« Vorrede Vernünftige und Christliche Gedancken über die Vampirs §.2 »
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Textdaten
Autor: Johann Christoph Harenberg
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Titel: Vernünftige und Christliche Gedancken über die Vampirs ...
Untertitel: §.1 - Der gemeine Wahn von den Schmacken - Fressen und Bluhtaussaugungen der Verstorbenen.
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Erscheinungsdatum: 1733
Verlag: Johann Christoph Meißner
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Erscheinungsort: Wolfenbüttel
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Quelle: Digitalisat des Göttinger Digitalisierungszentrums bzw. bei Commons
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§.I

[25] Es ist ein alter und bey dem gemeinen Manne gar bekanter Wahn, daß die verstorbenen Cörper in den Gräbern annoch freßig und bluhtgierig seyn. Auf den umliegenden Dörffern findet sich die Gewohnheit, daß man die Zipfels des Sterbekittels zurückleget oder gar abschneidet. Denn man stehet in der Einbildung, daß der Todte, wenn er dergleichen Zipfel in den Mund bekomme, anfange zu schmacken und zu fressen, mit dem traurigen und schrecklichem Erfolge, daß die Anverwandten einer nach dem andern ausgezehret werden und sterben müssen, so lange solches Fressen oder Schmacken währet. Damit man diesem Ubel zuvorkomme, sind die Einwohner einiger Dorfschaften gewohnt, dem Verstorbenen einen Pflock in dem Hals über der Zunge zu befestigen, damit er die Zunge nach dem To[26] de nicht regen und seinen Feinden nachhero den Tod anthun könne. Vor einigen Jahren zancketen zwey Bauren in Ackenhausen wegen der Holtzung. Als der eine starb, war dem andern bange, daß er bald ausgezehret werden möchte. Er ging demnach bey zeiten zu dem Leichnam des Verstorbenen, und pflöckte demselben über der Zunge einen länglichtrunden Stock in dem Mund. Es sahe solches aber ein Kind, welches er nicht vermuhtet hatte. Die Sache wurde klagbahr, und wurde der Pflock, an welchem annoch etwas Bluht klebte, an das Hochfürstl. Amt Gandersheim gebracht. Der Thäter gestand solches so fort und führte die algemeine Gewohnheit der Dorf-Leute zu seiner Vertheidigung an. Ich erinnere mich auch, daß vor einigen Jahren auf dem Gottes-Acker vor Alfeld aus dem Grabe ein Schall eines Schmackens und Saugens von einigen, wie man sagte, gehöret worden. Wie solches der Obrigkeit gemeldet wurde, wolte dieselbe nicht vergönnen, daß man die Verstorbene ausgrübe und das Grab öfnete. Es folgete aber darauf keine Sterbens-Noht unter den Anverwandten oder Feinden. Vordem pflegte man dergleichen Cörper auszugraben und denselben einen Pfahl durchs Hertze zu schlagen, damit sich dadurch die Auszehrung und Aussaugung der Hinterbliebenen legen mögte. (a)[1] Samuel Friderich Lauterbach, Prediger zu Frauenstadt in Pohlen, schreibet in seiner Pest-Chronic, so er a. 1710. herausgegeben, von dieser Sache, und schliesset p. 26 also: Man will sagen, [27] als ob dergleichen Ausgraben auch jetzo hie in der Nähe an einem Römischen Orte fürgenommen worden, und hätten sich einige Leichen ganz bluhtig und befressen befunden, denen man die Köpfe abstossen lassen. Der seelige Lutherus meint (b)[2], daß der Satan dergleichen Gereusch anrichte und das Gehör dadurch betriege. Woraus erhellet, daß man schon damahls von dem Schmacken und Saugen, auch Fressen der verstorbenen in den Gräbern ein gemeines Gerüchte in der Welt ausgestreuet habe. Es ist gar mercklich, daß man insgemein zu Pestzeiten dergleichen Gereusch in den Gräbern will gehöret haben.


  1. (a): HARSDOERFER in iämmerlichen Mordgeschichten, p. 406
  2. (b): In Tischreden C. IX. f. 151.