Um Paris herum. III. Auf dem Mont Valerien

Textdaten
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Autor: Friedrich Gerstäcker
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Titel: Um Paris herum. III. Auf dem Mont Valerien.
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 9, S. 146-148
Herausgeber: Ernst Keil
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1871
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
Um Paris herum. I.
Um Paris herum. II.
Um Paris herum. IV. Die Brücke von Sèvres
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[146]
Um Paris herum.
Von Friedrich Gerstäcker.
III. Auf dem Mont Valerien.

St. Denis ist die einzige zur Festung umgeschaffene Stadt, welche Paris mit einschließen und vertheidigen half, der Valerien dagegen der höchste Hügel, der diese Vertheidigungslinie bildet, und deshalb auch am meisten bewehrt und mit den schwersten Geschützen versehen. Man hat auch von unserer Seite kaum je daran gedacht, ihn ernstlich anzugreifen, denn es war klar genug, daß wir, im Besitz einiger der anderen Forts, unsere Soldaten gar nicht an dieses Riesenwerk zu opfern brauchten, sondern Paris auch ohne dasselbe gewinnen könnten. Der Erfolg und die Zeit haben die Wahrheit dessen nur zu vollständig dargethan.

Welche enorme Summen und Arbeit hat der Mont Valerien gekostet und was hat er mit alle dem erreicht? – Er hat uns aus weiter Ferne wohl manchen braven Soldaten hingeopfert und unseren Cernirungskreis an der Stelle etwas weiter gehalten – das war aber Alles, sonst ist er nur seinem eigenen Lande verderblich geworden, und die Trümmer von St. Cloud bezeichnen die größte Heldenthat, die er in dem ganzen Kriege vollführt. Jetzt liegt er still, seine Riesenkanonen schweigen, seine Wälle sind von preußischen Soldaten besetzt, die mit klingendem Spiele dort einmarschirt, und auf seinen Zinnen weht die schwarz-weiß-rothe Bundesflagge.

Ich war von dem kaum eine Meile vom Valerien entfernten St. Germain zu Fuß dahin aufgebrochen und erreichte den Berg nach etwa zweistündigem Marsche, glücklicher Weise bei heute trockener Straße, denn bis jetzt war der Boden fast grundlos gewesen. In den kleinen dazwischen liegenden Orten, die fast nur aus reizenden Villen bestanden, lag beinahe allein Landwehr, aber ich sah heute nur fröhliche Gesichter und hörte nur lachende Stimmen unserer wackeren Soldaten. Die Aussicht auf das Ende dieses Krieges leuchtete ihnen ja, und daß dann die Landwehr zuerst in die Heimath zurückkehren durfte, wußten die Leute gut genug. Sie hatten den Soldatenrock mit Ehren getragen, aber sie wünschten sich doch wieder in ihre Arbeitsjacke, zu ihren Familien zurück, und wer diese Mannschaft näher kennt, wird wahrlich den wahnsinnigen Glauben nicht theilen, daß Deutschland je einen Eroberungskrieg aus freien Stücken beginnen könnte. Wer uns angreift, mag sich hüten, denn wie sich gerade die Landwehr geschlagen und den jungen Truppen Nichts nachgegeben hat, ist bekannt genug, aber sie wollen auch wissen, für was. Es sind keine Söldnertruppen, die man eben jedem anderen Volke, sei es für was es wolle, entgegenwerfen kann.

Die kleinen Plätze, die ich passirte, mochten wohl zum Theil im Winter stets unbewohnt sein, schienen aber vom Kriege doch nicht so viel gelitten zu haben, als weiter entfernte Städte. Die Jalousien waren meistens verschlossen, als ob kein Fuß die Häuser betreten hätte, und nur wenn Frankreich jetzt verblendet den Frieden zurückweisen sollte, werden sie das Schicksal der übrigen theilen müssen.

