Gesetz über die Konsulargerichtsbarkeit

Gesetzestext
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Titel: Gesetz über die Konsulargerichtsbarkeit.
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Fundstelle: Deutsches Reichsgesetzblatt Band 1879, Nr. 26, Seite 197 - 206
Fassung vom: 10. Juli 1879
Ursprungsfassung:
Bekanntmachung: 19. Juli 1879
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(Nr. 1319.) Gesetz über die Konsulargerichtsbarkeit. Vom 10. Juli 1879.

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen etc.

verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesraths und des Reichstags, was folgt:

I. Allgemeine Bestimmungen.

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Die Konsulargerichtsbarkeit wird in den Ländern ausgeübt, in welchen ihre Ausübung durch Herkommen oder durch Staatsvertrag gestattet ist.
Der Konsulargerichtsbarkeit sind die in den Konsulargerichtsbezirken wohnenden oder sich aufhaltenden Reichsangehörigen und Schutzgenossen unterworfen.
Die Konsulargerichtsbezirke werden von dem Reichskanzler nach Vernehmung des Ausschusses des Bundesraths für Handel und Verkehr bestimmt.
In Betreff des bürgerlichen Rechts ist anzunehmen, daß in den Konsulargerichtsbezirken die Reichsgesetze, das preußische Allgemeine Landrecht und die das bürgerliche Recht betreffenden allgemeinen Gesetze derjenigen preußischen Landestheile, in welchen das Allgemeine Landrecht Gesetzeskraft hat, gelten.
In Handelssachen kommt zunächst das in dem Konsulargerichtsbezirke geltende Handelsgewohnheitsrecht zur Anwendung.
In Betreff des Strafrechts ist anzunehmen, daß in den Konsulargerichtsbezirken das Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich und die sonstigen Strafbestimmungen der Reichsgesetze gelten. [198]
Die in den Konsulargerichtsbezirken geltenden Strafgesetze der Landesregierungen bleiben außer Anwendung, insofern nicht durch Staatsverträge oder Herkommen etwas Anderes bestimmt ist.
Der Konsul ist befugt, für seinen Gerichtsbezirk oder einen Theil desselben polizeiliche Vorschriften mit verbindlicher Kraft für die seiner Gerichtsbarkeit unterworfenen Personen zu erlassen und die Nichtbefolgung derselben mit Geldstrafen bis zum Betrage von einhundertfünfzig Mark zu bedrohen. Diese Vorschriften sind sofort in Abschrift dem Reichskanzler mitzutheilen.
Der Reichskanzler ist befugt, die von dem Konsul erlassenen polizeilichen Vorschriften aufzuheben.
Die Verkündung der polizeilichen Vorschriften sowie die Verkündung der Aufhebung derselben erfolgt in der für konsularische Bekanntmachungen ortsüblichen Weise, jedenfalls durch Anheftung an die Gerichtstafel.
Die Konsulargerichtsbarkeit wird durch den Konsul (§. 2 des Gesetzes, betreffend die Organisation der Bundeskonsulate, vom 8. November 1867 – Bundes-Gesetzbl. S. 137 –) und durch das Konsulargericht ausgeübt.
Der Konsul ist zur Ausübung der Gerichtsbarkeit befugt, wenn er dazu von dem Reichskanzler ermächtigt ist.
Der Reichskanzler kann neben dem Konsul, sowie an Stelle desselben einem anderen Beamten die Befugnisse des Konsuls bei Ausübung der Gerichtsbarkeit übertragen.
Das Konsulargericht besteht aus dem Konsul als Vorsitzenden und zwei Beisitzern, insoweit dieses Gesetz nicht die Zuziehung von vier Beisitzern vorschreibt.
Den Beisitzern steht ein unbeschränktes Stimmrecht zu.
Der Konsul ernennt für die Dauer eines jeden Jahres aus den achtbaren Gerichtseingesessenen oder in Ermangelung solcher aus sonstigen achtbaren Einwohnern seines Bezirks vier Beisitzer und mindestens zwei Stellvertreter.
