Von dem Ursprung der Hertzogen von Zeringen
Die sag ist, das die Hertzogen von Zeringen vor zeitten Köler seind gewesen, unnd haben jr wonung gehabt in dem gebirg, unnd den welden (Wäldern) hinter Zeringen dem schlos, da es dann itzund stehett, unnd haben alda Kollen gebrent. Nun hatt es sich begeben, das derselbig Koler an einem ordt in dem gebirg kollen hatt gebrant, unnd hatt mit demselbigen Grundt und Erden den Kolhauffen bedeckt, unnd den ungefert also do ausgebrant.
Da er nun die Kollen hinweg hatt gethan, hatt er an dem [352] Boden eyn schwere, geschmelzte Matery funden, unnd das also besichtigett, do ist es gut silber gewesen, also hatt er fürder immerdar an demselbigen Ordt kollen gebrant, unnd wieder mit derselbigen Erden unnd grundt bedeckt, unnd da aber silber funden, wie vor, darbey er hatt mercken können, das es des Bergs und des grundts schuldt sey, unnd hatt solches in geheim bey im behalten, unnd von tag zu tag an demselbigen ordt kollen gebrandt, unnd ein grossen schatz silbers darmit zusammen bracht.
Nun hatt es sich in solcher Zeitt begeben das ein König vertriben wardt vom Reich, unnd flohe auf den Berg im Breisgaw genant der Keyserstull, mit weib unnd mit kindern, unnd allem sein Gesind, unnd leidt da gar viell armutt mit den seinen. Nun lies er darnach ausruffen, wer der were, der im hülff wollt thun, darmit er wieder zum Reich möcht kommen, dem wolt er ein Tochter geben, unnd jn zu einem Hertzogen machen. Da nu das der vorgenant Koler vernam, do fügte es sich, das er mit etlicher Bürde Silbers zu dem Künig zog, unnd an jm begerett, das er sein Sonn (Sohn) wollt werden, unnd das er jm sein Dochter solt geben, unnd darzu das landt unnd die Gegene, do dan itzt Zeringen das schlos unnd die stadt Freyburg steht, so wolt er jm ein solchen schatz von silber geben unnd überlieffern, darmit er woll das Reich wieder gewinnen unnd überkommen kunntt. Do nun der Künig solches verstund, verwilliget er darein unnd thatt, wie er versprochen hatt, unnd gab dem Koler, den er zum Son annam, die Dochter zu der ehe, unnd die gegene des landts darzu, wies er das begeret hatt. Da hub der sun an, unnd lies das ertz schmeltzen, unnd überkam gros gut darmitt, unnd bauet Zeringen unnd das schlos, do macht in der Römische Künig sein schweher zu einen Hertzogen zu Zeringen, unnd nant jn ein Hertzogen von Zeringen, darnach bawet er die stadt Freyburg im Breisgaw, unnd andere umliegende stett unnd schlösser mer, unnd da er nun also mechtig wardt, unnd an gutt, ehr unnd Gewalt freuntlich zunam, do hub er an unnd wardt zu einem grossen tyrannen, gebott seinem eigen koch, das er im solt einen jungen knaben bratten unnd zurüsten, dan er wolt versuchen wie gut das menschen fleisch zu essen were. Welches jme der koch vollbracht nach des Herren bevelch unnd willen, unnd da der knab gebraten [353] war, unnd man jn zu tisch bracht dem Herren, unnd er jn sach vor jm stehen, so fiel ein solcher großer schreck unnd furcht in den Herren, das er darumb große rew unnd leidt umb die sünde die er volbracht hatt, überkam, unnd ließ für solche sünde zwey Clöster bawen mit namen das ein zu St. Ruprecht, unnd das ander zu St. Petter auf dem Schwartzwaldt, darmit das im Gott der Herr die groß tyranney unnd sünd die er begangen hatt, verzeihen unnd vergeben solt, unnd Barmhertzigkeitt erzeigen, darmit er nicht pein leiden müst.
(Siehe den Anhang zu Jacob’s von Königshoven „Elsassische Chronicke“: „Freyburgische Chronicke,“ S. 44 u. 45. Die hier erzählte Scene vor dem Auftischen des gebratenen Knaben ist der Romanze „Der versteinerte Herzog“ – Siehe S. 358 – eingeflochten worden; unter diesem ist aber, laut andern Sagen, nicht jener Berthold I., welcher Zähringen gründete, sondern Berthold V. gemeint.)