Als ich endlich den Fuß des Mont Valerien, ohne unterwegs nach irgendwelchem Papier gefragt worden zu sein, erreicht hatte, traf ich eine kleine Gruppe von Soldaten, die emsig damit beschäftigt war, den Boden neben der Chaussee auf- und ein tiefes Loch hineinzugraben. Sie hatten auch schon gefunden, was sie suchten – einen[1] Leitungsdraht, von denen sieben um den Berg herum liegen sollten. Diese Drähte waren aber, wie man mir sagte, bei der Uebergabe sämmtlich angegeben worden, und es scheint denn doch, als ob der Fall bei Laon in dem französischen Kriege vereinzelt dastehen solle, und von keinem der Officiere, sondern nur von irgend einem exaltirten Burschen herrührte, dem auch Nichts darauf ankam, sich selber mit zu opfern. Es bleibt aber immerhin ein nicht angenehmes Gefühl, wenn man weiß, daß man sich auf unterminirtem Boden und über einer unbestimmten Anzahl von Pulverfässern befindet, und man kann sich da nur allein auf die Pionniere verlassen, die schon Alles gethan haben werden, um sich selber wie ihre Cameraden sicherzustellen.

Nun war mir allerdings schon gesagt worden, daß es für jeden Civilisten sehr schwer sein würde, die Festung des Mont Valerien selber zu betreten, und ich hatte auf den verschiedenen Commandos unterwegs, so freundlich ich von Allen aufgenommen wurde, doch nirgends eine schriftliche Erlaubniß dazu bekommen können, da es nicht in ihrer Befugniß lag. Ich vertraute aber meinem guten Glück, das mich auch diesmal nicht im Stich ließ. Schon am ersten Thor traten mir zwei Soldaten mit vorgehaltenen Gewehren entgegen und verweigerten mir den Eingang – ich verlangte den Officier zu sprechen und erlangte es auch – der Herr zuckte mit den Achseln – er könne die Erlaubniß nicht geben. In diesem Augenblick wurde die Wache herausgerufen – höhere Officiere kamen angeritten und stiegen dort ab – der Lieutenant mußte mit antreten, und ich benutzte die Gelegenheit, mich an einen Obersten zu wenden, dem ich mich vorstellte und der mir in liebenswürdigster Weise anbot, ihn zu begleiten, denn sie wollten sich ebenfalls die Festung besehen. Somit war ich geborgen.

Und welch wunderbarer Ueberblick bietet sich, sobald man nur den oberen Rand der Wälle betritt, über das ganze weite, herrliche Land, denn unwillkürlich schweift der Blick da zuerst hinaus, aber selbst davon wird er wieder abgezogen und fällt auf die neuen, mächtigen Vorwerke, die unmittelbar vor der Festung, und zwar nach dem neuesten Vertheidigungssystem mit ungeheurer Arbeit sowohl, wie Kunstfertigkeit, angelegt sind, und den Mont Valerien jedenfalls uneinnehmbar gemacht haben. Riesige Erdwälle erheben sich an allen Seiten. Unmassen von Munition liegen da unten aufgehäuft, und schwere Geschütze bedrohen jede Richtung, von welcher der Feind nahen könnte. Unsere Granaten hatten dem Mont Valerien auch noch wenig oder gar keinen Schaden zugefügt, und diesen Erdwerken gegenüber bleibt es die Frage, ob sie ihn je hätten schädigen können. Aber der Hunger, mit den eisernen Grüßen, die wir von anderer Seite in die Hauptstadt schleudern konnten, kam uns zu Hülfe, und es war ein stolzes Gefühl, mit dem ich jetzt unsere deutsche Bundesflagge auf den Wällen der unterworfenen Festung, dem Bollwerk von Paris, wehen sah.

Und da unten, fast zu unseren Füßen, lag Paris – leider heute wieder von dem nebeligen Wetter so verdeckt, daß man nur einzelne hervorragende Stellen daraus, wie den Triumphbogen und den Pantheon, erkennen konnte.

Aber das Innere des Mont Valerien nahm doch noch mehr unsere Aufmerksamkeit in Anspruch, und da gab es allerdings zu sehen genug.

