Ueber die Versuche, welche von einer Commission des K. Niederländischen Instituts zur Prüfung der angeblichen Eigenschaft des Oels, die Meereswogen zu stillen, angestellt worden sind

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Autor: Unbekannt
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Titel: Ueber die Versuche, welche von einer Commission des K. Niederländischen Instituts zur Prüfung der angeblichen Eigenschaft des Oels, die Meereswogen zu stillen, angestellt worden sind
Untertitel:
aus: Annalen der Physik und Chemie, Band LX
Herausgeber: Johann Christian Poggendorff
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Erscheinungsdatum: 1843
Verlag: Johann Ambrosius Barth
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Erscheinungsort: Leipzig
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VIII. Ueber die Versuche, welche von einer Commission des K. Niederländischen Instituts zur Prüfung der angeblichen Eigenschaft des Oels, die Meereswogen zu stillen, angestellt worden sind.
(Von einem Mitgliede dieser Körperschaft der Pariser Academie mitgetheilt. Compt. rend. T. XVI p. 399.)


Die Annales de chimie et de physique vom März 1843 enthalten eine Abhandlung des Hrn. van Beek über die Eigenschaft der Oele, die Wellen zu stillen und die Wasserfläche vollkommen durchsichtig zu machen[1]. Nachdem er für das Daseyn dieser Eigenschaft und ihre Wirksamkeit mehre Zeugnisse beigebracht, geht der Verfasser so weit, daß er die Idee ausspricht, man hätte an dem Oele, wenn man es bei Sturmeszeiten unweit des Ufers in das Wasser schütte, ein Mittel, Deiche und andere Meeresbauten gegen die Gewalt der Wogen zu schützen.

Eine so gewagte und sonderbare Voraussetzung konnte nicht ermangeln, die Aufmerksamkeit der Gelehrten auf sich zu ziehen; auch hat die Pariser Academie der Wissenschaften so eben eine Commission zu ihrer Prüfung ernannt. Es wird bei dieser Gelegenheit für unsere Leser nicht ohne Nutzen und Interesse seyn, zu erfahren, daß dieselbe Frage schon in Holland aufgeworfen worden ist.

Hr. van Beek, der Mitglied des K. Niederländischen Instituts ist, machte im vorigen Jahre in einer der Sitzungen der Klasse (der Wissenschaften) den Vorschlag, die Regierung zu bewegen, ihn Versuche anstellen zu lassen, um zu sehen, ob das Oel das Vermögen haben würde, Deiche gegen die Gewalt des Meeres zu schützen.

[317] Dieser Vorschlag wurde nicht allgemein genehmigt. Man wählte drei Mitglieder, um die Wichtigkeit desselben näher zu prüfen. Da indeß diese drei Personen sich in ihren Betrachtungen und Ansichten nicht einigen konnten, so hielt man es, um die Schwierigkeit zu beseitigen, für’s Beste, die Berathung über den Vorschlag zu vertagen, allein sich vorläufig und sogleich einige positive Angaben über besagte Frage zu verschaffen. Demgemäß ernannte man eine Commission aus fünf Mitgliedern, und übertrug ihr die Anstellung directer Versuche über den Einfluß des Oels auf die Wogen nahe bei der Küste. Es ist der Bericht dieser Commission, der hier mitgetheilt werden wird.

»Die aus Mitgliedern der ersten Klasse des Königl. Niederländischen Instituts ernannte Commission, welche beauftragt worden ist, über das den Oelen und anderen fetten Substanzen zugeschriebene wogenstillende Vermögen Versuche anzustellen, hat die Ehre, der ersten Klasse beigehends den Bericht von dem zu erstatten, was sie über diesen Gegenstand ausgeführt und beobachtet hat.«

»Nachdem die Commission das Dorf Zandvoort, an der Nordsee, zum Orte der Versuche ausgewählt, kam sie überein sich am ersten stürmischen Tag daselbst zu versammeln.«

