Von dem erbärmlichen Todtschlage an einem Jubilierer

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Autor: unbekannt
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Titel: Warhafftiger Bericht / Von dem erbärmlichen Todtschlage / so sich in […] Halle […] begeben […] an einem Jubilierer Jacob Spor von Antorff / Bürger zu Franckfort am Mayn […] und wie […] der Thäter seine Strafe […] erlitten hat
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Erscheinungsdatum: 1605
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Quelle: im VD17 unter der Nummer 3:007469S
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Kurzbeschreibung: Diese Geschichte als Einblattdruck: Kurtze beschreibung von Friderich Kerschen gewesenen Bürgers in Hall end Vrtheil
Weitere Flugschriften des 17. Jahrhunderts
Siehe auch Kriminalitätsgeschichte
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[1]

Warhafftiger Bericht /
Von dem erbärmlichen Todtschlage / so sich in

der weitberümbten Stadt Halle in Sachsen begeben / vnd geübt worden / an einem Jubilierer Jacob Spor von Antorff / Bürger zu Franckfort am Mayn / wie der in einem Hause jämmerlich erschlagen / in Stücke zertheilet / Welche vmb die Stadt hin vnd wider verworffen / vnd doch durch Gottes Schickung wider gefunden / Auch der zusammen gelesene Cörper endlich begraben worden. Vnd wie folgents der Thäter offenbaret / nach Vrthel vnd Recht den 2. Augusti seine Straffe außgestanden vnd erlitten hat.


Menniglich zur Warnung in druck gegeben.
Geschehen im Jahr 1605.


[Bildumschrift links] Wer Menschen Blut vergeust / deß Blut soll auch durch Menschen vergossen werden / denn Gott hat den Menschen zu seim Bilde gemacht.

[Bildumschrift rechts] Genes. Cap. 9.[1]

[2]

[3] ALs man zehlete nach Christi Geburt / 1605. im Monat Junio / hat sich nachfolgende erschreckliche That begeben vnd zugetragen / in der weitberümbten Stadt Hall in Sachsen / von einem fürnemen jungen Bürger / Friederich Kersten genandt / der zwar von fürnemen Eltern geboren / zum guten erzogen / Auch mit ehrlichen Leuten sich befreundet / ehelich Weib vnd Kind nun etliche Jahr gehabt / Aber leider in ein wüste wilde Leben sich ergeben / sein ehrlich statlich patrimonium[2] liederlich hindurch gebracht / so wol als das jenige / was jhme zum Fürschub von seiner lieben Schwester / vnd andern guten Freunden widerfahren / hie hat kein warnen / vermahnen geholffen / als an einem jungen frechen Mann / biß es endlich fast fertig worden / vnd in grosse Schulden darzu gerathen. Wie man nun erfehret / das wenn die einheimische Güter verzehret sind / man alßdenn nach frembden außzuziehen pflegt / vnd do solchs auff guten weg sich nicht schicken wil / das man auff böse vnd arge Wege gedencket / also ists diesem Menschen auch begegnet. Welcher für Jahren mit einem Jubilierer / Jacob Spor genandt / der von Antorff bürtig / vnd ein Bürger zu Franckfurt am Mayn gewesen / in Kundschafft kommen / etliche Kleynot jhme abgehandelt / also / das er jhm eine zimliche Summa anheischig worden. Diesem Menschen nach zu trachten / hat jhme der Teuffel in sinn gegeben / inmassen er sich vormutlicher Reden vorher gegen etliche seiner vertrawten Freunde soll haben verlauten lassen / die aber nicht dencken können / das diß sein ernst were / Aber im verschienen Junio / den 4. desselben / do erwehnter Jacob Spor / seiner Handthierung halben zu Halle / etliche Tage vorher gewesen / vnd bey einem Bürger / Heinrich Mengering / in der Barfusser Gassen zur Herberg gelegen / Auch desselbigen Tages bey etlichen fürnemen Leuten / in vnd vor der Stadt / mit seinen Clinodijs / so etliche tausent Gulden werth seyn sollen / vmbhausiret / hat er jhn durch seinen Knaben / zu vnterschiedenen mahlen desselbigen Tages suchen lassen / welcher sich zwar anfenglich geweigert zu jhme zu kommen / weil er gewust / auch von sich gesagt / das er bey Friederich Kersten kein Gelt antreffen würde / vnd das er jhme vorher schuldig were / aber endlich [4] auff vnnachlessiges anhalten / hat er sich bewegen lassen / vnd ist gegen Abend zu jhme gegangen / da er jhn in der Thür / wie seine Nachbarin bezeuget / empfangen / vnd wilkommen heissen / bald zu sich in ein Hauß in der Ranischen Strassen / darinne dißmal niemands haußhalten soll / vnd seinem Schwäher zuständig / geführet in eine Stuben / do er mit jhme alleine gewesen / jhme freundliche Wort gegeben / vnd ein Gläser oder drey vom Bier zugetruncken / vnter solchem reden vnd trincken aber hat er seine Mordthat in acht gehalten / bey der hand einen Hammer gehabt / den er zu dem handel bey einem Schmiede geborget / denselbigen vnverwarnter weise zum Schlage gezuckt.