Der innere Raum[2], den die Festung umschließt, ist ziemlich bedeutend, aber dadurch gerade gefährlich für die Vertheidigung, daß auf allen diesen Forts die Casernen aus hohen und mächtigen Gebäuden bestehen, die ein besonders gutes Zielobject für unsere Geschütze abgaben. Wo man die kleinen Forts kaum hätte mit bloßen Augen erkennen können, da traten diese hohen, ungeschlachten und viereckigen Casernen nur um so deutlicher hervor, und unsere Granaten machten natürlich Gebrauch davon. Ich glaube, daß man in späteren Zeiten davon absehen wird, solche hoch emporragende Gebäude in den verschiedenen Forts aufzubauen – wenn man die Forts nicht eben ganz cassirt. Was haben sie Paris genützt? Nichts als die Katastrophe, zum Jammer der Hauptstadt, auf Wochen oder Monate hinausgeschoben.

Was mich übrigens am meisten interessirte, waren die schweren [147] Geschütze, wegen deren sich der Mont Valerien einen Namen erworben, denn seine Geschosse hatte er über eine deutsche Meile in das Land hinein gesandt.

Die bedeutendste Kanone ist die sogenannte Valerie, deren inneres Rohr genau eine halbe Leipziger Elle im Durchmesser hat. Sie ist das größte Geschütz, das die Franzosen haben, und schießt etwa einen Hundertdreizehnpfünder.

Es wird übrigens nöthig sein, dem Leser ein paar Worte über das Gewicht der Geschosse zu sagen, so daß er sich leichter hineinfinden kann, wenn er von Zwölf-, Vierundzwanzig- und Achtundvierzigpfündern hört. Den Ausdruck hat man nämlich von den alten Steinkugeln angenommen, so daß sich das Gewicht in Eisen natürlich um ein Bedeutendes erhöht. Man rechnet die genannte Zahl als etwa ein Drittel des Gewichtes bei größeren Geschossen, so daß also ein Zwölfpfünder sechsunddreißig Pfund, ein Vierundzwanzigpfünder zweiundsiebenzig Pfund und so fort wiegen würde. Die Valerie versendet deshalb eine Kugel von dreihundertvierzig Pfund Gewicht, während die auch schon ganz tüchtigen achtundvierziger Marinegeschütze eine ganz hübsche Kugel von hundertvierundvierzig Pfund ausschicken. Nur bei den Feldgeschützen erleidet diese Berechnung eine Veränderung, da z. B. eine Sechspfünderkugel oft das Sechsfache, also sechsunddreißig Pfund, wiegt.

Dank meiner Begleitung gelang es mir auch, in das kleine Souterrain zu gelangen, das eigentlich selbst den Officieren der Armee verschlossen war, wo wir die Geschosse zu diesem Ungethüm noch aufgespeichert und geladen sahen.

Es waren Kugeln in der Form eines Zuckerhuts, nur unten mehr abgerundet, als es die Granaten sind, und oben mit einer Schlinge versehen, die, ich weiß nicht wie, so stark befestigt ist, daß sie beim Emporheben nicht abreißen kann. Ueber der „Valerie“ ist dann an einem Gestell ein Flaschenzug angebracht, mit dem dieses Gewicht der Geschosse bewältigt werden kann; der Haken faßt in die Schlinge, wird dann emporgezogen und eingeschoben und ist zum Gebrauch fertig.

Alle die schweren Geschütze, die ich hier oben sah, waren Hinterlader, wie sie auch am Bord der Kriegsschiffe gebräuchlich sind, und es schien, als ob die Franzosen sämmtliche Verschlüsse derselben – d. h. die hintere Schraube, die den Lauf schließt – mitgenommen hätten; es war wenigstens keine derselben aufzufinden. Man glaubte, es sei deshalb geschehen, um die deutschen Truppen zu verhindern, Paris mit seinen eigenen Kanonen zu bedrohen und am Ende gar wieder zu beschießen. Später fanden sich aber – wie ich jetzt höre – diese Verschlüsse wieder und zwar versteckt vor, und wir haben jetzt Material genug da oben, um der übermüthigen Stadt, falls sie sich je bewogen fühlen sollte, ihr Haupt noch einmal zu erheben, den Standpunkt ohne Weiteres gründlich klar zu machen.