»Sie war indeß genöthigt diese Abrede zu ändern und irgend einen Tag festzusetzen, weil es die Jahreszeit (Juni) war, wo Stürme selten sind, und weil etwas starke Windstöße nur eine kurze Dauer haben, es also unmöglich war sich zur rechten Zeit im besagten Dorfe zu versammeln. Sie entschied sich um so eher hiefür, weil, wenn wirklich das Oel auf ein stark aufgeregtes Wasser den angeblichen Einfluß ausübt, derselbe noch leichter an einem durch Wind von mittlerer Stärke bewegten Meere wahrnehmbar seyn müßte. Zwei Commissäre indeß, die sich an einem Tage, da der Wind mit Heftigkeit bließ, auf dem Lande befanden, machten [318] einen Versuch, indem sie eine kleine Menge Oel auf das Wasser eines Baches schütteten, und eine offenbare Veränderung in dem Ansehen und der Bewegung des Wassers beobachteten.«

»An demselben Tage machte ein anderes Mitglied einen ähnlichen Versuch auf der Spaarne (kleinem Fluß bei Harlem), und zwar mit demselben Erfolg.«

»Ermuthigt durch diese Beobachtungen, setzte man den 28. Juni zur Anstellung der ferneren Versuche fest.«

»Die Commissäre versammelten sich an dem genannten Tage, morgens 9 Uhr, zu Zandvoort. Ein Theil ließ sich eine kleine Strecke in’s Meer fahren, um daselbst Oel auszugießen und die Resultate zu beobachten; die andern blieben am Ufer, und da sie nicht wußten, wann und wie oft die Ausgießungen erfolgten, so konnten sie nur die Wellen betrachten, welche vom Boote nach der Küste rollten. Auf diese Weise konnte ihre Meinung, auf welche nichts Einfluß hatte, für um so unparteiischer gehalten werden.«

»Der Wind war SW. und von mittlerer Stärke. Die zu vier Malen, nämlich um 9h 43', 45', 50' und 54', ausgegossene Oelmenge betrug 15 Liter. Die Fluth war im Steigen, und mußte um 11h 21' ihre größte Höhe erreichen.«

»Sowohl die am Ufer befindlichen Commissäre als die mit der Ausschüttung des Oels beschäftigt gewesenen, konnten keine der Wirkungen beobachten, die man dem Oele zugeschrieben hat; man durfte daher die Frage, ob Oel, unweit unserer Deiche ausgegossen, diese gegen die Wuth der Wogen schützen würde, als verneint beantwortet ansehen.«

»Indeß hielten es die Commissäre für ihre Pflicht, einen zweiten Versuch in einer etwas größeren Entfernung von der Küste anzustellen. Zwei von ihnen ließen sich bis jenseits der Brandung fahren und warfen daselbst Anker.«

[319] »Die Entfernung wurde von den Bootsleuten auf 300 Meter geschätzt. Das Bleiloth gab etwa 3 Meter Tiefe und das Meer ging hohl (houleuse). Innerhalb 5 Minuten (von 15' bis 10' vor Mittag) wurde die Hälfte von 15 Liter Oel ausgeschüttet, ohne daß die Commission den mindesten Erfolg in Bezug auf den Gegenstand ihrer Sendung wahrnahmen. Sie sahen das Oel auf dem Wasser schwimmen, theils als Flecke von unregelmäßiger Gestalt, theils zu einer Haut ausgebreitet, theils gemengt mit dem Schaum der Wogen und an deren Wellenbewegung theilnehmend.«

»Auf der Rückfahrt, als sie die Brandung durchschnitten, ließen die Commissäre wiederum Oel ausschütten, und sie können bezeugen, daß dieß keine Verringerung in der Bewegung der Wellen zur Folge hatte, denn sie wurden mehrmals reichlich von ihnen benäßt.«

»Es ist unnöthig hinzuzufügen, daß die am Ufer Gebliebenen durchaus nichts beobachteten, was der Ausschüttung des Oels hätte zugeschrieben werden können.«

»Nach alle dem, was über diesen Gegenstand gesagt ist, sind die Commissäre erstaunt über das negative Resultat ihrer Versuche. Sie begnügen sich, dasselbe anzugeben, ohne eine Bemerkung hinzuzufügen. Sie halten sich indeß berechtigt, als ihre individuelle Meinung, zu sagen, daß die Idee, unsere Deiche mittelst Oel zu schützen, keine glückliche ist.«


  1. Vergl. Annalen, Bd. LVII S. 419.