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Titel: Vom Aberglauben
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aus: Clausthalischer allgemeiner Harz-Berg-Calender auf das Jahr 1805
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Erscheinungsdatum: 1804
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Erscheinungsort: Clausthal
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Quelle: Commons
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[17]
Vom Aberglauben.
Martin und Friedrich.


M. War es denn dein Ernst, daß du zu deinem Sohne sagtest, er solle die Harke aufheben, denn es habe nichts Gutes zu bedeuten, wenn sie so läge, daß die Zacken aufwärts stünden?

F. Freilich war es mein Ernst.

M.Ueber den Mann! Ey! hätte ich dich doch nicht für so abergläubig gehalten.

F. Nun, abergläubig bin ich auch nicht.

M. Wenn du es nicht bist, wie kannst du denn sagen, es habe nichts Gutes zu bedeuten, wenn die Harke so liege, daß die Zacken aufwärts stehen?

F. Das kann ich mit allem Recht sagen.

M. So! Giebts denn noch mehr solche Dinge, die nichts Gutes zu bedeuten haben?

F. Allerdings.

M. Welche denn?

F. Zum Beyspiel wenn der Misthacken im Hofe auf den Rücken liegt, daß die Zacken aufwärts stehen, wenn die Sense so gelegt wird, daß sie mit der Spitze oder Schneide in die Höhe steht, wenn die Harke oder Furke, jene mit dem Stiele aufwärts, diese mit den Spitzen in die Höhe an einem Heuhaufen oder an einem beladenen Fuder angelegt wird –

M. Das kann ich nicht begreifen, wie das Alles Unglück verursachen soll.

F. Und ich sehr leicht.

M. Erkläre es mir doch?

F. Ueberlege nur selber, wenn die Dinge alle, die ich dir genennt, mit den Spitzen aufwärts da liegen, oder gestellt seyn, so kann es leicht geschehen, daß jemand jählings gelaufen kommt, stolpert, in die Spitzen fällt und das größte Unglück hat. Wenn die Harke mit dem Stiele aufwärts an ein Fuder Getraide hingelehnt ist, so ist es leicht möglich, daß der, welcher es geladen, an denselben will herunter rutschen, und sich in denselben [19] spießet. Ich kann dir davon einen merkwürdigen Unglücksfall erzählen.

     In der Gegend von Lucca im Altenburgischen hatte ein Landmann mit seinem Gesinde das Heu auf der Wiese in Haufen gesetzt. Nach Fertigung eines großen Haufens will der, oben auf demselben stehende Knecht herunter springen, weiß aber nicht, daß eine Harke oder ein Rechen an demselben angelegt ist, und spießet sich den Harkenstiel beym herunter springen zum Unterleibe hinein, und bey der Schulter wieder heraus. Die Anwesenden waren kaum im Stande, ihm den Stiel wieder heraus zu ziehen. Und ob schon der Chirurgus allen Fleis anwendete, so starb doch der Verunglückte die Nacht darauf.

M. Ja das lasse ich mir gefallen: aber so hättest du doch nicht sollen sagen, es habe nichts Gutes zu bedeuten, wenn die Dinge verkehrt da lagen; sondern du hättest sollen sagen, es könne leicht jemand daran Schaden nehmen.

F. Das hätte ich gekonnt, ja, allein die Kinder und die Dienstbothen sind gar zu leichtsinnig, sage ich zu ihnen, es kann leicht jemand da Schaden nehmen, so denken sie: es wird doch nicht gleich jemand darein fallen, und lassen das Ding liegen; sage ich aber: es hat nichts Gutes zu bedeuten, so fürchten sie sich, und heben es eher auf. Wenn sie älter und verständiger werden, so erkläre ich ihnen die Sache, wie ich mich gegen dich geäußert; dann aber sind sie der Behutsamkeit einmal gewohnt und beobachten sie Forthin.

M. Ja, ganz gut; aber du nährst und beförderst doch dadurch gewissermaaßen den Aberglauben?

F. Ja und Nein, wie du willst. Einen solchen Aberglauben, der den Menschen nach meiner Einsicht ganz und gar keinen Schaden bringt, sondern vielmehr den augenscheinlichsten Nutzen schafft, nähre ich; aber nur eine Zeitlang. Kinder und Erwachsene, die ihnen im Gebrauche ihrer Vernunft gleichen, lassen sich durch die Furcht vor den ihnen bekannten Uebeln oft gar nicht zurück [21] halten; aber die Furcht vor ungewissen und unbekannten Uebeln schreckt sie heilsam ab, Etwas zu thun, wovon böse Folgen oft sehr fern zu seyn scheinen. Sonst aber warne ich überall bey jeder Gelegenheit vor dem Aberglauben. Sagt jemand, es zeige Unglück an, wenn einem frühmorgens zuerst eine alte Frau begegnet, oder ein Haase über den Weg läuft, so lache ich ihn aus, oder belehre ihn. u. s. w.

M. Nun auf die Art laß ichs gelten!