Die Valerie ist jedenfalls ein Monstregeschütz und hat uns manchen Schaden an Leuten zugefügt; das Größte aber, was sie in dem ganzen Kriege geleistet hat, war doch die gründliche Zerstörung des wunderbar schönen Schlosses St. Cloud, und ob sie dazu von den Franzosen[3] gegossen und dort hinaufgebracht war, bleibt immer die Frage. Ich mag auch hier noch erwähnen, daß die Franzosen während des Krieges eine Verbesserung ihrer Geschosse vorgenommen haben. Zu Anfang hatten sie an ihren Granaten lauter „Zeitzünder“, das heißt solche Zündröhren, die erst nach einer berechneten Zeit zündeten und das Geschoß zum Explodiren brachten. Das geschah nun oft zu früh, oft zu spät und oft gar nicht. Jetzt dagegen haben sie sich unseren Percussionszündern zugewandt, so daß die Granate in dem Moment „crepirt“, das heißt platzt, wo sie auf einen harten Gegenstand trifft.

Der Waffensaal, eigentlich ebenfalls jedem Besuche, selbst dem von Officieren, verschlossen, war nach Diesem das Wichtigste. Mein freundlicher Führer erklärte aber in der liebenswürdigsten Weise, daß er entschlossen sei, überall hinzugehen, und da ihm die Schildwachen nicht entgegentreten mochten, setzte er es auch durch.

Wir stiegen die Treppe hinauf und fanden uns gleich darauf, in dem Hauptgebäude, in einer Reihe von Riesensälen, in denen jedenfalls früher die Waffenniederlagen gewesen waren. Die Herren schienen aber so ziemlich Alles mitgenommen zu haben – die Räume waren fast alle vollständig leer und nur in dem einen Saal hingen etwa zwölfhundert Kürassierpallasche an besonders dazu angebrachten Regalen, plumpe Dinger freilich, die wir schwerlich werden verwenden können.

In einer hinteren Kammer fanden wir auch noch einen Haufen Gewehre, aber eine sehr traurige Sammlung, die über- und durcheinander lag: ein paar Chassepots, eine Anzahl Percussionsflinten und sogar noch ein Feuersteinschloßgewehr englischer Arbeit, das auch die Tower-Marke trug.

Das neutrale England scheint selbst sein Letztes und Schlechtestes hergegeben zu haben, um seine „französischen Freunde“ mit Waffen gegen uns zu versehen – aber seine französischen Freunde haben wahrscheinlich auch tüchtig dafür bezahlen müssen, oder doch wenigstens Bezahlung versprochen, und ich hoffe nur, daß sie in Assignaten ihre Schuld einlösen.

Aus der Waffenkammer nieder schritten wir wieder dem Rand der Festung zu, um vielleicht jetzt einen besseren Blick über die benachbarte Gegend zu gewinnen, als da unten ein bunter Zug von Reitern sichtbar wurde, und plötzlich lief der Ruf: „Der Kaiser! Der Kaiser!“ durch die Reihen der Soldaten.

Der Kaiser! – wie sonderbar uns das noch klingt, wie gar so fremd und ungewohnt, und wenn man den Namen manchmal nennt, muß man sich oft noch darauf besinnen, wer eigentlich damit gemeint sei Der Kaiser! – aber es ist das Wort, das uns fortan zusammenschweißen soll zu einer einzigen großen und mächtigen Nation; es ist das Wort, das uns bis jetzt schon geeinigt hat und dem wir zugestrebt haben, eine lange schwere Zeit hindurch. Jetzt jubelt ihm das Volk entgegen im Bewußtsein seines Sieges über den frechen, übermüthigen Nachbar, im Gefühl seiner Stärke und Unbezwingbarkeit – möge es ihm über Jahr und Tag auch wieder so zujubeln, daß er dem weiten herrlichen deutschen Reich auch die Freiheiten und Rechte gegeben habe, die sich das Volk mit seinem Blut und seiner Opferfreudigkeit rechtlich verdient hat, und der Tag soll dann für ewige Zeiten gesegnet sein, der ihm die Kaiserkrone auf das Haupt drückte.