Die Beeidigung der Beisitzer erfolgt bei ihrer ersten Dienstleistung in öffentlicher Sitzung. Sie gilt für die Dauer des Geschäftsjahres. Der Vorsitzende richtet an die zu Beeidigenden die Worte: „Sie schwören bei Gott dem Allmächtigen und Allwissenden, die Pflichten eines Beisitzers des deutschen Konsulargerichts getreulich zu erfüllen und Ihre Stimme nach bestem Wissen und Gewissen abzugeben.“
Die Beisitzer leisten den Eid, indem Jeder einzeln, unter Erhebung der rechten Hand, die Worte spricht: „Ich schwöre es, so wahr mir Gott helfe.“ [199] Ist ein Beisitzer Mitglied einer Religionsgesellschaft, welcher das Gesetz den Gebrauch gewisser Betheuerungsformeln an Stelle des Eides gestattet, so wird die Abgabe einer Erklärung unter der Betheuerungsformel dieser Religionsgesellschaft der Eidesleistung gleich geachtet. Ueber die Beeidigung wird ein Protokoll aufgenommen.
Ist die Zuziehung von vier Beisitzern in den Fällen, in welchen sie durch dieses Gesetz vorgeschrieben ist, nicht ausführbar, so genügt die Zuziehung von zwei Beisitzern.
Ist in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten die Zuziehung von zwei Beisitzern nicht ausführbar, so tritt an die Stelle des Konsulargerichts der Konsul.
Die Gründe, aus welchen die Zuziehung von Beisitzern nicht ausführbar war, müssen in dem Sitzungsprotokoll bemerkt werden.
Der Konsul hat die Personen zu bestimmen, welche die Verrichtungen der Gerichtsschreiber und der Gerichtsvollzieher (Zustellungs- und Vollstreckungsbeamten) auszuüben haben. Sofern diese Personen nicht bereits den Diensteid als Konsulatsbeamte abgelegt haben, sind sie vor ihrem Amtsantritte auf die Erfüllung der Obliegenheiten des ihnen übertragenen Amtes eidlich zu verpflichten.
Das Verzeichniß der Gerichtsvollzieher ist in der für konsularische Bekanntmachungen ortsüblichen Weise, jedenfalls durch Anheftung an die Gerichtstafel bekannt zu machen.
Der Konsul hat die Personen, welche zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft zuzulassen sind, zu bestimmen. Die Zulassung ist widerruflich.
Gegen die Verfügung des Konsuls, durch welche der Antrag einer Person auf Zulassung zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft abgelehnt oder die Zulassung zurückgenommen wird, findet Beschwerde an den Reichskanzler statt.
Das Verzeichniß der zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft zugelassenen Personen ist in der für konsularische Bekanntmachungen ortsüblichen Weise, jedenfalls durch Anheftung an die Gerichtstafel bekannt zu machen.
Soweit dieses Gesetz nicht abweichende Vorschriften enthält, ist für die durch das Gerichtsverfassungsgesetz und die Konkursordnung den Amtsgerichten zugewiesenen Sachen der Konsul, für die den Schöffengerichten, sowie für die den Landgerichten in erster Instanz zugewiesenen Sachen das Konsulargericht zuständig.
In den zu der streitigen Gerichtsbarkeit nicht gehörenden Angelegenheiten, welche in den im §. 3 Absatz 1 bezeichneten preußischen Landestheilen in erster Instanz zur Zuständigkeit der Amtsgerichte oder der Landgerichte gehören, ist der Konsul zuständig. [200]
Die Vorschriften der Titel 13 bis 16 des Gerichtsverfassungsgesetzes finden auf die Ausübung der streitigen Gerichtsbarkeit mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, daß die im §. 183 vorgesehene Frist zwei Wochen beträgt.