Hiervon aber hat er in seiner Gefengniß bericht gethan / daß er in pucto intentionis suæ. da er hat schlagen wollen / zwo vnterschiedliche Stimmen in der Stuben deutlich gehöret / do die eine geruffen / schlag zu / Die ander aber / ach schlag nicht. Solches hat er begeret / daß man es jhme nachsagen / vnd sonderlich die Prediger berichten wolle. Er aber hat der bösen Stimme gefolget / vnd mit getrostem Muth den Jacob Sporer / mit dem Hammer einen schlag an seine Stirne gegeben / darüber er einen schrey gethan / auff die seite an einen Stock gefallen / denselben blutrüstig gemacht / darnach hat er jhme noch einen Schlag in den Nacken gegeben / davon er todt blieben.

Do er nun den todten Cörper also für sich gesehen / drauff dencken wollen / wie er den Weg schaffen möchte / Ist jhme eine grosse Angst ankommen / das er eine weile zu Bette gegangen / aber nach außgestandenem paroxismo wider auffgestanden / Liecht angezündet / in die Stuben gegangen / sich darinne verschlossen / bedacht wie der den Cörper / den er also erschlagen im Mantel hat liegen lassen / von dar brechte / anfenglich ein Messer genommen / jhm vnter der Brust in Leib gestochen / der Meynung / daß er jhm denselben auffschneiden / vnd die Därme herausser nemen wolte / damit er leichter zu heben werden möchte / dann er den Cörper vorher nicht alleine hat bewegen können / ist willens gewesen / den in eine grosse Lade zubringen / vnd weg zuführen.

[5] Do jhme aber dieser Weg nicht angehen wollen / sintemal die Därme / einen sonderlichen fœtorem vnd Gestanck im Hause geben hetten / dabey die That zu spüren gewesen were / ist er bey sich raths worden / vnd folgents den Cörper zerstücket in acht Theil / dieselbigen stück nachmals etliche in schwartze Leilachen gefast / vnd nach einander vertragen / dergestallt / wie solches vor dieser Zeit in Abbildung deß erschrecklichen Mords an Tag gegeben ist. Zu welcher Zeit jedes stück außgetragen worden / ist mir noch nicht zu wissen worden. Aber wie ein jeder Theil gefunden worden / solches hat man auffgezeichnet.

Als den 5. Junij zu Abend ist das rechte Oberbein bey der Pulvermühle gefunden worden. Den 8. Junij hat man viel Stücke gefunden / als den Leib ohne Kopff / Arm vnd Beine / vor dem Galckthor bey der Landwehr / wenn man nach Merseburg gehen wil. Den rechten Arm hat man den 7. Juni funden an der Salpeter Hütten. Der lincke Arm ist den 8. Junij zu Passendorff gefunden worden. Der Kopff ist gefunden worden den 10. Junij bey der Marxbrücken vnten im Tümpel / der zwölff Wunden gehabt / vnd an dem das Kinn vnten vnd oben abgeschnitten / das er vnkändtlich hat seyn sollen. Das rechte Vnterbein ist auch in diesem Tage bey der Vogelstange gefunden worden / am Wasser bey Gimritz. Das lincke Oberbein ist den 10. Junij gefunden worden. Das lincke Vnterbein ist auch den 10. Junij gefunden worden bey Krölwitz / Das also / durch sonderliche Schickung Gottes / die vertragenen vnd zerstreweten membra fast alle wider zusammen bracht werden.

