Glückwünsche wiederholt. Dann führt der Bräutigam die Braut zu dem Wagen, auf welchem sie ganz vorn nach den Pferden zu stehen muß und einen Schleier wie auch den Hut des Bräutigams auf dem Haupte haben, was andeuten soll, daß der Mann des Weibes Haupt und sie ihm unterthan sein soll. Dann muß sie ein Glas Bier austrinken und das Glas an die Wand werfen. Der Bräutigam macht nun den Fuhrmann und fährt entweder im Hofe der Brautwohnung oder auf einem bequemen Platze dreimal in einem Zirkel herum, indem die Spielleute auf dem Wagen stehen und geigen. Die die Braut begleitenden jungen Burschen pflegen bisweilen auf geputzten Pferden zu reiten und zu schießen, oder wenn sie zu Fuß gehen, so schreien sie auf dem Wege aus vollem Halse. Außerdem fährt ein Wagen mit, auf welchem der Hausrath, den die Braut mitbringt, nebst einem angelegten Rocken steht. Kommt die Braut nun in das Haus des Bräutigams, so muß sie auf dessen Geheiß in das Ofenloch gucken, dann werden allerhand Glückwünsche dargebracht und noch ein Schmauß abgehalten.

Wenn die Frau niedergekommen ist und das Kind zur Taufe getragen wird, pflegt zuweilen eine erfahrene Frau oder Anverwandte mit der Wöchnerin, ehe das Kind wiedergebracht wird, in allen Kammern herumzugehen.

[417] In Bezug auf das Knechte- und Mägdemiethen ist zu bemerken, daß diese in den Zwölfnächten auf dem Markte stehen, die Hausväter und Hausmütter aber unter ihnen herumgehen, um die einzelnen Personen desto besser in Augenschein zu nehmen. Die Hausmütter werfen den Mägden das Miethgeld vor die Füße und geben Achtung, ob sie solches geschwind oder langsam aufheben, wo sie daraus die Hurtigkeit oder Faulheit der Dienstboten erkennen wollen. Wenn nun die Mägde anziehen, so setzen sie sich in die Stube ihres Herren so, daß sie das Gesicht nicht gegen die Thüre kehren, weil sie meinen, der Dienst werde nicht lange währen, wenn sie gleich das erste Mal die Augen nach der Thüre wenden. Dann richtet ihnen die Hausmutter noch eine gute Mahlzeit zu, welches die Wandersuppe genannt wird.

Wenn bei ihnen ein Mensch verschieden ist, so machen sie die Fenster auf. Die Leiche wird in dem Hofe unter freiem Himmel hingesetzt und die Leidtragenden stehen dahinter. Ist nun der Todte aus dem Hause hinausgetragen worden, so muß der, welcher im Hause bleibt, mit einem Besen das Haus kehren und solchen zur Thüre hinauswerfen. Die aber, welche am Grabe stehen, werfen einen Erdklos hinein, wenn der Todte eingesenkt wird.

In Bezug auf die Kleidung ist aber zu bemerken, erstlich was die Männer anlangt, daß sie von alten Zeiten her sehr breite und mit einem sehr hohen, spitzigen Thurm gezierte Hüte getragen haben, später bedieneten sie sich der niedrigen Bürgerhüte. Unter den Hüten trugen sie stets eine von Leder oder Tuch gemachte und mit Barchend oder Pelz gefütterte Mütze, welche sie nicht vor ihres Gleichen, sondern nur vor höhern Personen und zwar mit der linken Hand, den Hut aber mit der Rechten abnahmen. Um den Hals tragen sie einen schwarzen Flor. An den Arbeits- oder Wochentagen tragen sie einen Rock aus weißem Tuch mit spitzigen Aermeln und mit Hefteln unter dem linken Arme, wo ein sogenannter Brustlatz zugeheftet ist, und die bis an die Kniee gehen. So gehen die Knechte bei der Arbeit. Sonst [418] tragen sie insgemein einen langen von braunem, grauem oder schwarzem Tuche gemachten Rock, welcher auf der Brust zugeheftet ist und fast bis unter die Waden reicht. Bei Fest- und Ehrentagen pflegen sie einen Rock von gutem rothen Tuche mit vielen Falten zu tragen, so etwas vertieft, bei den Händen aber spitzige Aermel hat, unter den Aermeln aber zugeheftet ist und nur bis auf die Kniee langt und eine rothe Jacke genannt wird. Zuweilen haben sie über der sogenannten rothen Jacke ein schwarzes ledernes Wamms mit vielen Falten und großen Taschen ebenso lang als die letztgedachte rothe Jacke. Die Hochzeitbitter und Brautdiener pflegen noch über dem schwarzen Wammse einen weißen sogenannten Schmutzkittel als Vorrath anzuziehen. Die Beinkleider oder Hosen sind ziemlich weit und unter dem Knie zugebunden aus schwarzen Leder. Sonst tragen Männer und Frauen gewöhnlich Stiefeln oder auch lederne Strümpfe und sehr große Schuhe, was man für ein Zeichen einer streitbaren Nation hält.