II. Verfahren in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten und in Konkurssachen.

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Auf bürgerliche Rechtsstreitigkeiten und auf Konkurssachen finden die Civilprozeßordnung und die Konkursordnung nebst ihren Einführungsgesetzen, sowie die landesgesetzlichen Vorschriften, welche für die im §. 3 Absatz 1 bezeichneten preußischen Landestheile zur Ausführung jener Reichsgesetze erlassen oder neben denselben in Geltung sind, nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen entsprechende Anwendung.
Das Verfahren in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten vor dem Konsul sowie vor dem Konsulargerichte regelt sich nach den Bestimmungen der Civilprozeßordnung über das Verfahren vor den Amtsgerichten mit der Maßgabe, daß auch die Vorschriften der §§. 313 bis 319 der Civilprozeßordnung Anwendung finden.
In den vor das Konsulargericht gehörenden Sachen nehmen die Beisitzer nur an der mündlichen Verhandlung sowie an den im Laufe oder auf Grund derselben ergehenden Entscheidungen Theil.
Die Verrichtungen der Staatsanwaltschaft werden in Ehesachen im Falle des §. 585, sowie in Entmündigungssachen in den Fällen der §§. 607, 620 Absatz 4, 624 Absatz 3, 626 Absatz 3 der Civilprozeßordnung vom Konsul einer der zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft zugelassenen Personen oder in Ermangelung solcher einem anderen achtbaren Gerichtseingesessenen übertragen.
Im Uebrigen findet eine Mitwirkung der Staatsanwaltschaft nicht statt.
In den zur Zuständigkeit des Konsuls gehörenden bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten (§. 12 Absatz 1) finden, sofern der Werth des Streitgegenstandes die Summe von dreihundert Mark nicht übersteigt, Rechtsmittel nicht statt.
Im Uebrigen ist in den vor dem Konsul oder dem Konsulargerichte verhandelten bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten sowie in Konkurssachen zur [201] Verhandlung und Entscheidung über die Rechtsmittel der Beschwerde und der Berufung das Reichsgericht zuständig.
Gegen die Entscheidungen des Reichsgerichts findet ein weiteres Rechtsmittel nicht statt.
Die Vorschrift des §. 540 Absatz 3 der Civilprozeßordnung findet keine Anwendung, wenn die angegriffene Verfügung vom Konsul erlassen ist.
Das Rechtsmittel der Berufung wird bei dem Konsul eingelegt. Die Einlegung erfolgt durch Einreichung der Berufungsschrift. Auf die Einlegung findet die Vorschrift des §. 74 Absatz 1 der Civilprozeßordnung keine Anwendung. Der Konsul hat eine Abschrift der Berufungsschrift der Gegenpartei von Amtswegen in Gemäßheit des §. 164 der Civilprozeßordnung zustellen zu lassen und die Prozeßakten dem Berufungsgerichte zu übersenden.
Das letztere hat den Termin zur mündlichen Verhandlung von Amtswegen zu bestimmen und den Parteien bekannt zu machen.
Die Bekanntmachung des Termins erfolgt an den für die Berufungsinstanz bestellten und dem Reichsgerichte durch Vermittelung des Konsuls oder durch die Partei selbst rechtzeitig benannten Prozeßbevollmächtigten oder Zustellungsbevollmächtigten, in Ermangelung eines solchen an die Partei selbst.
Die Fristbestimmungen in den §§. 481, 484 der Civilprozeßordnung bemessen sich nach dem Zeitpunkte der Bekanntmachung des Termins an den Berufungsbeklagten.

