Verordnung, betreffend die Rechtsverhältnisse in Samoa
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(Nr. 2659.) Verordnung, betreffend die Rechtsverhältnisse in Samoa. Vom 17. Februar 1900.
Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen etc.
verordnen auf Grund des Gesetzes, betreffend die Rechtsverhältnisse der deutschen Schutzgebiete (Reichs-Gesetzbl. 1888 S. 75), im Namen des Reichs, was folgt:
§. 1.
- Das Gesetz über die Konsulargerichtsbarkeit vom 10. Juli 1879 (Reichs-Gesetzbl. S. 197) kommt in Gemäßheit des §. 2 des Gesetzes, betreffend die Rechtsverhältnisse der deutschen Schutzgebiete, in dem Schutzgebiete von Samoa mit den im Folgenden vorgesehenen Abänderungen zur Anwendung.
§. 2.
- Der Gerichtsbarkeit (§. 1) unterliegen alle Personen, welche in dem Schutzgebiete wohnen oder sich aufhalten, oder bezüglich deren, hiervon abgesehen, ein Gerichtsstand innerhalb des Schutzgebiets nach den zur Geltung kommenden Gesetzen begründet ist, die Eingeborenen jedoch nur, soweit sie dieser Gerichtsbarkeit besonders unterstellt werden. [137]
- Der Gouverneur bestimmt mit Genehmigung des Reichskanzlers (Auswärtiges Amt, Kolonial-Abtheilung), wer als Eingeborener im Sinne dieser Verordnung anzusehen ist, und inwieweit auch Eingeborene der Gerichtsbarkeit (§. 1) zu unterstellen sind.
§. 3.
- Die nach §. 2 des Gesetzes, betreffend die Rechtsverhältnisse der deutschen Schutzgebiete, für die Rechtsverhältnisse an unbeweglichen Sachen, einschließlich des Bergwerkseigenthums, maßgebenden Vorschriften finden keine Anwendung. Der Reichskanzler (Auswärtiges Amt, Kolonial-Abtheilung) und mit dessen Genehmigung der Gouverneur sind bis auf Weiteres befugt, die zur Regelung dieser Verhältnisse erforderlichen Bestimmungen zu treffen.
§. 4.
- In Strafsachen findet die Hauptverhandlung ohne die Zuziehung von Beisitzern statt, wenn der Beschluß über die Eröffnung des Hauptverfahrens eine Handlung zum Gegenstande hat, welche zur Zuständigkeit der Schöffengerichte oder zu den in §§. 74, 75 des Gerichtsverfassungsgesetzes bezeichneten Vergehen gehört.
§. 5.
- Die Gerichtsbarkeit in den zur Zuständigkeit der Schwurgerichte gehörenden Sachen wird der Gerichtsbehörde erster Instanz in Apia übertragen. Für diese Sachen finden die Vorschriften Anwendung, welche für die im §. 28 des Gesetzes über die Konsulargerichtsbarkeit bezeichneten Strafthaten gelten.
§. 6.
- Als Berufungs- und Beschwerdegericht wird für das Schutzgebiet an Stelle des Reichsgerichts (Gesetz über die Konsulargerichtsbarkeit §§. 18, 36, 43) eine Gerichtsbehörde zweiter Instanz in Apia errichtet, welche aus dem zur Ausübung der Gerichtsbarkeit zweiter Instanz ermächtigten Beamten als Vorsitzenden und vier Beisitzern besteht.
- Auf die Beisitzer und den Gerichtsschreiber finden die Vorschriften in §. 6. Abs. 2, §§. 7, 8, 10 des Gesetzes über die Konsulargerichtsbarkeit entsprechende Anwendung.
- Auf das Verfahren in der Berufungs- und Beschwerdeinstanz finden, soweit für dieses nicht besondere Vorschriften getroffen sind, die das Verfahren in erster Instanz betreffenden Vorschriften entsprechende Anwendung. Die §§. 9 und 28 des Gesetzes über die Konsulargerichtsbarkeit bleiben außer Anwendung.
- In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, in Konkurssachen und in den zur streitigen Gerichtsbarkeit nicht gehörenden Angelegenheiten erfolgt die Entscheidung über das Rechtsmittel der Beschwerde unter Mitwirkung der Beisitzer, wenn die angefochtene Entscheidung unter Mitwirkung von Beisitzern ergangen ist.
- In den im §. 5 bezeichneten Strafsachen ist die Vertheidigung auch in der Berufungsinstanz nothwendig. In der Hauptverhandlung ist die Anwesenheit des Vertheidigers erforderlich; der §. 145 der Strafprozeßordnung findet Anwendung. [138]
§. 7.
- Die Todesstrafe ist durch Erschießen oder Erhängen zu vollstrecken.
- Der Gouverneur bestimmt, welche der beiden Vollstreckungsarten im einzelnen Falle stattzufinden hat.
§. 8.
- Für die Zustellungen, die Zwangsvollstreckungen und das Kostenwesen können einfachere Bestimmungen zur Anwendung kommen.
- Der Reichskanzler (Auswärtiges Amt, Kolonial-Abtheilung) und mit dessen Genehmigung der Gouverneur sind befugt, die erforderlichen Anordnungen zu treffen.
§. 9.
- Das Gesetz, betreffend die Eheschließung und die Beurkundung des Personenstandes von Reichsangehörigen im Auslande, vom 4. Mai 1870 (Bundes-Gesetzbl. S. 599) findet in dem Schutzgebiet auf alle Personen, welche nicht Eingeborene (§. 2 Abs. 2) sind, Anwendung.
§. 10.
- Diese Verordnung tritt mit dem Tage ihrer Verkündung im Schutzgebiet in Kraft.
- Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Kaiserlichen Insiegel.
- Gegeben Jagdschloß Hubertusstock, den 17. Februar 1900.