Die Jungfrauen umwickeln die geflochtenen Haarzöpfe mit rothen, grünen oder schwarzen Tuch- oder auch Sammtstreifen, so zwei Finger breit sind und Schrote genannt werden. In dem Nacken hinunter hängen zwei schwarze lange seidene Bänder. Ueber diesen ungewickelten Zöpfen tragen sie eine runde lederne Mütze mit Fischotter um und um geziert. An Fest- und Ehrentagen haben sowohl die Jungfrauen als Bräute ein sogenanntes Hormt auf dem Kopfe, ein rund geformtes silbernes und vergoldetes Blech, zwei Hände hoch, inwendig mit rothem Sammt belegt und auswendig mit vergoldeten Flittern, so größer als ein Groschen wie Blätter formirt und um und um also geziert, daß sie im Gehen sich bewegen und klingeln.

Wenn die Frauen zum Abendmahl oder zur Beichte gehen, so haben sie den Kopf und das Kinn mit einem sehr blau gestärkten Schleier umwickelt. Bei Ehrentagen tragen sie eine von Seide oder Wolle gewirkte Haube, so wie ein Netz in den Nacken herab auf die Achsel hängt. Sonst pflegen die [419] Weiber sowohl als die Jungfrauen insgemein den ganzen Kopf bis an die Augen mit einer weißen Leinwand also zu verhüllen, daß ein Stück über den Rücken hinab hängt und man von dem Gesichte nur wenig sehen kann. Wenn aber die Jungfrauen in ihrem größten Schmuck gehen, so haben sie ein Krägelchen von gestärkter weißer Leinwand um, welches mit Draht in die Runde gebogen und als ein halber Mond um den Nacken steif bis an die Achseln steht, aber nicht auf ihnen aufliegt. In früherer Zeit trugen sie große weite Aermel von Schleier- oder weißer Leinwand, sodaß ein ganzes Siebmaaß Korn in einen ging. Heut zu Tag (d. h. 1703) sind sie etwas kleiner und müssen sehr blau gestärkt werden, weil sie dies für eine Zierde halten, an solchen hängt auf dem Rücken ein viereckiger Latz von weißer Leinwand mit schwarzer Seide durchnäht. Bei Ehrentagen tragen die Frauenzimmer rothe Jacken mit Falten, eben wie die Mannspersonen, insgemein aber ein schwarzes Tuch-Wamms oder ein sogenanntes ledernes Mieder. Vor der Brust pflegen sie gewöhnlich einen Latz von Sammt oder seidenem Zeuge zu haben. Um die Lenden tragen sie einen schwarzen ledernen Gürtel, so fast eine Spanne breit nebst einer weißen oben schmal eingefalteten Schürze. Ihr größter Putz besteht aber in einem Pelz, so viele Falten hat und in einem gefalteten Kittel. An Ehrentagen tragen die Jungfrauen knappe Stiefeln, die Frauen aber schwarze Tuchstrümpfe und Schuhe. Was die Sprache anlangt, so sprechen sie nicht mehr wendisch, sondern deutsch, aber einen ganz besonderen Dialect. Sie verändern erstlich bisweilen ganze Buchstaben z. B. in dem Worte „Maria“ machen sie aus dem Vocal i ein j, und aus dem Vocale a ein e und sprechen „Marje“. Zweitens verstümmeln sie die Worte und versetzen die Buchstaben, z. B. den Namen Elisabeth pflegen sie nicht in „Lise“ zu verderben, sondern auch den Vocal i vor das l zu setzen und sagen „Ilse“. Bisweilen versetzen sie nicht blos Buchstaben, sondern werfen sowohl vorn als hinten solche weg, z. B. in dem Worte „Dorothea“ pflegen sie erstlich die Buchstaben D und o [420] im Anfange und nachgehends das a am Ende wegzuwerfen, so heißt es denn „Orthe“. Als Beispiel ihres Dialects, von dem auch Firmenich, Völkerstimmen Bd. II. S. 246 fgg. einige Beispiele in Versen und Prosa gegeben hat, theilt nun Hr. Frise ein im J. 1687 zum Beschluß des Gregoriusfestes, wo man des Kaisers Leopold Sieg über die Türken bei Wien feierte, aufgeführtes Lustspiel mit, welches wir hier mittheilen, weil es ein ganz sonderbares Deutsch enthält und selbst Hrn. Firmenich unbekannt blieb.