III. Verfahren in Strafsachen.

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Auf Strafsachen finden die Vorschriften der Strafprozeßordnung und des Einführungsgesetzes zu derselben nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen entsprechende Anwendung.
Der Konsul übt die Verrichtungen des Amtsrichters und des Vorsitzenden der Strafkammer aus.
Auf die Zuziehung der Beisitzer findet die Vorschrift des §. 30 des Gerichtsverfassungsgesetzes entsprechende Anwendung.
Eine Mitwirkung der Staatsanwaltschaft findet nicht statt. Die Zustellungen, die Vollstreckung von Beschlüssen und Verfügungen sowie die Strafvollstreckung werden durch den Konsul veranlaßt. [202]
Soweit nach der Strafprozeßordnung die Staatsanwaltschaft wegen einer gerichtlich strafbaren und verfolgbaren Handlung einzuschreiten hat, ist der Konsul hierzu von Amtswegen verpflichtet. Er hat insbesondere die der Staatsanwaltschaft im vorbereitenden Verfahren obliegenden Ermittelungen anzustellen.
Eine Voruntersuchung findet nicht statt.
Die Bestimmungen des §. 126 der Strafprozeßordnung bleiben außer Anwendung.
Die Beeidigung eines Zeugen im vorbereitenden Verfahren ist auch aus den im §. 65 Absatz 2 der Strafprozeßordnung bezeichneten Gründen zulässig.
An die Stelle der öffentlichen Klage tritt in den Fällen, in welchen nicht sofort das Hauptverfahren eröffnet wird, die Verfügung des Konsuls über die Einleitung des Strafverfahrens gegen den Beschuldigten. Diese Verfügung hat die dem Angeschuldigten zur Last gelegte That unter Hervorhebung ihrer gesetzlichen Merkmale und des anzuwendenden Strafgesetzes zu bezeichnen.
Der Beschluß, durch welchen das Hauptverfahren eröffnet wird, hat auch die Beweismittel anzugeben.
In der Hauptverhandlung sind vier Beisitzer zuzuziehen, wenn der Beschluß über die Eröffnung des Hauptverfahrens ein Verbrechen oder ein Vergehen zum Gegenstande hat, welches weder zur Zuständigkeit der Schöffengerichte, noch zu den in den §§. 74, 75 des Gerichtsverfassungsgesetzes bezeichneten Handlungen gehört.
Den Umfang der Beweisaufnahme bestimmt das Gericht, ohne hierbei durch Anträge, Verzichte oder frühere Beschlüsse gebunden zu sein.
In das Protokoll über die Hauptverhandlung sind die wesentlichen Ergebnisse der Vernehmungen aufzunehmen.
Ist die strafbare Handlung ein zur Zuständigkeit des Reichsgerichts oder der Schwurgerichte gehöriges Verbrechen, so hat der Konsul die zur Strafverfolgung erforderlichen Sicherheitsmaßregeln zu treffen, sowie die [203] Untersuchungshandlungen, in Ansehung deren Gefahr im Verzug obwaltet oder die Voraussetzungen des §. 65 Absatz 2 der Strafprozeßordnung vorliegen, vorzunehmen und demnächst die Akten der Staatsanwaltschaft bei dem zuständigen Gerichte des Inlands, im Falle des§. 9 Absatz 1 Satz 2 der Strafprozeßordnung dem Ober-Reichsanwalt zu übersenden.
In den Fällen der §§. 45, 449 der Strafprozeßordnung beträgt die Frist zwei Wochen.
Gegen die in Strafsachen wegen Uebertretungen erlassenen Entscheidungen sind Rechtsmittel nicht zulässig.
In anderen Strafsachen findet gegen die Urtheile des Konsulargerichts das Rechtsmittel der Berufung statt.
Ueber Beschwerden gegen Entscheidungen des Konsuls entscheidet das Konsulargericht. Die Bestimmung des §. 23 Absatz 1 der Strafprozeßordnung findet hierbei keine Anwendung.
In den Fällen des §. 353 der Strafprozeßordnung ist der Konsul zur Abänderung seiner durch Beschwerde angefochtenen Entscheidung befugt.
Zur Verhandlung und Entscheidung über das Rechtsmittel der Beschwerde gegen die Entscheidungen des Konsulargerichts sowie über das Rechtsmittel der Berufung ist das Reichsgericht zuständig.
Gegen die Entscheidungen des Reichsgerichts findet ein weiteres Rechtsmittel nicht statt.
In den Fällen der §§. 353, 355, 358, 360 der Strafprozeßordnung beträgt die Frist zwei Wochen.
Die Frist zur Anfechtung einer Entscheidung beginnt für den Nebenkläger im Falle des §. 439 der Strafprozeßordnung mit der Bekanntmachung der Entscheidung an den Beschuldigten.
Der Konsul kann Zeugen und Sachverständige, welche zur Rechtfertigung der Berufung benannt sind, vernehmen und beeidigen, wenn die Voraussetzungen [204] des §. 65 Absatz 2 der Strafprozeßordnung vorliegen. Die Protokolle über diese Vernehmungen sind demnächst dem Ober-Reichsanwalt zu übersenden. Die Vorschriften der §§. 223, 250 Absatz 2 der Strafprozeßordnung finden entsprechende Anwendung.
Der Angeklagte kann in der Hauptverhandlung vor dem Berufungsgericht erscheinen oder sich durch einen mit schriftlicher Vollmacht versehenen Vertheidiger vertreten lassen.
Der nicht auf freiem Fuße befindliche Angeklagte hat keinen Anspruch auf Anwesenheit.
Insoweit der Angeklagte die Berufung eingelegt hat, ist über dieselbe auch dann zu verhandeln, wenn weder der Angeklagte noch ein Vertreter desselben erschienen ist.
Im Uebrigen finden die im dritten Abschnitt des dritten Buchs der Strafprozeßordnung gegebenen Vorschriften Anwendung.
Die Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Urtheil geschlossenen Verfahrens kann von Amtswegen erfolgen.
In Strafsachen, in welchen der Konsul oder das Konsulargericht in erster Instanz erkannt hat, steht das Begnadigungsrecht dem Kaiser zu.