„Der Kaiser kommt!“ wie das lebendig wurde auf der weiten Festung und wie das herüber und hinüber glitt, und das Wort von Mund zu Mund flog! Und da unten kamen sie heran. Zuerst die kaiserliche Escorte, ein bunter Zug aus einzelnen Leuten der verschiedensten Reiterregimenter, dann der Wagen mit Wilhelm dem Ersten, ein anderer Wagen, in dem in seinen Pelzmantel gehüllt General Moltke saß, und nachher die Escorte hinterher.

Der Zug wurde auch nicht am Thor aufgehalten: Wache heraus! Die Leute sprangen in’s Gewehr, und zum ersten Mal betrat der Kaiser den Berg, dessen Kanonen umsonst versucht hatten, ihre Geschosse bis in sein Hauptquartier hinein zu schleudern, und unter dessen Schutz zahlreiche blutige Ausfälle gewagt waren, um eben nur die Führer der deutschen Armeen in ihre Gewalt zu bekommen. – Er zog ein als Sieger und Paris lag zu seinen Füßen.

Es war das ein großer Moment, und soviel ich auch im Leben schon gesehen habe, ich werde ihn doch nie im Leben vergessen.

Der alte Herr sah aber – wie er so rüstig aus dem Wagen stieg – freundlich und heiter aus, und er hatte auch wahrlich Ursache dazu. Der furchtbare blutige Krieg lag hinter ihm – oder sollten dennoch die Franzosen wahnsinnig genug sein, ihn noch einmal zu beginnen? – Dann aber darf sich Frankreich auch darauf verlassen, daß es den Teufel heraufbeschworen hat und nicht mehr im Stande ist, ihn zu bannen. Die Geduld unserer Soldaten ist erschöpft – die Wuth unserer Landwehrleute jetzt schon im Kampf kaum zu zähmen – dann werden sie wenig mehr Gefangene nach Deutschland schicken, aber blutiger Leichen werden die Schlachtfelder decken und verwüstete Städte die Bahn bezeichnen, die unsere Truppen genommen. Der Krieg ist schon jetzt ein entsetzlich blutiger und erbitterter geworden, diese wilden ungeregelten Banden, die zahllose Scheußlichkeiten verübt, werden schon jetzt nicht mehr geschont; Frankreich mag sich hüten, uns zum Aeußersten zu treiben.

Aber das sind hoffentlich nutzlose Befürchtungen. Es ist allerdings Thatsache, daß erst jeder einzelne Franzose geprügelt werden muß, bis er glaubt, daß sein Nachbar Schläge bekommen hat – und selbst dann redet er sich ein, es wäre nur eine gymnastische Uebung gewesen, aber endlich einmal müssen die Leute doch klug werden.

Kaiser Wilhelm sah auch nicht so aus, als ob er sich Sorgen [148] deshalb mache. Er unterhielt sich freundlich mit vielen der umstehenden Officiere – Civilisten werden natürlich bei solcher Gelegenheit als vollkommen unsichtbar betrachtet – und schritt dann eine ganze Weile umher, um die verschiedenen wichtigen Stellen in Augenschein zu nehmen. Erst gegen vier Uhr bestieg er seinen Wagen wieder, um nach Versailles zurückzukehren.

Da waren keine gemachten Hurrahrufe, keine vive l’empereur, wie sie sonst vielleicht an der nämlichen Stelle zu des verschollenen Kaiser Napoleon’s Ohren drangen, ihn in Sicherheit lullten und seinem Ehrgeiz schmeichelten, aber die Gesichter der Soldaten leuchteten freudig auf, als ihr alter König, von dem braven Moltke gefolgt, an ihnen vorüberschritt, und eine bessere Demonstration sprach aus ihren Augen, als sie hundert laute Ovationen hätten ausdrücken können.



Anmerkungen (Wikisource)

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  1. Vorlage: einnn
  2. Vorlage: Raun
  3. Vorlage: Franzpsen