Wie man nun die Gliedmaß dergestallt wider zu hauffe versamlet / ist durch Anordnung der Obrigkeit / auch beförderung guter Gönner vnd frommen Leute / dieser kläglich zerstückte Jacob Sporer Christlicher weise / in versamlung vieler Menschen / in der Vorstadt Glaucha vor Halle / zur Erden bestettiget den 17. Junij / Gott verleyhe jhm eine selige Aufferstehung am jüngsten Tag. Diese That ist lange vertuscht gewesen / vnd etliche Leute darob vnverschuldter Weise in Verdacht gezogen / biß das durch sonderliche fleissige Inquisition / ein Erbar Hochweiser Rath der löblichen Stadt Halle / hinder die gründtliche Warheit kommen / [6] vnd durch sonderliche abgelegte Zeugniß der Author so klar specificiret worden / daß man auff keinen andern Menschen weiter hat sinnen noch dencken können / ohn das obgedachter Friedrich Kersten / der anfenglich mit glimpff besprochen / starck geleugnet / sich lange gestellet / als wann er nirgents von wüste. Auff gnugsame belernung aber hat ein Erbar / Hochweiser Rath mit der tortur[3] an jhn setzen müssen / vnd dazu neben jhrem bestelleten Meister Hansen / noch zween frembde Scharffrichter gebraucht / da er sich anfenglich driste vnd keck gestellet / aber da man jhme scharff zugesetzt / hat er loß geschlagen / anfenglich zwar eine Nothwehr / wie jetzo der Todtschäger brauch ist / auß dieser Mordthat machen wollen / da man jhme aber das nicht gestanden / vnd scherffer in jhn dringen wollen / hat er die That außgesagt / wie sie an sich selber gewesen. Vnd in fidem[4] hat er angezeiget / wo in dem Hause / da er den Mord begangen / die zwey Kästlein deß Jubilirers mit den Kleynodien zu finden / die er sonderlich verwaret / vnd nach geschehener That nicht wider ansehen wollen / auch willens gewesen seyn soll / solche ins Wasser zuversencken. Die also balde durch etliche abgesandte eines Erbarn Hochw. Raths gefunden / vnd auffs Rathauß getragen worden seyn / zu sampt dem Hammer vnd Messern / damit er diesen Jubilirer hingerichtet hat.

Auff solche bekandte / gestandene vnd erweisete That / hat sich ein Erbar Hochw. Rath Rechts belernen lassen / vnd endlich zur Execution geschritten den 2. Augusti / folgender gestallt: Das nemlich der Thäter juxta latam sententiam / da er die That vor Gerichte gestanden / also balde auff einen Wagen gesetzt / vnd mit zweyen glüenden Zangen / zu beyden Brüsten Knüpffe empfangen / Nachmals zwischen zweyen Predicanten hinauß für das Steinthor an die Gerichtsstat geführet / do er vnter weges mit frewdigen Hertzen / mit beten vnd singen / Gott dem HERRN seine Seele befohlen / vnnd zum Tode getrost gewesen / ob er gleich so zu rechnen schier nüchtern gewesen. Do man jn an die Gerichtsstadt gebracht / ist ein Pallast auff einen Hügel auffgerichtet gewesen / dohinauff er geführet / sich zur straffe willig ergeben / sein Wammes selber außzogen / vnd seine Straffe außgestanden / Also / daß jhn der Nachrichter [7] von oben her mit einem Rade seinen Leichnam mit 15. Streichen zerstossen / nachmals jhn auff ein auffgerichtes Rad gelegt / dergestallt / daß er mit seinem Halse an einem Galgen / so auff das Rad gebawet / hangende hat sitzen vnd liegen müssen / vnd also sein Leben geendiget. Gott von Himmel / der diesen grossen Sünder Busse gegeben / vnd seine Seele ohne allen zweiffel zu Gnaden angenommen / wolle jhm am jüngsten Tage eine selige Aufferstehung durch Christum verleyhen / Amen.