IV. Verfahren in den Angelegenheiten, welche zu der streitigen Gerichtsbarkeit nicht gehören.

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In den durch §.12 Absatz 2 der Zuständigkeit des Konsuls zugewiesenen Angelegenheiten bestimmt sich das Verfahren nach den für die im §. 3 Absatz 1 bezeichneten preußischen Landestheile geltenden Vorschriften, insoweit diese Vorschriften nicht Einrichtungen und Verhältnisse voraussetzen, welche in den Konsulargerichtsbezirken fehlen.
Für die Verhandlung und Entscheidung über die nach Maßgabe der bezeichneten Vorschriften gegen die Entscheidungen des Konsuls zulässigen Rechtsmittel ist das Reichsgericht zuständig.

V. Schlußbestimmungen.

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In den Rechtssachen, auf welche die Civilprozeßordnung, die Strafprozeßordnung oder die Konkursordnung Anwendung findet, gelten das [205] Gerichtskostengesetz und die Gebührenordnungen für Gerichtsvollzieher, für Zeugen und Sachverständige, sowie für Rechtsanwälte. In den Angelegenheiten, welche zu der streitigen Gerichtsbarkeit nicht gehören, sind in Betreff des Gebührenwesens, soweit reichsgesetzliche Vorschriften nicht bestehen, die Bestimmungen der in den im §. 3 Absatz 1 bezeichneten preußischen Landestheilen geltenden Landesgesetze maßgebend.
Soweit die Gebühren der Rechtsanwälte durch Ortsgebrauch geregelt sind, kommt dieser zunächst zur Anwendung.
Die Einrückung einer öffentlichen Bekanntmachung in den Reichs-Anzeiger ist nicht erforderlich.
Geldstrafen fließen zur Reichskasse.
Neue Gesetze erlangen, soweit nicht reichsgesetzlich etwas Anderes bestimmt wird, in den Konsulargerichtsbezirken nach Ablauf von vier Monaten, von dem Tage gerechnet, an welchem das betreffende Stück des Reichs-Gesetzblatts oder der preußischen Gesetzsammlung in Berlin ausgegeben worden ist, verbindliche Kraft.
Dieses Gesetz tritt für alle Konsulargerichtsbezirke gleichzeitig mit dem Gerichtsverfassungsgesetz in Kraft. Mit demselben Zeitpunkte werden die Bestimmungen der §§. 22 bis 24 des Konsulargesetzes vom 8. November 1867 (Bundes-Gesetzbl. S. 137) und die Zusatzbestimmung des §. 3 des Gesetzes vom 22. April 1871 (Bundes-Gesetzbl. S. 87) aufgehoben.
Die Militärgerichtsbarkeit wird durch dieses Gesetz nicht berührt.
Soweit die am Tage des Inkrafttretens des Gesetzes anhängigen Rechtssachen nach den bisherigen Gesetzen zu erledigen sind, tritt an die Stelle des Appellationsgerichts in Stettin das Reichsgericht. Die an dem bezeichneten Tage bei dem Appellationsgericht in Stettin anhängigen Sachen gehen in der prozessualischen Lage, in welcher sie sich befinden, auf das Reichsgericht über. Auf die Entscheidungen des Reichsgerichts findet die Bestimmung des §. 18 Absatz 3 und des §. 36 Absatz 2 Anwendung. [206]
Der Reichskanzler hat die zur Ausführung des Gesetzes erforderlichen Anordnungen zu erlassen.
Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Kaiserlichen Insiegel.
Gegeben Bad Ems, den 10. Juli 1879.
(L. S.)  Wilhelm.

  Fürst v. Bismarck.