Verlängerung der Blüthendauer

Textdaten
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Titel: Verlängerung der Blüthendauer
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aus: Die Gartenlaube, Heft 24, S. 406
Herausgeber: Adolf Kröner
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Erscheinungsdatum: 1893
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[406] Verlängerung der Blüthendauer. Es giebt Pflanzen, die sich den ganzen Sommer hindurch mit Blumen schmücken. Es sind aber nicht dieselben Blüthen, die an ihnen unser Auge erfreuen; gerade bei diesen fleißig Blühenden welken die einzelnen Blüthen rasch dahin, um durch frische, die sich aus neuen Knospen entfalten, ersetzt zu werden. Pflanzen dagegen, die nur wenige Blüthen erzeugen, tragen in der Regel dauerhaftere Blumen. So giebt es eine unermeßliche Reihe von Abstufungen in der Lebenslänge der Blüthen. Wie es Eintagsfliegen giebt, so kennen wir auch Eintagsblumen, und die schnelllebigsten unter ihnen könnte man sogar „Augenblicksblumen“ nennen; denn zwischen dem Aufblühen und Verwelken liegt bei ihnen nur die kurze Spanne Zeit von drei Stunden. Andererseits sind Blumen nicht selten, die tagelang bestehen; die Blüthe des Safrans (Crocus sativus) erhält sich zwölf Tage frisch, und besonders bei einigen Orchideen kommt diese Langlebigkeit zum Vorschein. Die ausdauerndste Blüthe der Welt dürfte das Odontoglossum Rossii liefern, denn bei dieser Orchideenart welkt die Blume erst nach achtzig Tagen. Zu wissenschaftlichen Forschungszwecken oder aus Liebhaberei suchte man die Dauer der einzelnen Blüthe auf künstlichem Wege zu verlängern. In gärtnerischen Zeitschriften wird der Rath gegeben, möglichst frühzeitig den Griffel der Blüthe zu entfernen; die Botaniker gingen in ähnlicher Art vor, indem sie die Narbe der aufgeblühten Blume derart schützten, daß auf dieselbe kein Pollen gelangen konnte. Sie machten die Befruchtung unmöglich, und es gelang ihnen in der That, die Dauer der Blüthe zu verlängern, denn es besteht in der Pflanzenwelt das Gesetz, daß die Blätter der Blumenkrone welk werden und abfallen, sobald der Pollen in die Narbe des Griffels eingedrungen ist und die Blüthe ihren Zweck erfüllt hat. Es giebt Pflanzen wie den Nachtschatten und die Tollkirsche, bei denen man die Folgen des Eindringens des Pollens in überraschend kurzer Zeit beobachten kann. Bestreicht man die Narben der Blüthen mit reifem Pollen, so sieht man, daß schon nach einer Stunde der Griffel welk und braun wird und zu Boden fällt, worauf bald auch das Welken der Blumenblätter eintritt.

Diese Beobachtungen belehren uns, warum die gefüllten Blumen der Nelken, Tulpen, Levkojen u. a. drei, ja acht Tage länger sich erhalten als die einfachen: bei den gefüllten Blumen sind ja sämmtliche Pollen- und Fruchtblätter in Blumenblätter umgewandelt; die Narbe ist in diesen Blüthen von der Natur selbst entfernt worden. *