Der kurze Inhalt des besagten Lustspiels ist nun folgender. Ein alter Bauer findet an seinem kleinen Sohne eine Neigung zum Studiren, er faßt also den Vorsatz, nach Altenburg zu gehen und ihm bei der Schule daselbst eine Stelle zu verschaffen. Es sieht aber die Sache anfangs etwas schwer aus, indem der Sohn wegen der Anstalt bei dem Gregoriusfest nicht gleich recipirt werden kann. Zu dem finden sich viele Freunde, welche dem Vater zu diesem Vorhaben entweder ab- oder zurathen. Endlich bleiben Vater und Sohn bei dem gefaßten Beschlusse und es wird ein Valetschmauß auf gutes Glück des Sohnes den Verwandten und Bedienten bei lustiger Musik gegeben.


Personen des Stückes.
1. Puhle, der Vater.
2. Mieke, die Mutter.
3. Barthel, Nachbarn im Dorfe.
4. Casper,
5. Pieter, der kleine Sohn.
6. Brusig, Großknecht.
7. Mareige, des Pieters kleine Schwester.
8. Kratsch, der andere Knecht.
9. Kriethe,
10. Orthe, Mägde.
11. Ilse.
[421]
Erster Auftritt.

Barthel. Wu hars Lands Kevatter Puhle, wie kiets, wie ißg aure Sache Kerothen, Dreber Er Keschwitzt hut wie eh Broten?

Puhle. Krusen Dank, Kevatter Pule, fer aure Frage, ich bin racht luschtg un uhne Ploge. Itz kleich kumm ich aus der Stod, die Almerg ehren Namen hot.

Barthel. Was hut ihr denne Durtinne Kethan, mey wald ehr michs nich wisse lahn?

Puhle. Ich fehrte men Suhn Pieter Kenant, der auch als Pathen wuhl bekannt zum Vurnahmen Kelarner durt, ha fallt ehn froge huhn Wort, un ehn runmahne nach Gebühr, salt hüre, was ha kelernt bey mir.

Barthel. Mey spart auer Kelt, käft mie Fald, namt Pietern das Buch aus der Hand, schickten derver ufs Laand, un nich in die Schule nei, ha kan auch schin beyn Pfaren sey.

Casper. Ey was, Pieter nich hengern pflug, denn ha iß mey trau racht kluk, unser Schulmester säte nu, ehr salt Pieter immer in de Schule thu.

Pieter. Was, ich sall nicht staudire, davun laß ich mich nich führe, ich lase schin Lotein behenge un mach ach vel Argumenge. Ich staudire in das Almerschen Schule, ehr makt wulle aber nich, Voter Puhle.

Puhle. Nu, nu Pieter, ich marck dich schun, du warst eh racht kelarger Suhn. Du larnst alle Künste parfact, wenn dich mund der Racter racht zuhackt.

Barthel. Weils su iß, de luß ichs kesey, mentwagen thut Pietern immer in de Schule nei. Katen de Wuche eh Hauß-Backen Brud, nu wenn ha dinne fey kut thut, da kucht en Zeiten en Tup vull Hirße, un spendirten Racter Zeit eh kericht Pirße: Dafir larnt ha Pietern wichtge Varse mache, das is beyn Kelarten enne preißliche Sache.

Anderer Auftritt.

Puhle. Dan wack sin ich und Pieter umsist kelafen, [422] weil mer ken Schul-Herrn deheme antrafen. Es wor e Spel, es wor e Larm, es wor ene Kait, es wor e Schwarm.