Dieser grawsamen vnerhörten That / hat diese zeit vber die löbliche Stadt Halle entgelten / vnd mit ihren ehrlichen Einwohnern vnd Bürgern ein vnverschuldte calumniam[5] vor andern Städten hin vnd wider tragen müssen / Als wenn die Bürger zu Halle alle Mörder vnd Menschen Metzger weren / daß / wie der Bericht ankommen / man die Leute geflohen / auch manchem hönisch die That / davon er weder Wort noch Weise gewüst / verhoben hat. Wie redlich nun solche Leute gehandelt haben / oder auch noch handeln / das möchten sie doch bey sich selbst ermessen vnd abnemen. Es spricht der HERR Christus Matth. 7. Alles / das jhr wollet / das euch die Leute thun sollen / das thut jhr jhnen: Im gegentheil / was jhr nicht wollet / das die Leute euch thun sollen / das thut jhr jhnen auch nicht. Nun ist ja keiner vnter solchen Calumnianten / daß / wo dergleichen / auch wol grössere Thaten bey jhnen geschehen weren / durchs Teuffels Verführung / man jhme / do er vnschuldig were / solches zumessen solte. Es möchtens solche Lästerer an sich versuchen lassen / vnd sehen wie es jhnen gefiele / mögen derwegen wol seuberlicher fahren.

Wann die zu Halle diese Taht gebilliget vnd vertretten hetten / wie die Benjamiten theten Judic. 19.20.21. so die schändliche Nothzucht an deß Leviten Weib begangen / vbertrugen / darob auch fast der gantze Stamm zu grunde gieng / so möchte es eine Meynung haben / das jederman zu Halle schuld tragen müste. Nun ist ja klar vnd offenbar / daß nichts allein die Prediger deß Orts / mit grossem ernst von Eiffer zu vielen mahlen / diese vnerhörte schreckliche That in Predigten gerüget / die Obrigkeit zur fleissigen inquisition vnd gebürlichen Straffe solcher Vbelthat vermahnet / auch Gott im Himmel vmb die manifestation / vmb seine [8] Göttliche Rach angeruffen / darneben die Zuhörer zu solcher bitte vermahnet / damit deß vnschüldigen Bluts wegen Gott / nicht eine gantze Stadt straffen dörffte / Sondern die Obrigkeit in vnd ausser der Stadt / hat warlich an müglichem vnd menschlichem fleiß nichts erwinden lassen / So ist auch fast niemand in der gantzen Stadt gewesen / der nicht jnniglich erseufftzet / vnd gebeten / Gott wolle jhnen vnschuldig Blut nicht zurechnen / sondern den Thäter offenbaren / Solches ist Gott vnd aller Welt bekandt / Wie dörffen denn die Schand: vnd Lästermäuler diese Stadt vnd Einwohner so vnverschempt anfassen vnd außschreyen?

Viel mehr hette das einem jeden gebüret vnd wol angestanden / daß er ein hertzliches Christliches Mitleyden mit denen von Halle getragen / vnd miseriam generis nostri[6] beweinet / daß der Sathan in der Christenheit so mächtig / vnd durch Verhengniß Gottes solche vnmenschliche Thaten / durch seine Verführung außrichten dörffte. Sie solten bedencken / was jhnen allen vnd jeden widerfahren möchte / wo nicht in solchen / doch in andern schwerern Fällen / wenn Gott der HERR die Hand abzüge. Dann wie Augustinus spricht: Non est peccatum quod fecit homo, quod non possit facere omnis homo, si deseratur ab eo, per quem factus est homo. Im Vater vnser solten sie lernen beten vnd verstehen die sechste Bitte / Führe vns nicht in Versuchung. Vnd in der Litaney / den Verß: Für deß Teuffels Trug vnd List / Behüt vns lieber HERRE Gott. Denn wer da stehet / der sehe wol zu / das er nicht falle / 1. Corinth. 10. Solches vergessen solche calumnianten / vnd wollen gleichwol für Christen gehalten werden. Aber hievon gnug.

Gott der HERR tröste die jenigen / so durch diesen kläglichen Fall betrübet worden sind / vnd behüte vns allesampt für schweren Sündenfällen / vnd mache es einmal ein Ende mit deß Teuffels Reich / durch die herrliche Zukunfft seines lieben Sohnes Jesu Christi / Amen.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Das erste Buch Mose (Genesis) / 9. Kapitel: Gottes Bund mit Noah.
  2. patrimonium, (lat.) vom Vater ererbtes Vermögen
  3. lat., Marter, Qual
  4. lat., in Treue, getreulich
  5. lat., falsche Anklage; Betrug
  6. unsere bemitleidenswerten Landsleute