Brusig. Wiech hiere dehat Nackber Puhle sen Sohn in de Schule keführt, weß ha wuhl, was naues passirt?

Kretsch. Ha säte, es wäre e Kesumme un Kebrumme man konne nich vern Ractor kumme.

Brusig. Was is das ver enne Sache, die der Ractor zu Almerg muß mache?

Kretsch. Es sin silche lustge Schwencke, die ich nich kan kedenke.

Brusig. Mey, Pieter, erziehl mers racht, du bist sist e wackrer Knacht, vern Kare warste zwar e Kengscher Narre, heuer aber haste meh als e Kesparre.

Pieter. Ich kan es zwar nich racht kefasse, wenn ichs soll sah spele us der Kasse, su walt ech das Denck wuhl behale, es salt mehr ke Buchstebe fahle. Se saten, se walten van Tercken spela, wie sie ehn gehut uf der Schleif-Mehle, sie walen ah kut preiße un ihra, daß he Klück hut wulla beschire unsern huhen Putenthaten, da der Tercken-Krek kerathen.

Brusig. Nu verstieh ichs kantze Speel, ich wills har seh auf en Näel. Mer solln ah mit lustig sey uns über der Vickturga freih.

Dritter Auftritt.

Puhle. Nu wuhl an, ihr Knachte un Mäde, tantzt un sprinkt mit lustger Frede, laß men Suhn Pieter ah heute zu Ihren e friliges Hartze un Lustigket spüren. Frisch, Spelman, nu machmern Rumpuss, ich sprenge mit Mieken racht wedelg izt druff.

Mieke. Heute mach ich kene Butter, all mei Vieh das hat schun Futter. Ey wird es schiene stieh, wenn ich war zutantze kie.

Barthel. Ihr Spelleute, fedelt mit Macht, immer das kracht, zu fedelt die Säten alle uns Bauern zu Kefalle. Kriete, laß [423] dich nich su zarre, was will du dich lang sparre, hüppe sey wie anre Mäde, heut hun mer unsre Frede.

Kriete. An mer solls trauju nich fahle, ich will mich an auch stats hale saht ich ha Zwar hard Hänge, dach de Stefeln sin kelenge.

Casper. Ih Spelleute, schmert den krusen Fedel-Bugen un dernach sey frisch gezuchen, rumppelt uf den Säten hin, weil ich iz racht munter bin.

Ilse. Kasper, mei vaxir mich nich, du sprengst mir zu wunnerlich, loß mich leber ledig stiehe, daß ich nich zu tanze kiehe.

Brusig. Kratsch, wilte mit so kum, un sie dich nich lange um. Ja du denkst, wer ene hätte, ich nahm mine Kriete mette. Durt stieht ene, zerrse furt, wenn sie kleich en bißgen murrt.

Kriete. Ich kan nich kar schien ketantze Du siehst wie enne Pummerantze un bist sist ah fey behenge, deine Bene keschwenge.

Kretsch. Brusig, ich kumm kerannt, un ha Orten bey der Hand. Unser sin eh feiner Klump unter welchen kener stump.

Orthe. Ich ha zwar enne spitzge Nase dach ich bin ke albrer Haase, un ha saht en schienen Latz, Kretsch, du bist un bleibst mei Schatz.

Mareige. Pieter, heute hastu Ihre, was wilstu dich lange ziere? Laß dir mund en Vurrehn keige, hengen nach mag ich nich schleiche.

Chorus. Nu mer fangen an zu sprengen un das Ju! Ju! Heh! zu singen. Mer keben unsern knadgen Harrn Steuer, Schuß un Zinsen Karn, wenn mer mund noch Frede hun un im Lande bleibe kun.


Anmerkung. Es giebt ein späteres, vollständigeres Werk von C. Fr. Kronbiegel, Ueber die Sitten, Kleidertrachten und Gebräuche der Altenburgischen Bauern (Altenb. 1806 II. A. in 8. M. 15 col. Kpfrn. und 2 Bl. Musik), auf welches ich verweise.


  1. Aehnlich ward sonst in Istrien verfahren, (s. Valvassor, Beschr. d. Herzogth. Krain. P. II. L. VI. c. 9. S. 321. c. 10. S. 330) und auch in Rußland (s. Er. Francisci Geschichtspiegel S. 947).